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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
selben diese Räuber aufzusuchen. Dieser Befehl wurde auch sogleich vollstrec-
ket, und die herumwandernden Araber in den Wüsten von Bäsre, nach gesche-
henem Angriffe, zerstreuet und vertrieben, und solchergestalt dem Lande wieder
seine vorige Ruhe verschaffet. In eben demselben Jahre brachte Selim den
Bau einer Brücke 8, nicht weit von Constantinopel, zu Ende, den sein Vater
vor fünf Jahren angefangen hatte.

Sein Versuch,
den Don und die
Wolga zu verei-
nigen, ist vergeb-lich.
5.

Unterdessen war man auf einen neuen Krieg bedacht, damit die os-
manische Tapferkeit aus Mangel der Uebung nicht stumpf werden möchte.
Mit dem Kaiser in Deutschland war erst ganz kürzlich Friede gemacht worden,
und es war auch keine Ursache zu einem Bruche mit demselben vorhanden.
Der Schah in Persien war der einzige Fürst, gegen den sich die osmanischen
Waffen wenden konnten, wie dann dieser auch durch seine beständigen Streife-
reyen rechtmäßigen Anlaß zum Kriege zu geben schiene. Allein, Selim wurde
hievon sowol durch die Schwierigkeit, den dasigen Oertern beyzukommen, als
auch dadurch abgeschrecket, daß man allen Kriegesvorrath und Lebensmittel
dahin hätte führen müssen; indem er bemerket, daß wegen Ermangelung der-
[Spaltenumbruch]

an den Ausfluß des Euphrats gesetzet. Die-
ses ist aber falsch: denn es ist sechs Tagerei-
sen oberwärts dieses Flusses gelegen. Kur-
ma ist es, das am Ausflusse des Euphrats
lieget, der ansehnlichste Handelsplatz in Osten,
der allen Erdbeschreibern, so viel ich deren zu
Gesichte bekommen, unbekannt geblieben ist.
7 Schehresul] Eine wohlbekannte
Stadt und Landschaft in Asien. Sie hat
eine Paschaschaft, damit die Würde von dreyen
Roßschweifen verknüpfet ist; die aber unter
den Türken so wenig zu bedeuten hat, daß
man einen Pascha, der von einer andern Pa-
schaschaft in die Statthalterschaft von Scheh-
[Spaltenumbruch]
resul gesetzet wird, eben so ansiehet, als wenn
er in das Elend geschickt würde.
8 Brücke] Diese Brücke gehet über den
See Büjükj Tschekjmedsche, da derselbe bey
einem Dorfe gleiches Namens in das Meer
von Marmora fället, ungefähr zwo Stunden
von Constantinopel gelegen. Sie ist ganz
von gehauenen Steinen gebauet, zwey tau-
send Schritte lang, und ein recht kaiserliches
Gebäude. Ein berühmter Poet selbiger Zeit,
Hüdaj, hat die in Marmor gehauene Auf-
schrift an den Sultan mit einigen netten Ver-
sen ausgezieret, die, wenn ich mich recht be-
sinne, also lauten.
Baschladi bu Dschisri, olmadan temam,
Kildi äßmi sui Dschennat, Errähim.
Gjeldi Ssill Häkk Schah Sultan Selim,
Itti tekmil, oldi bu Dschisr äßim.
Didi Tarichin Hüdaj olßeman,
Japti Ob üßre bu Dschisri Scheh Selim.

selben
Das

Osmaniſche Geſchichte
ſelben dieſe Raͤuber aufzuſuchen. Dieſer Befehl wurde auch ſogleich vollſtrec-
ket, und die herumwandernden Araber in den Wuͤſten von Baͤsre, nach geſche-
henem Angriffe, zerſtreuet und vertrieben, und ſolchergeſtalt dem Lande wieder
ſeine vorige Ruhe verſchaffet. In eben demſelben Jahre brachte Selim den
Bau einer Bruͤcke 8, nicht weit von Conſtantinopel, zu Ende, den ſein Vater
vor fuͤnf Jahren angefangen hatte.

Sein Verſuch,
den Don und die
Wolga zu verei-
nigen, iſt vergeb-lich.
5.

Unterdeſſen war man auf einen neuen Krieg bedacht, damit die os-
maniſche Tapferkeit aus Mangel der Uebung nicht ſtumpf werden moͤchte.
Mit dem Kaiſer in Deutſchland war erſt ganz kuͤrzlich Friede gemacht worden,
und es war auch keine Urſache zu einem Bruche mit demſelben vorhanden.
Der Schah in Perſien war der einzige Fuͤrſt, gegen den ſich die osmaniſchen
Waffen wenden konnten, wie dann dieſer auch durch ſeine beſtaͤndigen Streife-
reyen rechtmaͤßigen Anlaß zum Kriege zu geben ſchiene. Allein, Selim wurde
hievon ſowol durch die Schwierigkeit, den daſigen Oertern beyzukommen, als
auch dadurch abgeſchrecket, daß man allen Kriegesvorrath und Lebensmittel
dahin haͤtte fuͤhren muͤſſen; indem er bemerket, daß wegen Ermangelung der-
[Spaltenumbruch]

