Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.Osmanische Geschichte nen allen Argwohn gegen ihn ablegten, und sich so gar einbildeten, sie hättendurch ihre Empörung sich bey dem neuen Sultane große Gunst erworben. schläge, dieselbenzu bestrafen. 2. Damit er auch dieselben desto mehr blenden und das Ansehen bey ihnen durch mancher- ley Kunstgriffe und Vorwände endlich allesamthinrichten. 3. Er fertiget daher erstlich den Anführer der ganzen Empörung, Kara- erinnerten, den sie bey den vorigen Empö- rungen erlitten hatten) und sich nicht auf den Markt zu kommen getraueten: so ließ er einen Befehl ausgehen und unter schwerer Strafe gebieten; es solle sich niemand fürch- ten, sondern iedermann in seiner Bude blei- ben und handeln, wie zuvor: er wolle dafür stehen, daß kein Mensch nur so viel als eines Eyes werth verlieren sollte. Er leistete auch dasjenige auf das genaueste, was er verspro- chen hatte, und erhielte die Einwohner bey solcher Sicherheit, daß dieselben unter so vie- len grimmigen Soldaten, die nichts als Blut und Mord droheten, unbeschädiget herum- gingen, als wenn die Aufrührer sich an einem andern Orte, und nicht bey ihnen in der Stadt, befunden hätten. Auf seinem Zuge [Spaltenumbruch] nach Adrianopel that er etwas, das noch wundersamer ist; nämlich, er hielte das un- ordentliche Lumpenvolk, das er anführete, in einer so strengen Zucht, daß kein Mensch sich beschweren konnte, daß ihm von einem Sol- daten nur ein Huhn gestohlen oder mit Ge- walt genommen worden wäre. Ob nun dergleichen selbst bey einem ordentlichen und wohlgezogenen Kriegesheere leicht zu erhal- ten sey: das lasse ich diejenigen, die der Sa- che kundig sind, beurtheilen. Aus dieser Ur- sache geschahe es, als derselbe auf des Sul- tans Befehl in das Meer von Marmora ge- worfen wurde, daß fast ganz Constantinopel sein trauriges Schicksal beklagte. 2 Silahtar Häsen] Er war in Morea andern
Osmaniſche Geſchichte nen allen Argwohn gegen ihn ablegten, und ſich ſo gar einbildeten, ſie haͤttendurch ihre Empoͤrung ſich bey dem neuen Sultane große Gunſt erworben. ſchlaͤge, dieſelbenzu beſtrafen. 2. Damit er auch dieſelben deſto mehr blenden und das Anſehen bey ihnen durch mancher- ley Kunſtgriffe und Vorwaͤnde endlich alleſamthinrichten. 3. Er fertiget daher erſtlich den Anfuͤhrer der ganzen Empoͤrung, Kara- erinnerten, den ſie bey den vorigen Empoͤ- rungen erlitten hatten) und ſich nicht auf den Markt zu kommen getraueten: ſo ließ er einen Befehl ausgehen und unter ſchwerer Strafe gebieten; es ſolle ſich niemand fuͤrch- ten, ſondern iedermann in ſeiner Bude blei- ben und handeln, wie zuvor: er wolle dafuͤr ſtehen, daß kein Menſch nur ſo viel als eines Eyes werth verlieren ſollte. Er leiſtete auch dasjenige auf das genaueſte, was er verſpro- chen hatte, und erhielte die Einwohner bey ſolcher Sicherheit, daß dieſelben unter ſo vie- len grimmigen Soldaten, die nichts als Blut und Mord droheten, unbeſchaͤdiget herum- gingen, als wenn die Aufruͤhrer ſich an einem andern Orte, und nicht bey ihnen in der Stadt, befunden haͤtten. Auf ſeinem Zuge [Spaltenumbruch] nach Adrianopel that er etwas, das noch wunderſamer iſt; naͤmlich, er hielte das un- ordentliche Lumpenvolk, das er anfuͤhrete, in einer ſo ſtrengen Zucht, daß kein Menſch ſich beſchweren konnte, daß ihm von einem Sol- daten nur ein Huhn geſtohlen oder mit Ge- walt genommen worden waͤre. Ob nun dergleichen ſelbſt bey einem ordentlichen und wohlgezogenen Kriegesheere leicht zu erhal- ten ſey: das laſſe ich diejenigen, die der Sa- che kundig ſind, beurtheilen. Aus dieſer Ur- ſache geſchahe es, als derſelbe auf des Sul- tans Befehl in das Meer von Marmora ge- worfen wurde, daß faſt ganz Conſtantinopel ſein trauriges Schickſal beklagte. 2 Silahtar Haͤſen] Er war in Morea andern
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Osmaniſche Geſchichte
nen allen Argwohn gegen ihn ablegten, und ſich ſo gar einbildeten, ſie haͤtten
durch ihre Empoͤrung ſich bey dem neuen Sultane große Gunſt erworben.
