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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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12. Murad der III
zurück, die eroberten Städte zu bewahren, und er selbst kehrete wieder nach
Europa.

4.

Mittlerweile geschahe es, nachdem Tokmak geschlagen war, daß einMünewdschehir
wird abfällig,
und tritt zu den
Türken.

Christ von edler Abkunft, Münewdschehir 4, der bisher unter persischer Botmä-
ßigkeit gestanden war, zu Mustäfa kam, als dieser sich noch bey Tiflis aufhielte,
demselben die Schlüssel von den unter seiner Befehlhabung stehenden Städten
überreichte, und inskünftige dem osmanischen Reiche gehorsam zu seyn versprach.
Er wurde auch von Mustäfa Pascha liebreich empfangen, und wendete sich ei-
[Spaltenumbruch]

glaubigen: die Deutschen; Gurur Kjafir,
freche Lästerer: die Venetianer; Baliktschi,
Fischer: die Italiener und alle übrigen Fran-
ken; Firenkj heßar Renkj, von tausend Far-
ben, das ist, Betrieger: die Franzosen; Aj-
nadschi, Arglistige: die Holländer; Pejnir-
dschi, Käsekrämer: die Engländer; Tschoka-
dschi, Tuchkrämer: die Spanier; Tembel,
Müßiggänger. Und auf diese Weise bekommt
fast ein iedes Volk, das ihnen bekannt wird,
von ihnen seinen Spottnamen.
2 Oeßdemir Ogli] heißet, nach der
Bedeutung des Wortes, ganz von Eisen.
Es war (wie ich bereits vorhin gedacht habe)
ein berühmter Kämpfer dieses Namens bey
den Türken, von dem eben so große Thaten
erzählet werden, als von Hämße oder Sim-
son*. Der gegenwärtige Oeßdemir Ogli
aber wurde also genennet von der Festigkeit
seines Gemüths, damit er begabet war.
3 Erßenürrumi] Ich kann nicht mit
Gewißheit sagen, was für eine Stadt oder
Landschaft unter diesem Namen verstanden
werde. Es scheinet aber, daß sie den Türken
wieder abgenommen worden sey: denn heu-
tiges Tages ist keine solche Paschaschaft in
dem ganzen türkischen Reiche anzutreffen.
[Spaltenumbruch]
4 Münewdschehir] Dieses scheinet
einer von den georgischen Statthaltern gewe-
sen zu seyn: denn zur selbigen Zeit gab es
keinen christlichen Fürsten in diesen Landen,
der da Herr von verschiedenen und noch dazu
befestigten Städten gewesen wäre. Die
christlichen Schriftsteller erwähnen desselben
in dem Leben Murads des II, und sagen:
Mehemmed Pascha, ein Anverwandter von
Mustäfa, dem nach dessen Tode die Befehl-
habung über das Kriegesheer anvertrauet
worden, habe unter dem Scheine der Freund-
schaft Münewdschehir eingeladen, zu ihm zu
kommen, mit dem Vorsatze, ihn in Ketten
und Banden nach Constantinopel zu schicken.
Weil er aber von Mehemmeds Vorhaben
Nachricht gehabt: so habe er funfzig Ver-
trauten zu seiner Begleitung mit sich genom-
men. Als er nun zu Mehemmed Pascha ge-
kommen: so habe er seinen Gefährten unter
dem Vorwande der Neugier befohlen, mit
ihm in den Gehörsal zu gehen. Durch den
Beystand derselben habe er den ersten, die sich
seiner bemächtigen wollen, die Köpfe abge-
hauen, und den übrigen sey er entwischet,
nachdem er Mehemmed Pascha selbst verschie-
dene Wunden beygebracht gehabt.

nige
* Man sehe oben die 13 Anmerkung des vorhergehenden Hauptstückes, 335 S.
2 X 2

12. Murad der III
zuruͤck, die eroberten Staͤdte zu bewahren, und er ſelbſt kehrete wieder nach
Europa.

4.

Mittlerweile geſchahe es, nachdem Tokmak geſchlagen war, daß einMuͤnewdſchehir
wird abfaͤllig,
und tritt zu den
Tuͤrken.

