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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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9. Selim der I
scharfsinniger arabischer Dichter hat die Denkzeit dieser Metzelung in folgender
Zeile bemerket:

Haj Schewi* Sultan Selim!
Ach leider! dieses ist Sultan Selim2*!
24.

In eben demselben Jahre, am siebenten des Monats Dschemaßiülnimmt Alexan-
dria ein, und
bringet die Ara-
ber unter seine
Gewalt:

ewwel, thut derselbe einen Zug nach Iskjenderije 46, dasselbe zu belagern; das
aber den Zorn des Eroberers durch eine Uebergabe abwendet. Nachdem er
also die nöthigen Anordnungen in der Stadt gemacht hat: so ziehet er wieder
zurück gegen das innere Theil Aegyptens, bestellet Chäjrbegj zum Statthalter
des Reiches, und tritt von da im Monate Schäban seine Rückreise nach Con-
stantinopel an. Unterweges vergilt er den Einwohnern zu Gäßße ihre Treulo-
sigkeit, und lässet alles ohne Unterschied des Alters oder Geschlechts darinnen
niederhauen, und die Stadt selbst dem Erdboden gleich machen. Hierauf gehet
er nach Damaskus, und übergiebt Gäßelibegj, vermöge des Vergleichs, die
Statthalterschaft dieser Stadt und der umliegenden Oerter in Palästina und
Syrien. Mit einem Worte, innerhalb Jahresfrist und in einem einzigen Feld-
zuge brachte Selim mehr Länder an sein Reich, als einer von seinen Vorfahrern
in der ganzen Zeit seiner Regierung zu thun im Stande war. Denn er ero-
berte nicht allein das ganze Gebiete der Tscherkassier in Asien und Aegypten:
sondern brachte auch gleichsam im Vorbeygehen noch andere feste und berühmte
Städte in Asien unter seinen Gehorsam; nämlich Malatije, Dierbegji, De-
rende, Behtisi, Kjerkjeb, Kjächte, Beredschik, Antab, Antakije 47. Außer die-
sen überbrachte auch so gar der Scherif3* zu Mekka 48, Selim, als er sich zu Ka-
[Spaltenumbruch]

48 Scherif zu Mekka] Vor Selim
war derselbe ein freyer Fürst, und regierete
über Mekka und einige andere arabischen
Städte mit unumschränkter Gewalt. Allein,
[Spaltenumbruch]
seit Selims Zeiten hat er die türkischen Kaiser
für Vögte und Schutzherren des müsülmani-
schen Wesens erkennet.

hire
* sonst Schewijet, der Ueberrest von einem Menschen oder Thiere.
2* eigentlich: Dieses ist
der Ueberrest des Sultan Selims.
3* [D'Herbelot saget: das arabische Wort Scherif
heiße überhaupt, edel, oder von hoher Geburt oder Würde, und sey ein Titel, der insbesondere den
Nachkommen Muhämmeds, von seinem Schwiegersohne Ali und seiner Tochter Fatime, beygeleget
werde. Sie werden auch sonst Emir und Sejd, das ist, Fürsten und Herren, genennet, und unterschei-
den sich von andern durch ihre grünen Bünde. Es sind verschiedene Reihen Regenten von diesen Sche-
rifen in Africa gewesen. Die Edrissiten waren Scherife: und dasjenige Geschlecht, das gegenwärtig
zu Feß und Morokko regieret, nennet sich ebenfals Scherif. Die Scherife zu Mekka und Medine wer-
den von den Türken noch itzo bey einer Art unumschränkter Gewalt gelassen.]
2 I

9. Selim der I
ſcharfſinniger arabiſcher Dichter hat die Denkzeit dieſer Metzelung in folgender
Zeile bemerket:

Haj Schewi* Sultan Selim!
Ach leider! dieſes iſt Sultan Selim2*!
24.

