Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 1118.

Eben so wird nun auch die abnorme Bildungsthätigkeit
in der menschlichen Frucht theils als abnormes Erzeu-
gen organischer Gebilde sich darstellen
, und zwar
auf dreifache Weise: 1) indem sie Organe welche der Idee
des menschlichen Organismus nach vorhanden seyn sollen,
nicht entstehen läßt; 2) indem sie überzählige orga-
nische Gebilde hervorbringt
; 3) indem sie Organe
welche in die Idee des Organismus gehören zwar
erzeugt, aber in regelwidriger Form, Mischung
und Struktur. Theils wird die abnorme Bil-
dungsthätigkeit in regelwidrigem Erhalten der
Organe sich offenbaren
, und zwar indem in einem vor-
handenen und ursprünglich regelmäßig erzeugten Organe durch
Krankheit entweder 1) eine übermäßige Bildungsthä-
tigkeit
(Entzündung, Wucherung,) oder 2) eine zu ge-
ringe ja zerstörende Bildungsthätigkeit
(Atrophie,
Auflösung) oder 3) eine qualitativ veränderte Bil-
dungsthätigkeit
(Degeneration) hervortritt.

§. 1119.

Welches sind nun aber die Ursachen wodurch diese Stö-
rungen im Bildungsprozeße der Frucht hervorgerufen werden
können? und welche Folgen bringen diese Störungen in dem
Befinden der Frucht hervor? -- diese Fragen sind es welche
jetzt zunächst erörtert werden müßen. --

§. 1120.

Aetiologie. Wie im gebornen selbstständigen Men-
schen das Leben überhaupt besteht in und durch den Conflikt
seiner innern, und der ihn umgebenden äußern Natur, so sind
bei ihm auch die Störungen seines Lebens, die Krankheiten,
in beiden Sphären, in der innern Lebensthätigkeit und den
äußern Einflüßen begründet. Für den Embryo nun ist der
mütterliche Körper die äußere Welt, und suchen wir demnach

§. 1118.

Eben ſo wird nun auch die abnorme Bildungsthaͤtigkeit
in der menſchlichen Frucht theils als abnormes Erzeu-
gen organiſcher Gebilde ſich darſtellen
, und zwar
auf dreifache Weiſe: 1) indem ſie Organe welche der Idee
des menſchlichen Organismus nach vorhanden ſeyn ſollen,
nicht entſtehen laͤßt; 2) indem ſie uͤberzaͤhlige orga-
niſche Gebilde hervorbringt
; 3) indem ſie Organe
welche in die Idee des Organismus gehoͤren zwar
erzeugt, aber in regelwidriger Form, Miſchung
und Struktur. Theils wird die abnorme Bil-
dungsthaͤtigkeit in regelwidrigem Erhalten der
Organe ſich offenbaren
, und zwar indem in einem vor-
handenen und urſpruͤnglich regelmaͤßig erzeugten Organe durch
Krankheit entweder 1) eine uͤbermaͤßige Bildungsthaͤ-
tigkeit
(Entzuͤndung, Wucherung,) oder 2) eine zu ge-
ringe ja zerſtoͤrende Bildungsthaͤtigkeit
(Atrophie,
Aufloͤſung) oder 3) eine qualitativ veraͤnderte Bil-
dungsthaͤtigkeit
(Degeneration) hervortritt.

§. 1119.

Welches ſind nun aber die Urſachen wodurch dieſe Stoͤ-
rungen im Bildungsprozeße der Frucht hervorgerufen werden
koͤnnen? und welche Folgen bringen dieſe Stoͤrungen in dem
Befinden der Frucht hervor? — dieſe Fragen ſind es welche
jetzt zunaͤchſt eroͤrtert werden muͤßen. —

§. 1120.

Aetiologie. Wie im gebornen ſelbſtſtaͤndigen Men-
ſchen das Leben uͤberhaupt beſteht in und durch den Conflikt
ſeiner innern, und der ihn umgebenden aͤußern Natur, ſo ſind
bei ihm auch die Stoͤrungen ſeines Lebens, die Krankheiten,
in beiden Sphaͤren, in der innern Lebensthaͤtigkeit und den
aͤußern Einfluͤßen begruͤndet. Fuͤr den Embryo nun iſt der
muͤtterliche Koͤrper die aͤußere Welt, und ſuchen wir demnach