Chriſt von edler Abkunft, Muͤnewdſchehir 4, der bisher unter perſiſcher Botmaͤ-
ßigkeit geſtanden war, zu Muſtaͤfa kam, als dieſer ſich noch bey Tiflis aufhielte,
demſelben die Schluͤſſel von den unter ſeiner Befehlhabung ſtehenden Staͤdten
uͤberreichte, und inskuͤnftige dem osmaniſchen Reiche gehorſam zu ſeyn verſprach.
Er wurde auch von Muſtaͤfa Paſcha liebreich empfangen, und wendete ſich ei-
[Spaltenumbruch]

glaubigen: die Deutſchen; Gurur Kjafir,
freche Laͤſterer: die Venetianer; Baliktſchi,
Fiſcher: die Italiener und alle uͤbrigen Fran-
ken; Firenkj heßar Renkj, von tauſend Far-
ben, das iſt, Betrieger: die Franzoſen; Aj-
nadſchi, Argliſtige: die Hollaͤnder; Pejnir-
dſchi, Kaͤſekraͤmer: die Englaͤnder; Tſchoka-
dſchi, Tuchkraͤmer: die Spanier; Tembel,
Muͤßiggaͤnger. Und auf dieſe Weiſe bekommt
faſt ein iedes Volk, das ihnen bekannt wird,
von ihnen ſeinen Spottnamen.
2 Oeßdemir Ogli] heißet, nach der
Bedeutung des Wortes, ganz von Eiſen.
Es war (wie ich bereits vorhin gedacht habe)
ein beruͤhmter Kaͤmpfer dieſes Namens bey
den Tuͤrken, von dem eben ſo große Thaten
erzaͤhlet werden, als von Haͤmße oder Sim-
ſon*. Der gegenwaͤrtige Oeßdemir Ogli
aber wurde alſo genennet von der Feſtigkeit
ſeines Gemuͤths, damit er begabet war.
3 Erßenuͤrrumi] Ich kann nicht mit
Gewißheit ſagen, was fuͤr eine Stadt oder
Landſchaft unter dieſem Namen verſtanden
werde. Es ſcheinet aber, daß ſie den Tuͤrken
wieder abgenommen worden ſey: denn heu-
tiges Tages iſt keine ſolche Paſchaſchaft in
dem ganzen tuͤrkiſchen Reiche anzutreffen.
[Spaltenumbruch]
4 Muͤnewdſchehir] Dieſes ſcheinet
einer von den georgiſchen Statthaltern gewe-
ſen zu ſeyn: denn zur ſelbigen Zeit gab es
keinen chriſtlichen Fuͤrſten in dieſen Landen,
der da Herr von verſchiedenen und noch dazu
befeſtigten Staͤdten geweſen waͤre. Die
chriſtlichen Schriftſteller erwaͤhnen deſſelben
in dem Leben Murads des II‚ und ſagen:
Mehemmed Paſcha, ein Anverwandter von
Muſtaͤfa, dem nach deſſen Tode die Befehl-
habung uͤber das Kriegesheer anvertrauet
worden, habe unter dem Scheine der Freund-
ſchaft Muͤnewdſchehir eingeladen, zu ihm zu
kommen, mit dem Vorſatze, ihn in Ketten
und Banden nach Conſtantinopel zu ſchicken.
Weil er aber von Mehemmeds Vorhaben
Nachricht gehabt: ſo habe er funfzig Ver-
trauten zu ſeiner Begleitung mit ſich genom-
men. Als er nun zu Mehemmed Paſcha ge-
kommen: ſo habe er ſeinen Gefaͤhrten unter
dem Vorwande der Neugier befohlen, mit
ihm in den Gehoͤrſal zu gehen. Durch den
Beyſtand derſelben habe er den erſten, die ſich
ſeiner bemaͤchtigen wollen, die Koͤpfe abge-
hauen, und den uͤbrigen ſey er entwiſchet,
nachdem er Mehemmed Paſcha ſelbſt verſchie-
dene Wunden beygebracht gehabt.

