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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
Noth nach Polen entkamen; und diese würden nicht einmal entwischet seyn,
wenn nicht die Pferde der Tatarn ganz abgemärgelt gewesen und sie verhindert
hätten, dieselben weiter zu verfolgen.

Der Fürst Du-
kaj wird von denPolen gefangen,
88.

Der Fürst Dukaj von Moldau hatte noch ein härteres Schicksal.
Als derselbe bey seiner Zurückkunft aus der Belagerung von Wien, dabey er
(wie gedacht) mit gebraucht wurde, den Stat von Moldau in Verwirrung
fande, indem beynahe alle die Edelleute entweder Petretschejkus zugefallen,
oder um ihrer Sicherheit willen in die benachbarten Länder geflohen waren;
und seinen Hauptsitz Jassij verwüstet antraf: so begab er sich mit wenigem Ge-
leite nach Domnestim, einem Dorfe in dem Gebiete von Pütna, um daselbst
bessere Zeiten zu erwarten. Indem er nun hier darauf denket, wie er das Land
wieder in Ordnung und Ruhe setzen will: so wird er plötzlich von Bainski 60,
einem Moldauer und Petretschejkus Anverwandten, überfallen, gefangen ge-
nommen und nach Polen geführet; da derselbe in einem Gefängnisse genau ver-
wahret wurde und nicht lange hernach zu Warschaw starb.

und Demetrie
Kantakuzenus
an seine Stelleeingesetzet.
89.

An dessen Stelle setzten die Türken Demetrie Kantakuzenus 61 ein,
einen Mann, der zwar von hoher edler Abkunft, aber dabey einfältig war, und
sich besser für Friedenszeiten, als für Kriegszeiten, schickte. Daher er auch bald
hernach seiner Würde entsetzt wurde, wie wir an seinem Orte erzählen wollen.

Erzählung des-
sen, was während
der Belagerung
von Wien an
dem osmani-
schen Hofe vorge-gangen ist.
90.

Nachdem wir nun solchergestalt von demjenigen Nachricht ertheilet
haben, was dieses Jahr über zwischen beyderseitigen Heeren im Felde vorgegan-
gen ist: so erfordert nunmehr die Folge der Geschichte, daß wir auch dasjenige
erzählen, was sich während der Zeit an dem osmanischen Hofe zugetragen hat.
Als der Sultan den Weßir in das Feld gesendet hatte: so schweifte derselbe in
den Ebenen von Thracien und Griechenlande herum, verließ sich auf die Klug-
[Spaltenumbruch]

60 Bainski] Ein Moldauer von Ge-
burt und Anverwandter von Petretschejkus.
Nach dieses seinem Tode kam er wieder in die
Moldau zurück, und wurde von meinem Va-
ter zum Serdar oder Feldherrn über das Krie-
gesheer bey dem Prut gemacht.
61 Demetrie Kantakuzenus] Ein
Sohn Michael Kantakuzenus, aus dem con-
[Spaltenumbruch]
stantinopelischen Geschlechte der Kantakuze-
ner. In seiner Jugend gelangte er zu der
Stelle eines Kleiderbewahrers an dem wala-
chischen Hofe; er wurde aber daselbst abge-
schaffet (aus was für Ursachen: das ist mir
unbekannt), und gab nachgehends zu Con-
stantinopel einige Jahre einen Juwelirer ab.
Endlich, als er dem Sultan Muhämmed bey
der Beschneidung seiner Söhne ein Geschenk

heit

Osmaniſche Geſchichte
Noth nach Polen entkamen; und dieſe wuͤrden nicht einmal entwiſchet ſeyn,
wenn nicht die Pferde der Tatarn ganz abgemaͤrgelt geweſen und ſie verhindert
haͤtten, dieſelben weiter zu verfolgen.

Der Fuͤrſt Du-
kaj wird von denPolen gefangen,
88.

Der Fuͤrſt Dukaj von Moldau hatte noch ein haͤrteres Schickſal.
Als derſelbe bey ſeiner Zuruͤckkunft aus der Belagerung von Wien, dabey er
(wie gedacht) mit gebraucht wurde, den Stat von Moldau in Verwirrung
fande, indem beynahe alle die Edelleute entweder Petretſchejkus zugefallen,
oder um ihrer Sicherheit willen in die benachbarten Laͤnder geflohen waren;
und ſeinen Hauptſitz Jaſſij verwuͤſtet antraf: ſo begab er ſich mit wenigem Ge-
leite nach Domneſtim, einem Dorfe in dem Gebiete von Puͤtna, um daſelbſt
beſſere Zeiten zu erwarten. Indem er nun hier darauf denket, wie er das Land
wieder in Ordnung und Ruhe ſetzen will: ſo wird er ploͤtzlich von Bainſki 60,
einem Moldauer und Petretſchejkus Anverwandten, uͤberfallen, gefangen ge-
nommen und nach Polen gefuͤhret; da derſelbe in einem Gefaͤngniſſe genau ver-
wahret wurde und nicht lange hernach zu Warſchaw ſtarb.

und Demetrie
Kantakuzenus
an ſeine Stelleeingeſetzet.
89.

An deſſen Stelle ſetzten die Tuͤrken Demetrie Kantakuzenus 61 ein,
einen Mann, der zwar von hoher edler Abkunft, aber dabey einfaͤltig war, und
ſich beſſer fuͤr Friedenszeiten, als fuͤr Kriegszeiten, ſchickte. Daher er auch bald
hernach ſeiner Wuͤrde entſetzt wurde, wie wir an ſeinem Orte erzaͤhlen wollen.

