Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite
3) Von der Art und Weise wie bei der regel-
mäßigen Geburt das Kind durch das Becken
hindurchgeht
.
§. 817.

Das Kind kann sich vorzüglich in zweierlei Richtung
durch das Becken hindurch bewegen, entweder mit dem
Kopfe nach unten gekehrt, oder mit dem untern
Körperende sich zuerst auf das Becken stellend
.
Dieß begründet zwei Hauptklassen von Geburten, von
welchen indeß die erstere sowohl bei weitem die häufigere,
als auch die glücklichere für das Kind ist. Beide Klassen
aber enthalten mehrere Unterabtheilungen, je nachdem entwe-
der am Kopfe das Kinn weniger oder mehr von
der Brust entfernt ist
, und in Folge dessen entweder
Hinterhaupt, Scheitel oder Gesicht zuerst auf das
Becken eintreten, oder zweitens am untern Ende des
Rumpfs die Füße ausgestreckt, heraufgeschlagen

oder im Knie gebogen sind, welches Steisgeburten,
Kniegeburten
und Fußgeburten giebt; so daß denn im
Ganzen sechs Arten natürlicher Geburten entstehen.

Anmerkung. Da die Beobachtung zeigt, daß unter
übrigens normalen und günstigen Verhältnissen, eine Geburt
in jeder dieser sechs verschiedenen Kindeslagen, ohne Beihülfe
der Kunst, und glücklich für Mutter und Kind beendigt wer-
den kann, so werden wir allerdings genöthigt sie sämmt-
lich
unter die normalen Geburten aufzunehmen. Da
man aber zugeben muß, daß unter allen eigentlich die Hin-
terhauptslagen diejenigen sind, welche der Bewegung des
Kindes durch das Becken vorzüglich günstig zu nennen sind,
so wird man somit alle die übrigen, und selbst die Hinter-
hauptsgeburten mit gegen den Schambogen gerichteter Stirn,
als ungewöhnliche Geburten betrachten müssen.

§. 818.

Bevor wir nun diese verschiedenen Geburtsweisen näher
im Einzelnen betrachten, wird es zweckmäßig seyn, jene all-

3) Von der Art und Weiſe wie bei der regel-
maͤßigen Geburt das Kind durch das Becken
hindurchgeht
.
§. 817.

Das Kind kann ſich vorzuͤglich in zweierlei Richtung
durch das Becken hindurch bewegen, entweder mit dem
Kopfe nach unten gekehrt, oder mit dem untern
Koͤrperende ſich zuerſt auf das Becken ſtellend
.
Dieß begruͤndet zwei Hauptklaſſen von Geburten, von
welchen indeß die erſtere ſowohl bei weitem die haͤufigere,
als auch die gluͤcklichere fuͤr das Kind iſt. Beide Klaſſen
aber enthalten mehrere Unterabtheilungen, je nachdem entwe-
der am Kopfe das Kinn weniger oder mehr von
der Bruſt entfernt iſt
, und in Folge deſſen entweder
Hinterhaupt, Scheitel oder Geſicht zuerſt auf das
Becken eintreten, oder zweitens am untern Ende des
Rumpfs die Fuͤße ausgeſtreckt, heraufgeſchlagen

oder im Knie gebogen ſind, welches Steisgeburten,
Kniegeburten
und Fußgeburten giebt; ſo daß denn im
Ganzen ſechs Arten natuͤrlicher Geburten entſtehen.

Anmerkung. Da die Beobachtung zeigt, daß unter
uͤbrigens normalen und guͤnſtigen Verhaͤltniſſen, eine Geburt
in jeder dieſer ſechs verſchiedenen Kindeslagen, ohne Beihuͤlfe
der Kunſt, und gluͤcklich fuͤr Mutter und Kind beendigt wer-
den kann, ſo werden wir allerdings genoͤthigt ſie ſaͤmmt-
lich
unter die normalen Geburten aufzunehmen. Da
man aber zugeben muß, daß unter allen eigentlich die Hin-
terhauptslagen diejenigen ſind, welche der Bewegung des
Kindes durch das Becken vorzuͤglich guͤnſtig zu nennen ſind,
ſo wird man ſomit alle die uͤbrigen, und ſelbſt die Hinter-
hauptsgeburten mit gegen den Schambogen gerichteter Stirn,
als ungewoͤhnliche Geburten betrachten muͤſſen.

§. 818.

