Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.19. Muhämmed der IIII gen der Türken im verwichenen Jahre den Weg gebahnet hatten, beygeleget.Sie hatten alle ihre Völker zusammen gezogen, und waren mit denselben, ehe noch der Kaiser mit seinem Heere zu ihnen gelangen konnte, unter Anführung Johann Sobjeskis bey Chotin über den Dnjester gegangen; weil sie es für rathsamer hielten, ihre Feinde anzugreifen, als dieselben von ihren eigenen Mau- ren zu vertreiben. 5. Wenige Tage hernach kommt der Kaiser mit seinem KriegesheereEs erfolget ein 6. Mittlerweile, da beyde Theile in dem hitzigsten Gefechte mit einanderDie Fürsten ein, und ließ ihm einen jährlichen Gehalt von hundert tausend Soloten* reichen; welches beydes er bis an seinen Tod genossen hat. Weil er ohne Erben verstarb: so ließ man seiner hinterlassenen Witwe gleiche Gnade wiederfahren, bis sie sich zum andernmale an einen Polaken vermälete. 4 Gregorius] Fürst in der Walachey, Georg Gikas, Despots dieses Landes, Sohn. Er war in der That ein großer Mann, und besaß viele vortreffliche Tugenden; wenn er [Spaltenumbruch] nur dieselben nicht durch Verrath gegen seinen Vater beflecket hätte. Er wurde zweymal von den Türken abfällig; und wurde auch beydemale von ihnen wieder zu Gnaden auf- genommen. Das erstemal ging er zu den Deutschen über; und dieses war bey der Schlacht von St. Gotthart, unter dem Weßire Kjüprili Aehmed Pascha: das anderemal geschahe sein Abfall zu den Polen, bey der Schlacht von Chotin. Bey diesem letztern Abfalle suchten die Türken sich seiner Treue dadurch zu versichern, daß sie seine Gemalinn len * polnischen Gulden.
19. Muhaͤmmed der IIII gen der Tuͤrken im verwichenen Jahre den Weg gebahnet hatten, beygeleget.Sie hatten alle ihre Voͤlker zuſammen gezogen, und waren mit denſelben, ehe noch der Kaiſer mit ſeinem Heere zu ihnen gelangen konnte, unter Anfuͤhrung Johann Sobjeſkis bey Chotin uͤber den Dnjeſter gegangen; weil ſie es fuͤr rathſamer hielten, ihre Feinde anzugreifen, als dieſelben von ihren eigenen Mau- ren zu vertreiben. 5. Wenige Tage hernach kommt der Kaiſer mit ſeinem KriegesheereEs erfolget ein 6. Mittlerweile, da beyde Theile in dem hitzigſten Gefechte mit einanderDie Fuͤrſten ein, und ließ ihm einen jaͤhrlichen Gehalt von hundert tauſend Soloten* reichen; welches beydes er bis an ſeinen Tod genoſſen hat. Weil er ohne Erben verſtarb: ſo ließ man ſeiner hinterlaſſenen Witwe gleiche Gnade wiederfahren, bis ſie ſich zum andernmale an einen Polaken vermaͤlete. 4 Gregorius] Fuͤrſt in der Walachey, Georg Gikas, Deſpots dieſes Landes, Sohn. Er war in der That ein großer Mann, und beſaß viele vortreffliche Tugenden; wenn er [Spaltenumbruch] nur dieſelben nicht durch Verrath gegen ſeinen Vater beflecket haͤtte. Er wurde zweymal von den Tuͤrken abfaͤllig; und wurde auch beydemale von ihnen wieder zu Gnaden auf- genommen. Das erſtemal ging er zu den Deutſchen uͤber; und dieſes war bey der Schlacht von St. Gotthart, unter dem Weßire Kjuͤprili Aehmed Paſcha: das anderemal geſchahe ſein Abfall zu den Polen, bey der Schlacht von Chotin. Bey dieſem letztern Abfalle ſuchten die Tuͤrken ſich ſeiner Treue dadurch zu verſichern, daß ſie ſeine Gemalinn len * polniſchen Gulden.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0523" n="415"/><fw place="top" type="header">19. Muhaͤmmed der <hi rendition="#aq">IIII</hi></fw><lb/> gen der Tuͤrken im verwichenen Jahre den Weg gebahnet hatten, beygeleget.