Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

gar nicht erkennbare Disposition, gleich einem erst spät kei-
menden Samenkorne, im Kindeskörper verborgen liegt, welche
erst zu gewißen Perioden des Lebens sich entwickelt (so die
Anlage zur Phthisis, zu Gicht, zu Hämorrhoiden u. s. w.)

§. 1127.

Symptomatologie. Besondere Zeichen welche das
Krankseyn oder die fehlerhafte Bildung des Embryo schon
während der Schwangerschaft zu erkennen gaben, sind nur
in sehr geringer Anzahl und ohne hinreichende Bestimmtheit
vorhanden. Daß abnorme Anhäufungen von Wasser vermehrte
Ausdehnung des Leibes zur Folge haben werden, ergiebt sich
zwar von selbst, und eben so habe ich öfters bei Schwangern,
unter Umständen wo ein eintretender krankhafter Zustand des
Fetus wahrscheinlich war, und wohl auch nach der Entbin-
dung sich bestätigte, mehrere der oben (§. 782.) angeführten
Kennzeichen vom Tode des Kindes eintreten sehen; nämlich die
Kindesbewegungen nachlaßend, die Brüste einsinkend, Ge-
fühl von Kälte und Schwere im Unterleibe vorhanden gefun-
den; doch erlauben alle diese Zeichen nur sehr unsichere Schlüße
auf den eigentlichen Zustand der Frucht.

2. Specielle Pathologie des Fetuszustandes.
§. 1128.

Hierher würde nun die nähere Erwägung jeder einzelnen
Abnormität welche wir im Leben der menschlichen Frucht ent-
wickelt finden, gehören; allein schon die Klasse der eigentlich
sogenannten Mißgeburten, welche wir für nichts als Pro-
dukte krankhafter Bildungsthätigkeit ansehen können, bietet
eine so große Mannigfaltigkeit dar, daß ein besonderes Werk
zu ihrer Erörterung gehörte. Wir müssen daher diese sämmt-
lichen Mißbildungen, welche als Produkte einer ursprüng-
lich
gestörten oder an sich mangelhaften Idee des neuen Or-
ganismus, sich entwickeln, theils in die pathologische Anato-

gar nicht erkennbare Dispoſition, gleich einem erſt ſpaͤt kei-
menden Samenkorne, im Kindeskoͤrper verborgen liegt, welche
erſt zu gewißen Perioden des Lebens ſich entwickelt (ſo die
Anlage zur Phthiſis, zu Gicht, zu Haͤmorrhoiden u. ſ. w.)

§. 1127.

Symptomatologie. Beſondere Zeichen welche das
Krankſeyn oder die fehlerhafte Bildung des Embryo ſchon
waͤhrend der Schwangerſchaft zu erkennen gaben, ſind nur
in ſehr geringer Anzahl und ohne hinreichende Beſtimmtheit
vorhanden. Daß abnorme Anhaͤufungen von Waſſer vermehrte
Ausdehnung des Leibes zur Folge haben werden, ergiebt ſich
zwar von ſelbſt, und eben ſo habe ich oͤfters bei Schwangern,
unter Umſtaͤnden wo ein eintretender krankhafter Zuſtand des
Fetus wahrſcheinlich war, und wohl auch nach der Entbin-
dung ſich beſtaͤtigte, mehrere der oben (§. 782.) angefuͤhrten
Kennzeichen vom Tode des Kindes eintreten ſehen; naͤmlich die
Kindesbewegungen nachlaßend, die Bruͤſte einſinkend, Ge-
fuͤhl von Kaͤlte und Schwere im Unterleibe vorhanden gefun-
den; doch erlauben alle dieſe Zeichen nur ſehr unſichere Schluͤße
auf den eigentlichen Zuſtand der Frucht.

