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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
der auch die Perser aufs Haupt schlug und die Stadt entsetzte, als sie eben im
Begriffe war, sich zu ergeben.

Murad lässet
ein Kriegesheer
gegen die Polen
ausrücken; gehet
aber hernach ei-
nen Frieden mitihnen ein.
11.

Nachdem die Perser gedemüthiget waren: so beschloß Murad, seine
siegreichen Waffen gegen Polen zu wenden. Er ließ daher seine Völker zu
Adrianopel zusammen kommen, und trug Mürtaßa Pascha auf, in Gesellschaft
mit Dschambalat Ssade 6, den er vorher zum Feldherrn über die rumilische
Reiterey gemacht hatte, die Polen feindlich zu überziehen. Diese Feldherren
gehen über die Donau, bey Girgjow 7, einer Stadt in der Walachey, und la-
gern sich an dem jenseitigen Ufer derselben. Mittlerweile, da sie sich hier auf-
halten, und auf die letzten Befehle des Kaisers warten, kommen Abgesandten
aus Polen an, und bitten Mürtaßa demüthig um Frieden. Weil aber Mür-
taßa sich nicht erkühnen will, eine so wichtige Sache ohne des Kaisers Vorwis-
sen über sich zu nehmen: so sendet er die Abgesandten an den Hof; durch deren
bittliches Ansuchen Murad sich bewegen lässet, ihnen den Frieden auf vorge-
schriebene Bedingungen zu verwilligen.

Das Weintrin-
ken wird erlau-bet.
12.

Im Jahre 1043 wurde ein neuer und bisher unerhörter öffentli-
cher Befehl im Namen des Kaisers bekannt gemacht, nach dem nicht allein
H. 1043.



J. C. 1633.den Weinhändlern und Weinschenken vergönnet wurde, ihren Handel zu trei-
ben; sondern auch iedermann Erlaubniß bekam, öffentlich Wein zu trinken:
[Spaltenumbruch]
6 Dschambalat Ssade] Dschamba-
lats Sohn. Er scheinet von tatarischer Ab-
kunft gewesen zu seyn: denn dieser Name ist
den Tatarn eigen; als Polad Mirßa, und
dergleichen.
7 Girgjow] Eine alte Stadt in der
Walachey, zwischen Silistria und Nikopel.
8 Emirgjün Ogli] Ein Sohn Emir-
gjüns, eines persischen Chans. Er wurde
als ein Gefangener nach Constantinopel ge-
bracht: erwarb sich aber gar bald durch seine
Geschicklichkeit in der Musik Murads Gnade
in solchem Grade, daß er einer von seinen
geheimen Räthen wurde; und wann der Kai-
[Spaltenumbruch]
ser sich mit Weintrinken erlustigte: so hatte
er sein Vergnügen bloß allein mit ihm und
mit Bekjri Mustäfa. Murad besuchte ihn
sehr oft in seinem Palaste, der noch itzo an dem
constantinopelischen Kanale zu sehen ist, und
von ihm den Namen Emirgjün Ogli Jalisi
führet (denn Jali* wird ein ieder Palast ge-
nennet, der nicht weit von der See lieget),
und machte sich mit Weintrinken bey ihm
lustig. Einmal geschahe es, als der Kaiser
daselbst Wein trank, daß ein gewisser vorneh-
mer Grieche ungefähr in einem Bote da vor-
bey fuhr, und, weil ihm unbekannt war, daß
der Sultan sich in diesem Palaste befinde,
mit großer Geschicklichkeit und Annehmlichkeit
ein persisches Lied sang. Als Emirgjün

unge-
* eigentlich das Ufer, Gestade.

Osmaniſche Geſchichte
der auch die Perſer aufs Haupt ſchlug und die Stadt entſetzte, als ſie eben im
Begriffe war, ſich zu ergeben.

Murad laͤſſet
ein Kriegesheer
gegen die Polen
ausruͤcken; gehet
aber hernach ei-
nen Frieden mitihnen ein.
11.

Nachdem die Perſer gedemuͤthiget waren: ſo beſchloß Murad, ſeine
ſiegreichen Waffen gegen Polen zu wenden. Er ließ daher ſeine Voͤlker zu
Adrianopel zuſammen kommen, und trug Muͤrtaßa Paſcha auf, in Geſellſchaft
mit Dſchambalat Sſade 6, den er vorher zum Feldherrn uͤber die rumiliſche
Reiterey gemacht hatte, die Polen feindlich zu uͤberziehen. Dieſe Feldherren
gehen uͤber die Donau, bey Girgjow 7, einer Stadt in der Walachey, und la-
gern ſich an dem jenſeitigen Ufer derſelben. Mittlerweile, da ſie ſich hier auf-
halten, und auf die letzten Befehle des Kaiſers warten, kommen Abgeſandten
aus Polen an, und bitten Muͤrtaßa demuͤthig um Frieden. Weil aber Muͤr-
taßa ſich nicht erkuͤhnen will, eine ſo wichtige Sache ohne des Kaiſers Vorwiſ-
ſen uͤber ſich zu nehmen: ſo ſendet er die Abgeſandten an den Hof; durch deren
bittliches Anſuchen Murad ſich bewegen laͤſſet, ihnen den Frieden auf vorge-
ſchriebene Bedingungen zu verwilligen.

Das Weintrin-
ken wird erlau-bet.
12.

Im Jahre 1043 wurde ein neuer und bisher unerhoͤrter oͤffentli-
cher Befehl im Namen des Kaiſers bekannt gemacht, nach dem nicht allein
H. 1043.



