Weiter fanden wir die unvollkommene Menstrualfunk- tion (§. 174.) bedingt durch örtliche Schwäche des Sexual- systems in Folge von Erschöpfung oder Ueberreitzung. Bey Behandlung dieser Zustände ist nun aber zuerst immer das Verhältniß allgemeiner Bildungsthätigkeit zu berücksichtigen, welche stets, wo sie zugleich bedeutend gelitten hat, zuerst die Aufmerksamkeit des Arztes fordert, da, wie schon mehr- mals erinnert worden, die Menstrualfunktion nur das Er- gebniß allgemeiner Lebensthätigkeit seyn kann. Man hat da- her auch hier mit Berücksichtigung des Organs, in welchem die Wurzel der Gesammternährung sich findet, d. i. des Darmkanals, den Anfang zu machen, und wenn unter zweck- mäßiger Behandlung die Assimilation wieder regelmäßiger von Statten geht, die die Muskelfaser stärkenden Mittel, als China, Eisen, Wein, Bäder, Bewegung und freye Luft ohngefähr eben so wie oben (§. 162.) gelehrt wurde, anzu- wenden.
§. 187.
Was hingegen die örtliche Schwäche betrifft, so ist zu unterscheiden, ob sie mit erhöhter Empfindlichkeit oder mit Apathie sich verbunden zeigt. Im erstern Falle ist zunächst auf Beschränkung aller das Geschlechtssystem erregender Reitze Rücksicht zu nehmen, der Gebrauch des Thees, der Cho- kolade, gewürzter Speisen zu untersagen, bey Frauen die äußerste Mäßigkeit im Geschlechtsgenuße zur Pflicht zu ma- chen, und eben so sehr alle Erregung der Phantasie durch weichliche Romanenleserey zu untersagen, vielmehr auf Zer- streuung und Aufheiterung des Gemüths mittelst geregelter Beschäftigung Rücksicht zu nehmen. Wird dieses hinlänglich befolgt, das allgemeine Befinden durch die passende Anwen- dung des erwähnten stärkenden Heilplans mehr und mehr zur Norm zurückgeführt, so werden gewöhnlich auch die Un- regelmäßigkeiten der Menstrualfunktion sich verlieren, und wir erwähnen nur noch, daß bey einem hohen Grade von Atonie auch Halbbäder oder Waschungen aus einem Absud von Ser- pillum, Absinthium, Tragen eines Gürtels mit dem Pulver
§. 186.
Weiter fanden wir die unvollkommene Menſtrualfunk- tion (§. 174.) bedingt durch oͤrtliche Schwaͤche des Sexual- ſyſtems in Folge von Erſchoͤpfung oder Ueberreitzung. Bey Behandlung dieſer Zuſtaͤnde iſt nun aber zuerſt immer das Verhaͤltniß allgemeiner Bildungsthaͤtigkeit zu beruͤckſichtigen, welche ſtets, wo ſie zugleich bedeutend gelitten hat, zuerſt die Aufmerkſamkeit des Arztes fordert, da, wie ſchon mehr- mals erinnert worden, die Menſtrualfunktion nur das Er- gebniß allgemeiner Lebensthaͤtigkeit ſeyn kann. Man hat da- her auch hier mit Beruͤckſichtigung des Organs, in welchem die Wurzel der Geſammternaͤhrung ſich findet, d. i. des Darmkanals, den Anfang zu machen, und wenn unter zweck- maͤßiger Behandlung die Aſſimilation wieder regelmaͤßiger von Statten geht, die die Muskelfaſer ſtaͤrkenden Mittel, als China, Eiſen, Wein, Baͤder, Bewegung und freye Luft ohngefaͤhr eben ſo wie oben (§. 162.) gelehrt wurde, anzu- wenden.
§. 187.
