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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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12. Murad der III
ermahnete seine Leute sich tapfer zu halten, und beobachtete die Pflicht eines gu-
ten Feldherrn, sowol mit Worten als mit der That. Osman Pascha im Ge-
gentheile war auf der Reise krank geworden; und weil er nicht im Stande war,
ein Pferd zu regieren: so ritte er auf einem Maulthiere; konnte aber, wegen
Schwachheit, seine Leute nicht durch seine Thaten anfrischen, sondern bat nur
dieselben mit Worten, daß sie den Ruhm der osmanischen Waffen nicht beflecken
möchten. Endlich wurden die Perser genöthiget, den Türken zu weichen.
Osman aber gab in der folgenden Nacht nach diesem Siege, nicht sowol wegen hef-
tiger Krankheit, als vielmehr wegen ausgestandener Beschwerlichkeiten des vo-
rigen Tages, seinen Geist auf, und krönete solchergestalt sein Leben, das er
durch seine Thaten ruhmwürdig gemacht hatte, mit dem Märtirertode.

14.

Durch diesen Tod war das Kriegesheer seines Anführers beraubet;Sinan Pascha
treibet die Perser
zurück.

und weil die Soldaten sich rings herum mit Feinden umgeben sahen: so erwäh-
leten sie Sinan Pascha 9 zu ihrem obersten Feldherrn, und setzten ihre vorha-
bende Reise fort. Hämße Mirßa aber folget ihnen auf dem Fuße nach; und
da er wegen des letztern Verlustes sich nicht getrauet, die Osmanen im Felde
anzugreifen: so hauet er sich in beständigen Scharmützeln mit ihnen herum,
leget sich bey engen Pässen in einen Hinterhalt, und thut ihnen größern Abbruch,
als in einem ordentlichen Treffen hätte geschehen können. Nachdem er solcher-
gestalt ihr Heer geschwächet und indessen mehr Truppen an sich gezogen hatte: so
greifet er sie zuletzt bey Selmas 10 an, und stürmet ihr Lager mit der größten
Hitze. Er fället aber, indem er seine Leute anführet und sie durch sein Beyspiel
anfrischet, gleich bey dem ersten Angriffe, und befreyet dadurch die Osmanen
von einer großen Gefahr. Denn die Perser wurden durch den Fall ihres Feld-
herrn bestürzt gemacht, daß sie sich zurück zogen, und den Müsülmanen einen
freyen Weg nach Wan ließen.

[Spaltenumbruch]
griechischen [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] entstanden. Es giebt
auch eine Tonart in der Musik, die Sofian
heißet.
9 Sinan Pascha] Eben derselbe, der
wegen seiner Nachlässigkeit in Persien (wie
ich bereits erwähnet habe) von seinem Amte
abgesetzet wurde. Denn es ist nichts unge-
wöhnliches bey den Türken, daß sie ihre ent-
[Spaltenumbruch]
lassenen Feldherren wieder in ihre vorigen,
oder auch wol höhere Würden einsetzen.
Daher werden ihnen an dem Orte ihrer Ver-
weisung, selbst von ihren Feinden, Geschenke
zugeschicket, aus Furcht, sie möchten in dem
Falle, wenn sie wieder zu Ehrenämtern ge-
langeten, es sie entgelten lassen.
10 Selmas] Eine Stadt, die weder
15. Als

12. Murad der III
ermahnete ſeine Leute ſich tapfer zu halten, und beobachtete die Pflicht eines gu-
ten Feldherrn, ſowol mit Worten als mit der That. Osman Paſcha im Ge-
gentheile war auf der Reiſe krank geworden; und weil er nicht im Stande war,
ein Pferd zu regieren: ſo ritte er auf einem Maulthiere; konnte aber, wegen
Schwachheit, ſeine Leute nicht durch ſeine Thaten anfriſchen, ſondern bat nur
dieſelben mit Worten, daß ſie den Ruhm der osmaniſchen Waffen nicht beflecken
moͤchten. Endlich wurden die Perſer genoͤthiget, den Tuͤrken zu weichen.
Osman aber gab in der folgenden Nacht nach dieſem Siege, nicht ſowol wegen hef-
tiger Krankheit, als vielmehr wegen ausgeſtandener Beſchwerlichkeiten des vo-
rigen Tages, ſeinen Geiſt auf, und kroͤnete ſolchergeſtalt ſein Leben, das er
durch ſeine Thaten ruhmwuͤrdig gemacht hatte, mit dem Maͤrtirertode.

14.

Durch dieſen Tod war das Kriegesheer ſeines Anfuͤhrers beraubet;Sinan Paſcha
treibet die Perſer
zuruͤck.

und weil die Soldaten ſich rings herum mit Feinden umgeben ſahen: ſo erwaͤh-
leten ſie Sinan Paſcha 9 zu ihrem oberſten Feldherrn, und ſetzten ihre vorha-
bende Reiſe fort. Haͤmße Mirßa aber folget ihnen auf dem Fuße nach; und
da er wegen des letztern Verluſtes ſich nicht getrauet, die Osmanen im Felde
anzugreifen: ſo hauet er ſich in beſtaͤndigen Scharmuͤtzeln mit ihnen herum,
leget ſich bey engen Paͤſſen in einen Hinterhalt, und thut ihnen groͤßern Abbruch,
als in einem ordentlichen Treffen haͤtte geſchehen koͤnnen. Nachdem er ſolcher-
geſtalt ihr Heer geſchwaͤchet und indeſſen mehr Truppen an ſich gezogen hatte: ſo
greifet er ſie zuletzt bey Selmas 10 an, und ſtuͤrmet ihr Lager mit der groͤßten
Hitze. Er faͤllet aber, indem er ſeine Leute anfuͤhret und ſie durch ſein Beyſpiel
anfriſchet, gleich bey dem erſten Angriffe, und befreyet dadurch die Osmanen
von einer großen Gefahr. Denn die Perſer wurden durch den Fall ihres Feld-
herrn beſtuͤrzt gemacht, daß ſie ſich zuruͤck zogen, und den Muͤſuͤlmanen einen
freyen Weg nach Wan ließen.

