Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

hierbei die Hüftengegend noch nicht zu tief im Beckeneingange
stehen, als in weichem Falle man zweckmäßiger das Kind
an einem Schenkel vollends bis über die Hüften hervorbringt,
und dann erst den zweiten Fuß entwickelt. Eben so ist es
mit den Steislagen; sobald nämlich der Steis noch beweglich
im Beckeneingange steht, kann man leicht die Füße, wie bei
der Wendung gelehrt worden, herabführen, ist er dagegen schon
tief ins Becken eingetreten, so ist es zweckmäßiger denselben
entweder durch eine Geburtszange mit geringer Kopfkrüm-
mung, oder durch einen gekrümmt in den Schenkelbug einge-
brachten Zeigefinger, oder bei einem abgestorbenen Kinde, selbst
durch den hier eingesetzten stumpfen Haken, bis zum Durch-
schneiden zu bringen, um dann die Füße behutsam zu ent-
wickeln.

§. 1198.

Liegen nun beide Füße vor den äußern Geschlechtsthei-
len, so beachtet man zuerst ob die Zehen nach rückwärts oder
vorwärts gekehrt sind. Man faßt hierauf mit jeder Hand,
und zwar mit flach angelegten gestreckten Fingern, den Daumen an
die obere und äußere Seite des Unterschenkels gelegt, einen Fuß,
zieht gleichzeitig beide Füße an und leitet so, wenn die Zehen
nach rückwärts gekehrt waren, beide Füße bis an die Hüften her-
vor. Lagen die Zehen nach vorwärts gekehrt, so ist es zweck-
mäßig, während des Anziehens der Füße, dem Kindeskörper eine
gelinde Drehung mit dem Rücken nach aufwärts zu geben.
Sind nun die untern Extremitäten des Kindes geboren, so
schlägt man sie in ein gewärmtes Leinentuch ein, und achtet
zuerst auf die Lage des Nabelstranges, welcher stets in der
Aushöhlung des Kreuzbeins sich am meisten gegen Druck ge-
sichert befindet, und welcher, wenn er vielleicht an seiner In-
sertion in den Unterleib zu sehr gedehnt wird, behutsam etwas
weiter hervorgezogen, so wie, wenn er zwischen den Schenkeln
durchgezogen seyn sollte, mittelst Beugung und Durchstecken
eines Schenkels von dieser Umschlingung befreit werden muß.


hierbei die Huͤftengegend noch nicht zu tief im Beckeneingange
ſtehen, als in weichem Falle man zweckmaͤßiger das Kind
an einem Schenkel vollends bis uͤber die Huͤften hervorbringt,
und dann erſt den zweiten Fuß entwickelt. Eben ſo iſt es
mit den Steislagen; ſobald naͤmlich der Steis noch beweglich
im Beckeneingange ſteht, kann man leicht die Fuͤße, wie bei
der Wendung gelehrt worden, herabfuͤhren, iſt er dagegen ſchon
tief ins Becken eingetreten, ſo iſt es zweckmaͤßiger denſelben
entweder durch eine Geburtszange mit geringer Kopfkruͤm-
mung, oder durch einen gekruͤmmt in den Schenkelbug einge-
brachten Zeigefinger, oder bei einem abgeſtorbenen Kinde, ſelbſt
durch den hier eingeſetzten ſtumpfen Haken, bis zum Durch-
ſchneiden zu bringen, um dann die Fuͤße behutſam zu ent-
wickeln.

§. 1198.

