Nach dem Treffen kehreten die Kaiserlichen wieder zu der Bela- gerung von Wiwar zurück, liefen durch die Oeffnungen, die sie mit ihrem Ge- schütze gemacht hatten, Sturm, und eroberten die Stadt mit einem Verluste von wenigen Leuten. Dabey wurden viel tausend Mann von der Besatzung, nebst ihrem Befehlhaber, erschlagen, die übrigen gefangen genommen oder in den Strom gesprenget, und in der Stadt reiche Beute gemacht.
Der Seräskjer bewirbet sich um den Frieden; er- hält aber eine ab- schlägige Ant-wort.
113.
Durch die schleunige Eroberung dieser Festung wurden die Türken in solches Schrecken gesetzet, daß nicht allein die Besatzungen von Novigrad und Wizegrad, auf erhaltene Nachricht von Annäherung der Deutschen, diese Städte verließen; sondern auch der Seräskjer selbst, ungeachtet derselbe sonst ein Mann von unüberwindlichem Muthe und ein alter Soldat war, einen von seinen nach- gesetzten Befehlhabern, Aehmed Tschelebi, zweymal an den kaiserlichen Feldherrn sendete, um zu versuchen, ob nicht ein Friede mit dem Kaiser könnte getroffen werden. Weil aber die gegenwärtige Beschaffenheit der Sachen zu mehrern und wichtigern Siegen Hoffnung machte; es auch schiene, als wenn der Se- räskjer nur deswegen den Frieden verlangte, um die Gefahr, die ihm wegen des mislungenen Streiches bey Gran bevorstunde, abzuwenden, oder auch mehr den Feind hinzuhalten, als aus aufrichtiger Meinung: so kehrete der Kriegs- befehlhaber, nach zweymaliger abschlägigen Antwort, unverrichteter Sachen zu dem Seräskjer zurück.
Verschiedene Vortheile derKaiserlichen.
114.
Mittlerweile, da der Herzog von Lothringen mit der Belagerung von Wiwar beschäfftiget war, hatte der Graf Lesley mit einer kleinen Anzahl Truppen ganz Slawonien verwüstet, den Pascha von Poschega geschlagen, und am zwölften des Monats Remäßan ein großes Stück der Brücke, die über die weitläuftigen Moräste der Drave führete, abgebrennet, auch hierauf Essek erobert. Weil er aber zu schwach war, das dasige Schloß zu bezwingen: so plünderte er die Stadt aus, und verließ sie hernach wieder. Schulz hatte eben dergleichen Glück in Niederungarn; zwang am zehenten des Monats Remäßan Eperjes, eine Stadt, die Teökeölis Partey hielte, nach einer langen Belagerung zur Uebergabe, und eroberte Tokaj nebst verschiedenen andern Festungen und Städten, in denen die Aufrührer ihre Besatzungen hatten. Merci und Heus- ler hatten ihre unterhabenden Völker zusammen stoßen lassen, und mit denselben Ssolnok, Ibraini, Kalo, Kleinwaradin, St. Niklaskirche und Saraisa unter den Fuß gebracht. Nachdem nun die von Teökeölis Partey allenthalben ge- schlagen und vertrieben sind: so ziehen sie sich nach Kaschow, befestigen diese Stadt stark, und entschließen sich, daselbst die versprochene Hülfe von den Tür- ken zu erwarten, und es eher auf das Alleräußerste ankommen zu lassen, als
sich
Osmaniſche Geſchichte
Die Kaiſerli- chen erobern Wi-war.
112.
Nach dem Treffen kehreten die Kaiſerlichen wieder zu der Bela- gerung von Wiwar zuruͤck, liefen durch die Oeffnungen, die ſie mit ihrem Ge- ſchuͤtze gemacht hatten, Sturm, und eroberten die Stadt mit einem Verluſte von wenigen Leuten. Dabey wurden viel tauſend Mann von der Beſatzung, nebſt ihrem Befehlhaber, erſchlagen, die uͤbrigen gefangen genommen oder in den Strom geſprenget, und in der Stadt reiche Beute gemacht.
Der Seraͤskjer bewirbet ſich um den Frieden; er- haͤlt aber eine ab- ſchlaͤgige Ant-wort.
113.
Durch die ſchleunige Eroberung dieſer Feſtung wurden die Tuͤrken in ſolches Schrecken geſetzet, daß nicht allein die Beſatzungen von Novigrad und Wizegrad, auf erhaltene Nachricht von Annaͤherung der Deutſchen, dieſe Staͤdte verließen; ſondern auch der Seraͤskjer ſelbſt, ungeachtet derſelbe ſonſt ein Mann von unuͤberwindlichem Muthe und ein alter Soldat war, einen von ſeinen nach- geſetzten Befehlhabern, Aehmed Tſchelebi, zweymal an den kaiſerlichen Feldherrn ſendete, um zu verſuchen, ob nicht ein Friede mit dem Kaiſer koͤnnte getroffen werden. Weil aber die gegenwaͤrtige Beſchaffenheit der Sachen zu mehrern und wichtigern Siegen Hoffnung machte; es auch ſchiene, als wenn der Se- raͤskjer nur deswegen den Frieden verlangte, um die Gefahr, die ihm wegen des mislungenen Streiches bey Gran bevorſtunde, abzuwenden, oder auch mehr den Feind hinzuhalten, als aus aufrichtiger Meinung: ſo kehrete der Kriegs- befehlhaber, nach zweymaliger abſchlaͤgigen Antwort, unverrichteter Sachen zu dem Seraͤskjer zuruͤck.
Verſchiedene Vortheile derKaiſerlichen.
114.
