werden, wie wichtig die Verschiedenheit ist, welche wir früherhin bemerklich gemacht haben, wo von der Art und Weise die Rede war, wie überhaupt die Idee dazu gelange, als ein Mannichfaltiges, als ein Organismus, sich darzu¬ leben. Es wurde nämlich damals schon nachgewiesen, daß eine zweifache Richtung in diesem Walten unverkennbar sei: erstens das Bestreben die einfachste -- die Urgestaltung -- die Monas aller Bildung -- die bläschenförmige mikrosko¬ pische Hohlkugel -- unzähligemal immer zu wiederholen -- sich unzähligemal immer wieder selbst zu setzen als Einheit, und dadurch eine unbestimmbare Zahl von Einheiten dar¬ zubilden, oder, wie man es auch ausdrücken kann, eine möglichst große Vielheit der Erscheinung zu schaffen; und zweitens das Bestreben, durch alle diese Mannichfaltigkeit hindurch, das höhere Bild einer Gesammtheit festzuhalten und an dieser Mannichfaltigkeit eine Totalität darzustellen. Ich sagte nun die Beachtung dieser zweifachen Verschieden¬ heit sei wichtig, dieweil in ihr der Grund davon zu suchen, daß die Gesammtheit aller sich im Bereiche unserer Erkennt¬ niß entwickelnden Organismen entweder durch das Vor¬ herrschen der einen oder der andern Richtung bestimmt werde. Von dem einen dunkeln Reiche jener sonderbaren einfachsten Geschöpfe, welche ich als die Indifferenzregion zwischen dem Reiche der Wanzen und dem Reiche der Thiere -- mit dem Namen der Protorganismen bezeichnet habe, und deren Gebilde eben selbst nichts als Monaden, als einfache oft nur verschiedenartig gegliederte und geformte Zellen sind, weichen jene zwei entgegengesetzten Strahlungen ganz nach den oberwähnten beiden Gegensätzen aus einander. Das Pflanzenreich beruht durch und durch, wie in jeder einzelnen Pflanze, so auch in der Mannichfaltigkeit seiner Gestalten wesentlich auf endloser Wiederholung einer Grundform, es ist durch und durch Zellenbau, sich ins Unendliche fort wiederholend, und deßhalb aus jeder ein¬ zelnen Zelle immer wieder möglicherweise das Ganze her¬
werden, wie wichtig die Verſchiedenheit iſt, welche wir früherhin bemerklich gemacht haben, wo von der Art und Weiſe die Rede war, wie überhaupt die Idee dazu gelange, als ein Mannichfaltiges, als ein Organismus, ſich darzu¬ leben. Es wurde nämlich damals ſchon nachgewieſen, daß eine zweifache Richtung in dieſem Walten unverkennbar ſei: erſtens das Beſtreben die einfachſte — die Urgeſtaltung — die Monas aller Bildung — die bläschenförmige mikroſko¬ piſche Hohlkugel — unzähligemal immer zu wiederholen — ſich unzähligemal immer wieder ſelbſt zu ſetzen als Einheit, und dadurch eine unbeſtimmbare Zahl von Einheiten dar¬ zubilden, oder, wie man es auch ausdrücken kann, eine möglichſt große Vielheit der Erſcheinung zu ſchaffen; und zweitens das Beſtreben, durch alle dieſe Mannichfaltigkeit hindurch, das höhere Bild einer Geſammtheit feſtzuhalten und an dieſer Mannichfaltigkeit eine Totalität darzuſtellen. Ich ſagte nun die Beachtung dieſer zweifachen Verſchieden¬ heit ſei wichtig, dieweil in ihr der Grund davon zu ſuchen, daß die Geſammtheit aller ſich im Bereiche unſerer Erkennt¬ niß entwickelnden Organismen entweder durch das Vor¬ herrſchen der einen oder der andern Richtung beſtimmt werde. Von dem einen dunkeln Reiche jener ſonderbaren einfachſten Geſchöpfe, welche ich als die Indifferenzregion zwiſchen dem Reiche der Wanzen und dem Reiche der Thiere — mit dem Namen der Protorganismen bezeichnet habe, und deren Gebilde eben ſelbſt nichts als Monaden, als einfache oft nur verſchiedenartig gegliederte und geformte Zellen ſind, weichen jene zwei entgegengeſetzten Strahlungen ganz nach den oberwähnten beiden Gegenſätzen aus einander. Das Pflanzenreich beruht durch und durch, wie in jeder einzelnen Pflanze, ſo auch in der Mannichfaltigkeit ſeiner Geſtalten weſentlich auf endloſer Wiederholung einer Grundform, es iſt durch und durch Zellenbau, ſich ins Unendliche fort wiederholend, und deßhalb aus jeder ein¬ zelnen Zelle immer wieder möglicherweiſe das Ganze her¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0128"n="112"/>
werden, wie wichtig die Verſchiedenheit iſt, welche wir<lb/>
früherhin bemerklich gemacht haben, wo von der Art und<lb/>
Weiſe die Rede war, wie überhaupt die Idee dazu gelange,<lb/>
