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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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19. Muhämmed der IIII
dem osmanischen Reiche zu unterwerfen, und versprochen hätten, demselben
Tribut zu bezahlen. Aus dieser Ursache werde hiemit von dem Kaiser verlan-
get, seine Truppen, die er gegen sie ausgeschicket, zurück zu berufen, und was
er ihnen abgenommen habe, wieder heraus zu geben; sonst werde er als ein
Friedensbrüchiger angesehen werden, und sich selbst diejenige Strafe zuziehen,
die seine Unbesonnenheit verdiene.

46.

Der Kaiser merkte die Sache, daß nämlich die Türken nur bloßDer Kaiser von
Deutschland
schicket einen Ab-
gesandten an den
türkischen Hof,
um den Frieden
beyzubehalten.

Gelegenheit zum Kriege suchten. Er schickte daher den Grafen Albert Ca-
prara als außerordentlichen Abgesandten nach Constantinopel, und gab demsel-
ben Befehl, weder Zuredungen noch Geschenke zu sparen, um es dahin zu
bringen, daß der Stillstand verlängert und der Krieg abgewendet würde, als
den zu führen Leopold sich selbst zu schwach befand.

47.

Allein, der Weßir schickte, ohne die Ankunft des Abgesandten zuTeökeöli nimmt
durch Hülfe der
Türken verschie-
dene Festungen
ein.

erwarten, noch in demselben Jahre 1093 den Begjlerbegj von Ofen, Ibrahim
Pascha 39, mit sechs tausend Mann Teökeöli zu Hülfe, und gab dem Fürsten
in Siebenbürgen, Apafi, Befehl, seine Truppen mit den Ungarn zu vereinigen.H. 1093.



J. C. 1682.
Nachdem Teökeöli mit diesen Hülfsvölkern verstärket war: so eroberte er noch
in demselben Sommer Kaschow, Eperjes, Leutsch, Lewent, Lipschet und Til-
lek; denn die deutschen Besatzungen zogen sich mit Fleiß zurück, und wollten
sich selbst lieber für eine günstigere Gelegenheit aufsparen, als durch eine schwere
[Spaltenumbruch]
so wurden die Aegypter aufrührisch; und da
man ihn dahin sendete, dieselben zu Paren
zu treiben: so brachte er nicht allein in kurzer
Zeit dieses Reich wieder unter die osmanische
Gewalt, und stellete darinnen ohne einiges
Blutvergießen die vorige Ruhe wieder her;
sondern er erhöhete auch den jährlichen Tri-
but desselben bis auf hundert und funfzig
Beutel, und wußte die unruhigen Gemüther
der Großen in Aegypten so zu regieren, daß,
da vor diesem ein Pascha schwerlich ohne Ver-
lust seiner Ehre aus ihren Händen entrinnen
konnte, itzo die Statthalter daselbst in meh-
rerer Sicherheit leben können. Durch diese
Thaten erwarb sich derselbe einen solchen Ruhm
und solche Hochachtung, daß er zu der besten
[Spaltenumbruch]
Statthalterschaft in dem ganzen osmanischen
Reiche befördert wurde: nämlich zu der Stelle
eines Begjlerbegjs von Ofen. Was er hier
für Thaten würde gethan haben (wenn nicht
Kara Mustäfa Pascha, aus Verblendung
durch die allzugroße Meinung von seiner ei-
genen Macht, guten Rath verworfen hätte):
das lässet sich aus seinem gegebenen Rathe
und seinen Absichten, wenn man sie mit dem
Ausgange vergleichet, deutlich abnehmen.
Sein Leben ist von einem türkischen Geschicht-
schreiber sehr schön beschrieben worden; dar-
aus durchgehends erhellet, daß er eines der
vollkommensten und vortrefflichsten Muster
aller Tugenden gewesen ist.

und
3 M

19. Muhaͤmmed der IIII
dem osmaniſchen Reiche zu unterwerfen, und verſprochen haͤtten, demſelben
Tribut zu bezahlen. Aus dieſer Urſache werde hiemit von dem Kaiſer verlan-
get, ſeine Truppen, die er gegen ſie ausgeſchicket, zuruͤck zu berufen, und was
er ihnen abgenommen habe, wieder heraus zu geben; ſonſt werde er als ein
Friedensbruͤchiger angeſehen werden, und ſich ſelbſt diejenige Strafe zuziehen,
die ſeine Unbeſonnenheit verdiene.

