Die ersten beiden Arten werden durch Erschlaffung und Ver- längerung der innern Haut der Wutterscheide gebildet, welche entweder im ganzen Umfange des Scheidenkanals abgetrennt und herabgesunken ist, oder nur an einer einzelnen Stelle den Vorfall bildet; diese Arten kommen am haufigsten vor. -- Die beiden andern Arten entstehen, wenn der gesammte Schei- denkanal, also die Muskelhaut mit, entweder partiell, oder im ganzen Umfange der Scheidenwände herabtritt.
§. 514.
Die Erkenntniß des Mutterscheidenvorfalls ist im Allgemeinen sehr leicht, zumal wenn er weit aus den Ge- burtstheilen hervorgetreten ist, wo derselbe, wenn er den ganzen Umfang des Scheidenkanals einnahm, cylinderförmig und oft beträchtlich verlängert erscheint, indem er sich z. B. von einem Polypen (mit welchem indeß der partielle und nur durch die innerste Haut gebildete Vorfall allein bedeu- tende Aehnlichkeit hat) durch die Empfindlichkeit, durch die vollkommnere organische Textur und in den meisten Fällen durch die Fähigkeit, unter mäßigem Druck gänzlich zurückzu- weichen, unterscheidet. Um den Vorfall der innern Haut allein von dem Vorfalle des ganzen Scheidenkanals zu unter- scheiden, muß man theils auf Entstehung desselben, theils auf Textur der vorliegenden Wulst, theils auf die Lage der Ge- bärmutter Rücksicht nehmen. Ein Vorfall der innern Haut nämlich entsteht nach und nach, ein Vorfall der ganzen Schei- denhäute eutsteht plötzlich; im erstern Falle bilden die vor- liegenden Theile einen blinden Sack, neben welchem man den Finger einbringen muß, um den Muttermund, welcher dabey ganz in seiner regelmäßigen Lage bleiben kann, zu erreichen, im letztern Falle ist der vorgetretene Theil mehr ein dicker wulstiger, vollkommner oder unvollkommner Ring oder Cylin- der, ohngefähr gleich dem Vorfalle des Mastdarms, durch welchen man den Finger einbringen muß, um dann die Mün- dung der hier nothwendig ebenfalls mit herabgetretenen Ge- bärmutter, und zwar weit unten, zu fühlen.
Die erſten beiden Arten werden durch Erſchlaffung und Ver- laͤngerung der innern Haut der Wutterſcheide gebildet, welche entweder im ganzen Umfange des Scheidenkanals abgetrennt und herabgeſunken iſt, oder nur an einer einzelnen Stelle den Vorfall bildet; dieſe Arten kommen am haufigſten vor. — Die beiden andern Arten entſtehen, wenn der geſammte Schei- denkanal, alſo die Muskelhaut mit, entweder partiell, oder im ganzen Umfange der Scheidenwaͤnde herabtritt.
§. 514.
Die Erkenntniß des Mutterſcheidenvorfalls iſt im Allgemeinen ſehr leicht, zumal wenn er weit aus den Ge- burtstheilen hervorgetreten iſt, wo derſelbe, wenn er den ganzen Umfang des Scheidenkanals einnahm, cylinderfoͤrmig und oft betraͤchtlich verlaͤngert erſcheint, indem er ſich z. B. von einem Polypen (mit welchem indeß der partielle und nur durch die innerſte Haut gebildete Vorfall allein bedeu- tende Aehnlichkeit hat) durch die Empfindlichkeit, durch die vollkommnere organiſche Textur und in den meiſten Faͤllen durch die Faͤhigkeit, unter maͤßigem Druck gaͤnzlich zuruͤckzu- weichen, unterſcheidet. Um den Vorfall der innern Haut allein von dem Vorfalle des ganzen Scheidenkanals zu unter- ſcheiden, muß man theils auf Entſtehung deſſelben, theils auf Textur der vorliegenden Wulſt, theils auf die Lage der Ge- baͤrmutter Ruͤckſicht nehmen. Ein Vorfall der innern Haut naͤmlich entſteht nach und nach, ein Vorfall der ganzen Schei- denhaͤute eutſteht ploͤtzlich; im erſtern Falle bilden die vor- liegenden Theile einen blinden Sack, neben welchem man den Finger einbringen muß, um den Muttermund, welcher dabey ganz in ſeiner regelmaͤßigen Lage bleiben kann, zu erreichen, im letztern Falle iſt der vorgetretene Theil mehr ein dicker wulſtiger, vollkommner oder unvollkommner Ring oder Cylin- der, ohngefaͤhr gleich dem Vorfalle des Maſtdarms, durch welchen man den Finger einbringen muß, um dann die Muͤn- dung der hier nothwendig ebenfalls mit herabgetretenen Ge- baͤrmutter, und zwar weit unten, zu fuͤhlen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><divn="9"><p><pbfacs="#f0410"n="390"/>
Die erſten beiden Arten werden durch Erſchlaffung und Ver-<lb/>
laͤngerung der innern Haut der Wutterſcheide gebildet, welche<lb/>
entweder im ganzen Umfange des Scheidenkanals abgetrennt<lb/>
