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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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23. Aehmed der III
andern Kapudschi Baschi sollte umgebracht werden. Dem Aga der Jeng-itscheri,
Tschalik Aehmed, verleihet er das Ehrenzeichen dreyer Roßschweife. Am drit-
ten Tage darnach lässet er denselben, unter dem Vorwande, ihm das Insiegel
des Weßiramtes zu übergeben, mit großem Gepränge nach seinem Palaste kom-
men; und von hier, da inzwischen iedermann nicht anders vermuthete, als daß
er in der Würde des Weßirs zurück kommen würde, führet man ihn durch ein
anderes Thor gegen die See zu, setzet ihn auf eine Galee, und wirft ihn auf
dessen Befehl in das Meer von Marmora. Wenige Tage darauf setzet er den
Weßir, Dorodschan Aehmed Pascha, von seinem Amte ab; weil es aber durch-
gehends bekannt war, daß er diese Würde nicht gesucht hatte, sondern von den
Aufrührern dieselbe anzunehmen gezwungen worden war: so wurde seines Le-
bens geschonet, und derselbe nach Ajnebächt verwiesen.

4.

Es folgte demselben in diesem Amte, gegen das Ende des Octobers,Häsen Pascha
erhält die Stelle
des Weßirs.

der Kaimmäkam, Silahtar Häsen Pascha; auf dessen Befehl in einer Zeit von
fünf Monaten über vierzehen tausend gemeine Soldaten, die um den Aufruhr
Mitwissen gehabt und daran Theil genommen hatten, ohne die Paschen und
andern Befehlhaber des Kriegesheeres zu rechnen, bey Nachtzeit in dem con-
stantinopelischen Kanale ertränket wurden. Nicht mehr als zwo Personen
hatten das Glück zu entwischen; nämlich Diw Ali Aga und Firari Häsen
Pascha. Der erstere, als er die Gefahr vorhersahe, entflohe in verstellten Klei-
[Spaltenumbruch]

geboren und in seiner Jugend unter des Sul-
tan Muhämmeds Regierung in den Palast
des Kaisers aufgenommen worden, da er end-
lich Silahtar wurde, welchen Titel er auch
nachgehends behielte. Nachdem er dieses
Amtes mit dreyen Tug entlassen worden war:
so heiratete er nach Musahib Paschas Tode
dessen Wittwe, die berühmte Chatije*, des
Sultan Mustäfas Schwester. Diese erhielte
durch ihre Vielgültigkeit bey ihren Brüdern,
den Sultanen Mustäfa und Aehmed, das
Versprechen, daß ihr Gemal nicht allein die
Stelle des Rikjab Kaimmäkams2*, oder eine
andere Paschaschaft nicht weit von Constan-
tinopel, beständig behalten, sondern auch täg-
lich mit neuen Begünstigungen überschüttet
werden sollte. Sie vermochte auch so viel
[Spaltenumbruch]
bey ihren Brüdern, daß sie, als ihr Gemal
nach Nikomedia geschickt wurde, Erlaubniß
erhielte, ihn dahin zu begleiten; ungeachtet
es zuvor niemals erhöret worden war, daß
eines Sultans Tochter oder Schwester nur
eine halbe Meile3* weit mit ihrem Gemale
aus der Stadt gekommen wäre. Als man
ihm die Weßirstelle nahm; welches nicht ei-
niges Verbrechens wegen geschahe, sondern
bloß durch das Geschrey des Volks veranlas-
set wurde, das Kälajlü Aehmed Pascha zum
Weßire erhoben wissen wollte: so wurde er
in die Paschaschaft von Aegypten, als die ein-
träglichste in dem ganzen osmanischen Reiche,
gesendet. Von hier wurde er einige Jahre
hernach in die Statthalterschaft von Tripoli
in Syrien versetzet, und starb auch daselbst.

dern
* der Adler.
2* 657 S. 6 Anm.
3* eine Vierthelstunde Weges.

