cken, und ist namentlich für die Entwicklung des Kindeskopfes aus der untern Beckenöffnung von Wichtigkeit.)
§. 41.
3. Rücksichtlich der Verbindung der Schenkel- knochen mit dem Becken achtet man theils auf den Winkel, welchen der Schenkelknochen und dessen Hals bildet; er beträgt 120°; theils auf den Winkel, welchen die Fort- setzung der Direktionslinie der Schenkelhälse vor dem Vor- berge bildet; er beträgt 100°. Eine Linie vom äußern Umfange des großen Rollhügels am Schenkelknochen (Tro- chanter major) bis zu dem gleichen gegenüberliegenden Punkte beträgt 13 Zoll.
§. 42.
4. Die Neigung (Inclinatio) des Beckens wird durch die Verbindung desselben mit der Wirbelsäule und sein Verhältniß zur Längenachse des Körpers bestimmt. Es fin- den sich nämlich die Seitenwandknochen des Beckens (Ossa innominata) unter ziemlich rechtem Winkel an das Kreuzbein geheftet; allein, da letzteres selbst rückwärts gebogen ist, so kann auch die Richtung jener Knochen nicht horizontal, sie muß vorwärts geneigt seyn, welches so viel beträgt, daß der obere Rand der Schambeinverbindung bey aufrechter Stellung gegen 3 Zoll tiefer als der Vorberg gefunden wird. Die Fläche des Beckeneinganges ist sonach stark nach vorwärts abhängig (geneigt), und will man diese Neigung nun noch genauer bestimmen, so muß man den Winkel messen, welchen die verlängerte Conjugata des Beckeneinganges mit der Hori- zontalebene bildet (vergl. über Neigung und Krümmung Tab. I. Fig. VI.). Diesen Winkel nun erklären die meisten Lehrbücher der Geburtshülfe, alle Levret*) folgend, für 35° betragend, H. Froriep setzt ihn dagegen auf 40--43°; indeß überzeugen mich meine Beobachtungen, daß auch dieß noch viel zu gering ist, wie man leicht sehen wird, wenn
*) Man darf nur das ganz verzeichnete Becken bey Levret (l'art des accouchemens. Paris 1766. Tab. 4.) ansehen, um das Unrichtige dieser Augabe zu fühlen.
cken, und iſt namentlich fuͤr die Entwicklung des Kindeskopfes aus der untern Beckenoͤffnung von Wichtigkeit.)
§. 41.
3. Ruͤckſichtlich der Verbindung der Schenkel- knochen mit dem Becken achtet man theils auf den Winkel, welchen der Schenkelknochen und deſſen Hals bildet; er betraͤgt 120°; theils auf den Winkel, welchen die Fort- ſetzung der Direktionslinie der Schenkelhaͤlſe vor dem Vor- berge bildet; er betraͤgt 100°. Eine Linie vom aͤußern Umfange des großen Rollhuͤgels am Schenkelknochen (Tro- chanter major) bis zu dem gleichen gegenuͤberliegenden Punkte betraͤgt 13 Zoll.
§. 42.
4. Die Neigung (Inclinatio) des Beckens wird durch die Verbindung deſſelben mit der Wirbelſaͤule und ſein Verhaͤltniß zur Laͤngenachſe des Koͤrpers beſtimmt. Es fin- den ſich naͤmlich die Seitenwandknochen des Beckens (Ossa innominata) unter ziemlich rechtem Winkel an das Kreuzbein geheftet; allein, da letzteres ſelbſt ruͤckwaͤrts gebogen iſt, ſo kann auch die Richtung jener Knochen nicht horizontal, ſie muß vorwaͤrts geneigt ſeyn, welches ſo viel betraͤgt, daß der obere Rand der Schambeinverbindung bey aufrechter Stellung gegen 3 Zoll tiefer als der Vorberg gefunden wird. Die Flaͤche des Beckeneinganges iſt ſonach ſtark nach vorwaͤrts abhaͤngig (geneigt), und will man dieſe Neigung nun noch genauer beſtimmen, ſo muß man den Winkel meſſen, welchen die verlaͤngerte Conjugata des Beckeneinganges mit der Hori- zontalebene bildet (vergl. uͤber Neigung und Kruͤmmung Tab. I. Fig. VI.). Dieſen Winkel nun erklaͤren die meiſten Lehrbuͤcher der Geburtshuͤlfe, alle Levret*) folgend, fuͤr 35° betragend, H. Froriep ſetzt ihn dagegen auf 40—43°; indeß uͤberzeugen mich meine Beobachtungen, daß auch dieß noch viel zu gering iſt, wie man leicht ſehen wird, wenn
*) Man darf nur das ganz verzeichnete Becken bey Levret (l’art des accouchemens. Paris 1766. Tab. 4.) anſehen, um das Unrichtige dieſer Augabe zu fuͤhlen.
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cken, und iſt namentlich fuͤr die Entwicklung des Kindeskopfes
aus der untern Beckenoͤffnung von Wichtigkeit.)
§. 41.
3. Ruͤckſichtlich der Verbindung der Schenkel-
knochen mit dem Becken achtet man theils auf den
Winkel, welchen der Schenkelknochen und deſſen Hals bildet;
er betraͤgt 120°; theils auf den Winkel, welchen die Fort-
ſetzung der Direktionslinie der Schenkelhaͤlſe vor dem Vor-
berge bildet; er betraͤgt 100°. Eine Linie vom aͤußern
Umfange des großen Rollhuͤgels am Schenkelknochen (Tro-
chanter major) bis zu dem gleichen gegenuͤberliegenden
Punkte betraͤgt 13 Zoll.
§. 42.
4. Die Neigung (Inclinatio) des Beckens wird
durch die Verbindung deſſelben mit der Wirbelſaͤule und ſein
Verhaͤltniß zur Laͤngenachſe des Koͤrpers beſtimmt. Es fin-
den ſich naͤmlich die Seitenwandknochen des Beckens (Ossa
innominata) unter ziemlich rechtem Winkel an das Kreuzbein
geheftet; allein, da letzteres ſelbſt ruͤckwaͤrts gebogen iſt, ſo
kann auch die Richtung jener Knochen nicht horizontal, ſie
muß vorwaͤrts geneigt ſeyn, welches ſo viel betraͤgt, daß der
obere Rand der Schambeinverbindung bey aufrechter Stellung
gegen 3 Zoll tiefer als der Vorberg gefunden wird. Die
Flaͤche des Beckeneinganges iſt ſonach ſtark nach vorwaͤrts
abhaͤngig (geneigt), und will man dieſe Neigung nun noch
genauer beſtimmen, ſo muß man den Winkel meſſen, welchen
die verlaͤngerte Conjugata des Beckeneinganges mit der Hori-
zontalebene bildet (vergl. uͤber Neigung und Kruͤmmung
Tab. I. Fig. VI.). Dieſen Winkel nun erklaͤren die meiſten
Lehrbuͤcher der Geburtshuͤlfe, alle Levret *) folgend, fuͤr 35°
betragend, H. Froriep ſetzt ihn dagegen auf 40—43°;
indeß uͤberzeugen mich meine Beobachtungen, daß auch dieß
noch viel zu gering iſt, wie man leicht ſehen wird, wenn
*) Man darf nur das ganz verzeichnete Becken bey Levret (l’art des
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/51>, abgerufen am 21.11.2024.
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