Liegen nun beide Fuͤße vor den aͤußern Geſchlechtsthei-
len, ſo beachtet man zuerſt ob die Zehen nach ruͤckwaͤrts oder
vorwaͤrts gekehrt ſind. Man faßt hierauf mit jeder Hand,
und zwar mit flach angelegten geſtreckten Fingern, den Daumen an
die obere und aͤußere Seite des Unterſchenkels gelegt, einen Fuß,
zieht gleichzeitig beide Fuͤße an und leitet ſo, wenn die Zehen
nach ruͤckwaͤrts gekehrt waren, beide Fuͤße bis an die Huͤften her-
vor. Lagen die Zehen nach vorwaͤrts gekehrt, ſo iſt es zweck-
maͤßig, waͤhrend des Anziehens der Fuͤße, dem Kindeskoͤrper eine
gelinde Drehung mit dem Ruͤcken nach aufwaͤrts zu geben.
Sind nun die untern Extremitaͤten des Kindes geboren, ſo
ſchlaͤgt man ſie in ein gewaͤrmtes Leinentuch ein, und achtet
zuerſt auf die Lage des Nabelſtranges, welcher ſtets in der
Aushoͤhlung des Kreuzbeins ſich am meiſten gegen Druck ge-
ſichert befindet, und welcher, wenn er vielleicht an ſeiner In-
ſertion in den Unterleib zu ſehr gedehnt wird, behutſam etwas
weiter hervorgezogen, ſo wie, wenn er zwiſchen den Schenkeln
durchgezogen ſeyn ſollte, mittelſt Beugung und Durchſtecken
eines Schenkels von dieſer Umſchlingung befreit werden muß.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <p><pb facs="#f0354" n="330"/>
hierbei die Hu&#x0364;ftengegend noch nicht zu tief im Beckeneingange<lb/>
&#x017F;tehen, als in weichem Falle man zweckma&#x0364;ßiger das Kind<lb/>
an einem Schenkel vollends bis u&#x0364;ber die Hu&#x0364;ften hervorbringt,<lb/>
und dann er&#x017F;t den zweiten Fuß entwickelt. Eben &#x017F;o i&#x017F;t es<lb/>
mit den Steislagen; &#x017F;obald na&#x0364;mlich der Steis noch beweglich<lb/>
im Beckeneingange &#x017F;teht, kann man leicht die Fu&#x0364;ße, wie bei<lb/>
der Wendung gelehrt worden, herabfu&#x0364;hren, i&#x017F;t er dagegen &#x017F;chon<lb/>
tief ins Becken eingetreten, &#x017F;o i&#x017F;t es zweckma&#x0364;ßiger den&#x017F;elben<lb/>
entweder durch eine Geburtszange mit geringer Kopfkru&#x0364;m-<lb/>
mung, oder durch einen gekru&#x0364;mmt in den Schenkelbug einge-<lb/>
brachten Zeigefinger, oder bei einem abge&#x017F;torbenen Kinde, &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
durch den hier einge&#x017F;etzten &#x017F;tumpfen Haken, bis zum Durch-<lb/>
&#x017F;chneiden zu bringen, um dann die Fu&#x0364;ße behut&#x017F;am zu ent-<lb/>
wickeln.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 1198.</head><lb/>
                          <p>Liegen nun beide Fu&#x0364;ße vor den a&#x0364;ußern Ge&#x017F;chlechtsthei-<lb/>
len, &#x017F;o beachtet man zuer&#x017F;t ob die Zehen nach ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts oder<lb/>
vorwa&#x0364;rts gekehrt &#x017F;ind. Man faßt hierauf mit jeder Hand,<lb/>
und zwar mit flach angelegten ge&#x017F;treckten Fingern, den Daumen an<lb/>
die obere und a&#x0364;ußere Seite des Unter&#x017F;chenkels gelegt, einen Fuß,<lb/>
zieht gleichzeitig beide Fu&#x0364;ße an und leitet &#x017F;o, wenn die Zehen<lb/>
nach ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts gekehrt waren, beide Fu&#x0364;ße bis an die Hu&#x0364;ften her-<lb/>
vor. Lagen die Zehen nach vorwa&#x0364;rts gekehrt, &#x017F;o i&#x017F;t es zweck-<lb/>