und herabgeſunken iſt, oder nur an einer einzelnen Stelle den<lb/>
Vorfall bildet; dieſe Arten kommen am haufigſten vor. —<lb/>
Die beiden andern Arten entſtehen, wenn der geſammte Schei-<lb/>
denkanal, alſo die Muskelhaut mit, entweder partiell, oder<lb/>
im ganzen Umfange der Scheidenwaͤnde herabtritt.</p></div><lb/><divn="9"><head>§. 514.</head><lb/><p>Die <hirendition="#g">Erkenntniß</hi> des Mutterſcheidenvorfalls iſt im<lb/>
Allgemeinen ſehr leicht, zumal wenn er weit aus den Ge-<lb/>
burtstheilen hervorgetreten iſt, wo derſelbe, wenn er den<lb/>
ganzen Umfang des Scheidenkanals einnahm, cylinderfoͤrmig<lb/>
und oft betraͤchtlich verlaͤngert erſcheint, indem er ſich z. B.<lb/>
von einem Polypen (mit welchem indeß der partielle und<lb/>
nur durch die innerſte Haut gebildete Vorfall allein bedeu-<lb/>
tende Aehnlichkeit hat) durch die Empfindlichkeit, durch die<lb/>
vollkommnere organiſche Textur und in den meiſten Faͤllen<lb/>
durch die Faͤhigkeit, unter maͤßigem Druck gaͤnzlich zuruͤckzu-<lb/>
weichen, unterſcheidet. Um den Vorfall der innern Haut<lb/>
allein von dem Vorfalle des ganzen Scheidenkanals zu unter-<lb/>ſcheiden, muß man theils auf Entſtehung deſſelben, theils auf<lb/>
Textur der vorliegenden Wulſt, theils auf die Lage der Ge-<lb/>
baͤrmutter Ruͤckſicht nehmen. Ein Vorfall der innern Haut<lb/>
naͤmlich entſteht nach und nach, ein Vorfall der ganzen Schei-<lb/>
denhaͤute eutſteht ploͤtzlich; im erſtern Falle bilden die vor-<lb/>
liegenden Theile einen blinden Sack, neben welchem man den<lb/>
Finger einbringen muß, um den Muttermund, welcher dabey<lb/>
ganz in ſeiner regelmaͤßigen Lage bleiben kann, zu erreichen,<lb/>
im letztern Falle iſt der vorgetretene Theil mehr ein dicker<lb/>
wulſtiger, vollkommner oder unvollkommner Ring oder Cylin-<lb/>
der, ohngefaͤhr gleich dem Vorfalle des Maſtdarms, durch<lb/>
welchen man den Finger einbringen muß, um dann die Muͤn-<lb/>
dung der hier nothwendig ebenfalls mit herabgetretenen Ge-<lb/>
baͤrmutter, und zwar weit unten, zu fuͤhlen.</p></div><lb/></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[390/0410]
Die erſten beiden Arten werden durch Erſchlaffung und Ver-
laͤngerung der innern Haut der Wutterſcheide gebildet, welche
entweder im ganzen Umfange des Scheidenkanals abgetrennt
und herabgeſunken iſt, oder nur an einer einzelnen Stelle den
Vorfall bildet; dieſe Arten kommen am haufigſten vor. —
Die beiden andern Arten entſtehen, wenn der geſammte Schei-
denkanal, alſo die Muskelhaut mit, entweder partiell, oder
im ganzen Umfange der Scheidenwaͤnde herabtritt.
§. 514.
Die Erkenntniß des Mutterſcheidenvorfalls iſt im
Allgemeinen ſehr leicht, zumal wenn er weit aus den Ge-
burtstheilen hervorgetreten iſt, wo derſelbe, wenn er den
ganzen Umfang des Scheidenkanals einnahm, cylinderfoͤrmig
und oft betraͤchtlich verlaͤngert erſcheint, indem er ſich z. B.
von einem Polypen (mit welchem indeß der partielle und
nur durch die innerſte Haut gebildete Vorfall allein bedeu-
tende Aehnlichkeit hat) durch die Empfindlichkeit, durch die
vollkommnere organiſche Textur und in den meiſten Faͤllen
durch die Faͤhigkeit, unter maͤßigem Druck gaͤnzlich zuruͤckzu-
weichen, unterſcheidet. Um den Vorfall der innern Haut
allein von dem Vorfalle des ganzen Scheidenkanals zu unter-
ſcheiden, muß man theils auf Entſtehung deſſelben, theils auf
Textur der vorliegenden Wulſt, theils auf die Lage der Ge-
baͤrmutter Ruͤckſicht nehmen. Ein Vorfall der innern Haut
naͤmlich entſteht nach und nach, ein Vorfall der ganzen Schei-
denhaͤute eutſteht ploͤtzlich; im erſtern Falle bilden die vor-
liegenden Theile einen blinden Sack, neben welchem man den
Finger einbringen muß, um den Muttermund, welcher dabey
ganz in ſeiner regelmaͤßigen Lage bleiben kann, zu erreichen,
im letztern Falle iſt der vorgetretene Theil mehr ein dicker
wulſtiger, vollkommner oder unvollkommner Ring oder Cylin-
der, ohngefaͤhr gleich dem Vorfalle des Maſtdarms, durch
welchen man den Finger einbringen muß, um dann die Muͤn-
dung der hier nothwendig ebenfalls mit herabgetretenen Ge-
baͤrmutter, und zwar weit unten, zu fuͤhlen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/410>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.