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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
[Spaltenumbruch]
schluß, dem Volke hierinnen nachzugeben.
Er setzte daher Häsen Pascha ohne einige Ur-
sache ab, unter dem Vorwande, daß dessen
Kjihaja, Ismäil Aga, einen gewissen Feh-
ler begangen habe, ließ diesen Kälajlü aus
Krete kommen, da derselbe als Pascha stun-
de, und machte ihn zum Weßire. Als der-
selbe sich in diese hohe Stelle erhoben sahe:
so konnte er seine Fehler, die er bisher mit
so vieler Kunst verhehlet hatte, nicht länger
zurück halten, sondern ließ dieselben wie ei-
nen Strom durch alle Dämme brechen.
Am ersten Tage seines Weßiramtes, als er
mit dem Insiegel dieser Würde in seinen Pa-
last zurück kam, und iedermann begierig war,
zu erfahren, was er zum ersten befehlen wür-
de (denn hieraus, eben wie aus des Sul-
tans erster Rede, pflegen die Türken auf des
Weßirs künftige Verwaltung einen Schluß
zu machen), schicket derselbe nach dem Schnei-
der. Als dieser kommt: so befiehlet er dem-
selben, ihm einen Unterrock, Antari genennet,
von göldenem Stücke zu machen; welches
bey den Türken nicht allein ungewöhnlich,
sondern auch, wie ich anderswo angemerket
habe, den Geboten des Kurons entgegen ist.
Da ihm dieser noch denselben Abend gebracht
wird: so ziehet er ihn an, und gehet zu sei-
nen Gemalinnen und Beyschläferinnen, sich
ihnen darinnen zu zeigen; beschauet sich auch
auf allen Seiten, um zu sehen, wie ihm sein
neues Kleid stehe. Weil nun die Frauenzim-
mer, um sich ihm gefällig zu erweisen, die
Schönheit des Gewandes loben: so entschlie-
ßet er sich, damit in Gälebe Diwani zu gehen
und vor dem Sultane zu erscheinen. Wei-
ter, damit derselbe die bey den Weßiren ge-
wöhnlichen Ehrenzeichen durch einige neuen
Erfindungen vermehren und dieselben mehr
in das Gesicht bringen möchte: so erfand er
gewisse neue Zieraten um den Kopfbund her-
um, den, wie ich oben*erwähnet habe, die
Weßire zu tragen pflegen, und ließ das baum-
[Spaltenumbruch]
wollene Faltenwerk, das rings herum gehet,
imgleichen die göldene Einfassung, verdoppeln,
und in Gestalt eines Kreuzes machen. Nach-
dem er sich solchergestalt wie einen Pickelhä-
ring gekleidet hatte: so rufet er Tschawsch
Baschi herein, und fraget ihn; ob alles zu
dem Zuge fertig sey. Dieser versetzet: Es
ist alles fertig auswendig; allein es fehlen
noch viele Sachen inwendig. Der Weßir fra-
get ihn: warum er eine solche unvermuthete
Antwort gebe. Darauf fähret jener fort:
Eure Großheit hat sich auf so lächerliche Weise
gekleidet, daß dieselbe, wenn sie auf diese
Art vor dem Sultane erscheinet, nicht allein
unfehlbar ihrer Würde entsetzet werden; son-
dern auch unser aller Ehre in die äußerste Ge-
fahr bringen wird. Ihr wisset es selbst, oh-
ne daß ich es sagen darf, was für eine schwe-
re Sache es ist, neue Gebräuche an dem Hofe
einzuführen, und wie gefährlich dieses gemei-
niglich für die Urheber derselben zu seyn pfle-
get. Ich wollte euch aber gerne zu wissen
thun, daß, wenn ihr eure Kleidung nicht
ein wenig ändert, weder ich, noch eure übri-
gen Bedienten, euch zu dem Sultane begleiten
werden. Der Weßir bestehet eine gute Weile
auf seinem Sinne, und suchet diese Neuerung
durch das Ansehen seines Amtes zu vertheidi-
gen. Endlich aber wird er durch die Stand-
haftigkeit Tschawsch Baschis bezwungen, daß
er guten Rath bey sich Platz finden lässet, und
sich folglich zu dem Sultane verfüget. Die
Woche darauf lädet er den Sultan zu einer
Malzeit ein, wie es die Gewohnheit bey den
Weßiren mit sich bringet. Als der Sultan
kommt und zwischen den Bedienten durch ge-
het, die, der Gewohnheit nach, um ihm Eh-
re zu erweisen, sich in zwo Reihen gestellet
hatten: so wird er einer einäugigen Person
nächst an dem Defterdar gewahr, und siehet
dieselbe mit steifen Augen an. Fraget dabey
den Weßir: wer dieser sey? Wie? antwor-
tet der Weßir mit einiger Erstaunung, kennet
* 592 S. 18 Anm.
