Die Prognose kann bei dieser Operation im Ganzen immer mißlich genannt werden, da theils die damit nicht sel- ten verbundenen heftigen Schmerzen leicht allgemeine unange- nehme Zufälle herbeiführen, theils örtlich, durch die heftige Reitzung, sehr wohl heftige, im Wochenbette zu Puerperalfie- bern Veranlaßung gebende Entzündungen entstehen können; ja selbst, und zwar mitunter erst in längerer Zeit nach der Entbindung entstehende Zufälle, als chronische Entzündung, Verhärtung und sogar krebshafter Zustand der Vaginalportion, in Folge erlittener Quetschung und Verletzung sich zeigen. -- Günstiger wird jedoch die Vorhersagung ausfallen dürfen: 1) wenn die Vaginalportion bereits hinlänglich verstrichen, die Muttermundsränder verdünnt, aufgelockert, und zur Eröffnung vorbereitet sind. 2) Wenn die Eröffnung selbst bereits durch die Wehen bis auf einen gewissen Grad erfolgt ist, und die Kunst nur den Rest der Erweiterung zu bewerkstelligen braucht. 3) Wenn die Ausdehnung durch Anwendung dynamischer Mittel befördert und ohne Hülfe der Instrumente durch vor- sichtiges Operiren der Hand allein bewerkstelligt wird. 4) Wenn die übrigen Umstände günstig sind, und der Mutter- mund selbst nicht etwa durch bereits eingetretene Entzündung und Geschwulst die Ausdehnung sehr erschwerte.
§. 1148.
Bevor wir nun die eigentliche Operation genauer kennen lernen, ist noch von den im vorigen §. erwähnten dynamischen Mitteln, welche insbesondere zur Erleichterung der Erweiterung beitragen, einiges zu erinnern. Hierher gehören aber vorzüglich Mittel, welche die Zirkelfibern des Muttermundes erschlaffen, und die Empfindlichkeit desselben vermindern, als: Einspritzun- gen von schleimigen, erweichenden mit norkotischen Stoffen versetzten Dekokten, Einspritzungen von warmer Milch in Ver- bindung mit Oehl, mit Laudanum, von warmem Oehl allein, allgemeine laue Bäder, und innere antispasmodische Mittel, als: einige Tropfen der R. thebaica mit dem Infus. Vale-
§. 1147.
Die Prognoſe kann bei dieſer Operation im Ganzen immer mißlich genannt werden, da theils die damit nicht ſel- ten verbundenen heftigen Schmerzen leicht allgemeine unange- nehme Zufaͤlle herbeifuͤhren, theils oͤrtlich, durch die heftige Reitzung, ſehr wohl heftige, im Wochenbette zu Puerperalfie- bern Veranlaßung gebende Entzuͤndungen entſtehen koͤnnen; ja ſelbſt, und zwar mitunter erſt in laͤngerer Zeit nach der Entbindung entſtehende Zufaͤlle, als chroniſche Entzuͤndung, Verhaͤrtung und ſogar krebshafter Zuſtand der Vaginalportion, in Folge erlittener Quetſchung und Verletzung ſich zeigen. — Guͤnſtiger wird jedoch die Vorherſagung ausfallen duͤrfen: 1) wenn die Vaginalportion bereits hinlaͤnglich verſtrichen, die Muttermundsraͤnder verduͤnnt, aufgelockert, und zur Eroͤffnung vorbereitet ſind. 2) Wenn die Eroͤffnung ſelbſt bereits durch die Wehen bis auf einen gewiſſen Grad erfolgt iſt, und die Kunſt nur den Reſt der Erweiterung zu bewerkſtelligen braucht. 3) Wenn die Ausdehnung durch Anwendung dynamiſcher Mittel befoͤrdert und ohne Huͤlfe der Inſtrumente durch vor- ſichtiges Operiren der Hand allein bewerkſtelligt wird. 4) Wenn die uͤbrigen Umſtaͤnde guͤnſtig ſind, und der Mutter- mund ſelbſt nicht etwa durch bereits eingetretene Entzuͤndung und Geſchwulſt die Ausdehnung ſehr erſchwerte.