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0301" n="277"/>
                <div n="6">
                  <head>§. 1118.</head><lb/>
                  <p>Eben &#x017F;o wird nun auch die abnorme Bildungstha&#x0364;tigkeit<lb/>
in der men&#x017F;chlichen Frucht <hi rendition="#g">theils als abnormes Erzeu-<lb/>
gen organi&#x017F;cher Gebilde &#x017F;ich dar&#x017F;tellen</hi>, und zwar<lb/>
auf dreifache Wei&#x017F;e: 1) indem &#x017F;ie Organe welche der Idee<lb/>
des men&#x017F;chlichen Organismus nach vorhanden &#x017F;eyn &#x017F;ollen,<lb/><hi rendition="#g">nicht ent&#x017F;tehen la&#x0364;ßt</hi>; 2) indem &#x017F;ie <hi rendition="#g">u&#x0364;berza&#x0364;hlige orga-<lb/>
ni&#x017F;che Gebilde hervorbringt</hi>; 3) indem &#x017F;ie <hi rendition="#g">Organe<lb/>
welche in die Idee des Organismus geho&#x0364;ren zwar<lb/>
erzeugt, aber in regelwidriger Form, Mi&#x017F;chung<lb/>
und Struktur. Theils wird die abnorme Bil-<lb/>
dungstha&#x0364;tigkeit in regelwidrigem Erhalten der<lb/>
Organe &#x017F;ich offenbaren</hi>, und zwar indem in einem vor-<lb/>
handenen und ur&#x017F;pru&#x0364;nglich regelma&#x0364;ßig erzeugten Organe durch<lb/>
Krankheit entweder 1) <hi rendition="#g">eine u&#x0364;berma&#x0364;ßige Bildungstha&#x0364;-<lb/>
tigkeit</hi> (Entzu&#x0364;ndung, Wucherung,) oder 2) <hi rendition="#g">eine zu ge-<lb/>
ringe ja zer&#x017F;to&#x0364;rende Bildungstha&#x0364;tigkeit</hi> (Atrophie,<lb/>
Auflo&#x0364;&#x017F;ung) oder 3) <hi rendition="#g">eine qualitativ vera&#x0364;nderte Bil-<lb/>
dungstha&#x0364;tigkeit</hi> (Degeneration) hervortritt.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 1119.</head><lb/>
                  <p>Welches &#x017F;ind nun aber die Ur&#x017F;achen wodurch die&#x017F;e Sto&#x0364;-<lb/>
rungen im Bildungsprozeße der Frucht hervorgerufen werden<lb/>
ko&#x0364;nnen? und welche Folgen bringen die&#x017F;e Sto&#x0364;rungen in dem<lb/>
Befinden der Frucht hervor? &#x2014; die&#x017F;e Fragen &#x017F;ind es welche<lb/>
jetzt zuna&#x0364;ch&#x017F;t ero&#x0364;rtert werden mu&#x0364;ßen. &#x2014;</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 1120.</head><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Aetiologie</hi>. Wie im gebornen &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndigen Men-<lb/>
&#x017F;chen das Leben u&#x0364;berhaupt be&#x017F;teht in und durch den Conflikt<lb/>
&#x017F;einer innern, und der ihn umgebenden a&#x0364;ußern Natur, &#x017F;o &#x017F;ind<lb/>
bei ihm auch die Sto&#x0364;rungen &#x017F;eines Lebens, die Krankheiten,<lb/>
in beiden Spha&#x0364;ren, in der innern Lebenstha&#x0364;tigkeit und den<lb/>
a&#x0364;ußern Einflu&#x0364;ßen begru&#x0364;ndet. Fu&#x0364;r den Embryo nun i&#x017F;t der<lb/>
mu&#x0364;tterliche Ko&#x0364;rper die a&#x0364;ußere Welt, und &#x017F;uchen wir demnach<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0301] §. 1118. Eben ſo wird nun auch die abnorme Bildungsthaͤtigkeit in der menſchlichen Frucht theils als abnormes Erzeu- gen organiſcher Gebilde ſich darſtellen, und zwar auf dreifache Weiſe: 1) indem ſie Organe welche der Idee des menſchlichen Organismus nach vorhanden ſeyn ſollen, nicht entſtehen laͤßt; 2) indem ſie uͤberzaͤhlige orga- niſche Gebilde hervorbringt; 3) indem ſie Organe welche in die Idee des Organismus gehoͤren zwar erzeugt, aber in regelwidriger Form, Miſchung und Struktur. Theils wird die abnorme Bil- dungsthaͤtigkeit in regelwidrigem Erhalten der Organe ſich offenbaren, und zwar indem in einem vor- handenen und urſpruͤnglich regelmaͤßig erzeugten Organe durch Krankheit entweder 1) eine uͤbermaͤßige Bildungsthaͤ- tigkeit (Entzuͤndung, Wucherung,) oder 2) eine zu ge- ringe ja zerſtoͤrende Bildungsthaͤtigkeit (Atrophie, Aufloͤſung) oder 3) eine qualitativ veraͤnderte Bil- dungsthaͤtigkeit (Degeneration) hervortritt. §. 1119. Welches ſind nun aber die Urſachen wodurch dieſe Stoͤ- rungen im Bildungsprozeße der Frucht hervorgerufen werden koͤnnen? und welche Folgen bringen dieſe Stoͤrungen in dem Befinden der Frucht hervor? — dieſe Fragen ſind es welche jetzt zunaͤchſt eroͤrtert werden muͤßen. — §. 1120. Aetiologie. Wie im gebornen ſelbſtſtaͤndigen Men- ſchen das Leben uͤberhaupt beſteht in und durch den Conflikt ſeiner innern, und der ihn umgebenden aͤußern Natur, ſo ſind bei ihm auch die Stoͤrungen ſeines Lebens, die Krankheiten, in beiden Sphaͤren, in der innern Lebensthaͤtigkeit und den aͤußern Einfluͤßen begruͤndet. Fuͤr den Embryo nun iſt der muͤtterliche Koͤrper die aͤußere Welt, und ſuchen wir demnach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/301
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/301>, abgerufen am 24.11.2024.