Osmaniſche Geſchichte
[Spaltenumbruch]
ſchluß, dem Volke hierinnen nachzugeben.
Er ſetzte daher Haͤſen Paſcha ohne einige Ur-
ſache ab, unter dem Vorwande, daß deſſen
Kjihaja, Ismaͤil Aga, einen gewiſſen Feh-
ler begangen habe, ließ dieſen Kaͤlajluͤ aus
Krete kommen, da derſelbe als Paſcha ſtun-
de, und machte ihn zum Weßire. Als der-
ſelbe ſich in dieſe hohe Stelle erhoben ſahe:
ſo konnte er ſeine Fehler, die er bisher mit
ſo vieler Kunſt verhehlet hatte, nicht laͤnger
zuruͤck halten, ſondern ließ dieſelben wie ei-
nen Strom durch alle Daͤmme brechen.
Am erſten Tage ſeines Weßiramtes, als er
mit dem Inſiegel dieſer Wuͤrde in ſeinen Pa-
laſt zuruͤck kam, und iedermann begierig war,
zu erfahren, was er zum erſten befehlen wuͤr-
de (denn hieraus, eben wie aus des Sul-
tans erſter Rede, pflegen die Tuͤrken auf des
Weßirs kuͤnftige Verwaltung einen Schluß
zu machen), ſchicket derſelbe nach dem Schnei-
der. Als dieſer kommt: ſo befiehlet er dem-
ſelben, ihm einen Unterrock, Antari genennet,
von goͤldenem Stuͤcke zu machen; welches
bey den Tuͤrken nicht allein ungewoͤhnlich,
ſondern auch, wie ich anderswo angemerket
habe, den Geboten des Kurons entgegen iſt.
Da ihm dieſer noch denſelben Abend gebracht
wird: ſo ziehet er ihn an, und gehet zu ſei-
nen Gemalinnen und Beyſchlaͤferinnen, ſich
ihnen darinnen zu zeigen; beſchauet ſich auch
auf allen Seiten, um zu ſehen, wie ihm ſein
neues Kleid ſtehe. Weil nun die Frauenzim-
mer, um ſich ihm gefaͤllig zu erweiſen, die
Schoͤnheit des Gewandes loben: ſo entſchlie-
ßet er ſich, damit in Gaͤlebe Diwani zu gehen
und vor dem Sultane zu erſcheinen. Wei-
ter, damit derſelbe die bey den Weßiren ge-
woͤhnlichen Ehrenzeichen durch einige neuen
Erfindungen vermehren und dieſelben mehr
in das Geſicht bringen moͤchte: ſo erfand er
gewiſſe neue Zieraten um den Kopfbund her-
um, den, wie ich oben*erwaͤhnet habe, die
Weßire zu tragen pflegen, und ließ das baum-
[Spaltenumbruch]
wollene Faltenwerk, das rings herum gehet,
imgleichen die goͤldene Einfaſſung, verdoppeln,
und in Geſtalt eines Kreuzes machen. Nach-
dem er ſich ſolchergeſtalt wie einen Pickelhaͤ-
ring gekleidet hatte: ſo rufet er Tſchawſch
Baſchi herein, und fraget ihn; ob alles zu
dem Zuge fertig ſey. Dieſer verſetzet: Es
iſt alles fertig auswendig; allein es fehlen
noch viele Sachen inwendig. Der Weßir fra-
get ihn: warum er eine ſolche unvermuthete
Antwort gebe. Darauf faͤhret jener fort:
Eure Großheit hat ſich auf ſo laͤcherliche Weiſe
gekleidet, daß dieſelbe, wenn ſie auf dieſe
Art vor dem Sultane erſcheinet, nicht allein
unfehlbar ihrer Wuͤrde entſetzet werden; ſon-
dern auch unſer aller Ehre in die aͤußerſte Ge-