Was hingegen die oͤrtliche Schwaͤche betrifft, ſo iſt zu unterſcheiden, ob ſie mit erhoͤhter Empfindlichkeit oder mit Apathie ſich verbunden zeigt. Im erſtern Falle iſt zunaͤchſt auf Beſchraͤnkung aller das Geſchlechtsſyſtem erregender Reitze Ruͤckſicht zu nehmen, der Gebrauch des Thees, der Cho- kolade, gewuͤrzter Speiſen zu unterſagen, bey Frauen die aͤußerſte Maͤßigkeit im Geſchlechtsgenuße zur Pflicht zu ma- chen, und eben ſo ſehr alle Erregung der Phantaſie durch weichliche Romanenleſerey zu unterſagen, vielmehr auf Zer- ſtreuung und Aufheiterung des Gemuͤths mittelſt geregelter Beſchaͤftigung Ruͤckſicht zu nehmen. Wird dieſes hinlaͤnglich befolgt, das allgemeine Befinden durch die paſſende Anwen- dung des erwaͤhnten ſtaͤrkenden Heilplans mehr und mehr zur Norm zuruͤckgefuͤhrt, ſo werden gewoͤhnlich auch die Un- regelmaͤßigkeiten der Menſtrualfunktion ſich verlieren, und wir erwaͤhnen nur noch, daß bey einem hohen Grade von Atonie auch Halbbaͤder oder Waſchungen aus einem Abſud von Ser- pillum, Absinthium, Tragen eines Guͤrtels mit dem Pulver
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§. 186.
Weiter fanden wir die unvollkommene Menſtrualfunk-
tion (§. 174.) bedingt durch oͤrtliche Schwaͤche des Sexual-
ſyſtems in Folge von Erſchoͤpfung oder Ueberreitzung. Bey
Behandlung dieſer Zuſtaͤnde iſt nun aber zuerſt immer das
Verhaͤltniß allgemeiner Bildungsthaͤtigkeit zu beruͤckſichtigen,
welche ſtets, wo ſie zugleich bedeutend gelitten hat, zuerſt
die Aufmerkſamkeit des Arztes fordert, da, wie ſchon mehr-
mals erinnert worden, die Menſtrualfunktion nur das Er-
gebniß allgemeiner Lebensthaͤtigkeit ſeyn kann. Man hat da-
her auch hier mit Beruͤckſichtigung des Organs, in welchem
die Wurzel der Geſammternaͤhrung ſich findet, d. i. des
Darmkanals, den Anfang zu machen, und wenn unter zweck-
maͤßiger Behandlung die Aſſimilation wieder regelmaͤßiger von
Statten geht, die die Muskelfaſer ſtaͤrkenden Mittel, als
China, Eiſen, Wein, Baͤder, Bewegung und freye Luft
ohngefaͤhr eben ſo wie oben (§. 162.) gelehrt wurde, anzu-
wenden.
§. 187.
Was hingegen die oͤrtliche Schwaͤche betrifft, ſo iſt zu
unterſcheiden, ob ſie mit erhoͤhter Empfindlichkeit oder mit
Apathie ſich verbunden zeigt. Im erſtern Falle iſt zunaͤchſt
auf Beſchraͤnkung aller das Geſchlechtsſyſtem erregender Reitze
Ruͤckſicht zu nehmen, der Gebrauch des Thees, der Cho-
kolade, gewuͤrzter Speiſen zu unterſagen, bey Frauen die
aͤußerſte Maͤßigkeit im Geſchlechtsgenuße zur Pflicht zu ma-
chen, und eben ſo ſehr alle Erregung der Phantaſie durch
weichliche Romanenleſerey zu unterſagen, vielmehr auf Zer-
ſtreuung und Aufheiterung des Gemuͤths mittelſt geregelter
Beſchaͤftigung Ruͤckſicht zu nehmen. Wird dieſes hinlaͤnglich
befolgt, das allgemeine Befinden durch die paſſende Anwen-
dung des erwaͤhnten ſtaͤrkenden Heilplans mehr und mehr
zur Norm zuruͤckgefuͤhrt, ſo werden gewoͤhnlich auch die Un-
regelmaͤßigkeiten der Menſtrualfunktion ſich verlieren, und wir
erwaͤhnen nur noch, daß bey einem hohen Grade von Atonie
auch Halbbaͤder oder Waſchungen aus einem Abſud von Ser-
pillum, Absinthium, Tragen eines Guͤrtels mit dem Pulver
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/160>, abgerufen am 21.11.2024.
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