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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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11. Selim der II
und stellet seine Flote in Schlachtordnung. Als die Feinde ankommen: so er-
staunen dieselben, da sie die Türken (von denen sie nicht anders glaubten, als
daß sie vor Anker lägen) in offener See und in Bereitschaft antreffen, sie
zu empfangen. Indessen nähern sie sich doch denselben, als wenn sie noch wil-
lens wären, ihr Vorhaben auszuführen. Als sie aber merken, daß sie allem
Ansehen nach sehr übel würden empfangen werden: so segeln sie davon, und
lassen geschehen, daß die mit reicher Beute beladene Flote nach Constantinopel
zurück kehret.

14.

In diesem Jahre waren die osmanischen Waffen zu Lande eben soNova wird
von den Türken
entsetzet.

glücklich. Denn die Deutschen, die in der Einbildung stunden, die ganze Macht
dieses Reiches wäre in dem verwichenen Jahre bey dem Verluste zur See
zu Grunde gegangen, und begierig waren, dasjenige, was sie verloren hatten,
ohne Widerstand wieder zu erobern, belagerten die Stadt Nova in Bosnien.
Allein die Statthalter von Bosnien und den benachbarten Landschaften eilen
mit vereinigten Kräften herbey, den Ort zu entsetzen, überraschen die Feinde,
die ihre Gedanken bloß auf die Belagerung gerichtet hatten, schlagen dieselben
in die Flucht, und senden, zum Zeichen des Sieges, drey hundert Gefangenen
nach Constantinopel.

15.

Als nun solchergestalt der Schade, der durch die letztere NiederlageSelim lässet
den Tempel
St. Sophia aus-
bessern:

war verursachet worden, reichlich ersetzet war: so wollte Selim seine Gottselig-
keit und sein dankbares Gemüth für so viele göttliche Gnadenbezeigungen an den
Tag legen, und nahm sich vor, die heiligen Gebäude auszuschmücken. Diese
Absicht zu bewerkstelligen, fing er in diesem Jahre an, dasjenige an dem Tem-
pel St. Sophia ausbessern zu lassen, was durch die Länge der Zeit daran ver-
fallen war, führete an den vier Ecken desselben vier Menare oder Thürme von
verschiedener Gestalt 25 auf, ließ einige nahe gelegenen Häuser abbrechen, und
stiftete daselbst zwo Medrese von vortrefflicher Baukunst.

[Spaltenumbruch]
so hat Sultan Selim es wieder von Steinen
aufbauen lassen.
24 Ewarin] Dieses muß Navarin seyn:
denn es ist sonst kein Hafen in Morea, der
diesen Namen führen kann. Ich habe aber
schon öfters erinnert, wie nachlässig die Tür-
ken in Anführung der Namen der Oerter
[Spaltenumbruch]
und Feldherren sind.
25 verschiedener Gestalt] Alle Menare
an den türkischen Dschami, wenn es zwo oder
vier sind, haben einerley Gestalt. Sind es
aber ihrer sechs: so sind vier auf einerley Art
gebauet, und mit drey Schürfe* gezieret;
und zwo, die an den Ecken des äußern Hä-
16. In-
* Gängen.
2 U 3

11. Selim der II
und ſtellet ſeine Flote in Schlachtordnung. Als die Feinde ankommen: ſo er-
ſtaunen dieſelben, da ſie die Tuͤrken (von denen ſie nicht anders glaubten, als
daß ſie vor Anker laͤgen) in offener See und in Bereitſchaft antreffen, ſie
zu empfangen. Indeſſen naͤhern ſie ſich doch denſelben, als wenn ſie noch wil-
lens waͤren, ihr Vorhaben auszufuͤhren. Als ſie aber merken, daß ſie allem
Anſehen nach ſehr uͤbel wuͤrden empfangen werden: ſo ſegeln ſie davon, und
laſſen geſchehen, daß die mit reicher Beute beladene Flote nach Conſtantinopel
zuruͤck kehret.

14.

In dieſem Jahre waren die osmaniſchen Waffen zu Lande eben ſoNova wird
von den Tuͤrken
entſetzet.

gluͤcklich. Denn die Deutſchen, die in der Einbildung ſtunden, die ganze Macht
dieſes Reiches waͤre in dem verwichenen Jahre bey dem Verluſte zur See
zu Grunde gegangen, und begierig waren, dasjenige, was ſie verloren hatten,
ohne Widerſtand wieder zu erobern, belagerten die Stadt Nova in Bosnien.
Allein die Statthalter von Bosnien und den benachbarten Landſchaften eilen
mit vereinigten Kraͤften herbey, den Ort zu entſetzen, uͤberraſchen die Feinde,
die ihre Gedanken bloß auf die Belagerung gerichtet hatten, ſchlagen dieſelben
in die Flucht, und ſenden, zum Zeichen des Sieges, drey hundert Gefangenen
nach Conſtantinopel.

15.