ma&#x0364;ßig, wa&#x0364;hrend des Anziehens der Fu&#x0364;ße, dem Kindesko&#x0364;rper eine<lb/>
gelinde Drehung mit dem Ru&#x0364;cken nach aufwa&#x0364;rts zu geben.<lb/>
Sind nun die untern Extremita&#x0364;ten des Kindes geboren, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;gt man &#x017F;ie in ein gewa&#x0364;rmtes Leinentuch ein, und achtet<lb/>
zuer&#x017F;t auf die Lage des Nabel&#x017F;tranges, welcher &#x017F;tets in der<lb/>
Ausho&#x0364;hlung des Kreuzbeins &#x017F;ich am mei&#x017F;ten gegen Druck ge-<lb/>
&#x017F;ichert befindet, und welcher, wenn er vielleicht an &#x017F;einer In-<lb/>
&#x017F;ertion in den Unterleib zu &#x017F;ehr gedehnt wird, behut&#x017F;am etwas<lb/>
weiter hervorgezogen, &#x017F;o wie, wenn er zwi&#x017F;chen den Schenkeln<lb/>
durchgezogen &#x017F;eyn &#x017F;ollte, mittel&#x017F;t Beugung und Durch&#x017F;tecken<lb/>
eines Schenkels von die&#x017F;er Um&#x017F;chlingung befreit werden muß.</p>
                        </div><lb/>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0354] hierbei die Huͤftengegend noch nicht zu tief im Beckeneingange ſtehen, als in weichem Falle man zweckmaͤßiger das Kind an einem Schenkel vollends bis uͤber die Huͤften hervorbringt, und dann erſt den zweiten Fuß entwickelt. Eben ſo iſt es mit den Steislagen; ſobald naͤmlich der Steis noch beweglich im Beckeneingange ſteht, kann man leicht die Fuͤße, wie bei der Wendung gelehrt worden, herabfuͤhren, iſt er dagegen ſchon tief ins Becken eingetreten, ſo iſt es zweckmaͤßiger denſelben entweder durch eine Geburtszange mit geringer Kopfkruͤm- mung, oder durch einen gekruͤmmt in den Schenkelbug einge- brachten Zeigefinger, oder bei einem abgeſtorbenen Kinde, ſelbſt durch den hier eingeſetzten ſtumpfen Haken, bis zum Durch- ſchneiden zu bringen, um dann die Fuͤße behutſam zu ent- wickeln. §. 1198. Liegen nun beide Fuͤße vor den aͤußern Geſchlechtsthei- len, ſo beachtet man zuerſt ob die Zehen nach ruͤckwaͤrts oder vorwaͤrts gekehrt ſind. Man faßt hierauf mit jeder Hand, und zwar mit flach angelegten geſtreckten Fingern, den Daumen an die obere und aͤußere Seite des Unterſchenkels gelegt, einen Fuß, zieht gleichzeitig beide Fuͤße an und leitet ſo, wenn die Zehen nach ruͤckwaͤrts gekehrt waren, beide Fuͤße bis an die Huͤften her- vor. Lagen die Zehen nach vorwaͤrts gekehrt, ſo iſt es zweck- maͤßig, waͤhrend des Anziehens der Fuͤße, dem Kindeskoͤrper eine gelinde Drehung mit dem Ruͤcken nach aufwaͤrts zu geben. Sind nun die untern Extremitaͤten des Kindes geboren, ſo ſchlaͤgt man ſie in ein gewaͤrmtes Leinentuch ein, und achtet zuerſt auf die Lage des Nabelſtranges, welcher ſtets in der Aushoͤhlung des Kreuzbeins ſich am meiſten gegen Druck ge- ſichert befindet, und welcher, wenn er vielleicht an ſeiner In- ſertion in den Unterleib zu ſehr gedehnt wird, behutſam etwas weiter hervorgezogen, ſo wie, wenn er zwiſchen den Schenkeln durchgezogen ſeyn ſollte, mittelſt Beugung und Durchſtecken eines Schenkels von dieſer Umſchlingung befreit werden muß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/354
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/354>, abgerufen am 22.11.2024.