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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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22. Mustäfa der II
[Spaltenumbruch]
Rami und Maurocordatus nebst ihren Mit-
schuldigen zur Rechenschaft gezogen werden
möchten. Daltaban, den diese Versprechen
noch beherzter machen, kehret mit freudigem
Angesichte nach Hause, und lässet den Kjihaja,
Topal* Ibrahim Aga (der nachgehends
Statthalter zu Thessalonich wurde), zu sich
kommen, erzählet demselben umständlich, was
zwischen dem Müfti und ihm vorgegangen
sey, und füget zugleich hinzu: er erkenne
zwar den Müfti für seinen Gönner, und
habe ihm die Weßirstelle zu danken; er könne
es aber doch nicht leiden, daß er so viel An-
sehen bey dem Sultane haben solle, daß er
Weßire nach Belieben ein- und absetzen könne:
denn da derselbe das Reichsinsiegel ihm ver-
schaffet und Husejn Pascha abgesetzet habe;
so stehe es auch in seiner Macht, ihn wieder
abzuschaffen und einen andern zu dieser Würde
zu erheben. Da er nun kein Mittel ausfin-
den könne, ihn aus des Sultans Gunst, der
eine große Hochachtung für ihn trage, heraus
zu heben: so erfordere es die Nothwendigkeit,
ihn ohne des Sultans Vorwissen aus dem We-
ge zu räumen; denn es sey leichter, sich mit
einem todten, als mit einem lebendigen,
Menschen herum zu schlagen. Er habe da-
her den Vorsatz gefasset, ihn auf folgende Art
ums Leben zu bringen. Nämlich, er wolle
ihn auf einen Donnerstag, da alle Gerichte
und übrigen Amtsstuben zugeschlossen seyen,
zu einer Malzeit einladen und über der Tafel
mit einer Bogensaite durch gewisse treuen dazu
bestellten Personen erdrosseln lassen. Hier-
auf wolle er die Jeng-itscheri zu sich beschei-
den, und dieselben anstiften, daß sie einen
Aufruhr erregten, und zu gleicher Zeit dem
Sultane wissen ließen: sie begehreten ohne
Widerrede des Müftis Tod, und verlangten
auch die Köpfe Rami, Maurocordatus und
noch einiger anderer. Der verrätherische Kji-
haja billiget des Weßirs Anschlag in seinem
Angesichte, und lobet dessen Vorhaben; in der
[Spaltenumbruch]
folgenden Nacht aber verwechselt er seine Klei-
der, gehet zu dem Müfti, und giebet demsel-
ben Nachricht von der Gefahr, darinnen er
sich befinde. Nachdem der Müfti den Kjiha-
ja mit sehr großen Versprechen von sich ge-
lassen hatte: so befiehlet er, noch in der drit-
ten Stunde der Nacht seinen Wagen anzu-
spannen, fähret zu dem Sultane, und eröff-
net demselben, was ihm von dem Kjihaja
war hinterbracht worden. Giebet ihm zu-
gleich den Rath, Daltaban ums Leben brin-
gen zu lassen, damit er nicht neue Unruhen
in dem Reiche erregen möchte, und verspricht,
zu dem Ende sein Fetwa zu ertheilen: füget
auch noch hinzu; weil zu besorgen sey, daß
eine allzugroße Eilfertigkeit in der Sache eine
Empörung unter dem Volke erwecken möchte:
so solle derselbe einen scheinbaren Vorwand
aussinnen, um ihn ohne alles Geräusche aus
der Welt zu schaffen. Der Müfti stellet sich
nach seiner Zurückkunft zu Hause, als wenn
er das Zipperlein in den Füßen hätte, damit
er eine Hinderniß vorwenden könnte, sich zu
dem Weßire zu begeben, und sendet einen
Telchistschi zu demselben, ihn zu ersuchen,
daß er zu ihm kommen möchte, weil er ihm
sehr wichtige Sachen zu eröffnen habe. Als
derselbe sich einfindet: so saget der Müfti zu
ihm; "Gott sey gedanket! der Sultan hat
"mir alle meine Bitten gewähret, und mir
"versprochen, daß er Rami Rejs Efendi um-
"bringen lassen wolle, wenn man nur einige
"Ursache zu seiner Bestrafung werde aus-
"denken können. Wenn ihr daher mir fol-
"gen wollt: so werdet ihr leicht nicht allein
"einen Vorwand, sondern so gar eine recht-
"mäßige Ursache ausfinden können, ihm
"das Leben zu nehmen. Er muß aber weit
"von dem Hofe entfernet werden, wenn wir
"haben wollen, daß unser Vorhaben gelin-
"gen soll. Da nun dieses sich auf keine
"andere Weise thun lässet: so müsset ihr
"ihm, als eine Belohnung seiner dem osma-
* der Lahme.
