Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.Osmanische Geschichte densbedingungen zu erfüllen, dadurch der Kaiser ihnen die Gnade erzeiget habe,sie von dem augenscheinlichen Untergange zu befreyen; und daß sie sich unter- stünden, dem allermächtigsten Monarchen eine solche Erklärung zu thun, und sich dadurch seine Ungnade zuzuziehen. Er fügte noch hinzu: es sey vergeblich, daß sie die Nichteinstimmung des Reiches zum Vorwande gebrauchten; denn was der König und die Reichsräthe der obersten Ordnung thäten, das müßten die übrigen genehm halten. Endlich ermahnete er sie, dasjenige, was sie ver- sprochen hätten, unverzüglich zu leisten, und des Kaisers Ahndung durch eine schleunige und gerechte Unterwerfung von sich abzuwenden. Im Falle aber, daß sie sich weigern würden, dieses zu thun: so drohete er ihnen mit einem weit heftigern Kriege, als der vorige gewesen, und mit dem gänzlichen Unter- gange ihres Reiches. führet seine Völ- ker nach Polen zu. Der König in Polen schicket sein Kriegesheer, unter Sobjeskis Anführung, andie Grenzen. 4. Weil aber diese Vorstellungen bey den Polen keine Wirkung thaten: 3 Petretschejkus] Er war von Geburt ein Moldauer, aus einem edlen, obgleich eben nicht berühmten Geschlechte desselben Landes. Der Fürst von Moldau, Eustathius Dabisa, erhob ihn zu den höchsten Ehrenstellen; und sechs Monate nach dessen Tode, nachdem Dukas abgesetzet worden war, gelangte er zu der fürstlichen Würde. Bey Chotin fiel er von den Türken ab, und ging zu den Po- len über, wie in der gegenwärtigen Geschichte erzählet wird; das da verursachte, daß die Türken geschlagen wurden. Weil er aber nach diesem Siege unter dem Beystande der [Spaltenumbruch] Polen dennoch sein Fürstenthum nicht erhal- ten konnte: so flohe er mit denselben in Po- len, und hielte sich daselbst bis an seinen Tod auf, der im 1684 Jahre erfolgte. Nicht lange nach der Niederlage der Türken bey Wien kam er wieder in die Moldau zurück, und nahm, durch den Beystand seines Anverwand- ten Bainski, den Fürsten Dukas gefangen; wurde aber nach erfolgtem Einfalle der Ta- tarn gezwungen, sich nochmals, und zwar nicht ohne Verluste, nach Polen zu wenden. Jedoch, der König in Polen gab ihm die Stadt Jaslowetsch nebst einigen Dorfschaften gen
Osmaniſche Geſchichte densbedingungen zu erfuͤllen, dadurch der Kaiſer ihnen die Gnade erzeiget habe,ſie von dem augenſcheinlichen Untergange zu befreyen; und daß ſie ſich unter- ſtuͤnden, dem allermaͤchtigſten Monarchen eine ſolche Erklaͤrung zu thun, und ſich dadurch ſeine Ungnade zuzuziehen. Er fuͤgte noch hinzu: es ſey vergeblich, daß ſie die Nichteinſtimmung des Reiches zum Vorwande gebrauchten; denn was der Koͤnig und die Reichsraͤthe der oberſten Ordnung thaͤten, das muͤßten die uͤbrigen genehm halten. Endlich ermahnete er ſie, dasjenige, was ſie ver- ſprochen haͤtten, unverzuͤglich zu leiſten, und des Kaiſers Ahndung durch eine ſchleunige und gerechte Unterwerfung von ſich abzuwenden. Im Falle aber, daß ſie ſich weigern wuͤrden, dieſes zu thun: ſo drohete er ihnen mit einem weit heftigern Kriege, als der vorige geweſen, und mit dem gaͤnzlichen Unter- gange ihres Reiches. fuͤhret ſeine Voͤl- ker nach Polen zu. Der Koͤnig in Polen ſchicket ſein Kriegesheer, unter Sobjeſkis Anfuͤhrung, andie Grenzen. 