§. 1148.
Bevor wir nun die eigentliche Operation genauer kennen lernen, iſt noch von den im vorigen §. erwaͤhnten dynamiſchen Mitteln, welche insbeſondere zur Erleichterung der Erweiterung beitragen, einiges zu erinnern. Hierher gehoͤren aber vorzuͤglich Mittel, welche die Zirkelfibern des Muttermundes erſchlaffen, und die Empfindlichkeit deſſelben vermindern, als: Einſpritzun- gen von ſchleimigen, erweichenden mit norkotiſchen Stoffen verſetzten Dekokten, Einſpritzungen von warmer Milch in Ver- bindung mit Oehl, mit Laudanum, von warmem Oehl allein, allgemeine laue Baͤder, und innere antiſpasmodiſche Mittel, als: einige Tropfen der R̅. thebaica mit dem Infus. Vale-
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§. 1147.
Die Prognoſe kann bei dieſer Operation im Ganzen
immer mißlich genannt werden, da theils die damit nicht ſel-
ten verbundenen heftigen Schmerzen leicht allgemeine unange-
nehme Zufaͤlle herbeifuͤhren, theils oͤrtlich, durch die heftige
Reitzung, ſehr wohl heftige, im Wochenbette zu Puerperalfie-
bern Veranlaßung gebende Entzuͤndungen entſtehen koͤnnen;
ja ſelbſt, und zwar mitunter erſt in laͤngerer Zeit nach der
Entbindung entſtehende Zufaͤlle, als chroniſche Entzuͤndung,
Verhaͤrtung und ſogar krebshafter Zuſtand der Vaginalportion,
in Folge erlittener Quetſchung und Verletzung ſich zeigen. —
Guͤnſtiger wird jedoch die Vorherſagung ausfallen duͤrfen: 1)
wenn die Vaginalportion bereits hinlaͤnglich verſtrichen, die
Muttermundsraͤnder verduͤnnt, aufgelockert, und zur Eroͤffnung
vorbereitet ſind. 2) Wenn die Eroͤffnung ſelbſt bereits durch
die Wehen bis auf einen gewiſſen Grad erfolgt iſt, und die
Kunſt nur den Reſt der Erweiterung zu bewerkſtelligen braucht.
3) Wenn die Ausdehnung durch Anwendung dynamiſcher
Mittel befoͤrdert und ohne Huͤlfe der Inſtrumente durch vor-
ſichtiges Operiren der Hand allein bewerkſtelligt wird. 4)
Wenn die uͤbrigen Umſtaͤnde guͤnſtig ſind, und der Mutter-
mund ſelbſt nicht etwa durch bereits eingetretene Entzuͤndung
und Geſchwulſt die Ausdehnung ſehr erſchwerte.
§. 1148.
Bevor wir nun die eigentliche Operation genauer kennen
lernen, iſt noch von den im vorigen §. erwaͤhnten dynamiſchen
Mitteln, welche insbeſondere zur Erleichterung der Erweiterung
beitragen, einiges zu erinnern. Hierher gehoͤren aber vorzuͤglich
Mittel, welche die Zirkelfibern des Muttermundes erſchlaffen,
und die Empfindlichkeit deſſelben vermindern, als: Einſpritzun-
gen von ſchleimigen, erweichenden mit norkotiſchen Stoffen
verſetzten Dekokten, Einſpritzungen von warmer Milch in Ver-
bindung mit Oehl, mit Laudanum, von warmem Oehl allein,
allgemeine laue Baͤder, und innere antiſpasmodiſche Mittel,
als: einige Tropfen der R̅. thebaica mit dem Infus. Vale-
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/321>, abgerufen am 25.11.2024.
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