4 T 2
22. Muſtaͤfa der II
[Spaltenumbruch]
Rami und Maurocordatus nebſt ihren Mit-
ſchuldigen zur Rechenſchaft gezogen werden
moͤchten. Daltaban, den dieſe Verſprechen
noch beherzter machen, kehret mit freudigem
Angeſichte nach Hauſe, und laͤſſet den Kjihaja,
Topal* Ibrahim Aga (der nachgehends
Statthalter zu Theſſalonich wurde), zu ſich
kommen, erzaͤhlet demſelben umſtaͤndlich, was
zwiſchen dem Muͤfti und ihm vorgegangen
ſey, und fuͤget zugleich hinzu: er erkenne
zwar den Muͤfti fuͤr ſeinen Goͤnner, und
habe ihm die Weßirſtelle zu danken; er koͤnne
es aber doch nicht leiden, daß er ſo viel An-
ſehen bey dem Sultane haben ſolle, daß er
Weßire nach Belieben ein- und abſetzen koͤnne:
denn da derſelbe das Reichsinſiegel ihm ver-
ſchaffet und Huſejn Paſcha abgeſetzet habe;
ſo ſtehe es auch in ſeiner Macht, ihn wieder
abzuſchaffen und einen andern zu dieſer Wuͤrde
zu erheben. Da er nun kein Mittel ausfin-
den koͤnne, ihn aus des Sultans Gunſt, der
eine große Hochachtung fuͤr ihn trage, heraus
zu heben: ſo erfordere es die Nothwendigkeit,
ihn ohne des Sultans Vorwiſſen aus dem We-
ge zu raͤumen; denn es ſey leichter, ſich mit
einem todten, als mit einem lebendigen,
Menſchen herum zu ſchlagen. Er habe da-
her den Vorſatz gefaſſet, ihn auf folgende Art
ums Leben zu bringen. Naͤmlich, er wolle
ihn auf einen Donnerstag, da alle Gerichte
und uͤbrigen Amtsſtuben zugeſchloſſen ſeyen,
zu einer Malzeit einladen und uͤber der Tafel
mit einer Bogenſaite durch gewiſſe treuen dazu
beſtellten Perſonen erdroſſeln laſſen. Hier-
auf wolle er die Jeng-itſcheri zu ſich beſchei-
den, und dieſelben anſtiften, daß ſie einen
Aufruhr erregten, und zu gleicher Zeit dem
Sultane wiſſen ließen: ſie begehreten ohne
Widerrede des Muͤftis Tod, und verlangten
auch die Koͤpfe Rami, Maurocordatus und
noch einiger anderer. Der verraͤtheriſche Kji-
haja billiget des Weßirs Anſchlag in ſeinem
Angeſichte, und lobet deſſen Vorhaben; in der
[Spaltenumbruch]
folgenden Nacht aber verwechſelt er ſeine Klei-
der, gehet zu dem Muͤfti, und giebet demſel-
ben Nachricht von der Gefahr, darinnen er
ſich befinde. Nachdem der Muͤfti den Kjiha-
ja mit ſehr großen Verſprechen von ſich ge-
laſſen hatte: ſo befiehlet er, noch in der drit-
ten Stunde der Nacht ſeinen Wagen anzu-
ſpannen, faͤhret zu dem Sultane, und eroͤff-
net demſelben, was ihm von dem Kjihaja
war hinterbracht worden. Giebet ihm zu-
gleich den Rath, Daltaban ums Leben brin-
gen zu laſſen, damit er nicht neue Unruhen
in dem Reiche erregen moͤchte, und verſpricht,
zu dem Ende ſein Fetwa zu ertheilen: fuͤget
auch noch hinzu; weil zu beſorgen ſey, daß
eine allzugroße Eilfertigkeit in der Sache eine
Empoͤrung unter dem Volke erwecken moͤchte:
ſo ſolle derſelbe einen ſcheinbaren Vorwand
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der Welt zu ſchaffen. Der Muͤfti ſtellet ſich
nach ſeiner Zuruͤckkunft zu Hauſe, als wenn
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er eine Hinderniß vorwenden koͤnnte, ſich zu
dem Weßire zu begeben, und ſendet einen
Telchistſchi zu demſelben, ihn zu erſuchen,
daß er zu ihm kommen moͤchte, weil er ihm
ſehr wichtige Sachen zu eroͤffnen habe. Als
derſelbe ſich einfindet: ſo ſaget der Muͤfti zu
ihm; “Gott ſey gedanket! der Sultan hat
“mir alle meine Bitten gewaͤhret, und mir
“verſprochen, daß er Rami Rejs Efendi um-
“bringen laſſen wolle, wenn man nur einige
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“einen Vorwand, ſondern ſo gar eine recht-
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“das Leben zu nehmen. Er muß aber weit
“von dem Hofe entfernet werden, wenn wir
“haben wollen, daß unſer Vorhaben gelin-
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“ihm, als eine Belohnung ſeiner dem osma-
