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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
Der Weßir be-
stellet einen
Seräskjer gegenden Feind.
17.

Der Weßir, Tekkjurdagi Mustäfa Pascha 13 (es mag nun dieses
aus Furcht vor den Deutschen, oder aus Besorgung geschehen seyn, der Sultan
möchte während seiner Abwesenheit von seinen Hofleuten überredet werden, ihn
umbringen zu lassen), lehnet ebenfals die Befehlhabung des Kriegesheeres von
sich ab, und bestellet Redscheb Pascha 14 zum Seräskjer von Ungarn.

Die Kaiserli-
chen belagern
Stuhlweißen-
burg, und ero-
bern dasselbe,
nebst noch vielenandern Städten.
18.

Ehe aber noch das türkische Heer ins Feld rückte, hatten die Kaiser-
lichen Stuhlweißenburg schon den ganzen Winter hindurch eingeschlossen gehal-
ten; so daß die Besatzung durch Hunger genöthiget worden war, am neunze-
[Spaltenumbruch]

aus; welches die Leute zu Constantinopel,
die in solchen Sachen nicht viel nachforschen,
gar leicht glaubten, und ihm den Namen
Iskjerlet Ogli, oder Skarlatos Sohn, bey-
legten. Dieses veranlassete ihn, daß er die-
sen Namen nachgehends in Europa führete;
wie ich bemerket habe, daß es in dem offenen
Briefe des Kaisers Leopolds geschiehet, da er
genennet wird, Alexander, aus dem edlen Ge-
schlechte Skarlatos. Als mittlerweile der
oberste Dolmetscher des osmanischen Hofes,
Panagiotes Nikusius, starb: so wurde diese
Stelle Alexander, wegen seiner großen Er-
fahrenheit in den morgenländischen Sprachen,
von Kjüprili Aehmed Pascha aufgetragen;
die derselbe dreyßig Jahre lang mit einiger
Abwechselung des Glückes besaß. Denn als
sein großer Gönner, Kara Mustäfa Pascha,
erdrosselt wurde: so drohete ihm dessen Nach-
folger, Kara Ibrahim Pascha, ihn ums Leben
bringen zu lassen; weil man dafür hielte, er
habe Kara Mustäfa abgerathen, Wien durch
Gewalt der Waffen einzunehmen. Er wurde
daher seines Amtes entsetzet, seiner Güter be-
raubet, und in das Gefängniß geworfen.
Sein Nachfolger war Sefer Aga, ein abge-
fallener Christ, der den muhämmedischen Glau-
ben angenommen hatte. Allein, Kara Ibra-
him befand in wenigen Monaten, daß Sefer
[Spaltenumbruch]
Aga zu diesem Amte untüchtig war. Er setzte
daher Alexander in seine vorige Ehrenstelle
wieder ein, und machte ihm Gelegenheit, daß
er noch größern Reichthum erwerben, und in
der Gunst bey Hofe noch höher steigen konnte,
als zuvor. Unter Kjüprili Mustäfa Pascha
stürzte er sich durch seine übernommene Ge-
sandtschaft nach Wien in sehr große Gefahr;
und es würde dieses auch seinen gänzlichen
Untergang befördert haben, wenn er nicht
den Hof zu Wien durch viele Versprechen
dahin vermöget hätte, daß derselbe ihn unter
mancherley Vorwande zurück behielte, bis nach
Kjüprilis Tode. Als Kjüprili todt war: so
kehrete er nebst Ssülfikar Efendi nach Con-
stantinopel zurück. Seine guten Dienste bey
der Friedenshandlung zu Carlowitsch brach-
ten ihm an dem osmanischen Hofe ein solches
Ansehen zuwege, daß man ihn mit der
neuen Benennung und dem Titel Muhärremi
Esrar, das ist, Bewahrer der Geheimnisse,
beehrete; den er im Griechischen mit dem Worte
** ausdrückte, und darauf von
den Fürsten in Moldau und Walachey, und
den übrigen Christen, die dem osmanischen
Reiche unterworfen sind, den Titel [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]
[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]2* verlangte. In seinem Alter
wurde ihm von Daltaban Mustäfa Pascha
einiger Verdruß angethan. Denn dieser Mann

henten
* einer, dem Heimlichkeiten vertrauet sind.
2* Durchlauchtigster.
Osmaniſche Geſchichte
Der Weßir be-
ſtellet einen
Seraͤskjer gegenden Feind.
17.