46.

Der Kaiſer merkte die Sache, daß naͤmlich die Tuͤrken nur bloßDer Kaiſer von
Deutſchland
ſchicket einen Ab-
geſandten an den
tuͤrkiſchen Hof,
um den Frieden
beyzubehalten.

Gelegenheit zum Kriege ſuchten. Er ſchickte daher den Grafen Albert Ca-
prara als außerordentlichen Abgeſandten nach Conſtantinopel, und gab demſel-
ben Befehl, weder Zuredungen noch Geſchenke zu ſparen, um es dahin zu
bringen, daß der Stillſtand verlaͤngert und der Krieg abgewendet wuͤrde, als
den zu fuͤhren Leopold ſich ſelbſt zu ſchwach befand.

47.

Allein, der Weßir ſchickte, ohne die Ankunft des Abgeſandten zuTeoͤkeoͤli nimmt
durch Huͤlfe der
Tuͤrken verſchie-
dene Feſtungen
ein.

erwarten, noch in demſelben Jahre 1093 den Begjlerbegj von Ofen, Ibrahim
Paſcha 39, mit ſechs tauſend Mann Teoͤkeoͤli zu Huͤlfe, und gab dem Fuͤrſten
in Siebenbuͤrgen, Apafi, Befehl, ſeine Truppen mit den Ungarn zu vereinigen.H. 1093.



J. C. 1682.
Nachdem Teoͤkeoͤli mit dieſen Huͤlfsvoͤlkern verſtaͤrket war: ſo eroberte er noch
in demſelben Sommer Kaſchow, Eperjes, Leutſch, Lewent, Lipſchet und Til-
lek; denn die deutſchen Beſatzungen zogen ſich mit Fleiß zuruͤck, und wollten
ſich ſelbſt lieber fuͤr eine guͤnſtigere Gelegenheit aufſparen, als durch eine ſchwere
[Spaltenumbruch]
ſo wurden die Aegypter aufruͤhriſch; und da
man ihn dahin ſendete, dieſelben zu Paren
zu treiben: ſo brachte er nicht allein in kurzer
Zeit dieſes Reich wieder unter die osmaniſche
Gewalt, und ſtellete darinnen ohne einiges
Blutvergießen die vorige Ruhe wieder her;
ſondern er erhoͤhete auch den jaͤhrlichen Tri-
but deſſelben bis auf hundert und funfzig
Beutel, und wußte die unruhigen Gemuͤther
der Großen in Aegypten ſo zu regieren, daß,
da vor dieſem ein Paſcha ſchwerlich ohne Ver-
luſt ſeiner Ehre aus ihren Haͤnden entrinnen
konnte, itzo die Statthalter daſelbſt in meh-
rerer Sicherheit leben koͤnnen. Durch dieſe
Thaten erwarb ſich derſelbe einen ſolchen Ruhm
und ſolche Hochachtung, daß er zu der beſten
[Spaltenumbruch]
Statthalterſchaft in dem ganzen osmaniſchen
Reiche befoͤrdert wurde: naͤmlich zu der Stelle
eines Begjlerbegjs von Ofen. Was er hier
fuͤr Thaten wuͤrde gethan haben (wenn nicht
Kara Muſtaͤfa Paſcha, aus Verblendung
durch die allzugroße Meinung von ſeiner ei-
genen Macht, guten Rath verworfen haͤtte):
das laͤſſet ſich aus ſeinem gegebenen Rathe
und ſeinen Abſichten, wenn man ſie mit dem
Ausgange vergleichet, deutlich abnehmen.
Sein Leben iſt von einem tuͤrkiſchen Geſchicht-
ſchreiber ſehr ſchoͤn beſchrieben worden; dar-
aus durchgehends erhellet, daß er eines der
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aller Tugenden geweſen iſt.

