man genau nach dieser Annahme einen Beckendurchschnitt aufzeichnet, oder an Skeletten diesen Winkel mißt, wo man ihn bey übrigens ganz regelmäßiger Körperform wohl bis zu 60--65° vergrößert sieht. Ich glaube daher der Regel am nächsten zu kommen, wenn ich denselben, als die Mittelzahl aus mehreren Messungen, auf 55° festsetze. Was dagegen die Fläche des Beckenausganges betrifft, so findet man auch diese schief gegen den Horizont gestellt, und zwar wieder so, daß die vordere Seite tiefer als die hintere steht, und folg- lich in gleicher Richtung ein Winkel mit dem Horizont ge- bildet wird, welcher 18° zu betragen pflegt. Subtrahirt man nun von dem Winkel des Beckeneinganges mit dem Horizont, den Winkel des Beckenausganges, so erhält man den Winkel, unter welchem die verlängerten Conjugaten des Beckeneinganges und Ausganges zusammenstoßen, nämlich ei- nen Winkel = 55° -- 18° = 37°.
Anmerkung. Fast in sämmtlichen Säugethieren ist die Neigung des Beckens so stark, daß die ganze Schamfuge bloß dem Schwanzbeine, und gar nicht mehr dem Kreuz- beine gegenübersteht, woher dann eben die stark rückwärts gerichteten Geschlechtstheile und die veränderte Begattungs- weise (Coitus a posteriori) sich erklären.
§. 43.
5. Endlich die Beckenkrümmung betreffend, so ist es sowohl zur Verständniß des Geburtsmechanismus, als auch für zweckmäßiges Vollführen aller im und durch das Becken vorzunehmender Operationen und Untersuchungen wichtig, die Richtung derselben, welche man in Form einer durch das Becken geführten Linie sich vorstellt, auf das genaueste zu bestimmen. Früher nannte man nun diese Linie Achse des Beckens, und Levret bestimmte sie als eine senkrechte, auf die Mitte der Eingangsfläche fallende Linie, welche sich folglich zur senkrechten Längenachse des weiblichen Körpers genau eben so verhalten muß, als die verlängerte Conjugata zur Horizontalebene, d. i. welche mit derselben einen Winkel von 55° bilden, und deren Verlängerung vom Beckenein- gange aufwärts ohngefähr den Nabel treffen würde. Offenbar
man genau nach dieſer Annahme einen Beckendurchſchnitt aufzeichnet, oder an Skeletten dieſen Winkel mißt, wo man ihn bey uͤbrigens ganz regelmaͤßiger Koͤrperform wohl bis zu 60—65° vergroͤßert ſieht. Ich glaube daher der Regel am naͤchſten zu kommen, wenn ich denſelben, als die Mittelzahl aus mehreren Meſſungen, auf 55° feſtſetze. Was dagegen die Flaͤche des Beckenausganges betrifft, ſo findet man auch dieſe ſchief gegen den Horizont geſtellt, und zwar wieder ſo, daß die vordere Seite tiefer als die hintere ſteht, und folg- lich in gleicher Richtung ein Winkel mit dem Horizont ge- bildet wird, welcher 18° zu betragen pflegt. Subtrahirt man nun von dem Winkel des Beckeneinganges mit dem Horizont, den Winkel des Beckenausganges, ſo erhaͤlt man den Winkel, unter welchem die verlaͤngerten Conjugaten des Beckeneinganges und Ausganges zuſammenſtoßen, naͤmlich ei- nen Winkel = 55° — 18° = 37°.
Anmerkung. Faſt in ſaͤmmtlichen Saͤugethieren iſt die Neigung des Beckens ſo ſtark, daß die ganze Schamfuge bloß dem Schwanzbeine, und gar nicht mehr dem Kreuz- beine gegenuͤberſteht, woher dann eben die ſtark ruͤckwaͤrts gerichteten Geſchlechtstheile und die veraͤnderte Begattungs- weiſe (Coitus a posteriori) ſich erklaͤren.
