uns sonach die Dimensionen und verschiedenen Richtungen der einzelnen Beckengegenden interessiren, in letzterer physio- logischer Hinsicht muß uns die der Entwicklung der Ge- schlechtstheile gleichmäßige Entwicklung der gesammten Be- ckenform merkwürdig seyn. Wir beginnen, mit Uebergehung der Zusammensetzung desselben aus Knochen und Bändern, bey der Eintheilung und Ausmessung desselben.
§. 36.
Das ganze Becken also theilen wir in das große und kleine Becken (Cavitas pelvis major s. superior et minor s. inferior), so zwar, daß die über den Vorberg (Pro- montorium) und den obern Rand des Schambogens ver- laufende ungenannte Linie (Linea innominata) die Gränze beyder abgiebt. -- Die Höhle des großen Beckens nun insbesondere betrachtet, welche von hinten durch die Lenden- wirbelsäule, von der Seite durch die schieflaufenden Darm- beinflächen, und von vorne durch die weichen Bauch- wände begränzt wird, zeichnet sich aus durch eine, oben breite und weite, abwärts verengerte, also beynahe trichter- förmige Höhle, deren Querdurchmesser im wohlgebauten weib- lichen Körper, von der Mitte eines Hüftbeinkammes bis zum andern, 9 bis 10 Pariser Zoll beträgt, wo dagegen ihre Breite am Eingange ins kleine Becken bis auf 5 Zoll ver- ringert erscheint. -- Für den Verlauf des Geburtsgeschäftes nun, so wie für den Zustand der Schwangerschaft, ist diese Trichterform in mehrerer Hinsicht wichtig; einmal nämlich, indem dadurch der schwangere Uterus die sicherste und ange- messenste Unterstützung erhält, andern Theils, indem durch diese schiefen Flächen, namentlich das Einrichten der Längen- achse des Kindes in die Führungslinie des Beckens, und das Eintreten des Kindeskopfes in das kleine Becken vorbereitet und erleichtert, ja sogar bedingt wird.
§. 37.
Mannigfacher begränzt, und deßhalb schwerer auszu- messen, ist der Raum des kleinen Beckens, an welchem folgende drei Gegenden daher besonders betrachtet und ausge-
uns ſonach die Dimenſionen und verſchiedenen Richtungen der einzelnen Beckengegenden intereſſiren, in letzterer phyſio- logiſcher Hinſicht muß uns die der Entwicklung der Ge- ſchlechtstheile gleichmaͤßige Entwicklung der geſammten Be- ckenform merkwuͤrdig ſeyn. Wir beginnen, mit Uebergehung der Zuſammenſetzung deſſelben aus Knochen und Baͤndern, bey der Eintheilung und Ausmeſſung deſſelben.
§. 36.
Das ganze Becken alſo theilen wir in das große und kleine Becken (Cavitas pelvis major s. superior et minor s. inferior), ſo zwar, daß die uͤber den Vorberg (Pro- montorium) und den obern Rand des Schambogens ver- laufende ungenannte Linie (Linea innominata) die Graͤnze beyder abgiebt. — Die Hoͤhle des großen Beckens nun insbeſondere betrachtet, welche von hinten durch die Lenden- wirbelſaͤule, von der Seite durch die ſchieflaufenden Darm- beinflaͤchen, und von vorne durch die weichen Bauch- waͤnde begraͤnzt wird, zeichnet ſich aus durch eine, oben breite und weite, abwaͤrts verengerte, alſo beynahe trichter- foͤrmige Hoͤhle, deren Querdurchmeſſer im wohlgebauten weib- lichen Koͤrper, von der Mitte eines Huͤftbeinkammes bis zum andern, 9 bis 10 Pariſer Zoll betraͤgt, wo dagegen ihre Breite am Eingange ins kleine Becken bis auf 5 Zoll ver- ringert erſcheint. — Fuͤr den Verlauf des Geburtsgeſchaͤftes nun, ſo wie fuͤr den Zuſtand der Schwangerſchaft, iſt dieſe Trichterform in mehrerer Hinſicht wichtig; einmal naͤmlich, indem dadurch der ſchwangere Uterus die ſicherſte und ange- meſſenſte Unterſtuͤtzung erhaͤlt, andern Theils, indem durch dieſe ſchiefen Flaͤchen, namentlich das Einrichten der Laͤngen- achſe des Kindes in die Fuͤhrungslinie des Beckens, und das Eintreten des Kindeskopfes in das kleine Becken vorbereitet und erleichtert, ja ſogar bedingt wird.
§. 37.
Mannigfacher begraͤnzt, und deßhalb ſchwerer auszu- meſſen, iſt der Raum des kleinen Beckens, an welchem folgende drei Gegenden daher beſonders betrachtet und ausge-
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uns ſonach die Dimenſionen und verſchiedenen Richtungen
der einzelnen Beckengegenden intereſſiren, in letzterer phyſio-
logiſcher Hinſicht muß uns die der Entwicklung der Ge-
ſchlechtstheile gleichmaͤßige Entwicklung der geſammten Be-
ckenform merkwuͤrdig ſeyn. Wir beginnen, mit Uebergehung
der Zuſammenſetzung deſſelben aus Knochen und Baͤndern,
bey der Eintheilung und Ausmeſſung deſſelben.
§. 36.
Das ganze Becken alſo theilen wir in das große und
kleine Becken (Cavitas pelvis major s. superior et minor
s. inferior), ſo zwar, daß die uͤber den Vorberg (Pro-
montorium) und den obern Rand des Schambogens ver-
laufende ungenannte Linie (Linea innominata) die Graͤnze
beyder abgiebt. — Die Hoͤhle des großen Beckens nun
insbeſondere betrachtet, welche von hinten durch die Lenden-
wirbelſaͤule, von der Seite durch die ſchieflaufenden Darm-
beinflaͤchen, und von vorne durch die weichen Bauch-
waͤnde begraͤnzt wird, zeichnet ſich aus durch eine, oben
breite und weite, abwaͤrts verengerte, alſo beynahe trichter-
foͤrmige Hoͤhle, deren Querdurchmeſſer im wohlgebauten weib-
lichen Koͤrper, von der Mitte eines Huͤftbeinkammes bis zum
andern, 9 bis 10 Pariſer Zoll betraͤgt, wo dagegen ihre
Breite am Eingange ins kleine Becken bis auf 5 Zoll ver-
ringert erſcheint. — Fuͤr den Verlauf des Geburtsgeſchaͤftes
nun, ſo wie fuͤr den Zuſtand der Schwangerſchaft, iſt dieſe
Trichterform in mehrerer Hinſicht wichtig; einmal naͤmlich,
indem dadurch der ſchwangere Uterus die ſicherſte und ange-
meſſenſte Unterſtuͤtzung erhaͤlt, andern Theils, indem durch
dieſe ſchiefen Flaͤchen, namentlich das Einrichten der Laͤngen-
achſe des Kindes in die Fuͤhrungslinie des Beckens, und das
Eintreten des Kindeskopfes in das kleine Becken vorbereitet
und erleichtert, ja ſogar bedingt wird.
§. 37.
Mannigfacher begraͤnzt, und deßhalb ſchwerer auszu-
meſſen, iſt der Raum des kleinen Beckens, an welchem
folgende drei Gegenden daher beſonders betrachtet und ausge-
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/48>, abgerufen am 18.12.2024.
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