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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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17. Murad der IIII
ungeachtet es wider das muhämmedische Gesetz ist. Dagegen aber wurde unter
schwerer Strafe verboten, offene Kaffeehäuser zu halten.

13.

Unterdessen verursachte die Sorge wegen des persischen KriegesMurad thut
einen Feldzug ge-
gen die Perser,
und erobert Re-
wan.

Murad beständige Unruhe. Denn er merkte wohl, daß es unmöglich sey, das
Reich auf einen festen Grund zu setzen, oder, wie seine Absicht war, dasselbe
zu erweitern, so lange Bägdad, die vornehmste Stadt in Asien und Vormauer
des osmanischen Gebietes, in den Händen der Perser wäre. Weil er nun be-
fand, daß der osmanische Stat von den Diensten seiner Feldherren keinen Vor-
theil gehabt hatte: so entschloß er sich, das Amt eines Feldherrn selbst auf sich
zu nehmen, und durch sein kaiserliches Ansehen die Hindernisse, die bisher das
Glück so vieler Weßire aufgehalten hatten, zu übersteigen. Zu dem Ende
that er im Jahre 1044 aus seiner Residenz einen Zug nach Asien, in Beglei-H. 1044.



J. C. 1634.
tung eines zahlreichen Kriegesheeres, und führete seine Völker, die sich schon
zum voraus viel Glück versprachen, gegen Bägdad zu. Unterweges belagerte
er Rewan, das die Perser letzthin wieder eingenommen hatten, und setzte dem-
selben dergestalt zu, daß die Besatzung nicht im Stande war, seine Bestürmun-
gen auszuhalten, und am achten Tage sich und die Stadt auf Gnade und Un-
gnade ergab. Es wurde aber von allen nur der Statthalter, Emirgjün
Ogli 8, allein als Gefangener übrig behalten, und nach Constantinopel gesendet.
Im folgenden Jahre aber, nachdem er sich einige Zeit bey Tibris aufgehaltenH. 1045.


J. C. 1635.

[Spaltenumbruch]
das Fenster darüber aufmachte: so hörete
der Grieche gleich auf zu singen. Emirgjün
aber bittet ihn im Namen Gottes und um
Christus willen, mit seinem Gesange fortzu-
fahren, und heißet die Ruderer, mit dem Bote
zu halten. Als der Gesang zu Ende ist: so
gehet er zu dem Griechen hinunter, fraget ihn,
wer er sey, daß er die persische Sprache so voll-
kommen verstehe, und in der Musikkunst so
erfahren sey. Da er nun von ihm hörete,
daß er ein Grieche und Murads Unterthan
sey: so küsset er ihm dreymal die Hand, und
lässet ihn mit einem guten Geschenke von sich.
Hierauf gehet er wieder hinauf zu dem Kaiser,
und saget zu demselben: Die Griechen, die
itzo unter eurem Zepter stehen, waren vor die-
sem eure Herren; und ich habe an dem heu-
[Spaltenumbruch]
tigen Tage erfahren, daß sie diese Ehre mit
Recht genossen haben. Ich habe zwar bey
unsern Geschichtschreibern vieles zu ihrem
Ruhme gelesen; aber niemals habe ich dazu
kommen können, einen von diesem Volke an-
zutreffen, der des Lobes, das man ihnen
vor diesem beygeleget, würdig gewesen wäre.
Es war aber mein Glück, heute einen solchen
Griechen kennen zu lernen, so daß, wenn
die übrigen demselben gleich sind, dieses Ge-
schlecht in der That werth gewesen ist, eben
sowol euer Reich zu besitzen, als euch zu die-
nen. Denn unerachtet ich keinem von euren
Landesleuten in der Musik etwas nachgebe:
so bin ich doch kaum würdig, von diesem Grie-
chen ein Schüler zu heißen.

hatte,
3 A 3

17. Murad der IIII
ungeachtet es wider das muhaͤmmediſche Geſetz iſt. Dagegen aber wurde unter
ſchwerer Strafe verboten, offene Kaffeehaͤuſer zu halten.

13.

Unterdeſſen verurſachte die Sorge wegen des perſiſchen KriegesMurad thut
einen Feldzug ge-
gen die Perſer,
und erobert Re-
wan.