als ein Mannichfaltiges, als ein Organismus, ſich darzu¬<lb/>
leben. Es wurde nämlich damals ſchon nachgewieſen, daß<lb/>
eine zweifache Richtung in dieſem Walten unverkennbar ſei:<lb/><hirendition="#g">erſtens</hi> das Beſtreben die einfachſte — die Urgeſtaltung —<lb/>
die Monas aller Bildung — die bläschenförmige mikroſko¬<lb/>
piſche Hohlkugel — unzähligemal immer zu wiederholen —<lb/>ſich unzähligemal immer wieder ſelbſt zu ſetzen als Einheit,<lb/>
und <hirendition="#g">dadurch</hi> eine unbeſtimmbare Zahl von Einheiten dar¬<lb/>
zubilden, oder, wie man es auch ausdrücken kann, eine<lb/>
möglichſt große Vielheit der Erſcheinung zu ſchaffen; und<lb/><hirendition="#g">zweitens</hi> das Beſtreben, durch alle dieſe Mannichfaltigkeit<lb/>
hindurch, das höhere Bild einer Geſammtheit feſtzuhalten<lb/>
und an dieſer Mannichfaltigkeit eine Totalität darzuſtellen.<lb/>
Ich ſagte nun die Beachtung dieſer zweifachen Verſchieden¬<lb/>
heit ſei wichtig, dieweil in ihr der Grund davon zu ſuchen,<lb/>
daß die Geſammtheit aller ſich im Bereiche unſerer Erkennt¬<lb/>
niß entwickelnden Organismen entweder durch das Vor¬<lb/>
herrſchen der einen oder der andern Richtung beſtimmt<lb/>
werde. Von dem einen dunkeln Reiche jener ſonderbaren<lb/>
einfachſten Geſchöpfe, welche ich als die Indifferenzregion<lb/>
zwiſchen dem Reiche der Wanzen und dem Reiche der Thiere<lb/>— mit dem Namen der Protorganismen bezeichnet habe,<lb/>
und deren Gebilde eben ſelbſt nichts als Monaden, als<lb/>
einfache oft nur verſchiedenartig gegliederte und geformte<lb/>
Zellen ſind, weichen jene zwei entgegengeſetzten Strahlungen<lb/>
ganz nach den oberwähnten beiden Gegenſätzen aus einander.<lb/><hirendition="#g">Das Pflanzenreich</hi> beruht durch und durch, wie in<lb/>
jeder einzelnen Pflanze, ſo auch in der Mannichfaltigkeit<lb/>ſeiner Geſtalten weſentlich auf endloſer Wiederholung einer<lb/>
Grundform, es iſt durch und durch <hirendition="#g">Zellenbau</hi>, ſich ins<lb/>
Unendliche fort wiederholend, und deßhalb aus jeder ein¬<lb/>
zelnen Zelle immer wieder möglicherweiſe das Ganze her¬<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[112/0128]
werden, wie wichtig die Verſchiedenheit iſt, welche wir
früherhin bemerklich gemacht haben, wo von der Art und
Weiſe die Rede war, wie überhaupt die Idee dazu gelange,
als ein Mannichfaltiges, als ein Organismus, ſich darzu¬
leben. Es wurde nämlich damals ſchon nachgewieſen, daß
eine zweifache Richtung in dieſem Walten unverkennbar ſei:
erſtens das Beſtreben die einfachſte — die Urgeſtaltung —
die Monas aller Bildung — die bläschenförmige mikroſko¬
piſche Hohlkugel — unzähligemal immer zu wiederholen —
ſich unzähligemal immer wieder ſelbſt zu ſetzen als Einheit,
und dadurch eine unbeſtimmbare Zahl von Einheiten dar¬
zubilden, oder, wie man es auch ausdrücken kann, eine
möglichſt große Vielheit der Erſcheinung zu ſchaffen; und
zweitens das Beſtreben, durch alle dieſe Mannichfaltigkeit
hindurch, das höhere Bild einer Geſammtheit feſtzuhalten
und an dieſer Mannichfaltigkeit eine Totalität darzuſtellen.
Ich ſagte nun die Beachtung dieſer zweifachen Verſchieden¬
heit ſei wichtig, dieweil in ihr der Grund davon zu ſuchen,
daß die Geſammtheit aller ſich im Bereiche unſerer Erkennt¬
niß entwickelnden Organismen entweder durch das Vor¬
herrſchen der einen oder der andern Richtung beſtimmt
werde. Von dem einen dunkeln Reiche jener ſonderbaren
einfachſten Geſchöpfe, welche ich als die Indifferenzregion
zwiſchen dem Reiche der Wanzen und dem Reiche der Thiere
— mit dem Namen der Protorganismen bezeichnet habe,
und deren Gebilde eben ſelbſt nichts als Monaden, als
einfache oft nur verſchiedenartig gegliederte und geformte
Zellen ſind, weichen jene zwei entgegengeſetzten Strahlungen
ganz nach den oberwähnten beiden Gegenſätzen aus einander.
Das Pflanzenreich beruht durch und durch, wie in
jeder einzelnen Pflanze, ſo auch in der Mannichfaltigkeit
ſeiner Geſtalten weſentlich auf endloſer Wiederholung einer
Grundform, es iſt durch und durch Zellenbau, ſich ins
Unendliche fort wiederholend, und deßhalb aus jeder ein¬
zelnen Zelle immer wieder möglicherweiſe das Ganze her¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/128>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.