2. Specielle Pathologie des Fetuszuſtandes.
§. 1128.

Hierher wuͤrde nun die naͤhere Erwaͤgung jeder einzelnen
Abnormitaͤt welche wir im Leben der menſchlichen Frucht ent-
wickelt finden, gehoͤren; allein ſchon die Klaſſe der eigentlich
ſogenannten Mißgeburten, welche wir fuͤr nichts als Pro-
dukte krankhafter Bildungsthaͤtigkeit anſehen koͤnnen, bietet
eine ſo große Mannigfaltigkeit dar, daß ein beſonderes Werk
zu ihrer Eroͤrterung gehoͤrte. Wir muͤſſen daher dieſe ſaͤmmt-
lichen Mißbildungen, welche als Produkte einer urſpruͤng-
lich
geſtoͤrten oder an ſich mangelhaften Idee des neuen Or-
ganismus, ſich entwickeln, theils in die pathologiſche Anato-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0308" n="284"/>
gar nicht erkennbare Dispo&#x017F;ition, gleich einem er&#x017F;t &#x017F;pa&#x0364;t kei-<lb/>
menden Samenkorne, im Kindesko&#x0364;rper verborgen liegt, welche<lb/>
er&#x017F;t zu gewißen Perioden des Lebens &#x017F;ich entwickelt (&#x017F;o die<lb/>
Anlage zur Phthi&#x017F;is, zu Gicht, zu Ha&#x0364;morrhoiden u. &#x017F;. w.)</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 1127.</head><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Symptomatologie</hi>. Be&#x017F;ondere Zeichen welche das<lb/>
Krank&#x017F;eyn oder die fehlerhafte Bildung des Embryo &#x017F;chon<lb/>
wa&#x0364;hrend der Schwanger&#x017F;chaft zu erkennen gaben, &#x017F;ind nur<lb/>
in &#x017F;ehr geringer Anzahl und ohne hinreichende Be&#x017F;timmtheit<lb/>
vorhanden. Daß abnorme Anha&#x0364;ufungen von Wa&#x017F;&#x017F;er vermehrte<lb/>
Ausdehnung des Leibes zur Folge haben werden, ergiebt &#x017F;ich<lb/>
zwar von &#x017F;elb&#x017F;t, und eben &#x017F;o habe ich o&#x0364;fters bei Schwangern,<lb/>
unter Um&#x017F;ta&#x0364;nden wo ein eintretender krankhafter Zu&#x017F;tand des<lb/>
Fetus wahr&#x017F;cheinlich war, und wohl auch nach der Entbin-<lb/>
dung &#x017F;ich be&#x017F;ta&#x0364;tigte, mehrere der oben (§. 782.) angefu&#x0364;hrten<lb/>
Kennzeichen vom Tode des Kindes eintreten &#x017F;ehen; na&#x0364;mlich die<lb/>
Kindesbewegungen nachlaßend, die Bru&#x0364;&#x017F;te ein&#x017F;inkend, Ge-<lb/>
fu&#x0364;hl von Ka&#x0364;lte und Schwere im Unterleibe vorhanden gefun-<lb/>
den; doch erlauben alle die&#x017F;e Zeichen nur &#x017F;ehr un&#x017F;ichere Schlu&#x0364;ße<lb/>
auf den eigentlichen Zu&#x017F;tand der Frucht.</p>
                </div>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>2. <hi rendition="#g">Specielle Pathologie des Fetuszu&#x017F;tandes</hi>.</head><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 1128.</head><lb/>
                  <p>Hierher wu&#x0364;rde nun die na&#x0364;here Erwa&#x0364;gung jeder einzelnen<lb/>
Abnormita&#x0364;t welche wir im Leben der men&#x017F;chlichen Frucht ent-<lb/>
wickelt finden, geho&#x0364;ren; allein &#x017F;chon die Kla&#x017F;&#x017F;e der eigentlich<lb/>
&#x017F;ogenannten <hi rendition="#g">Mißgeburten</hi>, welche wir fu&#x0364;r nichts als Pro-<lb/>
dukte krankhafter Bildungstha&#x0364;tigkeit an&#x017F;ehen ko&#x0364;nnen, bietet<lb/>
eine &#x017F;o große Mannigfaltigkeit dar, daß ein be&#x017F;onderes Werk<lb/>
zu ihrer Ero&#x0364;rterung geho&#x0364;rte. Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en daher die&#x017F;e &#x017F;a&#x0364;mmt-<lb/>
lichen Mißbildungen, welche als Produkte einer <hi rendition="#g">ur&#x017F;pru&#x0364;ng-<lb/>
lich</hi> ge&#x017F;to&#x0364;rten oder an &#x017F;ich mangelhaften Idee des neuen Or-<lb/>
ganismus, &#x017F;ich entwickeln, theils in die pathologi&#x017F;che Anato-<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0308] gar nicht erkennbare Dispoſition, gleich einem erſt ſpaͤt kei- menden Samenkorne, im Kindeskoͤrper verborgen liegt, welche erſt zu gewißen Perioden des Lebens ſich entwickelt (ſo die Anlage zur Phthiſis, zu Gicht, zu Haͤmorrhoiden u. ſ. w.) §. 1127. Symptomatologie. Beſondere Zeichen welche das Krankſeyn oder die fehlerhafte Bildung des Embryo ſchon waͤhrend der Schwangerſchaft zu erkennen gaben, ſind nur in ſehr geringer Anzahl und ohne hinreichende Beſtimmtheit vorhanden. Daß abnorme Anhaͤufungen von Waſſer vermehrte Ausdehnung des Leibes zur Folge haben werden, ergiebt ſich zwar von ſelbſt, und eben ſo habe ich oͤfters bei Schwangern, unter Umſtaͤnden wo ein eintretender krankhafter Zuſtand des Fetus wahrſcheinlich war, und wohl auch nach der Entbin- dung ſich beſtaͤtigte, mehrere der oben (§. 782.) angefuͤhrten Kennzeichen vom Tode des Kindes eintreten ſehen; naͤmlich die Kindesbewegungen nachlaßend, die Bruͤſte einſinkend, Ge- fuͤhl von Kaͤlte und Schwere im Unterleibe vorhanden gefun- den; doch erlauben alle dieſe Zeichen nur ſehr unſichere Schluͤße auf den eigentlichen Zuſtand der Frucht. 2. Specielle Pathologie des Fetuszuſtandes. §. 1128. Hierher wuͤrde nun die naͤhere Erwaͤgung jeder einzelnen Abnormitaͤt welche wir im Leben der menſchlichen Frucht ent- wickelt finden, gehoͤren; allein ſchon die Klaſſe der eigentlich ſogenannten Mißgeburten, welche wir fuͤr nichts als Pro- dukte krankhafter Bildungsthaͤtigkeit anſehen koͤnnen, bietet eine ſo große Mannigfaltigkeit dar, daß ein beſonderes Werk zu ihrer Eroͤrterung gehoͤrte. Wir muͤſſen daher dieſe ſaͤmmt- lichen Mißbildungen, welche als Produkte einer urſpruͤng- lich geſtoͤrten oder an ſich mangelhaften Idee des neuen Or- ganismus, ſich entwickeln, theils in die pathologiſche Anato-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/308
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/308>, abgerufen am 25.11.2024.