Mittlerweile, da der Herzog von Lothringen mit der Belagerung von Wiwar beſchaͤfftiget war, hatte der Graf Lesley mit einer kleinen Anzahl Truppen ganz Slawonien verwuͤſtet, den Paſcha von Poſchega geſchlagen, und am zwoͤlften des Monats Remaͤßan ein großes Stuͤck der Bruͤcke, die uͤber die weitlaͤuftigen Moraͤſte der Drave fuͤhrete, abgebrennet, auch hierauf Eſſek erobert. Weil er aber zu ſchwach war, das daſige Schloß zu bezwingen: ſo pluͤnderte er die Stadt aus, und verließ ſie hernach wieder. Schulz hatte eben dergleichen Gluͤck in Niederungarn; zwang am zehenten des Monats Remaͤßan Eperjes, eine Stadt, die Teoͤkeoͤlis Partey hielte, nach einer langen Belagerung zur Uebergabe, und eroberte Tokaj nebſt verſchiedenen andern Feſtungen und Staͤdten, in denen die Aufruͤhrer ihre Beſatzungen hatten. Merci und Heus- ler hatten ihre unterhabenden Voͤlker zuſammen ſtoßen laſſen, und mit denſelben Sſolnok, Ibraini, Kalo, Kleinwaradin, St. Niklaskirche und Saraiſa unter den Fuß gebracht. Nachdem nun die von Teoͤkeoͤlis Partey allenthalben ge- ſchlagen und vertrieben ſind: ſo ziehen ſie ſich nach Kaſchow, befeſtigen dieſe Stadt ſtark, und entſchließen ſich, daſelbſt die verſprochene Huͤlfe von den Tuͤr- ken zu erwarten, und es eher auf das Alleraͤußerſte ankommen zu laſſen, als
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Osmaniſche Geſchichte
112. Nach dem Treffen kehreten die Kaiſerlichen wieder zu der Bela-
gerung von Wiwar zuruͤck, liefen durch die Oeffnungen, die ſie mit ihrem Ge-
ſchuͤtze gemacht hatten, Sturm, und eroberten die Stadt mit einem Verluſte
von wenigen Leuten. Dabey wurden viel tauſend Mann von der Beſatzung,
nebſt ihrem Befehlhaber, erſchlagen, die uͤbrigen gefangen genommen oder in den
Strom geſprenget, und in der Stadt reiche Beute gemacht.
113. Durch die ſchleunige Eroberung dieſer Feſtung wurden die Tuͤrken
in ſolches Schrecken geſetzet, daß nicht allein die Beſatzungen von Novigrad und
Wizegrad, auf erhaltene Nachricht von Annaͤherung der Deutſchen, dieſe Staͤdte
verließen; ſondern auch der Seraͤskjer ſelbſt, ungeachtet derſelbe ſonſt ein Mann
von unuͤberwindlichem Muthe und ein alter Soldat war, einen von ſeinen nach-
geſetzten Befehlhabern, Aehmed Tſchelebi, zweymal an den kaiſerlichen Feldherrn
ſendete, um zu verſuchen, ob nicht ein Friede mit dem Kaiſer koͤnnte getroffen
werden. Weil aber die gegenwaͤrtige Beſchaffenheit der Sachen zu mehrern
und wichtigern Siegen Hoffnung machte; es auch ſchiene, als wenn der Se-
raͤskjer nur deswegen den Frieden verlangte, um die Gefahr, die ihm wegen
des mislungenen Streiches bey Gran bevorſtunde, abzuwenden, oder auch mehr
den Feind hinzuhalten, als aus aufrichtiger Meinung: ſo kehrete der Kriegs-
befehlhaber, nach zweymaliger abſchlaͤgigen Antwort, unverrichteter Sachen zu
dem Seraͤskjer zuruͤck.
114. Mittlerweile, da der Herzog von Lothringen mit der Belagerung
von Wiwar beſchaͤfftiget war, hatte der Graf Lesley mit einer kleinen Anzahl
Truppen ganz Slawonien verwuͤſtet, den Paſcha von Poſchega geſchlagen,
und am zwoͤlften des Monats Remaͤßan ein großes Stuͤck der Bruͤcke, die uͤber
die weitlaͤuftigen Moraͤſte der Drave fuͤhrete, abgebrennet, auch hierauf Eſſek
erobert. Weil er aber zu ſchwach war, das daſige Schloß zu bezwingen: ſo
pluͤnderte er die Stadt aus, und verließ ſie hernach wieder. Schulz hatte eben
dergleichen Gluͤck in Niederungarn; zwang am zehenten des Monats Remaͤßan
Eperjes, eine Stadt, die Teoͤkeoͤlis Partey hielte, nach einer langen Belagerung
zur Uebergabe, und eroberte Tokaj nebſt verſchiedenen andern Feſtungen und
Staͤdten, in denen die Aufruͤhrer ihre Beſatzungen hatten. Merci und Heus-
ler hatten ihre unterhabenden Voͤlker zuſammen ſtoßen laſſen, und mit denſelben
Sſolnok, Ibraini, Kalo, Kleinwaradin, St. Niklaskirche und Saraiſa unter
den Fuß gebracht. Nachdem nun die von Teoͤkeoͤlis Partey allenthalben ge-
ſchlagen und vertrieben ſind: ſo ziehen ſie ſich nach Kaſchow, befeſtigen dieſe
Stadt ſtark, und entſchließen ſich, daſelbſt die verſprochene Huͤlfe von den Tuͤr-
ken zu erwarten, und es eher auf das Alleraͤußerſte ankommen zu laſſen, als
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/614>, abgerufen am 22.11.2024.
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