Der Weßir, Tekkjurdagi Muſtaͤfa Paſcha 13 (es mag nun dieſes
aus Furcht vor den Deutſchen, oder aus Beſorgung geſchehen ſeyn, der Sultan
moͤchte waͤhrend ſeiner Abweſenheit von ſeinen Hofleuten uͤberredet werden, ihn
umbringen zu laſſen), lehnet ebenfals die Befehlhabung des Kriegesheeres von
ſich ab, und beſtellet Redſcheb Paſcha 14 zum Seraͤskjer von Ungarn.

Die Kaiſerli-
chen belagern
Stuhlweißen-
burg, und ero-
bern daſſelbe,
nebſt noch vielenandern Staͤdten.
18.

Ehe aber noch das tuͤrkiſche Heer ins Feld ruͤckte, hatten die Kaiſer-
lichen Stuhlweißenburg ſchon den ganzen Winter hindurch eingeſchloſſen gehal-
ten; ſo daß die Beſatzung durch Hunger genoͤthiget worden war, am neunze-
[Spaltenumbruch]

aus; welches die Leute zu Conſtantinopel,
die in ſolchen Sachen nicht viel nachforſchen,
gar leicht glaubten, und ihm den Namen
Iskjerlet Ogli, oder Skarlatos Sohn, bey-
legten. Dieſes veranlaſſete ihn, daß er die-
ſen Namen nachgehends in Europa fuͤhrete;
wie ich bemerket habe, daß es in dem offenen
Briefe des Kaiſers Leopolds geſchiehet, da er
genennet wird, Alexander, aus dem edlen Ge-
ſchlechte Skarlatos. Als mittlerweile der
oberſte Dolmetſcher des osmaniſchen Hofes,
Panagiotes Nikuſius, ſtarb: ſo wurde dieſe
Stelle Alexander, wegen ſeiner großen Er-
fahrenheit in den morgenlaͤndiſchen Sprachen,
von Kjuͤprili Aehmed Paſcha aufgetragen;
die derſelbe dreyßig Jahre lang mit einiger
Abwechſelung des Gluͤckes beſaß. Denn als
ſein großer Goͤnner, Kara Muſtaͤfa Paſcha,
erdroſſelt wurde: ſo drohete ihm deſſen Nach-
folger, Kara Ibrahim Paſcha, ihn ums Leben
bringen zu laſſen; weil man dafuͤr hielte, er
habe Kara Muſtaͤfa abgerathen, Wien durch
Gewalt der Waffen einzunehmen. Er wurde
daher ſeines Amtes entſetzet, ſeiner Guͤter be-
raubet, und in das Gefaͤngniß geworfen.
Sein Nachfolger war Sefer Aga, ein abge-
fallener Chriſt, der den muhaͤmmediſchen Glau-
ben angenommen hatte. Allein, Kara Ibra-
him befand in wenigen Monaten, daß Sefer
[Spaltenumbruch]
Aga zu dieſem Amte untuͤchtig war. Er ſetzte
daher Alexander in ſeine vorige Ehrenſtelle
wieder ein, und machte ihm Gelegenheit, daß
er noch groͤßern Reichthum erwerben, und in
der Gunſt bey Hofe noch hoͤher ſteigen konnte,
als zuvor. Unter Kjuͤprili Muſtaͤfa Paſcha
ſtuͤrzte er ſich durch ſeine uͤbernommene Ge-
ſandtſchaft nach Wien in ſehr große Gefahr;
und es wuͤrde dieſes auch ſeinen gaͤnzlichen
Untergang befoͤrdert haben, wenn er nicht
den Hof zu Wien durch viele Verſprechen
dahin vermoͤget haͤtte, daß derſelbe ihn unter
mancherley Vorwande zuruͤck behielte, bis nach
Kjuͤprilis Tode. Als Kjuͤprili todt war: ſo
kehrete er nebſt Sſuͤlfikar Efendi nach Con-
ſtantinopel zuruͤck. Seine guten Dienſte bey
der Friedenshandlung zu Carlowitſch brach-
ten ihm an dem osmaniſchen Hofe ein ſolches
Anſehen zuwege, daß man ihn mit der
neuen Benennung und dem Titel Muhaͤrremi
Esrar, das iſt, Bewahrer der Geheimniſſe,
beehrete; den er im Griechiſchen mit dem Worte
** ausdruͤckte, und darauf von
den Fuͤrſten in Moldau und Walachey, und
den uͤbrigen Chriſten, die dem osmaniſchen
Reiche unterworfen ſind, den Titel [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]
[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]2* verlangte. In ſeinem Alter
wurde ihm von Daltaban Muſtaͤfa Paſcha
einiger Verdruß angethan. Denn dieſer Mann