In eben demſelben Jahre, am ſiebenten des Monats Dſchemaßiuͤlnimmt Alexan-
dria ein, und
bringet die Ara-
ber unter ſeine
Gewalt:

ewwel, thut derſelbe einen Zug nach Iskjenderije 46, daſſelbe zu belagern; das
aber den Zorn des Eroberers durch eine Uebergabe abwendet. Nachdem er
alſo die noͤthigen Anordnungen in der Stadt gemacht hat: ſo ziehet er wieder
zuruͤck gegen das innere Theil Aegyptens, beſtellet Chaͤjrbegj zum Statthalter
des Reiches, und tritt von da im Monate Schaͤban ſeine Ruͤckreiſe nach Con-
ſtantinopel an. Unterweges vergilt er den Einwohnern zu Gaͤßße ihre Treulo-
ſigkeit, und laͤſſet alles ohne Unterſchied des Alters oder Geſchlechts darinnen
niederhauen, und die Stadt ſelbſt dem Erdboden gleich machen. Hierauf gehet
er nach Damaskus, und uͤbergiebt Gaͤßelibegj, vermoͤge des Vergleichs, die
Statthalterſchaft dieſer Stadt und der umliegenden Oerter in Palaͤſtina und
Syrien. Mit einem Worte, innerhalb Jahresfriſt und in einem einzigen Feld-
zuge brachte Selim mehr Laͤnder an ſein Reich, als einer von ſeinen Vorfahrern
in der ganzen Zeit ſeiner Regierung zu thun im Stande war. Denn er ero-
berte nicht allein das ganze Gebiete der Tſcherkaſſier in Aſien und Aegypten:
ſondern brachte auch gleichſam im Vorbeygehen noch andere feſte und beruͤhmte
Staͤdte in Aſien unter ſeinen Gehorſam; naͤmlich Malatije, Dierbegji, De-
rende, Behtiſi, Kjerkjeb, Kjaͤchte, Beredſchik, Antab, Antakije 47. Außer die-
ſen uͤberbrachte auch ſo gar der Scherif3* zu Mekka 48, Selim, als er ſich zu Ka-
[Spaltenumbruch]

48 Scherif zu Mekka] Vor Selim
war derſelbe ein freyer Fuͤrſt, und regierete
uͤber Mekka und einige andere arabiſchen
Staͤdte mit unumſchraͤnkter Gewalt. Allein,
[Spaltenumbruch]
ſeit Selims Zeiten hat er die tuͤrkiſchen Kaiſer
fuͤr Voͤgte und Schutzherren des muͤſuͤlmani-
ſchen Weſens erkennet.