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[699/0813] 22. Muſtaͤfa der II Rami und Maurocordatus nebſt ihren Mit- ſchuldigen zur Rechenſchaft gezogen werden moͤchten. Daltaban, den dieſe Verſprechen noch beherzter machen, kehret mit freudigem Angeſichte nach Hauſe, und laͤſſet den Kjihaja, Topal * Ibrahim Aga (der nachgehends Statthalter zu Theſſalonich wurde), zu ſich kommen, erzaͤhlet demſelben umſtaͤndlich, was zwiſchen dem Muͤfti und ihm vorgegangen ſey, und fuͤget zugleich hinzu: er erkenne zwar den Muͤfti fuͤr ſeinen Goͤnner, und habe ihm die Weßirſtelle zu danken; er koͤnne es aber doch nicht leiden, daß er ſo viel An- ſehen bey dem Sultane haben ſolle, daß er Weßire nach Belieben ein- und abſetzen koͤnne: denn da derſelbe das Reichsinſiegel ihm ver- ſchaffet und Huſejn Paſcha abgeſetzet habe; ſo ſtehe es auch in ſeiner Macht, ihn wieder abzuſchaffen und einen andern zu dieſer Wuͤrde zu erheben. Da er nun kein Mittel ausfin- den koͤnne, ihn aus des Sultans Gunſt, der eine große Hochachtung fuͤr ihn trage, heraus zu heben: ſo erfordere es die Nothwendigkeit, ihn ohne des Sultans Vorwiſſen aus dem We- ge zu raͤumen; denn es ſey leichter, ſich mit einem todten, als mit einem lebendigen, Menſchen herum zu ſchlagen. Er habe da- her den Vorſatz gefaſſet, ihn auf folgende Art ums Leben zu bringen. Naͤmlich, er wolle ihn auf einen Donnerstag, da alle Gerichte und uͤbrigen Amtsſtuben zugeſchloſſen ſeyen, zu einer Malzeit einladen und uͤber der Tafel mit einer Bogenſaite durch gewiſſe treuen dazu beſtellten Perſonen erdroſſeln laſſen. Hier- auf wolle er die Jeng-itſcheri zu ſich beſchei- den, und dieſelben anſtiften, daß ſie einen Aufruhr erregten, und zu gleicher Zeit dem Sultane wiſſen ließen: ſie begehreten ohne Widerrede des Muͤftis Tod, und verlangten auch die Koͤpfe Rami, Maurocordatus und noch einiger anderer. Der verraͤtheriſche Kji- haja billiget des Weßirs Anſchlag in ſeinem Angeſichte, und lobet deſſen Vorhaben; in der folgenden Nacht aber verwechſelt er ſeine Klei- der, gehet zu dem Muͤfti, und giebet demſel- ben Nachricht von der Gefahr, darinnen er ſich befinde. Nachdem der Muͤfti den Kjiha- ja mit ſehr großen Verſprechen von ſich ge- laſſen hatte: ſo befiehlet er, noch in der drit- ten Stunde der Nacht ſeinen Wagen anzu- ſpannen, faͤhret zu dem Sultane, und eroͤff- net demſelben, was ihm von dem Kjihaja war hinterbracht worden. Giebet ihm zu- gleich den Rath, Daltaban ums Leben brin- gen zu laſſen, damit er nicht neue Unruhen in dem Reiche erregen moͤchte, und verſpricht, zu dem Ende ſein Fetwa zu ertheilen: fuͤget auch noch hinzu; weil zu beſorgen ſey, daß eine allzugroße Eilfertigkeit in der Sache eine Empoͤrung unter dem Volke erwecken moͤchte: ſo ſolle derſelbe einen ſcheinbaren Vorwand ausſinnen, um ihn ohne alles Geraͤuſche aus der Welt zu ſchaffen. Der Muͤfti ſtellet ſich nach ſeiner Zuruͤckkunft zu Hauſe, als wenn er das Zipperlein in den Fuͤßen haͤtte, damit er eine Hinderniß vorwenden koͤnnte, ſich zu dem Weßire zu begeben, und ſendet einen Telchistſchi zu demſelben, ihn zu erſuchen, daß er zu ihm kommen moͤchte, weil er ihm ſehr wichtige Sachen zu eroͤffnen habe. Als derſelbe ſich einfindet: ſo ſaget der Muͤfti zu ihm; “Gott ſey gedanket! der Sultan hat “mir alle meine Bitten gewaͤhret, und mir “verſprochen, daß er Rami Rejs Efendi um- “bringen laſſen wolle, wenn man nur einige “Urſache zu ſeiner Beſtrafung werde aus- “denken koͤnnen. Wenn ihr daher mir fol- “gen wollt: ſo werdet ihr leicht nicht allein “einen Vorwand, ſondern ſo gar eine recht- “maͤßige Urſache ausfinden koͤnnen, ihm “das Leben zu nehmen. Er muß aber weit “von dem Hofe entfernet werden, wenn wir “haben wollen, daß unſer Vorhaben gelin- “gen ſoll. Da nun dieſes ſich auf keine “andere Weiſe thun laͤſſet: ſo muͤſſet ihr “ihm, als eine Belohnung ſeiner dem osma- niſchen * der Lahme. 4 T 2

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/813>, abgerufen am 22.11.2024.