<lb/> Sie hatten alle ihre Voͤlker zuſammen gezogen, und waren mit denſelben, ehe<lb/> noch der Kaiſer mit ſeinem Heere zu ihnen gelangen konnte, unter Anfuͤhrung<lb/> Johann Sobjeſkis bey Chotin uͤber den Dnjeſter gegangen; weil ſie es fuͤr<lb/> rathſamer hielten, ihre Feinde anzugreifen, als dieſelben von ihren eigenen Mau-<lb/> ren zu vertreiben.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>5.</head> <p>Wenige Tage hernach kommt der Kaiſer mit ſeinem Kriegesheere<note place="right">Es erfolget ein<lb/> hartnaͤckiges<lb/> Treffen bey Cho-<lb/> tin.</note><lb/> gleichfals daſelbſt an, und findet den Ort, da er uͤber den Fluß zu gehen gedachte,<lb/> von dem Feinde beſetzt. Er erſtaunet uͤber die Verwegenheit eines Volkes,<lb/> das nur kuͤrzlich uͤberwunden worden war; und glaubet, es haͤtte ſich durch ſei-<lb/> nen boͤſen Geiſt zum Untergange verleiten laſſen, und ſich zwiſchen dem Dnjeſter<lb/> und der Donau ſelbſt eingeſchloſſen. Er erinnert daher ſeine geſammten Trup-<lb/> pen an ihre vorhergehenden Siege, haͤlt denſelben den Ruhm des osmaniſchen<lb/> Namens vor, und befiehlet ihnen, den Feind beherzt anzugreifen. Die Polen<lb/> hingegen ſind entſchloſſen, den Schimpf, den ſie ſich im vorigen Jahre zugezogen<lb/> hatten, auszutilgen. Nachdem alſo ihre Feldhauptleute die Soldaten ſowol<lb/> durch ihr Zureden als Beyſpiel angefriſchet hatten: ſo ſtelleten ſie dieſelben in<lb/> Schlachtordnung. Hierauf gehen beyderſeitige Kriegesheere auf einander los,<lb/> und halten ein hartnaͤckiges und blutiges Treffen mit einander, das bis auf den<lb/> Abend waͤhrete, ſo daß der Ausgang noch zweifelhaft blieb.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>6.</head> <p>Mittlerweile, da beyde Theile in dem hitzigſten Gefechte mit einander<note place="right">Die Fuͤrſten<lb/> von der Moldau<lb/> und Walachey<lb/> gehen zu den Po-<lb/> len uͤber; und<lb/> dieſe erhalten<lb/> den Sieg.</note><lb/> begriffen ſind, gehen der Fuͤrſt von Moldau, Petretſchejkus <note place="end" n="3"/>, und der Fuͤrſt<lb/> von der Walachey, Gregorius <note place="end" n="4"/>, Gikas <note place="end" n="5"/> Sohn, von den Tuͤrken zu den Po-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">len</fw><lb/><cb n="1"/><lb/><note xml:id="P523" prev="#P522" place="end">ein, und ließ ihm einen jaͤhrlichen Gehalt von<lb/> hundert tauſend Soloten<note place="foot" n="*">polniſchen Gulden.</note> reichen; welches<lb/> beydes er bis an ſeinen Tod genoſſen hat.<lb/> Weil er ohne Erben verſtarb: ſo ließ man<lb/> ſeiner hinterlaſſenen Witwe gleiche Gnade<lb/> wiederfahren, bis ſie ſich zum andernmale<lb/> an einen Polaken vermaͤlete.</note><lb/><note xml:id="Q523" next="#Q524" place="end" n="4">Gregorius] Fuͤrſt in der Walachey,<lb/> Georg Gikas, Deſpots dieſes Landes, Sohn.<lb/> Er war in der That ein großer Mann, und<lb/> beſaß viele vortreffliche Tugenden; wenn er<lb/><cb n="2"/><lb/> nur dieſelben nicht durch Verrath gegen ſeinen<lb/> Vater beflecket haͤtte. Er wurde zweymal<lb/> von den Tuͤrken abfaͤllig; und wurde auch<lb/> beydemale von ihnen wieder zu Gnaden auf-<lb/> genommen. Das erſtemal ging er zu den<lb/> Deutſchen uͤber; und dieſes war bey der<lb/> Schlacht von St. Gotthart, unter dem Weßire<lb/> Kjuͤprili Aehmed Paſcha: das anderemal<lb/> geſchahe ſein Abfall zu den Polen, bey der<lb/> Schlacht von Chotin. Bey dieſem letztern<lb/> Abfalle ſuchten die Tuͤrken ſich ſeiner Treue<lb/> dadurch zu verſichern, daß ſie ſeine Gemalinn<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw></note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [415/0523]
19. Muhaͤmmed der IIII
gen der Tuͤrken im verwichenen Jahre den Weg gebahnet hatten, beygeleget.