fahr bringen wird. Ihr wiſſet es ſelbſt, oh-
ne daß ich es ſagen darf, was fuͤr eine ſchwe-
re Sache es iſt, neue Gebraͤuche an dem Hofe
einzufuͤhren, und wie gefaͤhrlich dieſes gemei-
niglich fuͤr die Urheber derſelben zu ſeyn pfle-
get. Ich wollte euch aber gerne zu wiſſen
thun, daß, wenn ihr eure Kleidung nicht
ein wenig aͤndert, weder ich, noch eure uͤbri-
gen Bedienten, euch zu dem Sultane begleiten
werden. Der Weßir beſtehet eine gute Weile
auf ſeinem Sinne, und ſuchet dieſe Neuerung
durch das Anſehen ſeines Amtes zu vertheidi-
gen. Endlich aber wird er durch die Stand-
haftigkeit Tſchawſch Baſchis bezwungen, daß
er guten Rath bey ſich Platz finden laͤſſet, und
ſich folglich zu dem Sultane verfuͤget. Die
Woche darauf laͤdet er den Sultan zu einer
Malzeit ein, wie es die Gewohnheit bey den
Weßiren mit ſich bringet. Als der Sultan
kommt und zwiſchen den Bedienten durch ge-
het, die, der Gewohnheit nach, um ihm Eh-
re zu erweiſen, ſich in zwo Reihen geſtellet
hatten: ſo wird er einer einaͤugigen Perſon
naͤchſt an dem Defterdar gewahr, und ſiehet
dieſelbe mit ſteifen Augen an. Fraget dabey
den Weßir: wer dieſer ſey? Wie? antwor-
tet der Weßir mit einiger Erſtaunung, kennet
* 592 S. 18 Anm.
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[746/0860] Osmaniſche Geſchichte ſchluß, dem Volke hierinnen nachzugeben. Er ſetzte daher Haͤſen Paſcha ohne einige Ur- ſache ab, unter dem Vorwande, daß deſſen Kjihaja, Ismaͤil Aga, einen gewiſſen Feh- ler begangen habe, ließ dieſen Kaͤlajluͤ aus Krete kommen, da derſelbe als Paſcha ſtun- de, und machte ihn zum Weßire. Als der- ſelbe ſich in dieſe hohe Stelle erhoben ſahe: ſo konnte er ſeine Fehler, die er bisher mit ſo vieler Kunſt verhehlet hatte, nicht laͤnger zuruͤck halten, ſondern ließ dieſelben wie ei- nen Strom durch alle Daͤmme brechen. Am erſten Tage ſeines Weßiramtes, als er mit dem Inſiegel dieſer Wuͤrde in ſeinen Pa- laſt zuruͤck kam, und iedermann begierig war, zu erfahren, was er zum erſten befehlen wuͤr- de (denn hieraus, eben wie aus des Sul- tans erſter Rede, pflegen die Tuͤrken auf des Weßirs kuͤnftige Verwaltung einen Schluß zu machen), ſchicket derſelbe nach dem Schnei- der. Als dieſer kommt: ſo befiehlet er dem- ſelben, ihm einen Unterrock, Antari genennet, von goͤldenem Stuͤcke zu machen; welches bey den Tuͤrken nicht allein ungewoͤhnlich, ſondern auch, wie ich anderswo angemerket habe, den Geboten des Kurons entgegen iſt. Da ihm dieſer noch denſelben Abend gebracht wird: ſo ziehet er ihn an, und gehet zu ſei- nen Gemalinnen und Beyſchlaͤferinnen, ſich ihnen darinnen zu zeigen; beſchauet ſich auch auf allen