J. C. 1633.den Weinhaͤndlern und Weinſchenken vergoͤnnet wurde, ihren Handel zu trei-
ben; ſondern auch iedermann Erlaubniß bekam, oͤffentlich Wein zu trinken:
[Spaltenumbruch]
6 Dſchambalat Sſade] Dſchamba-
lats Sohn. Er ſcheinet von tatariſcher Ab-
kunft geweſen zu ſeyn: denn dieſer Name iſt
den Tatarn eigen; als Polad Mirßa, und
dergleichen.
7 Girgjow] Eine alte Stadt in der
Walachey, zwiſchen Siliſtria und Nikopel.
8 Emirgjuͤn Ogli] Ein Sohn Emir-
gjuͤns, eines perſiſchen Chans. Er wurde
als ein Gefangener nach Conſtantinopel ge-
bracht: erwarb ſich aber gar bald durch ſeine
Geſchicklichkeit in der Muſik Murads Gnade
in ſolchem Grade, daß er einer von ſeinen
geheimen Raͤthen wurde; und wann der Kai-
[Spaltenumbruch]
ſer ſich mit Weintrinken erluſtigte: ſo hatte
er ſein Vergnuͤgen bloß allein mit ihm und
mit Bekjri Muſtaͤfa. Murad beſuchte ihn
ſehr oft in ſeinem Palaſte, der noch itzo an dem
conſtantinopeliſchen Kanale zu ſehen iſt, und
von ihm den Namen Emirgjuͤn Ogli Jaliſi
fuͤhret (denn Jali* wird ein ieder Palaſt ge-
nennet, der nicht weit von der See lieget),
und machte ſich mit Weintrinken bey ihm
luſtig. Einmal geſchahe es, als der Kaiſer
daſelbſt Wein trank, daß ein gewiſſer vorneh-
mer Grieche ungefaͤhr in einem Bote da vor-
bey fuhr, und, weil ihm unbekannt war, daß
der Sultan ſich in dieſem Palaſte befinde,
mit großer Geſchicklichkeit und Annehmlichkeit
ein perſiſches Lied ſang. Als Emirgjuͤn

unge-
* eigentlich das Ufer, Geſtade.
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[372/0476] Osmaniſche Geſchichte der auch die Perſer aufs Haupt ſchlug und die Stadt entſetzte, als ſie eben im Begriffe war, ſich zu ergeben. 11. Nachdem die Perſer gedemuͤthiget waren: ſo beſchloß Murad, ſeine ſiegreichen Waffen gegen Polen zu wenden. Er ließ daher ſeine Voͤlker zu Adrianopel zuſammen kommen, und trug Muͤrtaßa Paſcha auf, in Geſellſchaft mit Dſchambalat Sſade ⁶ , den er vorher zum Feldherrn uͤber die rumiliſche Reiterey gemacht hatte, die Polen feindlich zu uͤberziehen. Dieſe Feldherren gehen uͤber die Donau, bey Girgjow ⁷ , einer Stadt in der Walachey, und la- gern ſich an dem jenſeitigen Ufer derſelben. Mittlerweile, da ſie ſich hier auf- halten, und auf die letzten Befehle des Kaiſers warten, kommen Abgeſandten aus Polen an, und bitten Muͤrtaßa demuͤthig um Frieden. Weil aber Muͤr- taßa ſich nicht erkuͤhnen will, eine ſo wichtige Sache ohne des Kaiſers Vorwiſ- ſen uͤber ſich zu nehmen: ſo ſendet er die Abgeſandten an den Hof; durch deren bittliches Anſuchen Murad ſich bewegen laͤſſet, ihnen den Frieden auf vorge- ſchriebene Bedingungen zu verwilligen. 12. Im Jahre 1043 wurde ein neuer und bisher unerhoͤrter oͤffentli- cher Befehl im Namen des Kaiſers bekannt gemacht, nach dem nicht allein den Weinhaͤndlern und Weinſchenken vergoͤnnet wurde, ihren Handel zu trei- ben; ſondern auch iedermann Erlaubniß bekam, oͤffentlich Wein zu trinken: unge- ⁶ Dſchambalat Sſade] Dſchamba- lats Sohn. Er ſcheinet von tatariſcher Ab- kunft geweſen zu ſeyn: denn dieſer Name iſt den Tatarn eigen; als Polad Mirßa, und dergleichen. ⁷ Girgjow] Eine alte Stadt in der Walachey, zwiſchen Siliſtria und Nikopel. ⁸ Emirgjuͤn Ogli] Ein Sohn Emir- gjuͤns, eines perſiſchen Chans. Er wurde als ein Gefangener nach Conſtantinopel ge- bracht: erwarb ſich aber gar bald durch ſeine Geſchicklichkeit in der Muſik Murads Gnade in ſolchem Grade, daß er einer von ſeinen geheimen Raͤthen wurde; und wann der Kai- ſer ſich mit Weintrinken erluſtigte: ſo hatte er ſein Vergnuͤgen bloß allein mit ihm und mit Bekjri Muſtaͤfa. Murad beſuchte ihn ſehr oft in ſeinem Palaſte, der noch itzo an dem conſtantinopeliſchen Kanale zu ſehen iſt, und von ihm den Namen Emirgjuͤn Ogli Jaliſi fuͤhret (denn Jali * wird ein ieder Palaſt ge- nennet, der nicht weit von der See lieget), und machte ſich mit Weintrinken bey ihm luſtig. Einmal geſchahe es, als der Kaiſer daſelbſt Wein trank, daß ein gewiſſer vorneh- mer Grieche ungefaͤhr in einem Bote da vor- bey fuhr, und, weil ihm unbekannt war, daß der Sultan ſich in dieſem Palaſte befinde, mit großer Geſchicklichkeit und Annehmlichkeit ein perſiſches Lied ſang. Als Emirgjuͤn das H. 1043. J. C. 1633. * eigentlich das Ufer, Geſtade.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/476>, abgerufen am 22.11.2024.