an den Ausfluß des Euphrats geſetzet. Die-
ſes iſt aber falſch: denn es iſt ſechs Tagerei-
ſen oberwaͤrts dieſes Fluſſes gelegen. Kur-
ma iſt es, das am Ausfluſſe des Euphrats
lieget, der anſehnlichſte Handelsplatz in Oſten,
der allen Erdbeſchreibern, ſo viel ich deren zu
Geſichte bekommen, unbekannt geblieben iſt.
7 Schehreſul] Eine wohlbekannte
Stadt und Landſchaft in Aſien. Sie hat
eine Paſchaſchaft, damit die Wuͤrde von dreyen
Roßſchweifen verknuͤpfet iſt; die aber unter
den Tuͤrken ſo wenig zu bedeuten hat, daß
man einen Paſcha, der von einer andern Pa-
ſchaſchaft in die Statthalterſchaft von Scheh-
[Spaltenumbruch]
reſul geſetzet wird, eben ſo anſiehet, als wenn
er in das Elend geſchickt wuͤrde.
8 Bruͤcke] Dieſe Bruͤcke gehet uͤber den
See Buͤjuͤkj Tſchekjmedſche, da derſelbe bey
einem Dorfe gleiches Namens in das Meer
von Marmora faͤllet, ungefaͤhr zwo Stunden
von Conſtantinopel gelegen. Sie iſt ganz
von gehauenen Steinen gebauet, zwey tau-
ſend Schritte lang, und ein recht kaiſerliches
Gebaͤude. Ein beruͤhmter Poet ſelbiger Zeit,
Huͤdaj, hat die in Marmor gehauene Auf-
ſchrift an den Sultan mit einigen netten Ver-
ſen ausgezieret, die, wenn ich mich recht be-
ſinne, alſo lauten.
Baſchladi bu Dſchisri, olmadan temam,
Kildi aͤßmi ſui Dſchennat, Erraͤhim.
Gjeldi Sſill Haͤkk Schah Sultan Selim,
Itti tekmil, oldi bu Dſchiſr aͤßim.
Didi Tarichin Huͤdaj olßeman,
Japti Ob uͤßre bu Dſchisri Scheh Selim.

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[332/0424] Osmaniſche Geſchichte ſelben dieſe Raͤuber aufzuſuchen. Dieſer Befehl wurde auch ſogleich vollſtrec- ket, und die herumwandernden Araber in den Wuͤſten von Baͤsre, nach geſche- henem Angriffe, zerſtreuet und vertrieben, und ſolchergeſtalt dem Lande wieder ſeine vorige Ruhe verſchaffet. In eben demſelben Jahre brachte Selim den Bau einer Bruͤcke ⁸ , nicht weit von Conſtantinopel, zu Ende, den ſein Vater vor fuͤnf Jahren angefangen hatte. 5. Unterdeſſen war man auf einen neuen Krieg bedacht, damit die os- maniſche Tapferkeit aus Mangel der Uebung nicht ſtumpf werden moͤchte. Mit dem Kaiſer in Deutſchland war erſt ganz kuͤrzlich Friede gemacht worden, und es war auch keine Urſache zu einem Bruche mit demſelben vorhanden. Der Schah in Perſien war der einzige Fuͤrſt, gegen den ſich die osmaniſchen Waffen wenden konnten, wie dann dieſer auch durch ſeine beſtaͤndigen Streife- reyen rechtmaͤßigen Anlaß zum Kriege zu geben ſchiene. Allein, Selim wurde hievon ſowol durch die Schwierigkeit, den daſigen Oertern beyzukommen, als auch dadurch abgeſchrecket, daß man allen Kriegesvorrath und Lebensmittel dahin haͤtte fuͤhren muͤſſen; indem er bemerket, daß wegen Ermangelung der- ſelben an den Ausfluß des Euphrats geſetzet. Die- ſes iſt aber falſch: denn es iſt ſechs Tagerei- ſen oberwaͤrts dieſes Fluſſes gelegen. Kur- ma iſt es, das am Ausfluſſe des Euphrats lieget, der anſehnlichſte Handelsplatz in Oſten, der allen Erdbeſchreibern, ſo viel ich deren zu Geſichte bekommen, unbekannt geblieben iſt. ⁷ Schehreſul] Eine wohlbekannte Stadt und Landſchaft in Aſien. Sie hat eine Paſchaſchaft, damit die Wuͤrde von dreyen Roßſchweifen verknuͤpfet iſt; die aber unter den Tuͤrken ſo wenig zu bedeuten hat, daß man einen Paſcha, der von einer andern Pa- ſchaſchaft in die Statthalterſchaft von Scheh- reſul geſetzet wird, eben ſo anſiehet, als wenn er in das Elend geſchickt wuͤrde. ⁸ Bruͤcke] Dieſe Bruͤcke gehet uͤber den See Buͤjuͤkj Tſchekjmedſche, da derſelbe bey einem Dorfe gleiches Namens in das Meer von Marmora faͤllet, ungefaͤhr zwo Stunden von Conſtantinopel gelegen. Sie iſt ganz von gehauenen Steinen gebauet, zwey tau- ſend Schritte lang, und ein recht kaiſerliches Gebaͤude. Ein beruͤhmter Poet ſelbiger Zeit, Huͤdaj, hat die in Marmor gehauene Auf- ſchrift an den Sultan mit einigen netten Ver- ſen ausgezieret, die, wenn ich mich recht be- ſinne, alſo lauten. Baſchladi bu Dſchisri, olmadan temam, Kildi aͤßmi ſui Dſchennat, Erraͤhim. Gjeldi Sſill Haͤkk Schah Sultan Selim, Itti tekmil, oldi bu Dſchiſr aͤßim. Didi Tarichin Huͤdaj olßeman, Japti Ob uͤßre bu Dſchisri Scheh Selim. Das

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/424>, abgerufen am 22.11.2024.