Sie hatten alle ihre Voͤlker zuſammen gezogen, und waren mit denſelben, ehe
noch der Kaiſer mit ſeinem Heere zu ihnen gelangen konnte, unter Anfuͤhrung
Johann Sobjeſkis bey Chotin uͤber den Dnjeſter gegangen; weil ſie es fuͤr
rathſamer hielten, ihre Feinde anzugreifen, als dieſelben von ihren eigenen Mau-
ren zu vertreiben.
5. Wenige Tage hernach kommt der Kaiſer mit ſeinem Kriegesheere
gleichfals daſelbſt an, und findet den Ort, da er uͤber den Fluß zu gehen gedachte,
von dem Feinde beſetzt. Er erſtaunet uͤber die Verwegenheit eines Volkes,
das nur kuͤrzlich uͤberwunden worden war; und glaubet, es haͤtte ſich durch ſei-
nen boͤſen Geiſt zum Untergange verleiten laſſen, und ſich zwiſchen dem Dnjeſter
und der Donau ſelbſt eingeſchloſſen. Er erinnert daher ſeine geſammten Trup-
pen an ihre vorhergehenden Siege, haͤlt denſelben den Ruhm des osmaniſchen
Namens vor, und befiehlet ihnen, den Feind beherzt anzugreifen. Die Polen
hingegen ſind entſchloſſen, den Schimpf, den ſie ſich im vorigen Jahre zugezogen
hatten, auszutilgen. Nachdem alſo ihre Feldhauptleute die Soldaten ſowol
durch ihr Zureden als Beyſpiel angefriſchet hatten: ſo ſtelleten ſie dieſelben in
Schlachtordnung. Hierauf gehen beyderſeitige Kriegesheere auf einander los,
und halten ein hartnaͤckiges und blutiges Treffen mit einander, das bis auf den
Abend waͤhrete, ſo daß der Ausgang noch zweifelhaft blieb.
Es erfolget ein
hartnaͤckiges
Treffen bey Cho-
tin.
6. Mittlerweile, da beyde Theile in dem hitzigſten Gefechte mit einander
begriffen ſind, gehen der Fuͤrſt von Moldau, Petretſchejkus
³
, und der Fuͤrſt
von der Walachey, Gregorius
⁴
, Gikas
⁵
Sohn, von den Tuͤrken zu den Po-
len
ein, und ließ ihm einen jaͤhrlichen Gehalt von
hundert tauſend Soloten * reichen; welches
beydes er bis an ſeinen Tod genoſſen hat.
Weil er ohne Erben verſtarb: ſo ließ man
ſeiner hinterlaſſenen Witwe gleiche Gnade
wiederfahren, bis ſie ſich zum andernmale
an einen Polaken vermaͤlete.
⁴ Gregorius] Fuͤrſt in der Walachey,
Georg Gikas, Deſpots dieſes Landes, Sohn.
Er war in der That ein großer Mann, und
beſaß viele vortreffliche Tugenden; wenn er
nur dieſelben nicht durch Verrath gegen ſeinen
Vater beflecket haͤtte. Er wurde zweymal
von den Tuͤrken abfaͤllig; und wurde auch
beydemale von ihnen wieder zu Gnaden auf-
genommen. Das erſtemal ging er zu den
Deutſchen uͤber; und dieſes war bey der
Schlacht von St. Gotthart, unter dem Weßire
Kjuͤprili Aehmed Paſcha: das anderemal
geſchahe ſein Abfall zu den Polen, bey der
Schlacht von Chotin. Bey dieſem letztern
Abfalle ſuchten die Tuͤrken ſich ſeiner Treue
dadurch zu verſichern, daß ſie ſeine Gemalinn
und
Die Fuͤrſten
von der Moldau
und Walachey
gehen zu den Po-
len uͤber; und
dieſe erhalten
den Sieg.
* polniſchen Gulden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |