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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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20. Sülejman der II
henten des Monats Redscheb* im Jahre 1099 den Ueberwindern die SchlüsselH. 1099.


J. C. 1688.

zu übergeben. Caraffa hatte Lippa durch eine Kriegslist angegriffen, die Stadt
mit stürmender Hand erobert, und das Schloß in wenigen Tagen zur Uebergabe
gezwungen; auch bald darauf Scholmas und Lugosch den Türken aus den
Händen gerissen. Nachdem Caraffa, dem die Befehlhabung über das Heer
während der Abwesenheit des Churfürsten von Baiern anvertrauet war, Illok
und Peterwaradin den Türken abgenommen hatte: so schickte er Wallis und
Heusler gegen die Theiße zu, um sich Tiral, eines Schlosses an diesem Flusse,
[Spaltenumbruch]
bestrebete sich, den carlowitschischen Frieden
zu hintertreiben, und die Unterhändler bey
demselben umbringen zu lassen: unter dem
Vorwenden, daß sie gegen seinen Befehl den
Deutschen, sonderlich aber den Polen, einige
Sachen nachgegeben hätten. Als Daltaban
auf des Müftis Anstiften ums Leben gekom-
men war: so wurden dessen Gönner und An-
hänger darüber dermaßen erbittert, daß sie
einen Aufruhr erregten, und darauf drangen,
man sollte ihnen Maurocordatus ausliefern.
Der Sultan Mustäfa würde auch gezwungen
worden seyn, dieses zu thun: wenn nicht
Maurocordatus nach Sozopolis zu seinen
Anverwandten geflüchtet wäre. Nachdem
aber die Verschwornen durch die kluge Ver-
anstaltung des Sultan Aehmeds zerstreuet
und der Aufruhr gestillet war: so kam er in
Mönchskleidern, nebst seinem Sohne, nach
Constantinopel zurück, wurde von dem Sul-
tane in alle seine Ehrenstellen und Güter wie-
der eingesetzet, und lebte bis auf das Jahr
1709, gegen dessen Ende er aus dieser Welt
schiede. Er hinterließ, als Erben seiner un-
säglichen Reichthümer, zweene Söhne und
zwo Töchter; deren Namen sind, Nikolaus,
Johann, Alexandra und Helena. Er hatte
zwar noch einen dritten Sohn, mit Namen
Skarlatos, der Oberschenk am Hofe in der
Walachey, und Constantin Brankowans, des
Fürsten in der Walachey, Schwiegersohn war;
[Spaltenumbruch]
er starb aber vor dem Vater, ohne Hinterlas-
sung einiger Erben, und war ein junger Mensch
von vieler Hoffnung. Nikolaus wurde,
nachdem sein Vater nach Carlowitsch mit dem
Titel von Muhärremi Esrar gesendet worden
war, zum Baschterdschiman oder Oberhof-
dolmetscher bestellet, und nach seines Vaters
Tode zum Fürsten in der Walachey gemacht.
Gegenwärtig ist er Despot in der Walachey,
und ist bey Hofe überaus wohl gelitten.
Johann gelangte nach seinem Bruder zu der
Stelle des Oberdolmetschers, die derselbe noch
gegenwärtig bekleidet. Er ist der artigste
Mann seiner Zeit.
13 Tekkjurdagi Mustäfa] von Ro-
dostus gebürtig, das von den Türken Tekkjur-
dagi genennet wird. Er ist von einem gemei-
nen Jeng-itscheri zu der Würde des Weßirs
hinauf gestiegen; hat sich aber durch keine
merkwürdige That berühmt gemacht.
14 Redscheb Pascha] Er dienete vor-
mals bey Ajnadschi Sülejman, und wurde
von demselben, da er noch Weßir war, zum
Tschawsch Baschi gemacht. Endlich, als
man ihn mit dreyen Tug und dem Titel eines
Seräskjers zu dem ungarischen Heere schickte:
so verlor er durch seinen unmäßigen Aberglau-
ben sein untergebenes Heer, und sein Leben
dazu.

zu be-
* am achten May.
4 D 2

20. Suͤlejman der II
henten des Monats Redſcheb* im Jahre 1099 den Ueberwindern die SchluͤſſelH. 1099.


J. C. 1688.

zu uͤbergeben. Caraffa hatte Lippa durch eine Kriegsliſt angegriffen, die Stadt
mit ſtuͤrmender Hand erobert, und das Schloß in wenigen Tagen zur Uebergabe
gezwungen; auch bald darauf Scholmas und Lugoſch den Tuͤrken aus den
Haͤnden geriſſen. Nachdem Caraffa, dem die Befehlhabung uͤber das Heer
waͤhrend der Abweſenheit des Churfuͤrſten von Baiern anvertrauet war, Illok
und Peterwaradin den Tuͤrken abgenommen hatte: ſo ſchickte er Wallis und
Heusler gegen die Theiße zu, um ſich Tiral, eines Schloſſes an dieſem Fluſſe,
[Spaltenumbruch]
beſtrebete ſich, den carlowitſchiſchen Frieden
zu hintertreiben, und die Unterhaͤndler bey
demſelben umbringen zu laſſen: unter dem
Vorwenden, daß ſie gegen ſeinen Befehl den
Deutſchen, ſonderlich aber den Polen, einige
Sachen nachgegeben haͤtten. Als Daltaban
auf des Muͤftis Anſtiften ums Leben gekom-
men war: ſo wurden deſſen Goͤnner und An-
haͤnger daruͤber dermaßen erbittert, daß ſie
einen Aufruhr erregten, und darauf drangen,
man ſollte ihnen Maurocordatus ausliefern.
Der Sultan Muſtaͤfa wuͤrde auch gezwungen
worden ſeyn, dieſes zu thun: wenn nicht
Maurocordatus nach Sozopolis zu ſeinen
Anverwandten gefluͤchtet waͤre. Nachdem
aber die Verſchwornen durch die kluge Ver-
anſtaltung des Sultan Aehmeds zerſtreuet
und der Aufruhr geſtillet war: ſo kam er in
Moͤnchskleidern, nebſt ſeinem Sohne, nach
Conſtantinopel zuruͤck, wurde von dem Sul-
tane in alle ſeine Ehrenſtellen und Guͤter wie-
der eingeſetzet, und lebte bis auf das Jahr
1709, gegen deſſen Ende er aus dieſer Welt
ſchiede. Er hinterließ, als Erben ſeiner un-
ſaͤglichen Reichthuͤmer, zweene Soͤhne und
zwo Toͤchter; deren Namen ſind, Nikolaus,
Johann, Alexandra und Helena. Er hatte
zwar noch einen dritten Sohn, mit Namen
Skarlatos, der Oberſchenk am Hofe in der
Walachey, und Conſtantin Brankowans, des
Fuͤrſten in der Walachey, Schwiegerſohn war;
[Spaltenumbruch]
er ſtarb aber vor dem Vater, ohne Hinterlaſ-
ſung einiger Erben, und war ein junger Menſch
von vieler Hoffnung. Nikolaus wurde,
nachdem ſein Vater nach Carlowitſch mit dem
Titel von Muhaͤrremi Esrar geſendet worden
war, zum Baſchterdſchiman oder Oberhof-
dolmetſcher beſtellet, und nach ſeines Vaters
Tode zum Fuͤrſten in der Walachey gemacht.
Gegenwaͤrtig iſt er Deſpot in der Walachey,
und iſt bey Hofe uͤberaus wohl gelitten.
Johann gelangte nach ſeinem Bruder zu der
Stelle des Oberdolmetſchers, die derſelbe noch
gegenwaͤrtig bekleidet. Er iſt der artigſte
Mann ſeiner Zeit.
13 Tekkjurdagi Muſtaͤfa] von Ro-
doſtus gebuͤrtig, das von den Tuͤrken Tekkjur-
dagi genennet wird. Er iſt von einem gemei-
nen Jeng-itſcheri zu der Wuͤrde des Weßirs
hinauf geſtiegen; hat ſich aber durch keine
merkwuͤrdige That beruͤhmt gemacht.
14 Redſcheb Paſcha] Er dienete vor-
mals bey Ajnadſchi Suͤlejman, und wurde
von demſelben, da er noch Weßir war, zum
Tſchawſch Baſchi gemacht. Endlich, als
man ihn mit dreyen Tug und dem Titel eines
Seraͤskjers zu dem ungariſchen Heere ſchickte:
ſo verlor er durch ſeinen unmaͤßigen Aberglau-
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dazu.

