pu, setzte hierauf mit Böten über den Don, und überraschte den Chan, indem dieser von einer Seite, dadurch noch niemals ein Feind hereingekommen war, nicht die mindeste Gefahr besorgte, hieb ihm den Kopf ab, und sendete denselben an seinen Hof.
8.
Als auf diese Weise die einheimischen Feinde gedämpfet waren: soDie Perser hal- ten um Frieden an: wurde der oberste Weßir im Jahre 988 gegen die Perser ins Feld geschicket. Weil aber diese voraus sehen, daß ihrem ganzen Volke der Untergang gedrohetH. 988. J. C. 1580. wird: so legen sie ihre kriegerische Hitze ab, bitten um Frieden, und senden zu dem Ende Ibrahim Chan, einen Mann von großer Verschlagenheit, als Abge- sandten ab. Dieser beweget den Weßir (der bereits in die persischen Grenzen eingerücket war) dergestalt, theils durch Ueberredung, und theils durch Ge- schenke, daß das Kriegesheer unverzüglich Befehl bekommt, den Rückzug an- zutreten; der Abgesandte hingegen mit Empfehlungsschreiben an den osmani- schen Hof geschicket wird.
9.
Allein, Murads Gedanken waren mit des Weßirs seinen nicht einer-bekommen aber eine abschlägige Antwort. ley. Der Kaiser glaubte, es sey noch zu frühe; der Feind sey noch nicht völlig entkräftet, daß man ihm den Frieden zugestehen sollte: es sey auch für ein Krie- gesheer, das mit so großen Kosten zu Stande gebracht worden, schimpflich, daß es sich durch betriegerische Worte verführen lasse, die Zeit müßig hinzubrin- gen. Daher ließ er den Abgesandten mit einer abschlägigen Antwort auf sein Ansuchen von sich, und entsetzte Sinan Pascha der Würde und des Amtes eines Weßirs, weil er eine Sache von solcher Wichtigkeit, ohne vorher seinen Befehl darüber einzuholen, auf sich genommen hatte; an dessen Stelle Ferhad Pascha dazu erhoben wurde.
10.
Der neue Weßir rückte im Jahre 991 mit einem zahlreichen Krie-Ferhads verge- bener Feldzug in Persien. gesheere in die persischen Grenzen ein, und ließ die Mauren zu Rewan ausbes- sern, die sint einiger Zeit verfallen gewesen waren. Außer diesem aber verrich-H. 991. J. C. 1583. tete er nichts, was der Anmerkung werth wäre; entweder aus Feigheit, oder weil er von den Feinden bestochen war. Was noch mehr ist: so verlor er gar Tibris, und kehrete, nach einigen unglücklichen Scharmützeln, im Anfange des Winters mit seinen Truppen wieder nach Constantinopel zurück. Weil also Murad sich mit diesem Feldherrn in seiner gefaßten Hoffnung betrogen sahe: so setzte er ihn ebenfals von seinem Amte des Weßirs ab, übergab dasselbe Oeß- demir Ogli Osman Pascha, dessen Heldenmuth und Kriegserfahrenheit sich bereits in eben diesem Kriege gezeiget hatte, und schickte ihn mit den Ehrenzei- chen eines Weßirs und obersten Feldherrn dem Kriegsheere zu.
11. Da-
2 X 3
12. Murad der III
pu, ſetzte hierauf mit Boͤten uͤber den Don, und uͤberraſchte den Chan, indem dieſer von einer Seite, dadurch noch niemals ein Feind hereingekommen war, nicht die mindeſte Gefahr beſorgte, hieb ihm den Kopf ab, und ſendete denſelben an ſeinen Hof.
8.
Als auf dieſe Weiſe die einheimiſchen Feinde gedaͤmpfet waren: ſoDie Perſer hal- ten um Frieden an: wurde der oberſte Weßir im Jahre 988 gegen die Perſer ins Feld geſchicket. Weil aber dieſe voraus ſehen, daß ihrem ganzen Volke der Untergang gedrohetH. 988. J. C. 1580. wird: ſo legen ſie ihre kriegeriſche Hitze ab, bitten um Frieden, und ſenden zu dem Ende Ibrahim Chan, einen Mann von großer Verſchlagenheit, als Abge- ſandten ab. Dieſer beweget den Weßir (der bereits in die perſiſchen Grenzen eingeruͤcket war) dergeſtalt, theils durch Ueberredung, und theils durch Ge- ſchenke, daß das Kriegesheer unverzuͤglich Befehl bekommt, den Ruͤckzug an- zutreten; der Abgeſandte hingegen mit Empfehlungsſchreiben an den osmani- ſchen Hof geſchicket wird.
9.
Allein, Murads Gedanken waren mit des Weßirs ſeinen nicht einer-bekommen aber eine abſchlaͤgige Antwort. ley. Der Kaiſer glaubte, es ſey noch zu fruͤhe; der Feind ſey noch nicht voͤllig entkraͤftet, daß man ihm den Frieden zugeſtehen ſollte: es ſey auch fuͤr ein Krie- gesheer, das mit ſo großen Koſten zu Stande gebracht worden, ſchimpflich, daß es ſich durch betriegeriſche Worte verfuͤhren laſſe, die Zeit muͤßig hinzubrin- gen. Daher ließ er den Abgeſandten mit einer abſchlaͤgigen Antwort auf ſein Anſuchen von ſich, und entſetzte Sinan Paſcha der Wuͤrde und des Amtes eines Weßirs, weil er eine Sache von ſolcher Wichtigkeit, ohne vorher ſeinen Befehl daruͤber einzuholen, auf ſich genommen hatte; an deſſen Stelle Ferhad Paſcha dazu erhoben wurde.