4. Weil aber dieſe Vorſtellungen bey den Polen keine Wirkung thaten: 3 Petretſchejkus] Er war von Geburt ein Moldauer, aus einem edlen, obgleich eben nicht beruͤhmten Geſchlechte deſſelben Landes. Der Fuͤrſt von Moldau, Euſtathius Dabiſa, erhob ihn zu den hoͤchſten Ehrenſtellen; und ſechs Monate nach deſſen Tode, nachdem Dukas abgeſetzet worden war, gelangte er zu der fuͤrſtlichen Wuͤrde. Bey Chotin fiel er von den Tuͤrken ab, und ging zu den Po- len uͤber, wie in der gegenwaͤrtigen Geſchichte erzaͤhlet wird; das da verurſachte, daß die Tuͤrken geſchlagen wurden. Weil er aber nach dieſem Siege unter dem Beyſtande der [Spaltenumbruch] Polen dennoch ſein Fuͤrſtenthum nicht erhal- ten konnte: ſo flohe er mit denſelben in Po- len, und hielte ſich daſelbſt bis an ſeinen Tod auf, der im 1684 Jahre erfolgte. Nicht lange nach der Niederlage der Tuͤrken bey Wien kam er wieder in die Moldau zuruͤck, und nahm, durch den Beyſtand ſeines Anverwand- ten Bainſki, den Fuͤrſten Dukas gefangen; wurde aber nach erfolgtem Einfalle der Ta- tarn gezwungen, ſich nochmals, und zwar nicht ohne Verluſte, nach Polen zu wenden. Jedoch, der Koͤnig in Polen gab ihm die Stadt Jaslowetſch nebſt einigen Dorfſchaften gen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0522" n="414"/><fw place="top" type="header">Osmaniſche Geſchichte</fw><lb/> densbedingungen zu erfuͤllen, dadurch der Kaiſer ihnen die Gnade erzeiget habe,<lb/> ſie von dem augenſcheinlichen Untergange zu befreyen; und daß ſie ſich unter-<lb/> ſtuͤnden, dem allermaͤchtigſten Monarchen eine ſolche Erklaͤrung zu thun, und<lb/> ſich dadurch ſeine Ungnade zuzuziehen. Er fuͤgte noch hinzu: es ſey vergeblich,<lb/> daß ſie die Nichteinſtimmung des Reiches zum Vorwande gebrauchten; denn<lb/> was der Koͤnig und die Reichsraͤthe der oberſten Ordnung thaͤten, das muͤßten<lb/> die uͤbrigen genehm halten. Endlich ermahnete er ſie, dasjenige, was ſie ver-<lb/> ſprochen haͤtten, unverzuͤglich zu leiſten, und des Kaiſers Ahndung durch eine<lb/> ſchleunige und gerechte Unterwerfung von ſich abzuwenden. Im Falle aber,<lb/> daß ſie ſich weigern wuͤrden, dieſes zu thun: ſo drohete er ihnen mit einem<lb/> weit heftigern Kriege, als der vorige geweſen, und mit dem gaͤnzlichen Unter-<lb/> gange ihres Reiches.</p><lb/> <note place="left">Der Sultan<lb/> fuͤhret ſeine Voͤl-<lb/> ker nach Polen<lb/> zu.<lb/> Der Koͤnig in<lb/> Polen ſchicket<lb/> ſein Kriegesheer,<lb/> unter Sobjeſkis<lb/> Anfuͤhrung, andie Grenzen.</note> </div><lb/> <div n="3"> <head>4.</head> <p>Weil aber dieſe Vorſtellungen bey den Polen keine Wirkung thaten:<lb/> ſo gab der Kaiſer Befehl, daß man alle Truppen im Reiche, ſo viel als nur<lb/> immer moͤglich, zuſammen bringen, und davon ein eben ſo großes Kriegesheer,<lb/> als das vorige geweſen, im kuͤnftigen Fruͤhjahre zeitig bey Adrianopel verſam-<lb/> meln ſollte. Im Monate Rebiuͤl ochir des Jahres 1084, als alles in gehoͤri-<lb/> ger Bereitſchaft war, zog derſelbe mit großem Gepraͤnge aus der Stadt, den<lb/><note place="left">H. 1084.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> J. C. 1673.</note>Feldzug gegen die Polen anzutreten; und ſchmeichelte ſich mit der Hoffnung,<lb/> er werde vermoͤgend genug ſeyn, da ſie durch den ungluͤcklichen Erfolg des vori-<lb/> gen Jahres geſchwaͤchet ſeyen, ſie mit einem einzigen Streiche unter ſeine Ge-<lb/> walt zu bringen, und Polen, weil es itzo keine Vormauer zu ſeiner Wehre habe,<lb/> mit ſeinem Reiche zu verknuͤpfen. Allein, die Polen hatten ihr Ungluͤck ſelbſt<lb/> zu ihrem Vortheile gewendet, und ihre innerlichen Uneinigkeiten, die den Sie-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/><cb n="1"/><lb/><note xml:id="P522" next="#P523" place="end" n="3">Petretſchejkus] Er war von Geburt<lb/> ein Moldauer, aus einem edlen, obgleich eben<lb/> nicht beruͤhmten Geſchlechte deſſelben Landes.