Im vorigen Abschnitte betrachteten wir aber zunächst, wie in demjenigen Systeme, auf dessen Entwicklung die Thä- tigkeit des jugendlichen weiblichen Körpers vorzüglich gerichtet ist, nämlich im Geschlechtssysteme und der ihm eigenthümli- chen Menstrualfunktion mehrfache Störungen eintreten können, jetzt haben wir nun von einigen krankhaften Verstimmungen in den allgemeinen Thätigkeiten zu sprechen, welche, obwohl sie theils minder häufig als jene sind, theils (wie schon oben an mehrern Orten bemerkt worden ist) sich mit jenen Ver- stimmungen der Menstrualfunktion verbinden können, doch nicht minder merkwürdig sind, ja zum Theil die sonderbarsten Erscheinungen darbieten. Wir unterscheiden aber diese Zufälle, je nachdem sie sich in der einen oder der andern Sphäre des Organismus darstellen, in die der Bildungsthätigkeit anheim fallenden, wohin die durch unvollkommne Blutbereitung merk- würdige Bleichsucht gehört, und in die der animalen Sphäre zugehörigen, wohin die Verstimmungen und Exalta- tionen der Sinnesthätigkeit (krankhafte Empfindungen) die Regelwidrigkeiten der Bewegungsthätigkeit (Lähmungen und Krämpfe) so wie die Verstimmungen und ungewöhnlichen Zu- stände des innern Nervenlebens (Somnambulismus, Verzü- ckung, Gemüthskrankheiten u. s. w.) zu rechnen sind.
1. Verstimmung der Reproduktion während der Pubertäts- entwicklung.
Bleichsucht (Chlorosis).
§. 213.
Beobachten wir den menschlichen Körper in seinen frü- hesten Lebenszuständen, so bemerken wir an demselben, na- mentlich während seines Lebens im Uterus eine reißend schnelle Entwicklung, ein Wachsthum, welches (wie z. B. in den er- sten Monathen der Schwangerschaft) den Leib des Embryo in wenigen Tagen um das Doppelte vergrößert. Späterhin
§. 212.
Im vorigen Abſchnitte betrachteten wir aber zunaͤchſt, wie in demjenigen Syſteme, auf deſſen Entwicklung die Thaͤ- tigkeit des jugendlichen weiblichen Koͤrpers vorzuͤglich gerichtet iſt, naͤmlich im Geſchlechtsſyſteme und der ihm eigenthuͤmli- chen Menſtrualfunktion mehrfache Stoͤrungen eintreten koͤnnen, jetzt haben wir nun von einigen krankhaften Verſtimmungen in den allgemeinen Thaͤtigkeiten zu ſprechen, welche, obwohl ſie theils minder haͤufig als jene ſind, theils (wie ſchon oben an mehrern Orten bemerkt worden iſt) ſich mit jenen Ver- ſtimmungen der Menſtrualfunktion verbinden koͤnnen, doch nicht minder merkwuͤrdig ſind, ja zum Theil die ſonderbarſten Erſcheinungen darbieten. Wir unterſcheiden aber dieſe Zufaͤlle, je nachdem ſie ſich in der einen oder der andern Sphaͤre des Organismus darſtellen, in die der Bildungsthaͤtigkeit anheim fallenden, wohin die durch unvollkommne Blutbereitung merk- wuͤrdige Bleichſucht gehoͤrt, und in die der animalen Sphaͤre zugehoͤrigen, wohin die Verſtimmungen und Exalta- tionen der Sinnesthaͤtigkeit (krankhafte Empfindungen) die Regelwidrigkeiten der Bewegungsthaͤtigkeit (Laͤhmungen und Kraͤmpfe) ſo wie die Verſtimmungen und ungewoͤhnlichen Zu- ſtaͤnde des innern Nervenlebens (Somnambulismus, Verzuͤ- ckung, Gemuͤthskrankheiten u. ſ. w.) zu rechnen ſind.
1. Verſtimmung der Reproduktion waͤhrend der Pubertaͤts- entwicklung.
Bleichſucht (Chlorosis).
§. 213.
Beobachten wir den menſchlichen Koͤrper in ſeinen fruͤ- heſten Lebenszuſtaͤnden, ſo bemerken wir an demſelben, na- mentlich waͤhrend ſeines Lebens im Uterus eine reißend ſchnelle Entwicklung, ein Wachsthum, welches (wie z. B. in den er- ſten Monathen der Schwangerſchaft) den Leib des Embryo in wenigen Tagen um das Doppelte vergroͤßert. Spaͤterhin
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§. 212.
Im vorigen Abſchnitte betrachteten wir aber zunaͤchſt,
wie in demjenigen Syſteme, auf deſſen Entwicklung die Thaͤ-
tigkeit des jugendlichen weiblichen Koͤrpers vorzuͤglich gerichtet
iſt, naͤmlich im Geſchlechtsſyſteme und der ihm eigenthuͤmli-
chen Menſtrualfunktion mehrfache Stoͤrungen eintreten koͤnnen,
jetzt haben wir nun von einigen krankhaften Verſtimmungen
in den allgemeinen Thaͤtigkeiten zu ſprechen, welche, obwohl
ſie theils minder haͤufig als jene ſind, theils (wie ſchon oben
an mehrern Orten bemerkt worden iſt) ſich mit jenen Ver-
ſtimmungen der Menſtrualfunktion verbinden koͤnnen, doch
nicht minder merkwuͤrdig ſind, ja zum Theil die ſonderbarſten
Erſcheinungen darbieten. Wir unterſcheiden aber dieſe Zufaͤlle,
je nachdem ſie ſich in der einen oder der andern Sphaͤre des
Organismus darſtellen, in die der Bildungsthaͤtigkeit anheim
fallenden, wohin die durch unvollkommne Blutbereitung merk-
wuͤrdige Bleichſucht gehoͤrt, und in die der animalen
Sphaͤre zugehoͤrigen, wohin die Verſtimmungen und Exalta-
tionen der Sinnesthaͤtigkeit (krankhafte Empfindungen) die
Regelwidrigkeiten der Bewegungsthaͤtigkeit (Laͤhmungen und
Kraͤmpfe) ſo wie die Verſtimmungen und ungewoͤhnlichen Zu-
ſtaͤnde des innern Nervenlebens (Somnambulismus, Verzuͤ-
ckung, Gemuͤthskrankheiten u. ſ. w.) zu rechnen ſind.
1.
Verſtimmung der Reproduktion waͤhrend der Pubertaͤts-
entwicklung.
Bleichſucht (Chlorosis).
§. 213.
Beobachten wir den menſchlichen Koͤrper in ſeinen fruͤ-
heſten Lebenszuſtaͤnden, ſo bemerken wir an demſelben, na-
mentlich waͤhrend ſeines Lebens im Uterus eine reißend ſchnelle
Entwicklung, ein Wachsthum, welches (wie z. B. in den er-
ſten Monathen der Schwangerſchaft) den Leib des Embryo
in wenigen Tagen um das Doppelte vergroͤßert. Spaͤterhin
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/178>, abgerufen am 21.11.2024.
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