und
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[457/0565] 19. Muhaͤmmed der IIII dem osmaniſchen Reiche zu unterwerfen, und verſprochen haͤtten, demſelben Tribut zu bezahlen. Aus dieſer Urſache werde hiemit von dem Kaiſer verlan- get, ſeine Truppen, die er gegen ſie ausgeſchicket, zuruͤck zu berufen, und was er ihnen abgenommen habe, wieder heraus zu geben; ſonſt werde er als ein Friedensbruͤchiger angeſehen werden, und ſich ſelbſt diejenige Strafe zuziehen, die ſeine Unbeſonnenheit verdiene. 46. Der Kaiſer merkte die Sache, daß naͤmlich die Tuͤrken nur bloß Gelegenheit zum Kriege ſuchten. Er ſchickte daher den Grafen Albert Ca- prara als außerordentlichen Abgeſandten nach Conſtantinopel, und gab demſel- ben Befehl, weder Zuredungen noch Geſchenke zu ſparen, um es dahin zu bringen, daß der Stillſtand verlaͤngert und der Krieg abgewendet wuͤrde, als den zu fuͤhren Leopold ſich ſelbſt zu ſchwach befand. Der Kaiſer von Deutſchland ſchicket einen Ab- geſandten an den tuͤrkiſchen Hof, um den Frieden beyzubehalten. 47. Allein, der Weßir ſchickte, ohne die Ankunft des Abgeſandten zu erwarten, noch in demſelben Jahre 1093 den Begjlerbegj von Ofen, Ibrahim Paſcha ³⁹ , mit ſechs tauſend Mann Teoͤkeoͤli zu Huͤlfe, und gab dem Fuͤrſten in Siebenbuͤrgen, Apafi, Befehl, ſeine Truppen mit den Ungarn zu vereinigen. Nachdem Teoͤkeoͤli mit dieſen Huͤlfsvoͤlkern verſtaͤrket war: ſo eroberte er noch in demſelben Sommer Kaſchow, Eperjes, Leutſch, Lewent, Lipſchet und Til- lek; denn die deutſchen Beſatzungen zogen ſich mit Fleiß zuruͤck, und wollten ſich ſelbſt lieber fuͤr eine guͤnſtigere Gelegenheit aufſparen, als durch eine ſchwere und ſo wurden die Aegypter aufruͤhriſch; und da man ihn dahin ſendete, dieſelben zu Paren zu treiben: ſo brachte er nicht allein in kurzer Zeit dieſes Reich wieder unter die osmaniſche Gewalt, und ſtellete darinnen ohne einiges Blutvergießen die vorige Ruhe wieder her; ſondern er erhoͤhete auch den jaͤhrlichen Tri- but deſſelben bis auf hundert und funfzig Beutel, und wußte die unruhigen Gemuͤther der Großen in Aegypten ſo zu regieren, daß, da vor dieſem ein Paſcha ſchwerlich ohne Ver- luſt ſeiner Ehre aus ihren Haͤnden entrinnen konnte, itzo die Statthalter daſelbſt in meh- rerer Sicherheit leben koͤnnen. Durch dieſe Thaten erwarb ſich derſelbe einen ſolchen Ruhm und ſolche Hochachtung, daß er zu der beſten Statthalterſchaft in dem ganzen osmaniſchen Reiche befoͤrdert wurde: naͤmlich zu der Stelle eines Begjlerbegjs von Ofen. Was er hier fuͤr Thaten wuͤrde gethan haben (wenn nicht Kara Muſtaͤfa Paſcha, aus Verblendung durch die allzugroße Meinung von ſeiner ei- genen Macht, guten Rath verworfen haͤtte): das laͤſſet ſich aus ſeinem gegebenen Rathe und ſeinen Abſichten, wenn man ſie mit dem Ausgange vergleichet, deutlich abnehmen. Sein Leben iſt von einem tuͤrkiſchen Geſchicht- ſchreiber ſehr ſchoͤn beſchrieben worden; dar- aus durchgehends erhellet, daß er eines der vollkommenſten und vortrefflichſten Muſter aller Tugenden geweſen iſt. Teoͤkeoͤli nimmt durch Huͤlfe der Tuͤrken verſchie- dene Feſtungen ein. H. 1093. J. C. 1682. 3 M

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/565>, abgerufen am 22.11.2024.