[Spaltenumbruch]
griechiſchen [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] entſtanden. Es giebt
auch eine Tonart in der Muſik, die Sofian
heißet.
9 Sinan Paſcha] Eben derſelbe, der
wegen ſeiner Nachlaͤſſigkeit in Perſien (wie
ich bereits erwaͤhnet habe) von ſeinem Amte
abgeſetzet wurde. Denn es iſt nichts unge-
woͤhnliches bey den Tuͤrken, daß ſie ihre ent-
[Spaltenumbruch]
laſſenen Feldherren wieder in ihre vorigen,
oder auch wol hoͤhere Wuͤrden einſetzen.
Daher werden ihnen an dem Orte ihrer Ver-
weiſung, ſelbſt von ihren Feinden, Geſchenke
zugeſchicket, aus Furcht, ſie moͤchten in dem
Falle, wenn ſie wieder zu Ehrenaͤmtern ge-
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15. Als
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[351/0445] 12. Murad der III ermahnete ſeine Leute ſich tapfer zu halten, und beobachtete die Pflicht eines gu- ten Feldherrn, ſowol mit Worten als mit der That. Osman Paſcha im Ge- gentheile war auf der Reiſe krank geworden; und weil er nicht im Stande war, ein Pferd zu regieren: ſo ritte er auf einem Maulthiere; konnte aber, wegen Schwachheit, ſeine Leute nicht durch ſeine Thaten anfriſchen, ſondern bat nur dieſelben mit Worten, daß ſie den Ruhm der osmaniſchen Waffen nicht beflecken moͤchten. Endlich wurden die Perſer genoͤthiget, den Tuͤrken zu weichen. Osman aber gab in der folgenden Nacht nach dieſem Siege, nicht ſowol wegen hef- tiger Krankheit, als vielmehr wegen ausgeſtandener Beſchwerlichkeiten des vo- rigen Tages, ſeinen Geiſt auf, und kroͤnete ſolchergeſtalt ſein Leben, das er durch ſeine Thaten ruhmwuͤrdig gemacht hatte, mit dem Maͤrtirertode. 14. Durch dieſen Tod war das Kriegesheer ſeines Anfuͤhrers beraubet; und weil die Soldaten ſich rings herum mit Feinden umgeben ſahen: ſo erwaͤh- leten ſie Sinan Paſcha ⁹ zu ihrem oberſten Feldherrn, und ſetzten ihre vorha- bende Reiſe fort. Haͤmße Mirßa aber folget ihnen auf dem Fuße nach; und da er wegen des letztern Verluſtes ſich nicht getrauet, die Osmanen im Felde anzugreifen: ſo hauet er ſich in beſtaͤndigen Scharmuͤtzeln mit ihnen herum, leget ſich bey engen Paͤſſen in einen Hinterhalt, und thut ihnen groͤßern Abbruch, als in einem ordentlichen Treffen haͤtte geſchehen koͤnnen. Nachdem er ſolcher- geſtalt ihr Heer geſchwaͤchet und indeſſen mehr Truppen an ſich gezogen hatte: ſo greifet er ſie zuletzt bey Selmas ¹⁰ an, und ſtuͤrmet ihr Lager mit der groͤßten Hitze. Er faͤllet aber, indem er ſeine Leute anfuͤhret und ſie durch ſein Beyſpiel anfriſchet, gleich bey dem erſten Angriffe, und befreyet dadurch die Osmanen von einer großen Gefahr. Denn die Perſer wurden durch den Fall ihres Feld- herrn beſtuͤrzt gemacht, daß ſie ſich zuruͤck zogen, und den Muͤſuͤlmanen einen freyen Weg nach Wan ließen. Sinan Paſcha treibet die Perſer zuruͤck. 15. Als griechiſchen _ entſtanden. Es giebt auch eine Tonart in der Muſik, die Sofian heißet. ⁹ Sinan Paſcha] Eben derſelbe, der wegen ſeiner Nachlaͤſſigkeit in Perſien (wie ich bereits erwaͤhnet habe) von ſeinem Amte abgeſetzet wurde. Denn es iſt nichts unge- woͤhnliches bey den Tuͤrken, daß ſie ihre ent- laſſenen Feldherren wieder in ihre vorigen, oder auch wol hoͤhere Wuͤrden einſetzen. Daher werden ihnen an dem Orte ihrer Ver- weiſung, ſelbſt von ihren Feinden, Geſchenke zugeſchicket, aus Furcht, ſie moͤchten in dem Falle, wenn ſie wieder zu Ehrenaͤmtern ge- langeten, es ſie entgelten laſſen. ¹⁰ Selmas] Eine Stadt, die weder mir

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/445>, abgerufen am 22.11.2024.