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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
Herrn, der zu stillen Betrachtungen geneigt, und daher fromm und unschädlich
wäre.

Eine Erschei-
nung am Him-mel.
3.

Unter der Regierung desselben ließ sich zu Constantinopel eine seltsame
Erscheinung sehen, dergleichen man vorher noch niemals wahrgenommen hatte,
H. 1029.



J. C. 1620.und vielleicht auch niemals wieder kommen wird. Im Jahre 1029, am 28
des Monats Rebiül ewwel, erblickte man am Himmel ein krummes Schwert,
das fünfmal so lang als eine Lanze, und drey Fuß breit war. Es erstreckte sich
von Osten nach Westen, und erschiene nach Untergang der Sonne mit einem
hellen Glanze, und dieses einen ganzen Monat hindurch. Als man die Stern-
deuter und andere, die die Kunst verstehen wollten, zukünftige Dinge vorher zu
sagen, darum befragte: so erkläreten sie dasselbe für eine Vorbedeutung des
Sieges und Ausbreitung des Reiches der Osmanen. Eben diese Sterndeuter
legten den Frost als einen bösen Vorboten aus, der um eben diese Zeit, nämlich
im folgenden Jahre, einfiele, und so heftig war, daß die Einwohner von Con-
stantinopel sicher zu Fuße nach Ueskjüdar* und wieder herüber gingen.

Osman thut
einen Feldzugnach Polen:
4.

Im Sommer darauf, nach dem harten Winter, unternahm Osman,
dieser Vorhersagung zum Trotze, einen Feldzug gegen die Polen, eroberte Cho-
tin 2 wieder, das dieselben mit Sturme eingenommen hatten, schickte den Chan
von der Tatarey mit den tatarischen und türkischen Völkern in das Innere von
Polen, dasselbe zu verheren, und er selbst umringte die feindlichen Truppen und
setzte ihnen dergestalt zu, daß sie endlich gezwungen waren, um Frieden zu
bitten. Der Kaiser verwilligte ihnen auch ihr Gesuch, und schloß mit ihnen
einen Frieden auf Bedingungen, die er ihnen selbst vorschrieb; darauf er gegen
den Winter mit reicher Beute und vielen Gefangenen nach Constantinopel zu-
rück kehrete.

wird umge-
bracht, und Mu-
stäfa wieder auf
den Thron geset-zet:
5.

Die Soldaten aber, die nicht gewohnt waren, sich von einem so jun-
gen Kaiser regieren zu lassen, und mittlerweile zu Constantinopel müßig lebten,
[Spaltenumbruch]

2 Chotin*] Eine Stadt in der Moldau
an dem Dnjester, Kamjenjez gegen über ge-
legen, die sowol von Natur als Kunst befesti-
get ist. Die Türken besserten zu meiner Zeit,
nach der Schlacht an dem Prut, die Mauren
daran aus, und vermehreten sie mit etlichen
[Spaltenumbruch]
Werken von der neuen Art; so daß dieselbe
itzo mit Recht die Vormauer des ganzen Rei-
ches gegen Rußland und Polen heißen kann.
Doch hievon soll in meiner Abhandlung von
der alten und heutigen Moldau ausführlicher
gehandelt werden.

lassen
* Eine Stadt in Asien, Constantinopel gegen über.
* sonst Chotschim genennet.

Osmaniſche Geſchichte
Herrn, der zu ſtillen Betrachtungen geneigt, und daher fromm und unſchaͤdlich
waͤre.

Eine Erſchei-
nung am Him-mel.
3.

Unter der Regierung deſſelben ließ ſich zu Conſtantinopel eine ſeltſame
Erſcheinung ſehen, dergleichen man vorher noch niemals wahrgenommen hatte,
H. 1029.



J. C. 1620.und vielleicht auch niemals wieder kommen wird. Im Jahre 1029, am 28
des Monats Rebiuͤl ewwel, erblickte man am Himmel ein krummes Schwert,
das fuͤnfmal ſo lang als eine Lanze, und drey Fuß breit war. Es erſtreckte ſich
von Oſten nach Weſten, und erſchiene nach Untergang der Sonne mit einem
hellen Glanze, und dieſes einen ganzen Monat hindurch. Als man die Stern-
deuter und andere, die die Kunſt verſtehen wollten, zukuͤnftige Dinge vorher zu
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Sieges und Ausbreitung des Reiches der Osmanen. Eben dieſe Sterndeuter
legten den Froſt als einen boͤſen Vorboten aus, der um eben dieſe Zeit, naͤmlich
im folgenden Jahre, einfiele, und ſo heftig war, daß die Einwohner von Con-
ſtantinopel ſicher zu Fuße nach Ueskjuͤdar* und wieder heruͤber gingen.

Osman thut
einen Feldzugnach Polen:
4.