Seiten, um zu ſehen, wie ihm ſein neues Kleid ſtehe. Weil nun die Frauenzim- mer, um ſich ihm gefaͤllig zu erweiſen, die Schoͤnheit des Gewandes loben: ſo entſchlie- ßet er ſich, damit in Gaͤlebe Diwani zu gehen und vor dem Sultane zu erſcheinen. Wei- ter, damit derſelbe die bey den Weßiren ge- woͤhnlichen Ehrenzeichen durch einige neuen Erfindungen vermehren und dieſelben mehr in das Geſicht bringen moͤchte: ſo erfand er gewiſſe neue Zieraten um den Kopfbund her- um, den, wie ich oben *erwaͤhnet habe, die Weßire zu tragen pflegen, und ließ das baum- wollene Faltenwerk, das rings herum gehet, imgleichen die goͤldene Einfaſſung, verdoppeln, und in Geſtalt eines Kreuzes machen. Nach- dem er ſich ſolchergeſtalt wie einen Pickelhaͤ- ring gekleidet hatte: ſo rufet er Tſchawſch Baſchi herein, und fraget ihn; ob alles zu dem Zuge fertig ſey. Dieſer verſetzet: Es iſt alles fertig auswendig; allein es fehlen noch viele Sachen inwendig. Der Weßir fra- get ihn: warum er eine ſolche unvermuthete Antwort gebe. Darauf faͤhret jener fort: Eure Großheit hat ſich auf ſo laͤcherliche Weiſe gekleidet, daß dieſelbe, wenn ſie auf dieſe Art vor dem Sultane erſcheinet, nicht allein unfehlbar ihrer Wuͤrde entſetzet werden; ſon- dern auch unſer aller Ehre in die aͤußerſte Ge- fahr bringen wird. Ihr wiſſet es ſelbſt, oh- ne daß ich es ſagen darf, was fuͤr eine ſchwe- re Sache es iſt, neue Gebraͤuche an dem Hofe einzufuͤhren, und wie gefaͤhrlich dieſes gemei- niglich fuͤr die Urheber derſelben zu ſeyn pfle- get. Ich wollte euch aber gerne zu wiſſen thun, daß, wenn ihr eure Kleidung nicht ein wenig aͤndert, weder ich, noch eure uͤbri- gen Bedienten, euch zu dem Sultane begleiten werden. Der Weßir beſtehet eine gute Weile auf ſeinem Sinne, und ſuchet dieſe Neuerung durch das Anſehen ſeines Amtes zu vertheidi- gen. Endlich aber wird er durch die Stand- haftigkeit Tſchawſch Baſchis bezwungen, daß er guten Rath bey ſich Platz finden laͤſſet, und ſich folglich zu dem Sultane verfuͤget. Die Woche darauf laͤdet er den Sultan zu einer Malzeit ein, wie es die Gewohnheit bey den Weßiren mit ſich bringet. Als der Sultan kommt und zwiſchen den Bedienten durch ge- het, die, der Gewohnheit nach, um ihm Eh- re zu erweiſen, ſich in zwo Reihen geſtellet hatten: ſo wird er einer einaͤugigen Perſon naͤchſt an dem Defterdar gewahr, und ſiehet dieſelbe mit ſteifen Augen an. Fraget dabey den Weßir: wer dieſer ſey? Wie? antwor- tet der Weßir mit einiger Erſtaunung, kennet eure * 592 S. 18 Anm.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 746. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/860>, abgerufen am 22.11.2024.