zu be-
* am achten May.
4 D 2
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[579/0689] 20. Suͤlejman der II henten des Monats Redſcheb * im Jahre 1099 den Ueberwindern die Schluͤſſel zu uͤbergeben. Caraffa hatte Lippa durch eine Kriegsliſt angegriffen, die Stadt mit ſtuͤrmender Hand erobert, und das Schloß in wenigen Tagen zur Uebergabe gezwungen; auch bald darauf Scholmas und Lugoſch den Tuͤrken aus den Haͤnden geriſſen. Nachdem Caraffa, dem die Befehlhabung uͤber das Heer waͤhrend der Abweſenheit des Churfuͤrſten von Baiern anvertrauet war, Illok und Peterwaradin den Tuͤrken abgenommen hatte: ſo ſchickte er Wallis und Heusler gegen die Theiße zu, um ſich Tiral, eines Schloſſes an dieſem Fluſſe, zu be- beſtrebete ſich, den carlowitſchiſchen Frieden zu hintertreiben, und die Unterhaͤndler bey demſelben umbringen zu laſſen: unter dem Vorwenden, daß ſie gegen ſeinen Befehl den Deutſchen, ſonderlich aber den Polen, einige Sachen nachgegeben haͤtten. Als Daltaban auf des Muͤftis Anſtiften ums Leben gekom- men war: ſo wurden deſſen Goͤnner und An- haͤnger daruͤber dermaßen erbittert, daß ſie einen Aufruhr erregten, und darauf drangen, man ſollte ihnen Maurocordatus ausliefern. Der Sultan Muſtaͤfa wuͤrde auch gezwungen worden ſeyn, dieſes zu thun: wenn nicht Maurocordatus nach Sozopolis zu ſeinen Anverwandten gefluͤchtet waͤre. Nachdem aber die Verſchwornen durch die kluge Ver- anſtaltung des Sultan Aehmeds zerſtreuet und der Aufruhr geſtillet war: ſo kam er in Moͤnchskleidern, nebſt ſeinem Sohne, nach Conſtantinopel zuruͤck, wurde von dem Sul- tane in alle ſeine Ehrenſtellen und Guͤter wie- der eingeſetzet, und lebte bis auf das Jahr 1709, gegen deſſen Ende er aus dieſer Welt ſchiede. Er hinterließ, als Erben ſeiner un- ſaͤglichen Reichthuͤmer, zweene Soͤhne und zwo Toͤchter; deren Namen ſind, Nikolaus, Johann, Alexandra und Helena. Er hatte zwar noch einen dritten Sohn, mit Namen Skarlatos, der Oberſchenk am Hofe in der Walachey, und Conſtantin Brankowans, des Fuͤrſten in der Walachey, Schwiegerſohn war; er ſtarb aber vor dem Vater, ohne Hinterlaſ- ſung einiger Erben, und war ein junger Menſch von vieler Hoffnung. Nikolaus wurde, nachdem ſein Vater nach Carlowitſch mit dem Titel von Muhaͤrremi Esrar geſendet worden war, zum Baſchterdſchiman oder Oberhof- dolmetſcher beſtellet, und nach ſeines Vaters Tode zum Fuͤrſten in der Walachey gemacht. Gegenwaͤrtig iſt er Deſpot in der Walachey, und iſt bey Hofe uͤberaus wohl gelitten. Johann gelangte nach ſeinem Bruder zu der Stelle des Oberdolmetſchers, die derſelbe noch gegenwaͤrtig bekleidet. Er iſt der artigſte Mann ſeiner Zeit. ¹³ Tekkjurdagi Muſtaͤfa] von Ro- doſtus gebuͤrtig, das von den Tuͤrken Tekkjur- dagi genennet wird. Er iſt von einem gemei- nen Jeng-itſcheri zu der Wuͤrde des Weßirs hinauf geſtiegen; hat ſich aber durch keine merkwuͤrdige That beruͤhmt gemacht. ¹⁴ Redſcheb Paſcha] Er dienete vor- mals bey Ajnadſchi Suͤlejman, und wurde von demſelben, da er noch Weßir war, zum Tſchawſch Baſchi gemacht. Endlich, als man ihn mit dreyen Tug und dem Titel eines Seraͤskjers zu dem ungariſchen Heere ſchickte: ſo verlor er durch ſeinen unmaͤßigen Aberglau- ben ſein untergebenes Heer, und ſein Leben dazu. H. 1099. J. C. 1688. * am achten May. 4 D 2

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/689>, abgerufen am 22.11.2024.