2. Damit er auch dieſelben deſto mehr blenden und das Anſehen bey ihnen
haben moͤchte, als wenn er alles thaͤte, wie ſie es verlangten: ſo verweilete er
ſich nicht laͤnger als zwanzig Tage zu Adrianopel, und kehrete im September
nach Conſtantinopel zuruͤck; da derſelbe das Baͤchſchiſch, das den Soldaten
bey dem Anfange einer neuen Regierung gegeben zu werden pfleget, reichlich
austheilen ließe. Nachdem er ſolchergeſtalt die Wut der Aufruͤhrer gedaͤmpfet
hatte: ſo berathſchlagte er ſich mit Silahtar Haͤſen
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Paſcha, ſeiner Schweſter
Gemale, den er, nach Erhebung Firari Haͤſen Paſchas zu dem Amte des Def-
terdars, zum Kaimmaͤkam gemacht hatte, wegen der Art und Weiſe, wie die-
ſelben zu beſtrafen ſeyen. Weil es aber eine gefaͤhrliche Sache zu ſeyn ſchiene,
ſich ihrer aller, da ſie itzo ſich zu Conſtantinopel beyſammen befanden, auf einmal
zu bemaͤchtigen und ſie zur Strafe zu ziehen: ſo faſſete er den Entſchluß, ſie
unter mancherley Vorwande in verſchiedene Landſchaften des Reichs zu zerſtreuen.
3. Er fertiget daher erſtlich den Anfuͤhrer der ganzen Empoͤrung, Kara-
kaſch Mehemmed, mit einem Kaftane und Schwerte, als den gewoͤhnlichen Ge-
ſchenken eines neuen Sultans, nach Kjaͤbei Scherif ab; giebt aber zugleich Be-
fehl, wann er nach Aleppo werde gekommen ſeyn, daß er daſelbſt von einem
andern
erinnerten, den ſie bey den vorigen Empoͤ-
rungen erlitten hatten) und ſich nicht auf
den Markt zu kommen getraueten: ſo ließ er
einen Befehl ausgehen und unter ſchwerer
Strafe gebieten; es ſolle ſich niemand fuͤrch-
ten, ſondern iedermann in ſeiner Bude blei-
ben und handeln, wie zuvor: er wolle dafuͤr
ſtehen, daß kein Menſch nur ſo viel als eines
Eyes werth verlieren ſollte. Er leiſtete auch
dasjenige auf das genaueſte, was er verſpro-
chen hatte, und erhielte die Einwohner bey
ſolcher Sicherheit, daß dieſelben unter ſo vie-
len grimmigen Soldaten, die nichts als Blut
und Mord droheten, unbeſchaͤdiget herum-
gingen, als wenn die Aufruͤhrer ſich an einem
andern Orte, und nicht bey ihnen in der
Stadt, befunden haͤtten. Auf ſeinem Zuge
nach Adrianopel that er etwas, das noch
wunderſamer iſt; naͤmlich, er hielte das un-
ordentliche Lumpenvolk, das er anfuͤhrete, in
einer ſo ſtrengen Zucht, daß kein Menſch ſich
beſchweren konnte, daß ihm von einem Sol-
daten nur ein Huhn geſtohlen oder mit Ge-
walt genommen worden waͤre. Ob nun
dergleichen ſelbſt bey einem ordentlichen und
wohlgezogenen Kriegesheere leicht zu erhal-
ten ſey: das laſſe ich diejenigen, die der Sa-
che kundig ſind, beurtheilen. Aus dieſer Ur-
ſache geſchahe es, als derſelbe auf des Sul-
tans Befehl in das Meer von Marmora ge-
worfen wurde, daß faſt ganz Conſtantinopel
ſein trauriges Schickſal beklagte.
² Silahtar Haͤſen] Er war in Morea
geboren
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