10.
Der neue Weßir ruͤckte im Jahre 991 mit einem zahlreichen Krie-Ferhads verge- bener Feldzug in Perſien. gesheere in die perſiſchen Grenzen ein, und ließ die Mauren zu Rewan ausbeſ- ſern, die ſint einiger Zeit verfallen geweſen waren. Außer dieſem aber verrich-H. 991. J. C. 1583. tete er nichts, was der Anmerkung werth waͤre; entweder aus Feigheit, oder weil er von den Feinden beſtochen war. Was noch mehr iſt: ſo verlor er gar Tibris, und kehrete, nach einigen ungluͤcklichen Scharmuͤtzeln, im Anfange des Winters mit ſeinen Truppen wieder nach Conſtantinopel zuruͤck. Weil alſo Murad ſich mit dieſem Feldherrn in ſeiner gefaßten Hoffnung betrogen ſahe: ſo ſetzte er ihn ebenfals von ſeinem Amte des Weßirs ab, uͤbergab daſſelbe Oeß- demir Ogli Osman Paſcha, deſſen Heldenmuth und Kriegserfahrenheit ſich bereits in eben dieſem Kriege gezeiget hatte, und ſchickte ihn mit den Ehrenzei- chen eines Weßirs und oberſten Feldherrn dem Kriegsheere zu.
11. Da-
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12. Murad der III
pu, ſetzte hierauf mit Boͤten uͤber den Don, und uͤberraſchte den Chan, indem
dieſer von einer Seite, dadurch noch niemals ein Feind hereingekommen war,
nicht die mindeſte Gefahr beſorgte, hieb ihm den Kopf ab, und ſendete denſelben
an ſeinen Hof.
8. Als auf dieſe Weiſe die einheimiſchen Feinde gedaͤmpfet waren: ſo
wurde der oberſte Weßir im Jahre 988 gegen die Perſer ins Feld geſchicket.
Weil aber dieſe voraus ſehen, daß ihrem ganzen Volke der Untergang gedrohet
wird: ſo legen ſie ihre kriegeriſche Hitze ab, bitten um Frieden, und ſenden zu
dem Ende Ibrahim Chan, einen Mann von großer Verſchlagenheit, als Abge-
ſandten ab. Dieſer beweget den Weßir (der bereits in die perſiſchen Grenzen
eingeruͤcket war) dergeſtalt, theils durch Ueberredung, und theils durch Ge-
ſchenke, daß das Kriegesheer unverzuͤglich Befehl bekommt, den Ruͤckzug an-
zutreten; der Abgeſandte hingegen mit Empfehlungsſchreiben an den osmani-
ſchen Hof geſchicket wird.
Die Perſer hal-
ten um Frieden
an:
H. 988.
J. C. 1580.
9. Allein, Murads Gedanken waren mit des Weßirs ſeinen nicht einer-
ley. Der Kaiſer glaubte, es ſey noch zu fruͤhe; der Feind ſey noch nicht voͤllig
entkraͤftet, daß man ihm den Frieden zugeſtehen ſollte: es ſey auch fuͤr ein Krie-
gesheer, das mit ſo großen Koſten zu Stande gebracht worden, ſchimpflich,
daß es ſich durch betriegeriſche Worte verfuͤhren laſſe, die Zeit muͤßig hinzubrin-
gen. Daher ließ er den Abgeſandten mit einer abſchlaͤgigen Antwort auf ſein
Anſuchen von ſich, und entſetzte Sinan Paſcha der Wuͤrde und des Amtes eines
Weßirs, weil er eine Sache von ſolcher Wichtigkeit, ohne vorher ſeinen Befehl
daruͤber einzuholen, auf ſich genommen hatte; an deſſen Stelle Ferhad Paſcha
dazu erhoben wurde.
bekommen aber
eine abſchlaͤgige
Antwort.
10. Der neue Weßir ruͤckte im Jahre 991 mit einem zahlreichen Krie-
gesheere in die perſiſchen Grenzen ein, und ließ die Mauren zu Rewan ausbeſ-
ſern, die ſint einiger Zeit verfallen geweſen waren. Außer dieſem aber verrich-
tete er nichts, was der Anmerkung werth waͤre; entweder aus Feigheit, oder
weil er von den Feinden beſtochen war. Was noch mehr iſt: ſo verlor er gar
Tibris, und kehrete, nach einigen ungluͤcklichen Scharmuͤtzeln, im Anfange des
Winters mit ſeinen Truppen wieder nach Conſtantinopel zuruͤck. Weil alſo
Murad ſich mit dieſem Feldherrn in ſeiner gefaßten Hoffnung betrogen ſahe: ſo
ſetzte er ihn ebenfals von ſeinem Amte des Weßirs ab, uͤbergab daſſelbe Oeß-
demir Ogli Osman Paſcha, deſſen Heldenmuth und Kriegserfahrenheit ſich
bereits in eben dieſem Kriege gezeiget hatte, und ſchickte ihn mit den Ehrenzei-
chen eines Weßirs und oberſten Feldherrn dem Kriegsheere zu.
Ferhads verge-
bener Feldzug in
Perſien.
H. 991.
J. C. 1583.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/443>, abgerufen am 22.11.2024.
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