23. Aehmed der III
andern Kapudſchi Baſchi ſollte umgebracht werden. Dem Aga der Jeng-itſcheri,
Tſchalik Aehmed, verleihet er das Ehrenzeichen dreyer Roßſchweife. Am drit-
ten Tage darnach laͤſſet er denſelben, unter dem Vorwande, ihm das Inſiegel
des Weßiramtes zu uͤbergeben, mit großem Gepraͤnge nach ſeinem Palaſte kom-
men; und von hier, da inzwiſchen iedermann nicht anders vermuthete, als daß
er in der Wuͤrde des Weßirs zuruͤck kommen wuͤrde, fuͤhret man ihn durch ein
anderes Thor gegen die See zu, ſetzet ihn auf eine Galee, und wirft ihn auf
deſſen Befehl in das Meer von Marmora. Wenige Tage darauf ſetzet er den
Weßir, Dorodſchan Aehmed Paſcha, von ſeinem Amte ab; weil es aber durch-
gehends bekannt war, daß er dieſe Wuͤrde nicht geſucht hatte, ſondern von den
Aufruͤhrern dieſelbe anzunehmen gezwungen worden war: ſo wurde ſeines Le-
bens geſchonet, und derſelbe nach Ajnebaͤcht verwieſen.

4.

Es folgte demſelben in dieſem Amte, gegen das Ende des Octobers,Haͤſen Paſcha
erhaͤlt die Stelle
des Weßirs.

der Kaimmaͤkam, Silahtar Haͤſen Paſcha; auf deſſen Befehl in einer Zeit von
fuͤnf Monaten uͤber vierzehen tauſend gemeine Soldaten, die um den Aufruhr
Mitwiſſen gehabt und daran Theil genommen hatten, ohne die Paſchen und
andern Befehlhaber des Kriegesheeres zu rechnen, bey Nachtzeit in dem con-
ſtantinopeliſchen Kanale ertraͤnket wurden. Nicht mehr als zwo Perſonen
hatten das Gluͤck zu entwiſchen; naͤmlich Diw Ali Aga und Firari Haͤſen
Paſcha. Der erſtere, als er die Gefahr vorherſahe, entflohe in verſtellten Klei-
[Spaltenumbruch]

geboren und in ſeiner Jugend unter des Sul-
tan Muhaͤmmeds Regierung in den Palaſt
des Kaiſers aufgenommen worden, da er end-
lich Silahtar wurde, welchen Titel er auch
nachgehends behielte. Nachdem er dieſes
Amtes mit dreyen Tug entlaſſen worden war:
ſo heiratete er nach Muſahib Paſchas Tode
deſſen Wittwe, die beruͤhmte Chatije*, des
Sultan Muſtaͤfas Schweſter. Dieſe erhielte
durch ihre Vielguͤltigkeit bey ihren Bruͤdern,
den Sultanen Muſtaͤfa und Aehmed, das
Verſprechen, daß ihr Gemal nicht allein die
Stelle des Rikjab Kaimmaͤkams2*, oder eine
andere Paſchaſchaft nicht weit von Conſtan-
tinopel, beſtaͤndig behalten, ſondern auch taͤg-
lich mit neuen Beguͤnſtigungen uͤberſchuͤttet
werden ſollte. Sie vermochte auch ſo viel
[Spaltenumbruch]
bey ihren Bruͤdern, daß ſie, als ihr Gemal
nach Nikomedia geſchickt wurde, Erlaubniß
erhielte, ihn dahin zu begleiten; ungeachtet
es zuvor niemals erhoͤret worden war, daß
eines Sultans Tochter oder Schweſter nur
eine halbe Meile3* weit mit ihrem Gemale
aus der Stadt gekommen waͤre. Als man
ihm die Weßirſtelle nahm; welches nicht ei-
niges Verbrechens wegen geſchahe, ſondern
bloß durch das Geſchrey des Volks veranlaſ-
ſet wurde, das Kaͤlajluͤ Aehmed Paſcha zum
Weßire erhoben wiſſen wollte: ſo wurde er
in die Paſchaſchaft von Aegypten, als die ein-
traͤglichſte in dem ganzen osmaniſchen Reiche,
geſendet. Von hier wurde er einige Jahre
hernach in die Statthalterſchaft von Tripoli
in Syrien verſetzet, und ſtarb auch daſelbſt.