Erzaͤhlung deſ-
ſen, was waͤhrend
der Belagerung
von Wien an
dem osmani-
ſchen Hofe vorge-gangen iſt.
90.

Nachdem wir nun ſolchergeſtalt von demjenigen Nachricht ertheilet
haben, was dieſes Jahr uͤber zwiſchen beyderſeitigen Heeren im Felde vorgegan-
gen iſt: ſo erfordert nunmehr die Folge der Geſchichte, daß wir auch dasjenige
erzaͤhlen, was ſich waͤhrend der Zeit an dem osmaniſchen Hofe zugetragen hat.
Als der Sultan den Weßir in das Feld geſendet hatte: ſo ſchweifte derſelbe in
den Ebenen von Thracien und Griechenlande herum, verließ ſich auf die Klug-
[Spaltenumbruch]

60 Bainſki] Ein Moldauer von Ge-
burt und Anverwandter von Petretſchejkus.
Nach dieſes ſeinem Tode kam er wieder in die
Moldau zuruͤck, und wurde von meinem Va-
ter zum Serdar oder Feldherrn uͤber das Krie-
gesheer bey dem Prut gemacht.
61 Demetrie Kantakuzenus] Ein
Sohn Michael Kantakuzenus, aus dem con-
[Spaltenumbruch]
ſtantinopeliſchen Geſchlechte der Kantakuze-
ner. In ſeiner Jugend gelangte er zu der
Stelle eines Kleiderbewahrers an dem wala-
chiſchen Hofe; er wurde aber daſelbſt abge-
ſchaffet (aus was fuͤr Urſachen: das iſt mir
unbekannt), und gab nachgehends zu Con-
ſtantinopel einige Jahre einen Juwelirer ab.
Endlich, als er dem Sultan Muhaͤmmed bey
der Beſchneidung ſeiner Soͤhne ein Geſchenk

heit
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[488/0596] Osmaniſche Geſchichte Noth nach Polen entkamen; und dieſe wuͤrden nicht einmal entwiſchet ſeyn, wenn nicht die Pferde der Tatarn ganz abgemaͤrgelt geweſen und ſie verhindert haͤtten, dieſelben weiter zu verfolgen. 88. Der Fuͤrſt Dukaj von Moldau hatte noch ein haͤrteres Schickſal. Als derſelbe bey ſeiner Zuruͤckkunft aus der Belagerung von Wien, dabey er (wie gedacht) mit gebraucht wurde, den Stat von Moldau in Verwirrung fande, indem beynahe alle die Edelleute entweder Petretſchejkus zugefallen, oder um ihrer Sicherheit willen in die benachbarten Laͤnder geflohen waren; und ſeinen Hauptſitz Jaſſij verwuͤſtet antraf: ſo begab er ſich mit wenigem Ge- leite nach Domneſtim, einem Dorfe in dem Gebiete von Puͤtna, um daſelbſt beſſere Zeiten zu erwarten. Indem er nun hier darauf denket, wie er das Land wieder in Ordnung und Ruhe ſetzen will: ſo wird er ploͤtzlich von Bainſki ⁶⁰ , einem Moldauer und Petretſchejkus Anverwandten, uͤberfallen, gefangen ge- nommen und nach Polen gefuͤhret; da derſelbe in einem Gefaͤngniſſe genau ver- wahret wurde und nicht lange hernach zu Warſchaw ſtarb. 89. An deſſen Stelle ſetzten die Tuͤrken Demetrie Kantakuzenus ⁶¹ ein, einen Mann, der zwar von hoher edler Abkunft, aber dabey einfaͤltig war, und ſich beſſer fuͤr Friedenszeiten, als fuͤr Kriegszeiten, ſchickte. Daher er auch bald hernach ſeiner Wuͤrde entſetzt wurde, wie wir an ſeinem Orte erzaͤhlen wollen. 90. Nachdem wir nun ſolchergeſtalt von demjenigen Nachricht ertheilet haben, was dieſes Jahr uͤber zwiſchen beyderſeitigen Heeren im Felde vorgegan- gen iſt: ſo erfordert nunmehr die Folge der Geſchichte, daß wir auch dasjenige erzaͤhlen, was ſich waͤhrend der Zeit an dem osmaniſchen Hofe zugetragen hat. Als der Sultan den Weßir in das Feld geſendet hatte: ſo ſchweifte derſelbe in den Ebenen von Thracien und Griechenlande herum, verließ ſich auf die Klug- heit ⁶⁰ Bainſki] Ein Moldauer von Ge- burt und Anverwandter von Petretſchejkus. Nach dieſes ſeinem Tode kam er wieder in die Moldau zuruͤck, und wurde von meinem Va- ter zum Serdar oder Feldherrn uͤber das Krie- gesheer bey dem Prut gemacht. ⁶¹ Demetrie Kantakuzenus] Ein Sohn Michael Kantakuzenus, aus dem con- ſtantinopeliſchen Geſchlechte der Kantakuze- ner. In ſeiner Jugend gelangte er zu der Stelle eines Kleiderbewahrers an dem wala- chiſchen Hofe; er wurde aber daſelbſt abge- ſchaffet (aus was fuͤr Urſachen: das iſt mir unbekannt), und gab nachgehends zu Con- ſtantinopel einige Jahre einen Juwelirer ab. Endlich, als er dem Sultan Muhaͤmmed bey der Beſchneidung ſeiner Soͤhne ein Geſchenk von

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/596>, abgerufen am 22.11.2024.