Als nun ſolchergeſtalt der Schade, der durch die letztere NiederlageSelim laͤſſet
den Tempel
St. Sophia aus-
beſſern:

war verurſachet worden, reichlich erſetzet war: ſo wollte Selim ſeine Gottſelig-
keit und ſein dankbares Gemuͤth fuͤr ſo viele goͤttliche Gnadenbezeigungen an den
Tag legen, und nahm ſich vor, die heiligen Gebaͤude auszuſchmuͤcken. Dieſe
Abſicht zu bewerkſtelligen, fing er in dieſem Jahre an, dasjenige an dem Tem-
pel St. Sophia ausbeſſern zu laſſen, was durch die Laͤnge der Zeit daran ver-
fallen war, fuͤhrete an den vier Ecken deſſelben vier Menare oder Thuͤrme von
verſchiedener Geſtalt 25 auf, ließ einige nahe gelegenen Haͤuſer abbrechen, und
ſtiftete daſelbſt zwo Medreſe von vortrefflicher Baukunſt.

[Spaltenumbruch]
ſo hat Sultan Selim es wieder von Steinen
aufbauen laſſen.
24 Ewarin] Dieſes muß Navarin ſeyn:
denn es iſt ſonſt kein Hafen in Morea, der
dieſen Namen fuͤhren kann. Ich habe aber
ſchon oͤfters erinnert, wie nachlaͤſſig die Tuͤr-
ken in Anfuͤhrung der Namen der Oerter
[Spaltenumbruch]
und Feldherren ſind.
25 verſchiedener Geſtalt] Alle Menare
an den tuͤrkiſchen Dſchami, wenn es zwo oder
vier ſind, haben einerley Geſtalt. Sind es
aber ihrer ſechs: ſo ſind vier auf einerley Art
gebauet, und mit drey Schuͤrfe* gezieret;
und zwo, die an den Ecken des aͤußern Haͤ-
16. In-
* Gaͤngen.
2 U 3
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[341/0433] 11. Selim der II und ſtellet ſeine Flote in Schlachtordnung. Als die Feinde ankommen: ſo er- ſtaunen dieſelben, da ſie die Tuͤrken (von denen ſie nicht anders glaubten, als daß ſie vor Anker laͤgen) in offener See und in Bereitſchaft antreffen, ſie zu empfangen. Indeſſen naͤhern ſie ſich doch denſelben, als wenn ſie noch wil- lens waͤren, ihr Vorhaben auszufuͤhren. Als ſie aber merken, daß ſie allem Anſehen nach ſehr uͤbel wuͤrden empfangen werden: ſo ſegeln ſie davon, und laſſen geſchehen, daß die mit reicher Beute beladene Flote nach Conſtantinopel zuruͤck kehret. 14. In dieſem Jahre waren die osmaniſchen Waffen zu Lande eben ſo gluͤcklich. Denn die Deutſchen, die in der Einbildung ſtunden, die ganze Macht dieſes Reiches waͤre in dem verwichenen Jahre bey dem Verluſte zur See zu Grunde gegangen, und begierig waren, dasjenige, was ſie verloren hatten, ohne Widerſtand wieder zu erobern, belagerten die Stadt Nova in Bosnien. Allein die Statthalter von Bosnien und den benachbarten Landſchaften eilen mit vereinigten Kraͤften herbey, den Ort zu entſetzen, uͤberraſchen die Feinde, die ihre Gedanken bloß auf die Belagerung gerichtet hatten, ſchlagen dieſelben in die Flucht, und ſenden, zum Zeichen des Sieges, drey hundert Gefangenen nach Conſtantinopel. Nova wird von den Tuͤrken entſetzet. 15. Als nun ſolchergeſtalt der Schade, der durch die letztere Niederlage war verurſachet worden, reichlich erſetzet war: ſo wollte Selim ſeine Gottſelig- keit und ſein dankbares Gemuͤth fuͤr ſo viele goͤttliche Gnadenbezeigungen an den Tag legen, und nahm ſich vor, die heiligen Gebaͤude auszuſchmuͤcken. Dieſe Abſicht zu bewerkſtelligen, fing er in dieſem Jahre an, dasjenige an dem Tem- pel St. Sophia ausbeſſern zu laſſen, was durch die Laͤnge der Zeit daran ver- fallen war, fuͤhrete an den vier Ecken deſſelben vier Menare oder Thuͤrme von verſchiedener Geſtalt ²⁵ auf, ließ einige nahe gelegenen Haͤuſer abbrechen, und ſtiftete daſelbſt zwo Medreſe von vortrefflicher Baukunſt. Selim laͤſſet den Tempel St. Sophia aus- beſſern: 16. In- ſo hat Sultan Selim es wieder von Steinen aufbauen laſſen. ²⁴ Ewarin] Dieſes muß Navarin ſeyn: denn es iſt ſonſt kein Hafen in Morea, der dieſen Namen fuͤhren kann. Ich habe aber ſchon oͤfters erinnert, wie nachlaͤſſig die Tuͤr- ken in Anfuͤhrung der Namen der Oerter und Feldherren ſind. ²⁵ verſchiedener Geſtalt] Alle Menare an den tuͤrkiſchen Dſchami, wenn es zwo oder vier ſind, haben einerley Geſtalt. Sind es aber ihrer ſechs: ſo ſind vier auf einerley Art gebauet, und mit drey Schuͤrfe * gezieret; und zwo, die an den Ecken des aͤußern Haͤ- rem * Gaͤngen. 2 U 3

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/433>, abgerufen am 22.11.2024.