2) Von den Veränderungen, welche das Allgemeinbefinden der Wöchnerin zeigt.
§. 865.
Die erste Erscheinung, welche das Gesammtbefinden des weiblichen Körpers nach der Entbindung darbietet, ist die Er- schöpfung, welche in Folge der anstrengenden Geburtsarbeit und der erduldeten Schmerzen bemerkt wird, und gewöhnlich in kurzem das Bedürfniß des Schlafs herbei führt. Diese Ruhe aber, auf welche hierdurch der weibliche Körper ver- wiesen ist, erscheint zugleich als die wichtigste Bedingung, die Rückkehr des Uterus in den frühern Zustand möglich zu machen. -- Weitere Veränderungen im Allgemeinbefinden werden herbeigeführt durch die veränderte Richtung der Säfte im Körper, indem der Uterus aufhört das Centrum zu seyn, gegen welches der ganze Ueberschuß bildender Stoffe hin- strömt, und dieser nun auf andere Organe vertheilt wer- den muß.
§. 866.
Betrachtet man aber die große Blutmasse, welche in den venösen Zellen des Uterus verweilte, und welche nun bei der in und nach der Geburt erfolgten Zusammenziehung die- ses Organs, größtentheils aus diesen Venengeflechten wieder in den großen Kreislauf zurück gedrängt werden muß, da doch nur ein kleiner Theil desselben bei einem völlig natürlichen Geburtsverlauf in der fünften Periode ausfließt, so begreift man, daß hier leicht ein Zustand von Plethora und dadurch Andrang des Blutes gegen andere Organe entstehen könne, dafern nicht für Herstellung des Gleichgewichts von der Na- tur bald gesorgt würde. Es geschieht dieses nun vorzüglich durch den Eintritt größerer Thätigkeit in drei Organen, in den Lungen, in der Haut und in den Brüsten.
§. 867.
Die Lungen nämlich, welche in der Schwangerschaft durch das aufwärts getriebene Diaphragma beengt, und
2) Von den Veraͤnderungen, welche das Allgemeinbefinden der Woͤchnerin zeigt.
§. 865.
Die erſte Erſcheinung, welche das Geſammtbefinden des weiblichen Koͤrpers nach der Entbindung darbietet, iſt die Er- ſchoͤpfung, welche in Folge der anſtrengenden Geburtsarbeit und der erduldeten Schmerzen bemerkt wird, und gewoͤhnlich in kurzem das Beduͤrfniß des Schlafs herbei fuͤhrt. Dieſe Ruhe aber, auf welche hierdurch der weibliche Koͤrper ver- wieſen iſt, erſcheint zugleich als die wichtigſte Bedingung, die Ruͤckkehr des Uterus in den fruͤhern Zuſtand moͤglich zu machen. — Weitere Veraͤnderungen im Allgemeinbefinden werden herbeigefuͤhrt durch die veraͤnderte Richtung der Saͤfte im Koͤrper, indem der Uterus aufhoͤrt das Centrum zu ſeyn, gegen welches der ganze Ueberſchuß bildender Stoffe hin- ſtroͤmt, und dieſer nun auf andere Organe vertheilt wer- den muß.
§. 866.
Betrachtet man aber die große Blutmaſſe, welche in den venoͤſen Zellen des Uterus verweilte, und welche nun bei der in und nach der Geburt erfolgten Zuſammenziehung die- ſes Organs, groͤßtentheils aus dieſen Venengeflechten wieder in den großen Kreislauf zuruͤck gedraͤngt werden muß, da doch nur ein kleiner Theil deſſelben bei einem voͤllig natuͤrlichen Geburtsverlauf in der fuͤnften Periode ausfließt, ſo begreift man, daß hier leicht ein Zuſtand von Plethora und dadurch Andrang des Blutes gegen andere Organe entſtehen koͤnne, dafern nicht fuͤr Herſtellung des Gleichgewichts von der Na- tur bald geſorgt wuͤrde. Es geſchieht dieſes nun vorzuͤglich durch den Eintritt groͤßerer Thaͤtigkeit in drei Organen, in den Lungen, in der Haut und in den Bruͤſten.
§. 867.
Die Lungen naͤmlich, welche in der Schwangerſchaft durch das aufwaͤrts getriebene Diaphragma beengt, und
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2) Von den Veraͤnderungen, welche das
Allgemeinbefinden der Woͤchnerin zeigt.
§. 865.
Die erſte Erſcheinung, welche das Geſammtbefinden des
weiblichen Koͤrpers nach der Entbindung darbietet, iſt die Er-
ſchoͤpfung, welche in Folge der anſtrengenden Geburtsarbeit
und der erduldeten Schmerzen bemerkt wird, und gewoͤhnlich
in kurzem das Beduͤrfniß des Schlafs herbei fuͤhrt. Dieſe
Ruhe aber, auf welche hierdurch der weibliche Koͤrper ver-
wieſen iſt, erſcheint zugleich als die wichtigſte Bedingung,
die Ruͤckkehr des Uterus in den fruͤhern Zuſtand moͤglich zu
machen. — Weitere Veraͤnderungen im Allgemeinbefinden
werden herbeigefuͤhrt durch die veraͤnderte Richtung der Saͤfte
im Koͤrper, indem der Uterus aufhoͤrt das Centrum zu ſeyn,
gegen welches der ganze Ueberſchuß bildender Stoffe hin-
ſtroͤmt, und dieſer nun auf andere Organe vertheilt wer-
den muß.
§. 866.
Betrachtet man aber die große Blutmaſſe, welche in
den venoͤſen Zellen des Uterus verweilte, und welche nun bei
der in und nach der Geburt erfolgten Zuſammenziehung die-
ſes Organs, groͤßtentheils aus dieſen Venengeflechten wieder
in den großen Kreislauf zuruͤck gedraͤngt werden muß, da doch
nur ein kleiner Theil deſſelben bei einem voͤllig natuͤrlichen
Geburtsverlauf in der fuͤnften Periode ausfließt, ſo begreift
man, daß hier leicht ein Zuſtand von Plethora und dadurch
Andrang des Blutes gegen andere Organe entſtehen koͤnne,
dafern nicht fuͤr Herſtellung des Gleichgewichts von der Na-
tur bald geſorgt wuͤrde. Es geſchieht dieſes nun vorzuͤglich
durch den Eintritt groͤßerer Thaͤtigkeit in drei Organen, in den
Lungen, in der Haut und in den Bruͤſten.
§. 867.
Die Lungen naͤmlich, welche in der Schwangerſchaft
durch das aufwaͤrts getriebene Diaphragma beengt, und
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/162>, abgerufen am 21.11.2024.
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