nige
* Man ſehe oben die 13 Anmerkung des vorhergehenden Hauptſtuͤckes, 335 S.
2 X 2
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[347/0441] 12. Murad der III zuruͤck, die eroberten Staͤdte zu bewahren, und er ſelbſt kehrete wieder nach Europa. 4. Mittlerweile geſchahe es, nachdem Tokmak geſchlagen war, daß ein Chriſt von edler Abkunft, Muͤnewdſchehir ⁴ , der bisher unter perſiſcher Botmaͤ- ßigkeit geſtanden war, zu Muſtaͤfa kam, als dieſer ſich noch bey Tiflis aufhielte, demſelben die Schluͤſſel von den unter ſeiner Befehlhabung ſtehenden Staͤdten uͤberreichte, und inskuͤnftige dem osmaniſchen Reiche gehorſam zu ſeyn verſprach. Er wurde auch von Muſtaͤfa Paſcha liebreich empfangen, und wendete ſich ei- nige glaubigen: die Deutſchen; Gurur Kjafir, freche Laͤſterer: die Venetianer; Baliktſchi, Fiſcher: die Italiener und alle uͤbrigen Fran- ken; Firenkj heßar Renkj, von tauſend Far- ben, das iſt, Betrieger: die Franzoſen; Aj- nadſchi, Argliſtige: die Hollaͤnder; Pejnir- dſchi, Kaͤſekraͤmer: die Englaͤnder; Tſchoka- dſchi, Tuchkraͤmer: die Spanier; Tembel, Muͤßiggaͤnger. Und auf dieſe Weiſe bekommt faſt ein iedes Volk, das ihnen bekannt wird, von ihnen ſeinen Spottnamen. ² Oeßdemir Ogli] heißet, nach der Bedeutung des Wortes, ganz von Eiſen. Es war (wie ich bereits vorhin gedacht habe) ein beruͤhmter Kaͤmpfer dieſes Namens bey den Tuͤrken, von dem eben ſo große Thaten erzaͤhlet werden, als von Haͤmße oder Sim- ſon *. Der gegenwaͤrtige Oeßdemir Ogli aber wurde alſo genennet von der Feſtigkeit ſeines Gemuͤths, damit er begabet war. ³ Erßenuͤrrumi] Ich kann nicht mit Gewißheit ſagen, was fuͤr eine Stadt oder Landſchaft unter dieſem Namen verſtanden werde. Es ſcheinet aber, daß ſie den Tuͤrken wieder abgenommen worden ſey: denn heu- tiges Tages iſt keine ſolche Paſchaſchaft in dem ganzen tuͤrkiſchen Reiche anzutreffen. ⁴ Muͤnewdſchehir] Dieſes ſcheinet einer von den georgiſchen Statthaltern gewe- ſen zu ſeyn: denn zur ſelbigen Zeit gab es keinen chriſtlichen Fuͤrſten in dieſen Landen, der da Herr von verſchiedenen und noch dazu befeſtigten Staͤdten geweſen waͤre. Die chriſtlichen Schriftſteller erwaͤhnen deſſelben in dem Leben Murads des II‚ und ſagen: Mehemmed Paſcha, ein Anverwandter von Muſtaͤfa, dem nach deſſen Tode die Befehl- habung uͤber das Kriegesheer anvertrauet worden, habe unter dem Scheine der Freund- ſchaft Muͤnewdſchehir eingeladen, zu ihm zu kommen, mit dem Vorſatze, ihn in Ketten und Banden nach Conſtantinopel zu ſchicken. Weil er aber von Mehemmeds Vorhaben Nachricht gehabt: ſo habe er funfzig Ver- trauten zu ſeiner Begleitung mit ſich genom- men. Als er nun zu Mehemmed Paſcha ge- kommen: ſo habe er ſeinen Gefaͤhrten unter dem Vorwande der Neugier befohlen, mit ihm in den Gehoͤrſal zu gehen. Durch den Beyſtand derſelben habe er den erſten, die ſich ſeiner bemaͤchtigen wollen, die Koͤpfe abge- hauen, und den uͤbrigen ſey er entwiſchet, nachdem er Mehemmed Paſcha ſelbſt verſchie- dene Wunden beygebracht gehabt. Muͤnewdſchehir wird abfaͤllig, und tritt zu den Tuͤrken. * Man ſehe oben die 13 Anmerkung des vorhergehenden Hauptſtuͤckes, 335 S. 2 X 2

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/441>, abgerufen am 22.11.2024.