dern
* der Adler.
2* 657 S. 6 Anm.
3* eine Vierthelſtunde Weges.
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[743/0857] 23. Aehmed der III andern Kapudſchi Baſchi ſollte umgebracht werden. Dem Aga der Jeng-itſcheri, Tſchalik Aehmed, verleihet er das Ehrenzeichen dreyer Roßſchweife. Am drit- ten Tage darnach laͤſſet er denſelben, unter dem Vorwande, ihm das Inſiegel des Weßiramtes zu uͤbergeben, mit großem Gepraͤnge nach ſeinem Palaſte kom- men; und von hier, da inzwiſchen iedermann nicht anders vermuthete, als daß er in der Wuͤrde des Weßirs zuruͤck kommen wuͤrde, fuͤhret man ihn durch ein anderes Thor gegen die See zu, ſetzet ihn auf eine Galee, und wirft ihn auf deſſen Befehl in das Meer von Marmora. Wenige Tage darauf ſetzet er den Weßir, Dorodſchan Aehmed Paſcha, von ſeinem Amte ab; weil es aber durch- gehends bekannt war, daß er dieſe Wuͤrde nicht geſucht hatte, ſondern von den Aufruͤhrern dieſelbe anzunehmen gezwungen worden war: ſo wurde ſeines Le- bens geſchonet, und derſelbe nach Ajnebaͤcht verwieſen. 4. Es folgte demſelben in dieſem Amte, gegen das Ende des Octobers, der Kaimmaͤkam, Silahtar Haͤſen Paſcha; auf deſſen Befehl in einer Zeit von fuͤnf Monaten uͤber vierzehen tauſend gemeine Soldaten, die um den Aufruhr Mitwiſſen gehabt und daran Theil genommen hatten, ohne die Paſchen und andern Befehlhaber des Kriegesheeres zu rechnen, bey Nachtzeit in dem con- ſtantinopeliſchen Kanale ertraͤnket wurden. Nicht mehr als zwo Perſonen hatten das Gluͤck zu entwiſchen; naͤmlich Diw Ali Aga und Firari Haͤſen Paſcha. Der erſtere, als er die Gefahr vorherſahe, entflohe in verſtellten Klei- dern geboren und in ſeiner Jugend unter des Sul- tan Muhaͤmmeds Regierung in den Palaſt des Kaiſers aufgenommen worden, da er end- lich Silahtar wurde, welchen Titel er auch nachgehends behielte. Nachdem er dieſes Amtes mit dreyen Tug entlaſſen worden war: ſo heiratete er nach Muſahib Paſchas Tode deſſen Wittwe, die beruͤhmte Chatije *, des Sultan Muſtaͤfas Schweſter. Dieſe erhielte durch ihre Vielguͤltigkeit bey ihren Bruͤdern, den Sultanen Muſtaͤfa und Aehmed, das Verſprechen, daß ihr Gemal nicht allein die Stelle des Rikjab Kaimmaͤkams 2*, oder eine andere Paſchaſchaft nicht weit von Conſtan- tinopel, beſtaͤndig behalten, ſondern auch taͤg- lich mit neuen Beguͤnſtigungen uͤberſchuͤttet werden ſollte. Sie vermochte auch ſo viel bey ihren Bruͤdern, daß ſie, als ihr Gemal nach Nikomedia geſchickt wurde, Erlaubniß erhielte, ihn dahin zu begleiten; ungeachtet es zuvor niemals erhoͤret worden war, daß eines Sultans Tochter oder Schweſter nur eine halbe Meile 3* weit mit ihrem Gemale aus der Stadt gekommen waͤre. Als man ihm die Weßirſtelle nahm; welches nicht ei- niges Verbrechens wegen geſchahe, ſondern bloß durch das Geſchrey des Volks veranlaſ- ſet wurde, das Kaͤlajluͤ Aehmed Paſcha zum Weßire erhoben wiſſen wollte: ſo wurde er in die Paſchaſchaft von Aegypten, als die ein- traͤglichſte in dem ganzen osmaniſchen Reiche, geſendet. Von hier wurde er einige Jahre hernach in die Statthalterſchaft von Tripoli in Syrien verſetzet, und ſtarb auch daſelbſt. Haͤſen Paſcha erhaͤlt die Stelle des Weßirs. * der Adler. 2* 657 S. 6 Anm. 3* eine Vierthelſtunde Weges.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 743. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/857>, abgerufen am 22.11.2024.