Murad beſtaͤndige Unruhe. Denn er merkte wohl, daß es unmoͤglich ſey, das
Reich auf einen feſten Grund zu ſetzen, oder, wie ſeine Abſicht war, daſſelbe
zu erweitern, ſo lange Baͤgdad, die vornehmſte Stadt in Aſien und Vormauer
des osmaniſchen Gebietes, in den Haͤnden der Perſer waͤre. Weil er nun be-
fand, daß der osmaniſche Stat von den Dienſten ſeiner Feldherren keinen Vor-
theil gehabt hatte: ſo entſchloß er ſich, das Amt eines Feldherrn ſelbſt auf ſich
zu nehmen, und durch ſein kaiſerliches Anſehen die Hinderniſſe, die bisher das
Gluͤck ſo vieler Weßire aufgehalten hatten, zu uͤberſteigen. Zu dem Ende
that er im Jahre 1044 aus ſeiner Reſidenz einen Zug nach Aſien, in Beglei-H. 1044.



J. C. 1634.
tung eines zahlreichen Kriegesheeres, und fuͤhrete ſeine Voͤlker, die ſich ſchon
zum voraus viel Gluͤck verſprachen, gegen Baͤgdad zu. Unterweges belagerte
er Rewan, das die Perſer letzthin wieder eingenommen hatten, und ſetzte dem-
ſelben dergeſtalt zu, daß die Beſatzung nicht im Stande war, ſeine Beſtuͤrmun-
gen auszuhalten, und am achten Tage ſich und die Stadt auf Gnade und Un-
gnade ergab. Es wurde aber von allen nur der Statthalter, Emirgjuͤn
Ogli 8, allein als Gefangener uͤbrig behalten, und nach Conſtantinopel geſendet.
Im folgenden Jahre aber, nachdem er ſich einige Zeit bey Tibris aufgehaltenH. 1045.


J. C. 1635.

[Spaltenumbruch]
das Fenſter daruͤber aufmachte: ſo hoͤrete
der Grieche gleich auf zu ſingen. Emirgjuͤn
aber bittet ihn im Namen Gottes und um
Chriſtus willen, mit ſeinem Geſange fortzu-
fahren, und heißet die Ruderer, mit dem Bote
zu halten. Als der Geſang zu Ende iſt: ſo
gehet er zu dem Griechen hinunter, fraget ihn,
wer er ſey, daß er die perſiſche Sprache ſo voll-
kommen verſtehe, und in der Muſikkunſt ſo
erfahren ſey. Da er nun von ihm hoͤrete,
daß er ein Grieche und Murads Unterthan
ſey: ſo kuͤſſet er ihm dreymal die Hand, und
laͤſſet ihn mit einem guten Geſchenke von ſich.
Hierauf gehet er wieder hinauf zu dem Kaiſer,
und ſaget zu demſelben: Die Griechen, die
itzo unter eurem Zepter ſtehen, waren vor die-
ſem eure Herren; und ich habe an dem heu-
[Spaltenumbruch]
tigen Tage erfahren, daß ſie dieſe Ehre mit
Recht genoſſen haben. Ich habe zwar bey
unſern Geſchichtſchreibern vieles zu ihrem
Ruhme geleſen; aber niemals habe ich dazu
kommen koͤnnen, einen von dieſem Volke an-
zutreffen, der des Lobes, das man ihnen
vor dieſem beygeleget, wuͤrdig geweſen waͤre.
Es war aber mein Gluͤck, heute einen ſolchen
Griechen kennen zu lernen, ſo daß, wenn
die uͤbrigen demſelben gleich ſind, dieſes Ge-
ſchlecht in der That werth geweſen iſt, eben
ſowol euer Reich zu beſitzen, als euch zu die-
nen. Denn unerachtet ich keinem von euren
Landesleuten in der Muſik etwas nachgebe:
ſo bin ich doch kaum wuͤrdig, von dieſem Grie-
chen ein Schuͤler zu heißen.

