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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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19. Muhämmed der IIII
früchten zu nähren, und um dieser Absicht willen sich weiter in die Wälder zu zer-
streuen, als es rathsam war: so griffen die Tatarn dieselben in dieser Unord-
nung öfters an, brachten einige um, und einige nahmen sie gefangen; und wer
sich nur auf einige Weite von seinem Truppe entfernete: der konnte versichert seyn,
daß er nicht wieder zurück kommen werde.

155.

Als der König diese Gefahr gewahr wird: so verlässet er das LagerDer König ver-
lässet das Lager
heimlich, und
fliehet davon.

zuerst, und fliehet unter Führung Türkületsches, eines moldauischen Obersten,
heimlich bey Nachzeit mit wenigen Begleitern davon. Der Rest des Hee-
res, der das günstige Glück gehabt hatte, sowol vor dem Hunger, als dem
Schwerte des Feindes, bewahret zu bleiben, kehrete unter Jablonowskis Anfüh-
rung, gegen das Ende des Monats Ssülkäde, zu dem Könige nach Jawarow
zurück.

156.

Die Venetianer hatten in diesem Jahre weit besseres Glück. ImGlückliche Un-
ternehmungen
der Venetianer
gegen die Tür-
ken.

Anfange des Frühlings belagerten die Morlaken Ottoch, eine Stadt, die zwi-
schen den beyden Armen des Flusses Cettin gelegen ist; und nachdem sie dieselbe
mit stürmender Hand erobert hatten: so hieben sie die ganze Besatzung darnieder.
Kapudan Pascha that einen gleichen Versuch auf Chielafa; er wurde aber auf
Annäherung der venetianischen Flote genöthiget, sich zurück zu ziehen. Ein
Theil dieser Flote ward gegen Constantinopel geschickt, um es auf der Seite des
ägeischen Meeres, gegen die Dardanellen zu, einzuschließen. Der übrige Theil
der Schiffe griff Altnavarin an; und als der Kriegsbefehlhaber diese Stadt
gleich am ersten Tage der Belagerung übergab: so wurde hierauf Neunavarin
belagert. Der Seräskjer von Morea eilet zum Entsatze desselben herbey: ehe
er aber noch die Verschanzungen der Venetianer erreichet, wird derselbe von dem
Grafen von Königsmark und dem Marquis von Curbon mit acht tausend und
zwey hundert Mann angegriffen und geschlagen. Bald hierauf ziehet er noch
drey tausend Mann mehr aus den benachbarten Besatzungen an sich, bringet
diejenigen, die aus der vorigen Schlacht entronnen waren, wieder zusammen,
und thut nochmals einen Versuch, die Stadt zu retten; wird aber mit großem
Verluste zurück getrieben. Weil nun die Einwohner von Navarin itzo aller
Hoffnung beraubet sind: so übergeben sie am sechs und zwanzigsten des Monats
Redscheb* die Stadt an die Venetianer.

[Spaltenumbruch]
jenseits des Siretus an einem Flusse glei-
ches Namens lieget. Man sehe davon
[Spaltenumbruch]
mit mehrern meine Beschreibung von Mol-
dau.
157. Drey
* am siebenten Junius.

19. Muhaͤmmed der IIII
fruͤchten zu naͤhren, und um dieſer Abſicht willen ſich weiter in die Waͤlder zu zer-
ſtreuen, als es rathſam war: ſo griffen die Tatarn dieſelben in dieſer Unord-
nung oͤfters an, brachten einige um, und einige nahmen ſie gefangen; und wer
ſich nur auf einige Weite von ſeinem Truppe entfernete: der konnte verſichert ſeyn,
daß er nicht wieder zuruͤck kommen werde.

155.

Als der Koͤnig dieſe Gefahr gewahr wird: ſo verlaͤſſet er das LagerDer Koͤnig ver-
laͤſſet das Lager
heimlich, und
fliehet davon.

zuerſt, und fliehet unter Fuͤhrung Tuͤrkuͤletſches, eines moldauiſchen Oberſten,
heimlich bey Nachzeit mit wenigen Begleitern davon. Der Reſt des Hee-
res, der das guͤnſtige Gluͤck gehabt hatte, ſowol vor dem Hunger, als dem
Schwerte des Feindes, bewahret zu bleiben, kehrete unter Jablonowſkis Anfuͤh-
rung, gegen das Ende des Monats Sſuͤlkaͤde, zu dem Koͤnige nach Jawarow
zuruͤck.

156.

Die Venetianer hatten in dieſem Jahre weit beſſeres Gluͤck. ImGluͤckliche Un-
ternehmungen
der Venetianer
gegen die Tuͤr-
ken.