Im Sommer darauf, nach dem harten Winter, unternahm Osman,
dieſer Vorherſagung zum Trotze, einen Feldzug gegen die Polen, eroberte Cho-
tin 2 wieder, das dieſelben mit Sturme eingenommen hatten, ſchickte den Chan
von der Tatarey mit den tatariſchen und tuͤrkiſchen Voͤlkern in das Innere von
Polen, daſſelbe zu verheren, und er ſelbſt umringte die feindlichen Truppen und
ſetzte ihnen dergeſtalt zu, daß ſie endlich gezwungen waren, um Frieden zu
bitten. Der Kaiſer verwilligte ihnen auch ihr Geſuch, und ſchloß mit ihnen
einen Frieden auf Bedingungen, die er ihnen ſelbſt vorſchrieb; darauf er gegen
den Winter mit reicher Beute und vielen Gefangenen nach Conſtantinopel zu-
ruͤck kehrete.

wird umge-
bracht, und Mu-
ſtaͤfa wieder auf
den Thron geſet-zet:
5.

Die Soldaten aber, die nicht gewohnt waren, ſich von einem ſo jun-
gen Kaiſer regieren zu laſſen, und mittlerweile zu Conſtantinopel muͤßig lebten,
[Spaltenumbruch]

2 Chotin*] Eine Stadt in der Moldau
an dem Dnjeſter, Kamjenjez gegen uͤber ge-
legen, die ſowol von Natur als Kunſt befeſti-
get iſt. Die Tuͤrken beſſerten zu meiner Zeit,
nach der Schlacht an dem Prut, die Mauren
daran aus, und vermehreten ſie mit etlichen
[Spaltenumbruch]
Werken von der neuen Art; ſo daß dieſelbe
itzo mit Recht die Vormauer des ganzen Rei-
ches gegen Rußland und Polen heißen kann.
Doch hievon ſoll in meiner Abhandlung von
der alten und heutigen Moldau ausfuͤhrlicher
gehandelt werden.

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* Eine Stadt in Aſien, Conſtantinopel gegen uͤber.
* ſonſt Chotſchim genennet.
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[364/0466] Osmaniſche Geſchichte Herrn, der zu ſtillen Betrachtungen geneigt, und daher fromm und unſchaͤdlich waͤre. 3. Unter der Regierung deſſelben ließ ſich zu Conſtantinopel eine ſeltſame Erſcheinung ſehen, dergleichen man vorher noch niemals wahrgenommen hatte, und vielleicht auch niemals wieder kommen wird. Im Jahre 1029, am 28 des Monats Rebiuͤl ewwel, erblickte man am Himmel ein krummes Schwert, das fuͤnfmal ſo lang als eine Lanze, und drey Fuß breit war. Es erſtreckte ſich von Oſten nach Weſten, und erſchiene nach Untergang der Sonne mit einem hellen Glanze, und dieſes einen ganzen Monat hindurch. Als man die Stern- deuter und andere, die die Kunſt verſtehen wollten, zukuͤnftige Dinge vorher zu ſagen, darum befragte: ſo erklaͤreten ſie daſſelbe fuͤr eine Vorbedeutung des Sieges und Ausbreitung des Reiches der Osmanen. Eben dieſe Sterndeuter legten den Froſt als einen boͤſen Vorboten aus, der um eben dieſe Zeit, naͤmlich im folgenden Jahre, einfiele, und ſo heftig war, daß die Einwohner von Con- ſtantinopel ſicher zu Fuße nach Ueskjuͤdar * und wieder heruͤber gingen. H. 1029. J. C. 1620. 4. Im Sommer darauf, nach dem harten Winter, unternahm Osman, dieſer Vorherſagung zum Trotze, einen Feldzug gegen die Polen, eroberte Cho- tin ² wieder, das dieſelben mit Sturme eingenommen hatten, ſchickte den Chan von der Tatarey mit den tatariſchen und tuͤrkiſchen Voͤlkern in das Innere von Polen, daſſelbe zu verheren, und er ſelbſt umringte die feindlichen Truppen und ſetzte ihnen dergeſtalt zu, daß ſie endlich gezwungen waren, um Frieden zu bitten. Der Kaiſer verwilligte ihnen auch ihr Geſuch, und ſchloß mit ihnen einen Frieden auf Bedingungen, die er ihnen ſelbſt vorſchrieb; darauf er gegen den Winter mit reicher Beute und vielen Gefangenen nach Conſtantinopel zu- ruͤck kehrete. 5. Die Soldaten aber, die nicht gewohnt waren, ſich von einem ſo jun- gen Kaiſer regieren zu laſſen, und mittlerweile zu Conſtantinopel muͤßig lebten, laſſen ² Chotin *] Eine Stadt in der Moldau an dem Dnjeſter, Kamjenjez gegen uͤber ge- legen, die ſowol von Natur als Kunſt befeſti- get iſt. Die Tuͤrken beſſerten zu meiner Zeit, nach der Schlacht an dem Prut, die Mauren daran aus, und vermehreten ſie mit etlichen Werken von der neuen Art; ſo daß dieſelbe itzo mit Recht die Vormauer des ganzen Rei- ches gegen Rußland und Polen heißen kann. Doch hievon ſoll in meiner Abhandlung von der alten und heutigen Moldau ausfuͤhrlicher gehandelt werden. * Eine Stadt in Aſien, Conſtantinopel gegen uͤber. * ſonſt Chotſchim genennet.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/466>, abgerufen am 22.11.2024.