hire
* ſonſt Schewijet, der Ueberreſt von einem Menſchen oder Thiere.
2* eigentlich: Dieſes iſt
der Ueberreſt des Sultan Selims.
3* [D'Herbelot ſaget: das arabiſche Wort Scherif
heiße uͤberhaupt, edel, oder von hoher Geburt oder Wuͤrde, und ſey ein Titel, der insbeſondere den
Nachkommen Muhaͤmmeds, von ſeinem Schwiegerſohne Ali und ſeiner Tochter Fatime, beygeleget
werde. Sie werden auch ſonſt Emir und Sejd, das iſt, Fuͤrſten und Herren, genennet, und unterſchei-
den ſich von andern durch ihre gruͤnen Buͤnde. Es ſind verſchiedene Reihen Regenten von dieſen Sche-
rifen in Africa geweſen. Die Edriſſiten waren Scherife: und dasjenige Geſchlecht, das gegenwaͤrtig
zu Feß und Morokko regieret, nennet ſich ebenfals Scherif. Die Scherife zu Mekka und Medine wer-
den von den Tuͤrken noch itzo bey einer Art unumſchraͤnkter Gewalt gelaſſen.]
2 I
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[249/0337] 9. Selim der I ſcharfſinniger arabiſcher Dichter hat die Denkzeit dieſer Metzelung in folgender Zeile bemerket: Haj Schewi * Sultan Selim! Ach leider! dieſes iſt Sultan Selim 2*! 24. In eben demſelben Jahre, am ſiebenten des Monats Dſchemaßiuͤl ewwel, thut derſelbe einen Zug nach Iskjenderije ⁴⁶ , daſſelbe zu belagern; das aber den Zorn des Eroberers durch eine Uebergabe abwendet. Nachdem er alſo die noͤthigen Anordnungen in der Stadt gemacht hat: ſo ziehet er wieder zuruͤck gegen das innere Theil Aegyptens, beſtellet Chaͤjrbegj zum Statthalter des Reiches, und tritt von da im Monate Schaͤban ſeine Ruͤckreiſe nach Con- ſtantinopel an. Unterweges vergilt er den Einwohnern zu Gaͤßße ihre Treulo- ſigkeit, und laͤſſet alles ohne Unterſchied des Alters oder Geſchlechts darinnen niederhauen, und die Stadt ſelbſt dem Erdboden gleich machen. Hierauf gehet er nach Damaskus, und uͤbergiebt Gaͤßelibegj, vermoͤge des Vergleichs, die Statthalterſchaft dieſer Stadt und der umliegenden Oerter in Palaͤſtina und Syrien. Mit einem Worte, innerhalb Jahresfriſt und in einem einzigen Feld- zuge brachte Selim mehr Laͤnder an ſein Reich, als einer von ſeinen Vorfahrern in der ganzen Zeit ſeiner Regierung zu thun im Stande war. Denn er ero- berte nicht allein das ganze Gebiete der Tſcherkaſſier in Aſien und Aegypten: ſondern brachte auch gleichſam im Vorbeygehen noch andere feſte und beruͤhmte Staͤdte in Aſien unter ſeinen Gehorſam; naͤmlich Malatije, Dierbegji, De- rende, Behtiſi, Kjerkjeb, Kjaͤchte, Beredſchik, Antab, Antakije ⁴⁷ . Außer die- ſen uͤberbrachte auch ſo gar der Scherif 3* zu Mekka ⁴⁸ , Selim, als er ſich zu Ka- hire ⁴⁸ Scherif zu Mekka] Vor Selim war derſelbe ein freyer Fuͤrſt, und regierete uͤber Mekka und einige andere arabiſchen Staͤdte mit unumſchraͤnkter Gewalt. Allein, ſeit Selims Zeiten hat er die tuͤrkiſchen Kaiſer fuͤr Voͤgte und Schutzherren des muͤſuͤlmani- ſchen Weſens erkennet. nimmt Alexan- dria ein, und bringet die Ara- ber unter ſeine Gewalt: * ſonſt Schewijet, der Ueberreſt von einem Menſchen oder Thiere. 2* eigentlich: Dieſes iſt der Ueberreſt des Sultan Selims. 3* [D'Herbelot ſaget: das arabiſche Wort Scherif heiße uͤberhaupt, edel, oder von hoher Geburt oder Wuͤrde, und ſey ein Titel, der insbeſondere den Nachkommen Muhaͤmmeds, von ſeinem Schwiegerſohne Ali und ſeiner Tochter Fatime, beygeleget werde. Sie werden auch ſonſt Emir und Sejd, das iſt, Fuͤrſten und Herren, genennet, und unterſchei- den ſich von andern durch ihre gruͤnen Buͤnde. Es ſind verſchiedene Reihen Regenten von dieſen Sche- rifen in Africa geweſen. Die Edriſſiten waren Scherife: und dasjenige Geſchlecht, das gegenwaͤrtig zu Feß und Morokko regieret, nennet ſich ebenfals Scherif. Die Scherife zu Mekka und Medine wer- den von den Tuͤrken noch itzo bey einer Art unumſchraͤnkter Gewalt gelaſſen.] 2 I

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/337>, abgerufen am 22.11.2024.