Anfange des Fruͤhlings belagerten die Morlaken Ottoch, eine Stadt, die zwi-
ſchen den beyden Armen des Fluſſes Cettin gelegen iſt; und nachdem ſie dieſelbe
mit ſtuͤrmender Hand erobert hatten: ſo hieben ſie die ganze Beſatzung darnieder.
Kapudan Paſcha that einen gleichen Verſuch auf Chielafa; er wurde aber auf
Annaͤherung der venetianiſchen Flote genoͤthiget, ſich zuruͤck zu ziehen. Ein
Theil dieſer Flote ward gegen Conſtantinopel geſchickt, um es auf der Seite des
aͤgeiſchen Meeres, gegen die Dardanellen zu, einzuſchließen. Der uͤbrige Theil
der Schiffe griff Altnavarin an; und als der Kriegsbefehlhaber dieſe Stadt
gleich am erſten Tage der Belagerung uͤbergab: ſo wurde hierauf Neunavarin
belagert. Der Seraͤskjer von Morea eilet zum Entſatze deſſelben herbey: ehe
er aber noch die Verſchanzungen der Venetianer erreichet, wird derſelbe von dem
Grafen von Koͤnigsmark und dem Marquis von Curbon mit acht tauſend und
zwey hundert Mann angegriffen und geſchlagen. Bald hierauf ziehet er noch
drey tauſend Mann mehr aus den benachbarten Beſatzungen an ſich, bringet
diejenigen, die aus der vorigen Schlacht entronnen waren, wieder zuſammen,
und thut nochmals einen Verſuch, die Stadt zu retten; wird aber mit großem
Verluſte zuruͤck getrieben. Weil nun die Einwohner von Navarin itzo aller
Hoffnung beraubet ſind: ſo uͤbergeben ſie am ſechs und zwanzigſten des Monats
Redſcheb* die Stadt an die Venetianer.

[Spaltenumbruch]
jenſeits des Siretus an einem Fluſſe glei-
ches Namens lieget. Man ſehe davon
[Spaltenumbruch]
mit mehrern meine Beſchreibung von Mol-
dau.
157. Drey
* am ſiebenten Junius.
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[535/0643] 19. Muhaͤmmed der IIII fruͤchten zu naͤhren, und um dieſer Abſicht willen ſich weiter in die Waͤlder zu zer- ſtreuen, als es rathſam war: ſo griffen die Tatarn dieſelben in dieſer Unord- nung oͤfters an, brachten einige um, und einige nahmen ſie gefangen; und wer ſich nur auf einige Weite von ſeinem Truppe entfernete: der konnte verſichert ſeyn, daß er nicht wieder zuruͤck kommen werde. 155. Als der Koͤnig dieſe Gefahr gewahr wird: ſo verlaͤſſet er das Lager zuerſt, und fliehet unter Fuͤhrung Tuͤrkuͤletſches, eines moldauiſchen Oberſten, heimlich bey Nachzeit mit wenigen Begleitern davon. Der Reſt des Hee- res, der das guͤnſtige Gluͤck gehabt hatte, ſowol vor dem Hunger, als dem Schwerte des Feindes, bewahret zu bleiben, kehrete unter Jablonowſkis Anfuͤh- rung, gegen das Ende des Monats Sſuͤlkaͤde, zu dem Koͤnige nach Jawarow zuruͤck. Der Koͤnig ver- laͤſſet das Lager heimlich, und fliehet davon. 156. Die Venetianer hatten in dieſem Jahre weit beſſeres Gluͤck. Im Anfange des Fruͤhlings belagerten die Morlaken Ottoch, eine Stadt, die zwi- ſchen den beyden Armen des Fluſſes Cettin gelegen iſt; und nachdem ſie dieſelbe mit ſtuͤrmender Hand erobert hatten: ſo hieben ſie die ganze Beſatzung darnieder. Kapudan Paſcha that einen gleichen Verſuch auf Chielafa; er wurde aber auf Annaͤherung der venetianiſchen Flote genoͤthiget, ſich zuruͤck zu ziehen. Ein Theil dieſer Flote ward gegen Conſtantinopel geſchickt, um es auf der Seite des aͤgeiſchen Meeres, gegen die Dardanellen zu, einzuſchließen. Der uͤbrige Theil der Schiffe griff Altnavarin an; und als der Kriegsbefehlhaber dieſe Stadt gleich am erſten Tage der Belagerung uͤbergab: ſo wurde hierauf Neunavarin belagert. Der Seraͤskjer von Morea eilet zum Entſatze deſſelben herbey: ehe er aber noch die Verſchanzungen der Venetianer erreichet, wird derſelbe von dem Grafen von Koͤnigsmark und dem Marquis von Curbon mit acht tauſend und zwey hundert Mann angegriffen und geſchlagen. Bald hierauf ziehet er noch drey tauſend Mann mehr aus den benachbarten Beſatzungen an ſich, bringet diejenigen, die aus der vorigen Schlacht entronnen waren, wieder zuſammen, und thut nochmals einen Verſuch, die Stadt zu retten; wird aber mit großem Verluſte zuruͤck getrieben. Weil nun die Einwohner von Navarin itzo aller Hoffnung beraubet ſind: ſo uͤbergeben ſie am ſechs und zwanzigſten des Monats Redſcheb * die Stadt an die Venetianer. Gluͤckliche Un- ternehmungen der Venetianer gegen die Tuͤr- ken. 157. Drey jenſeits des Siretus an einem Fluſſe glei- ches Namens lieget. Man ſehe davon mit mehrern meine Beſchreibung von Mol- dau. * am ſiebenten Junius.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/643>, abgerufen am 22.11.2024.