§. 43.
5. Endlich die Beckenkruͤmmung betreffend, ſo iſt es ſowohl zur Verſtaͤndniß des Geburtsmechanismus, als auch fuͤr zweckmaͤßiges Vollfuͤhren aller im und durch das Becken vorzunehmender Operationen und Unterſuchungen wichtig, die Richtung derſelben, welche man in Form einer durch das Becken gefuͤhrten Linie ſich vorſtellt, auf das genaueſte zu beſtimmen. Fruͤher nannte man nun dieſe Linie Achſe des Beckens, und Levret beſtimmte ſie als eine ſenkrechte, auf die Mitte der Eingangsflaͤche fallende Linie, welche ſich folglich zur ſenkrechten Laͤngenachſe des weiblichen Koͤrpers genau eben ſo verhalten muß, als die verlaͤngerte Conjugata zur Horizontalebene, d. i. welche mit derſelben einen Winkel von 55° bilden, und deren Verlaͤngerung vom Beckenein- gange aufwaͤrts ohngefaͤhr den Nabel treffen wuͤrde. Offenbar
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man genau nach dieſer Annahme einen Beckendurchſchnitt
aufzeichnet, oder an Skeletten dieſen Winkel mißt, wo man
ihn bey uͤbrigens ganz regelmaͤßiger Koͤrperform wohl bis zu
60—65° vergroͤßert ſieht. Ich glaube daher der Regel am
naͤchſten zu kommen, wenn ich denſelben, als die Mittelzahl
aus mehreren Meſſungen, auf 55° feſtſetze. Was dagegen
die Flaͤche des Beckenausganges betrifft, ſo findet man auch
dieſe ſchief gegen den Horizont geſtellt, und zwar wieder ſo,
daß die vordere Seite tiefer als die hintere ſteht, und folg-
lich in gleicher Richtung ein Winkel mit dem Horizont ge-
bildet wird, welcher 18° zu betragen pflegt. Subtrahirt
man nun von dem Winkel des Beckeneinganges mit dem
Horizont, den Winkel des Beckenausganges, ſo erhaͤlt man
den Winkel, unter welchem die verlaͤngerten Conjugaten des
Beckeneinganges und Ausganges zuſammenſtoßen, naͤmlich ei-
nen Winkel = 55° — 18° = 37°.
Anmerkung. Faſt in ſaͤmmtlichen Saͤugethieren iſt
die Neigung des Beckens ſo ſtark, daß die ganze Schamfuge
bloß dem Schwanzbeine, und gar nicht mehr dem Kreuz-
beine gegenuͤberſteht, woher dann eben die ſtark ruͤckwaͤrts
gerichteten Geſchlechtstheile und die veraͤnderte Begattungs-
weiſe (Coitus a posteriori) ſich erklaͤren.
§. 43.
5. Endlich die Beckenkruͤmmung betreffend, ſo iſt es
ſowohl zur Verſtaͤndniß des Geburtsmechanismus, als auch
fuͤr zweckmaͤßiges Vollfuͤhren aller im und durch das Becken
vorzunehmender Operationen und Unterſuchungen wichtig, die
Richtung derſelben, welche man in Form einer durch das
Becken gefuͤhrten Linie ſich vorſtellt, auf das genaueſte zu
beſtimmen. Fruͤher nannte man nun dieſe Linie Achſe des
Beckens, und Levret beſtimmte ſie als eine ſenkrechte,
auf die Mitte der Eingangsflaͤche fallende Linie, welche ſich
folglich zur ſenkrechten Laͤngenachſe des weiblichen Koͤrpers
genau eben ſo verhalten muß, als die verlaͤngerte Conjugata
zur Horizontalebene, d. i. welche mit derſelben einen Winkel
von 55° bilden, und deren Verlaͤngerung vom Beckenein-
gange aufwaͤrts ohngefaͤhr den Nabel treffen wuͤrde. Offenbar
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/52>, abgerufen am 21.11.2024.
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