henten
* einer, dem Heimlichkeiten vertrauet ſind.
2* Durchlauchtigſter.
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[578/0688] Osmaniſche Geſchichte 17. Der Weßir, Tekkjurdagi Muſtaͤfa Paſcha ¹³ (es mag nun dieſes aus Furcht vor den Deutſchen, oder aus Beſorgung geſchehen ſeyn, der Sultan moͤchte waͤhrend ſeiner Abweſenheit von ſeinen Hofleuten uͤberredet werden, ihn umbringen zu laſſen), lehnet ebenfals die Befehlhabung des Kriegesheeres von ſich ab, und beſtellet Redſcheb Paſcha ¹⁴ zum Seraͤskjer von Ungarn. 18. Ehe aber noch das tuͤrkiſche Heer ins Feld ruͤckte, hatten die Kaiſer- lichen Stuhlweißenburg ſchon den ganzen Winter hindurch eingeſchloſſen gehal- ten; ſo daß die Beſatzung durch Hunger genoͤthiget worden war, am neunze- henten aus; welches die Leute zu Conſtantinopel, die in ſolchen Sachen nicht viel nachforſchen, gar leicht glaubten, und ihm den Namen Iskjerlet Ogli, oder Skarlatos Sohn, bey- legten. Dieſes veranlaſſete ihn, daß er die- ſen Namen nachgehends in Europa fuͤhrete; wie ich bemerket habe, daß es in dem offenen Briefe des Kaiſers Leopolds geſchiehet, da er genennet wird, Alexander, aus dem edlen Ge- ſchlechte Skarlatos. Als mittlerweile der oberſte Dolmetſcher des osmaniſchen Hofes, Panagiotes Nikuſius, ſtarb: ſo wurde dieſe Stelle Alexander, wegen ſeiner großen Er- fahrenheit in den morgenlaͤndiſchen Sprachen, von Kjuͤprili Aehmed Paſcha aufgetragen; die derſelbe dreyßig Jahre lang mit einiger Abwechſelung des Gluͤckes beſaß. Denn als ſein großer Goͤnner, Kara Muſtaͤfa Paſcha, erdroſſelt wurde: ſo drohete ihm deſſen Nach- folger, Kara Ibrahim Paſcha, ihn ums Leben bringen zu laſſen; weil man dafuͤr hielte, er habe Kara Muſtaͤfa abgerathen, Wien durch Gewalt der Waffen einzunehmen. Er wurde daher ſeines Amtes entſetzet, ſeiner Guͤter be- raubet, und in das Gefaͤngniß geworfen. Sein Nachfolger war Sefer Aga, ein abge- fallener Chriſt, der den muhaͤmmediſchen Glau- ben angenommen hatte. Allein, Kara Ibra- him befand in wenigen Monaten, daß Sefer Aga zu dieſem Amte untuͤchtig war. Er ſetzte daher Alexander in ſeine vorige Ehrenſtelle wieder ein, und machte ihm Gelegenheit, daß er noch groͤßern Reichthum erwerben, und in der Gunſt bey Hofe noch hoͤher ſteigen konnte, als zuvor. Unter Kjuͤprili Muſtaͤfa Paſcha ſtuͤrzte er ſich durch ſeine uͤbernommene Ge- ſandtſchaft nach Wien in ſehr große Gefahr; und es wuͤrde dieſes auch ſeinen gaͤnzlichen Untergang befoͤrdert haben, wenn er nicht den Hof zu Wien durch viele Verſprechen dahin vermoͤget haͤtte, daß derſelbe ihn unter mancherley Vorwande zuruͤck behielte, bis nach Kjuͤprilis Tode. Als Kjuͤprili todt war: ſo kehrete er nebſt Sſuͤlfikar Efendi nach Con- ſtantinopel zuruͤck. Seine guten Dienſte bey der Friedenshandlung zu Carlowitſch brach- ten ihm an dem osmaniſchen Hofe ein ſolches Anſehen zuwege, daß man ihn mit der neuen Benennung und dem Titel Muhaͤrremi Esrar, das iſt, Bewahrer der Geheimniſſe, beehrete; den er im Griechiſchen mit dem Worte * * ausdruͤckte, und darauf von den Fuͤrſten in Moldau und Walachey, und den uͤbrigen Chriſten, die dem osmaniſchen Reiche unterworfen ſind, den Titel _ _ 2* verlangte. In ſeinem Alter wurde ihm von Daltaban Muſtaͤfa Paſcha einiger Verdruß angethan. Denn dieſer Mann beſtre- * einer, dem Heimlichkeiten vertrauet ſind. 2* Durchlauchtigſter.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/688>, abgerufen am 22.11.2024.