Bevor wir nun dieſe verſchiedenen Geburtsweiſen naͤher
im Einzelnen betrachten, wird es zweckmaͤßig ſeyn, jene all-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0130" n="106"/>
              <div n="5">
                <head>3) <hi rendition="#g">Von der Art und Wei&#x017F;e wie bei der regel-<lb/>
ma&#x0364;ßigen Geburt das Kind durch das Becken<lb/>
hindurchgeht</hi>.</head><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 817.</head><lb/>
                  <p>Das Kind kann &#x017F;ich vorzu&#x0364;glich in zweierlei Richtung<lb/>
durch das Becken hindurch bewegen, <hi rendition="#g">entweder mit dem<lb/>
Kopfe nach unten gekehrt, oder mit dem untern<lb/>
Ko&#x0364;rperende &#x017F;ich zuer&#x017F;t auf das Becken &#x017F;tellend</hi>.<lb/>
Dieß begru&#x0364;ndet <hi rendition="#g">zwei Hauptkla&#x017F;&#x017F;en</hi> von Geburten, von<lb/>
welchen indeß die er&#x017F;tere &#x017F;owohl bei weitem die ha&#x0364;ufigere,<lb/>
als auch die glu&#x0364;cklichere fu&#x0364;r das Kind i&#x017F;t. Beide Kla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
aber enthalten mehrere Unterabtheilungen, je nachdem entwe-<lb/><hi rendition="#g">der am Kopfe das Kinn weniger oder mehr von<lb/>
der Bru&#x017F;t entfernt i&#x017F;t</hi>, und in Folge de&#x017F;&#x017F;en entweder<lb/><hi rendition="#g">Hinterhaupt, Scheitel</hi> oder <hi rendition="#g">Ge&#x017F;icht</hi> zuer&#x017F;t auf das<lb/>
Becken eintreten, oder zweitens am <hi rendition="#g">untern Ende des<lb/>
Rumpfs die Fu&#x0364;ße ausge&#x017F;treckt, heraufge&#x017F;chlagen</hi><lb/>
oder im <hi rendition="#g">Knie gebogen</hi> &#x017F;ind, welches <hi rendition="#g">Steisgeburten,<lb/>
Kniegeburten</hi> und <hi rendition="#g">Fußgeburten</hi> giebt; &#x017F;o daß denn im<lb/>
Ganzen <hi rendition="#g">&#x017F;echs Arten natu&#x0364;rlicher Geburten</hi> ent&#x017F;tehen.</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Anmerkung</hi>. Da die Beobachtung zeigt, daß unter<lb/>
u&#x0364;brigens normalen <choice><sic>nnd</sic><corr>und</corr></choice> gu&#x0364;n&#x017F;tigen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en, eine Geburt<lb/>
in jeder die&#x017F;er &#x017F;echs ver&#x017F;chiedenen Kindeslagen, ohne Beihu&#x0364;lfe<lb/>
der Kun&#x017F;t, und glu&#x0364;cklich fu&#x0364;r Mutter und Kind beendigt wer-<lb/>
den kann, &#x017F;o werden wir allerdings geno&#x0364;thigt <hi rendition="#g">&#x017F;ie &#x017F;a&#x0364;mmt-<lb/>
lich</hi> unter die <hi rendition="#g">normalen Geburten</hi> aufzunehmen. Da<lb/>
man aber zugeben muß, daß unter allen eigentlich die Hin-<lb/>
terhauptslagen diejenigen &#x017F;ind, welche der Bewegung des<lb/>
Kindes durch das Becken vorzu&#x0364;glich gu&#x0364;n&#x017F;tig zu nennen &#x017F;ind,<lb/>
&#x017F;o wird man &#x017F;omit alle die u&#x0364;brigen, und &#x017F;elb&#x017F;t die Hinter-<lb/>
hauptsgeburten mit gegen den Schambogen gerichteter Stirn,<lb/>
als <hi rendition="#g">ungewo&#x0364;hnliche Geburten</hi> betrachten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 818.</head><lb/>
                  <p>Bevor wir nun die&#x017F;e ver&#x017F;chiedenen Geburtswei&#x017F;en na&#x0364;her<lb/>
im Einzelnen betrachten, wird es zweckma&#x0364;ßig &#x017F;eyn, jene <hi rendition="#g">all-<lb/></hi></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0130] 3) Von der Art und Weiſe wie bei der regel- maͤßigen Geburt das Kind durch das Becken hindurchgeht. §. 817. Das Kind kann ſich vorzuͤglich in zweierlei Richtung durch das Becken hindurch bewegen, entweder mit dem Kopfe nach unten gekehrt, oder mit dem untern Koͤrperende ſich zuerſt auf das Becken ſtellend. Dieß begruͤndet zwei Hauptklaſſen von Geburten, von welchen indeß die erſtere ſowohl bei weitem die haͤufigere, als auch die gluͤcklichere fuͤr das Kind iſt. Beide Klaſſen aber enthalten mehrere Unterabtheilungen, je nachdem entwe- der am Kopfe das Kinn weniger oder mehr von der Bruſt entfernt iſt, und in Folge deſſen entweder Hinterhaupt, Scheitel oder Geſicht zuerſt auf das Becken eintreten, oder zweitens am untern Ende des Rumpfs die Fuͤße ausgeſtreckt, heraufgeſchlagen oder im Knie gebogen ſind, welches Steisgeburten, Kniegeburten und Fußgeburten giebt; ſo daß denn im Ganzen ſechs Arten natuͤrlicher Geburten entſtehen. Anmerkung. Da die Beobachtung zeigt, daß unter uͤbrigens normalen und guͤnſtigen Verhaͤltniſſen, eine Geburt in jeder dieſer ſechs verſchiedenen Kindeslagen, ohne Beihuͤlfe der Kunſt, und gluͤcklich fuͤr Mutter und Kind beendigt wer- den kann, ſo werden wir allerdings genoͤthigt ſie ſaͤmmt- lich unter die normalen Geburten aufzunehmen. Da man aber zugeben muß, daß unter allen eigentlich die Hin- terhauptslagen diejenigen ſind, welche der Bewegung des Kindes durch das Becken vorzuͤglich guͤnſtig zu nennen ſind, ſo wird man ſomit alle die uͤbrigen, und ſelbſt die Hinter- hauptsgeburten mit gegen den Schambogen gerichteter Stirn, als ungewoͤhnliche Geburten betrachten muͤſſen. §. 818. Bevor wir nun dieſe verſchiedenen Geburtsweiſen naͤher im Einzelnen betrachten, wird es zweckmaͤßig ſeyn, jene all-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/130
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/130>, abgerufen am 24.11.2024.