hatte,
3 A 3
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[373/0477] 17. Murad der IIII ungeachtet es wider das muhaͤmmediſche Geſetz iſt. Dagegen aber wurde unter ſchwerer Strafe verboten, offene Kaffeehaͤuſer zu halten. 13. Unterdeſſen verurſachte die Sorge wegen des perſiſchen Krieges Murad beſtaͤndige Unruhe. Denn er merkte wohl, daß es unmoͤglich ſey, das Reich auf einen feſten Grund zu ſetzen, oder, wie ſeine Abſicht war, daſſelbe zu erweitern, ſo lange Baͤgdad, die vornehmſte Stadt in Aſien und Vormauer des osmaniſchen Gebietes, in den Haͤnden der Perſer waͤre. Weil er nun be- fand, daß der osmaniſche Stat von den Dienſten ſeiner Feldherren keinen Vor- theil gehabt hatte: ſo entſchloß er ſich, das Amt eines Feldherrn ſelbſt auf ſich zu nehmen, und durch ſein kaiſerliches Anſehen die Hinderniſſe, die bisher das Gluͤck ſo vieler Weßire aufgehalten hatten, zu uͤberſteigen. Zu dem Ende that er im Jahre 1044 aus ſeiner Reſidenz einen Zug nach Aſien, in Beglei- tung eines zahlreichen Kriegesheeres, und fuͤhrete ſeine Voͤlker, die ſich ſchon zum voraus viel Gluͤck verſprachen, gegen Baͤgdad zu. Unterweges belagerte er Rewan, das die Perſer letzthin wieder eingenommen hatten, und ſetzte dem- ſelben dergeſtalt zu, daß die Beſatzung nicht im Stande war, ſeine Beſtuͤrmun- gen auszuhalten, und am achten Tage ſich und die Stadt auf Gnade und Un- gnade ergab. Es wurde aber von allen nur der Statthalter, Emirgjuͤn Ogli ⁸ , allein als Gefangener uͤbrig behalten, und nach Conſtantinopel geſendet. Im folgenden Jahre aber, nachdem er ſich einige Zeit bey Tibris aufgehalten hatte, das Fenſter daruͤber aufmachte: ſo hoͤrete der Grieche gleich auf zu ſingen. Emirgjuͤn aber bittet ihn im Namen Gottes und um Chriſtus willen, mit ſeinem Geſange fortzu- fahren, und heißet die Ruderer, mit dem Bote zu halten. Als der Geſang zu Ende iſt: ſo gehet er zu dem Griechen hinunter, fraget ihn, wer er ſey, daß er die perſiſche Sprache ſo voll- kommen verſtehe, und in der Muſikkunſt ſo erfahren ſey. Da er nun von ihm hoͤrete, daß er ein Grieche und Murads Unterthan ſey: ſo kuͤſſet er ihm dreymal die Hand, und laͤſſet ihn mit einem guten Geſchenke von ſich. Hierauf gehet er wieder hinauf zu dem Kaiſer, und ſaget zu demſelben: Die Griechen, die itzo unter eurem Zepter ſtehen, waren vor die- ſem eure Herren; und ich habe an dem heu- tigen Tage erfahren, daß ſie dieſe Ehre mit Recht genoſſen haben. Ich habe zwar bey unſern Geſchichtſchreibern vieles zu ihrem Ruhme geleſen; aber niemals habe ich dazu kommen koͤnnen, einen von dieſem Volke an- zutreffen, der des Lobes, das man ihnen vor dieſem beygeleget, wuͤrdig geweſen waͤre. Es war aber mein Gluͤck, heute einen ſolchen Griechen kennen zu lernen, ſo daß, wenn die uͤbrigen demſelben gleich ſind, dieſes Ge- ſchlecht in der That werth geweſen iſt, eben ſowol euer Reich zu beſitzen, als euch zu die- nen. Denn unerachtet ich keinem von euren Landesleuten in der Muſik etwas nachgebe: ſo bin ich doch kaum wuͤrdig, von dieſem Grie- chen ein Schuͤler zu heißen. Murad thut einen Feldzug ge- gen die Perſer, und erobert Re- wan. H. 1044. J. C. 1634. H. 1045. J. C. 1635. 3 A 3

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/477>, abgerufen am 22.11.2024.