<lb/> Der Fuͤrſt von Moldau, Euſtathius Dabiſa,<lb/> erhob ihn zu den hoͤchſten Ehrenſtellen; und<lb/> ſechs Monate nach deſſen Tode, nachdem<lb/> Dukas abgeſetzet worden war, gelangte er<lb/> zu der fuͤrſtlichen Wuͤrde. Bey Chotin fiel<lb/> er von den Tuͤrken ab, und ging zu den Po-<lb/> len uͤber, wie in der gegenwaͤrtigen Geſchichte<lb/> erzaͤhlet wird; das da verurſachte, daß die<lb/> Tuͤrken geſchlagen wurden. Weil er aber<lb/> nach dieſem Siege unter dem Beyſtande der<lb/><cb n="2"/><lb/> Polen dennoch ſein Fuͤrſtenthum nicht erhal-<lb/> ten konnte: ſo flohe er mit denſelben in Po-<lb/> len, und hielte ſich daſelbſt bis an ſeinen Tod<lb/> auf, der im 1684 Jahre erfolgte. Nicht lange<lb/> nach der Niederlage der Tuͤrken bey Wien<lb/> kam er wieder in die Moldau zuruͤck, und<lb/> nahm, durch den Beyſtand ſeines Anverwand-<lb/> ten Bainſki, den Fuͤrſten Dukas gefangen;<lb/> wurde aber nach erfolgtem Einfalle der Ta-<lb/> tarn gezwungen, ſich nochmals, und zwar<lb/> nicht ohne Verluſte, nach Polen zu wenden.<lb/> Jedoch, der Koͤnig in Polen gab ihm die<lb/> Stadt Jaslowetſch nebſt einigen Dorfſchaften<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ein,</fw></note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [414/0522]
Osmaniſche Geſchichte
densbedingungen zu erfuͤllen, dadurch der Kaiſer ihnen die Gnade erzeiget habe,
ſie von dem augenſcheinlichen Untergange zu befreyen; und daß ſie ſich unter-
ſtuͤnden, dem allermaͤchtigſten Monarchen eine ſolche Erklaͤrung zu thun, und
ſich dadurch ſeine Ungnade zuzuziehen. Er fuͤgte noch hinzu: es ſey vergeblich,
daß ſie die Nichteinſtimmung des Reiches zum Vorwande gebrauchten; denn
was der Koͤnig und die Reichsraͤthe der oberſten Ordnung thaͤten, das muͤßten
die uͤbrigen genehm halten. Endlich ermahnete er ſie, dasjenige, was ſie ver-
ſprochen haͤtten, unverzuͤglich zu leiſten, und des Kaiſers Ahndung durch eine
ſchleunige und gerechte Unterwerfung von ſich abzuwenden. Im Falle aber,
daß ſie ſich weigern wuͤrden, dieſes zu thun: ſo drohete er ihnen mit einem
weit heftigern Kriege, als der vorige geweſen, und mit dem gaͤnzlichen Unter-
gange ihres Reiches.
4. Weil aber dieſe Vorſtellungen bey den Polen keine Wirkung thaten:
ſo gab der Kaiſer Befehl, daß man alle Truppen im Reiche, ſo viel als nur
immer moͤglich, zuſammen bringen, und davon ein eben ſo großes Kriegesheer,
als das vorige geweſen, im kuͤnftigen Fruͤhjahre zeitig bey Adrianopel verſam-
meln ſollte. Im Monate Rebiuͤl ochir des Jahres 1084, als alles in gehoͤri-
ger Bereitſchaft war, zog derſelbe mit großem Gepraͤnge aus der Stadt, den
Feldzug gegen die Polen anzutreten; und ſchmeichelte ſich mit der Hoffnung,
er werde vermoͤgend genug ſeyn, da ſie durch den ungluͤcklichen Erfolg des vori-
gen Jahres geſchwaͤchet ſeyen, ſie mit einem einzigen Streiche unter ſeine Ge-
walt zu bringen, und Polen, weil es itzo keine Vormauer zu ſeiner Wehre habe,
mit ſeinem Reiche zu verknuͤpfen. Allein, die Polen hatten ihr Ungluͤck ſelbſt
zu ihrem Vortheile gewendet, und ihre innerlichen Uneinigkeiten, die den Sie-
gen
³ Petretſchejkus] Er war von Geburt
ein Moldauer, aus einem edlen, obgleich eben
nicht beruͤhmten Geſchlechte deſſelben Landes.
Der Fuͤrſt von Moldau, Euſtathius Dabiſa,
erhob ihn zu den hoͤchſten Ehrenſtellen; und
ſechs Monate nach deſſen Tode, nachdem
Dukas abgeſetzet worden war, gelangte er
zu der fuͤrſtlichen Wuͤrde. Bey Chotin fiel
er von den Tuͤrken ab, und ging zu den Po-
len uͤber, wie in der gegenwaͤrtigen Geſchichte
erzaͤhlet wird; das da verurſachte, daß die
Tuͤrken geſchlagen wurden. Weil er aber
nach dieſem Siege unter dem Beyſtande der
Polen dennoch ſein Fuͤrſtenthum nicht erhal-
ten konnte: ſo flohe er mit denſelben in Po-
len, und hielte ſich daſelbſt bis an ſeinen Tod
auf, der im 1684 Jahre erfolgte. Nicht lange
nach der Niederlage der Tuͤrken bey Wien
kam er wieder in die Moldau zuruͤck, und
nahm, durch den Beyſtand ſeines Anverwand-
ten Bainſki, den Fuͤrſten Dukas gefangen;
wurde aber nach erfolgtem Einfalle der Ta-
tarn gezwungen, ſich nochmals, und zwar
nicht ohne Verluſte, nach Polen zu wenden.
Jedoch, der Koͤnig in Polen gab ihm die
Stadt Jaslowetſch nebſt einigen Dorfſchaften
ein,
H. 1084.
J. C. 1673.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |