seyn, so wie sie im entgegengesetzten Falle zuweilen nur we- nig oder gar nicht bemerkt wird; sich dafür aber auch in der folgenden vierten Periode noch verstärken, oder überhaupt erst bilden kann.
Vierte oder Austrittsperiode.
§. 811.
Auch nachdem der Kopf völlig aus dem Uterus heraus- getreten ist, erfolgt zuweilen, eben so wie nach dem Wasser- abgange, und aus demselben Grunde, ein kleiner Stillstand des Geburtsverlaufs, bald aber kommen nun die stärksten Wehen, welche die Geburt des Kindes zu vollenden bestimmt sind, und mit dem Namen der erschütternden Wehen (Schüt- telwehen, Dolores conquassantes) belegt werden. Diese treiben zuerst den Kopf stark gegen das Mittelfleisch an, wodurch dieses kugelförmig hervorgetrieben, stark angespannt, und in die Gefahr der Zerreißung versetzt wird, und oft auch noch etwas Stuhlabgang erfolgt; sie bringen ferner den vorausgehenden Kindestheil so weit, daß er zwischen den Schamlippen anfängt sichtbar zu werden (man sagt hier: er kommt zum Einschneiden) und treiben ihn endlich, unter den heftigsten Schmerzen, unter Erschütterung und hef- tigster Aufregung des mütterlichen Körpers durch dieselben hindurch (wobei man zu sagen pflegt: er komme zum Durchschneiden). Hierbei tritt nun wieder, nachdem der Kopf völlig geboren ist, eine kleine Zeit Ruhe ein, und dann werden auch, gewöhnlich unter weit geringerer Anstrengung die ganzen übrigen Kindestheile, zuweilen mit noch etwas nach- kommendem Fruchtwasser, geboren, und so wird denn eben- falls, bald in Zeit von einigen Minuten (zumal bei Perso- nen, welche schon mehrmals geboren haben) bald in Zeit von 1/2 bis 1 Stunde, seltner erst in Zeit von 2 bis 3 Stunden auch diese Periode geendigt*).
*) Unter 100 natürlichen in unsrer Endbindungsanstalt nach einander beobachteten Geburten dauerte z. B. bei 70 Fällen die dritte und vierte Periode zusammen nur 1/2 bis 2 Stunden.
ſeyn, ſo wie ſie im entgegengeſetzten Falle zuweilen nur we- nig oder gar nicht bemerkt wird; ſich dafuͤr aber auch in der folgenden vierten Periode noch verſtaͤrken, oder uͤberhaupt erſt bilden kann.
Vierte oder Austrittsperiode.
§. 811.
Auch nachdem der Kopf voͤllig aus dem Uterus heraus- getreten iſt, erfolgt zuweilen, eben ſo wie nach dem Waſſer- abgange, und aus demſelben Grunde, ein kleiner Stillſtand des Geburtsverlaufs, bald aber kommen nun die ſtaͤrkſten Wehen, welche die Geburt des Kindes zu vollenden beſtimmt ſind, und mit dem Namen der erſchuͤtternden Wehen (Schuͤt- telwehen, Dolores conquassantes) belegt werden. Dieſe treiben zuerſt den Kopf ſtark gegen das Mittelfleiſch an, wodurch dieſes kugelfoͤrmig hervorgetrieben, ſtark angeſpannt, und in die Gefahr der Zerreißung verſetzt wird, und oft auch noch etwas Stuhlabgang erfolgt; ſie bringen ferner den vorausgehenden Kindestheil ſo weit, daß er zwiſchen den Schamlippen anfaͤngt ſichtbar zu werden (man ſagt hier: er kommt zum Einſchneiden) und treiben ihn endlich, unter den heftigſten Schmerzen, unter Erſchuͤtterung und hef- tigſter Aufregung des muͤtterlichen Koͤrpers durch dieſelben hindurch (wobei man zu ſagen pflegt: er komme zum Durchſchneiden). Hierbei tritt nun wieder, nachdem der Kopf voͤllig geboren iſt, eine kleine Zeit Ruhe ein, und dann werden auch, gewoͤhnlich unter weit geringerer Anſtrengung die ganzen uͤbrigen Kindestheile, zuweilen mit noch etwas nach- kommendem Fruchtwaſſer, geboren, und ſo wird denn eben- falls, bald in Zeit von einigen Minuten (zumal bei Perſo- nen, welche ſchon mehrmals geboren haben) bald in Zeit von ½ bis 1 Stunde, ſeltner erſt in Zeit von 2 bis 3 Stunden auch dieſe Periode geendigt*).
*) Unter 100 natuͤrlichen in unſrer Endbindungsanſtalt nach einander beobachteten Geburten dauerte z. B. bei 70 Faͤllen die dritte und vierte Periode zuſammen nur ½ bis 2 Stunden.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><p><pbfacs="#f0126"n="102"/>ſeyn, ſo wie ſie im entgegengeſetzten Falle zuweilen nur we-<lb/>
nig oder gar nicht bemerkt wird; ſich dafuͤr aber auch in<lb/>
der folgenden vierten Periode noch verſtaͤrken, oder uͤberhaupt<lb/>
erſt bilden kann.</p></div></div><lb/><divn="6"><head><hirendition="#g">Vierte oder Austrittsperiode</hi>.</head><lb/><divn="7"><head>§. 811.</head><lb/><p>Auch nachdem der Kopf voͤllig aus dem Uterus heraus-<lb/>
getreten iſt, erfolgt zuweilen, eben ſo wie nach dem Waſſer-<lb/>
abgange, und aus demſelben Grunde, ein kleiner Stillſtand<lb/>
des Geburtsverlaufs, bald aber kommen nun die ſtaͤrkſten<lb/>
Wehen, welche die Geburt des Kindes zu vollenden beſtimmt<lb/>ſind, und mit dem Namen der erſchuͤtternden Wehen (<hirendition="#g">Schuͤt-<lb/>
telwehen</hi>, <hirendition="#aq">Dolores conquassantes</hi>) belegt werden. Dieſe<lb/>
treiben zuerſt den Kopf ſtark gegen das Mittelfleiſch an,<lb/>
wodurch dieſes kugelfoͤrmig hervorgetrieben, ſtark angeſpannt,<lb/>
und in die Gefahr der Zerreißung verſetzt wird, und oft auch<lb/>
noch etwas Stuhlabgang erfolgt; ſie bringen ferner den<lb/>
vorausgehenden Kindestheil ſo weit, daß er zwiſchen den<lb/>
Schamlippen anfaͤngt ſichtbar zu werden (man ſagt hier:<lb/><hirendition="#g">er kommt zum Einſchneiden</hi>) und treiben ihn endlich,<lb/>
unter den heftigſten Schmerzen, unter Erſchuͤtterung und hef-<lb/>
tigſter Aufregung des muͤtterlichen Koͤrpers durch dieſelben<lb/>
hindurch (wobei man zu ſagen pflegt: <hirendition="#g">er komme zum<lb/>
Durchſchneiden</hi>). Hierbei tritt nun wieder, nachdem der<lb/>
Kopf voͤllig geboren iſt, eine kleine Zeit Ruhe ein, und dann<lb/>
werden auch, gewoͤhnlich unter weit geringerer Anſtrengung die<lb/>
ganzen uͤbrigen Kindestheile, zuweilen mit noch etwas nach-<lb/>
kommendem Fruchtwaſſer, geboren, und ſo wird denn eben-<lb/>
falls, bald in Zeit von einigen Minuten (zumal bei Perſo-<lb/>
nen, welche ſchon mehrmals geboren haben) bald in Zeit<lb/>
von ½ bis 1 Stunde, ſeltner erſt in Zeit von 2 bis 3<lb/>
Stunden auch dieſe Periode geendigt<noteplace="foot"n="*)">Unter 100 natuͤrlichen in unſrer Endbindungsanſtalt nach einander<lb/>
beobachteten Geburten dauerte z. B. bei 70 Faͤllen die dritte und<lb/>
vierte Periode zuſammen nur ½ bis 2 Stunden.</note>.</p></div><lb/></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[102/0126]
ſeyn, ſo wie ſie im entgegengeſetzten Falle zuweilen nur we-
nig oder gar nicht bemerkt wird; ſich dafuͤr aber auch in
der folgenden vierten Periode noch verſtaͤrken, oder uͤberhaupt
erſt bilden kann.
Vierte oder Austrittsperiode.
§. 811.
Auch nachdem der Kopf voͤllig aus dem Uterus heraus-
getreten iſt, erfolgt zuweilen, eben ſo wie nach dem Waſſer-
abgange, und aus demſelben Grunde, ein kleiner Stillſtand
des Geburtsverlaufs, bald aber kommen nun die ſtaͤrkſten
Wehen, welche die Geburt des Kindes zu vollenden beſtimmt
ſind, und mit dem Namen der erſchuͤtternden Wehen (Schuͤt-
telwehen, Dolores conquassantes) belegt werden. Dieſe
treiben zuerſt den Kopf ſtark gegen das Mittelfleiſch an,
wodurch dieſes kugelfoͤrmig hervorgetrieben, ſtark angeſpannt,
und in die Gefahr der Zerreißung verſetzt wird, und oft auch
noch etwas Stuhlabgang erfolgt; ſie bringen ferner den
vorausgehenden Kindestheil ſo weit, daß er zwiſchen den
Schamlippen anfaͤngt ſichtbar zu werden (man ſagt hier:
er kommt zum Einſchneiden) und treiben ihn endlich,
unter den heftigſten Schmerzen, unter Erſchuͤtterung und hef-
tigſter Aufregung des muͤtterlichen Koͤrpers durch dieſelben
hindurch (wobei man zu ſagen pflegt: er komme zum
Durchſchneiden). Hierbei tritt nun wieder, nachdem der
Kopf voͤllig geboren iſt, eine kleine Zeit Ruhe ein, und dann
werden auch, gewoͤhnlich unter weit geringerer Anſtrengung die
ganzen uͤbrigen Kindestheile, zuweilen mit noch etwas nach-
kommendem Fruchtwaſſer, geboren, und ſo wird denn eben-
falls, bald in Zeit von einigen Minuten (zumal bei Perſo-
nen, welche ſchon mehrmals geboren haben) bald in Zeit
von ½ bis 1 Stunde, ſeltner erſt in Zeit von 2 bis 3
Stunden auch dieſe Periode geendigt *).
*) Unter 100 natuͤrlichen in unſrer Endbindungsanſtalt nach einander
beobachteten Geburten dauerte z. B. bei 70 Faͤllen die dritte und
vierte Periode zuſammen nur ½ bis 2 Stunden.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/126>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.