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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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Menschen gegeben, so treten doch schon die verschieden¬
artigsten Selbstgefühle, welche oft sehr nahe an Selbst¬
bewußtsein streifen, bereits in den Thieren auf, und
auch im Menschen ist der Abschnitt, wo eben in der Seele
der Geist geboren wird, durchaus nicht mit Schärfe fest¬
zustellen.

Es fragt sich daher jetzt zuerst ganz im Allgemeinen:
auf welche Weise offenbart sich im Thiere die zur Seele
gewordene Idee und in ihr irgend eine Art des Welt¬
bewußtseins ?

Die Antwort ist: "dadurch, daß die drei Strahlen
alles Seelenlebens, auf deren Entfaltung denn auch die
Möglichkeit alles Bewußtseins ruht, d. i. Erkennen,
Fühlen, Wollen, zum ersten Mal hier in ihrer Son¬
derung auftreten
." Alles nämlich was irgend ein be¬
stimmtes Dasein hat, Alles worin unter irgend einer Form
sich eine Idee darlebt, ja jedes Stück einer dieser Formen,
wo auch nicht die entfernte Spur eines Bewußtseins auf¬
taucht, hat, wie schon früher erwähnt wurde, ein gewisses
Verhältniß zu anderm Daseienden, d. h. es wird auf ge¬
wisse Weise von andern afficirt, und afficirt wiederum
Anderes -- allein eben alsdann auch durchaus ohne eine
Spur von Spontaneität. Der Stein wird vom Stein
fortgerissen und stößt Anderes -- er kann erwärmt werden
und Anderes erwärmen, erleuchtet werden und leuchten, u. s. w.
aber immer ist Einwirkung und Gegenwirkung unzertrenn¬
lich. Eben so verhält sich jedes Individuum in dessen Er¬
scheinung eine besondre Idee ihren eigenthümlichen Lebens¬
kreis vollenden soll, aber in welchem noch schlechterdings
keine Art des Bewußtseins sich erschlossen hat. Der Wech¬
selwirkungen mit Anderen können sehr vielfältige sein, auf
sehr verschiedne Weise kann es von Außen in Anspruch
genommen werden und Andres in Anspruch nehmen, aber
Alles nur nach unbedingter Nothwendigkeit eines höhern
allgemeinen Lebens. So wird das Ei afficirt durch äußere

Menſchen gegeben, ſo treten doch ſchon die verſchieden¬
artigſten Selbſtgefühle, welche oft ſehr nahe an Selbſt¬
bewußtſein ſtreifen, bereits in den Thieren auf, und
auch im Menſchen iſt der Abſchnitt, wo eben in der Seele
der Geiſt geboren wird, durchaus nicht mit Schärfe feſt¬
zuſtellen.

Es fragt ſich daher jetzt zuerſt ganz im Allgemeinen:
auf welche Weiſe offenbart ſich im Thiere die zur Seele
gewordene Idee und in ihr irgend eine Art des Welt¬
bewußtſeins ?

Die Antwort iſt: „dadurch, daß die drei Strahlen
alles Seelenlebens, auf deren Entfaltung denn auch die
Möglichkeit alles Bewußtſeins ruht, d. i. Erkennen,
Fühlen, Wollen, zum erſten Mal hier in ihrer Son¬
derung auftreten
.“ Alles nämlich was irgend ein be¬
ſtimmtes Daſein hat, Alles worin unter irgend einer Form
ſich eine Idee darlebt, ja jedes Stück einer dieſer Formen,
wo auch nicht die entfernte Spur eines Bewußtſeins auf¬
taucht, hat, wie ſchon früher erwähnt wurde, ein gewiſſes
Verhältniß zu anderm Daſeienden, d. h. es wird auf ge¬
wiſſe Weiſe von andern afficirt, und afficirt wiederum
Anderes — allein eben alsdann auch durchaus ohne eine
Spur von Spontaneität. Der Stein wird vom Stein
fortgeriſſen und ſtößt Anderes — er kann erwärmt werden
und Anderes erwärmen, erleuchtet werden und leuchten, u. ſ. w.
aber immer iſt Einwirkung und Gegenwirkung unzertrenn¬
lich. Eben ſo verhält ſich jedes Individuum in deſſen Er¬
ſcheinung eine beſondre Idee ihren eigenthümlichen Lebens¬
kreis vollenden ſoll, aber in welchem noch ſchlechterdings
keine Art des Bewußtſeins ſich erſchloſſen hat. Der Wech¬
ſelwirkungen mit Anderen können ſehr vielfältige ſein, auf
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[116/0132] Menſchen gegeben, ſo treten doch ſchon die verſchieden¬ artigſten Selbſtgefühle, welche oft ſehr nahe an Selbſt¬ bewußtſein ſtreifen, bereits in den Thieren auf, und auch im Menſchen iſt der Abſchnitt, wo eben in der Seele der Geiſt geboren wird, durchaus nicht mit Schärfe feſt¬ zuſtellen. Es fragt ſich daher jetzt zuerſt ganz im Allgemeinen: auf welche Weiſe offenbart ſich im Thiere die zur Seele gewordene Idee und in ihr irgend eine Art des Welt¬ bewußtſeins ? Die Antwort iſt: „dadurch, daß die drei Strahlen alles Seelenlebens, auf deren Entfaltung denn auch die Möglichkeit alles Bewußtſeins ruht, d. i. Erkennen, Fühlen, Wollen, zum erſten Mal hier in ihrer Son¬ derung auftreten.“ Alles nämlich was irgend ein be¬ ſtimmtes Daſein hat, Alles worin unter irgend einer Form ſich eine Idee darlebt, ja jedes Stück einer dieſer Formen, wo auch nicht die entfernte Spur eines Bewußtſeins auf¬ taucht, hat, wie ſchon früher erwähnt wurde, ein gewiſſes Verhältniß zu anderm Daſeienden, d. h. es wird auf ge¬ wiſſe Weiſe von andern afficirt, und afficirt wiederum Anderes — allein eben alsdann auch durchaus ohne eine Spur von Spontaneität. Der Stein wird vom Stein fortgeriſſen und ſtößt Anderes — er kann erwärmt werden und Anderes erwärmen, erleuchtet werden und leuchten, u. ſ. w. aber immer iſt Einwirkung und Gegenwirkung unzertrenn¬ lich. Eben ſo verhält ſich jedes Individuum in deſſen Er¬ ſcheinung eine beſondre Idee ihren eigenthümlichen Lebens¬ kreis vollenden ſoll, aber in welchem noch ſchlechterdings keine Art des Bewußtſeins ſich erſchloſſen hat. Der Wech¬ ſelwirkungen mit Anderen können ſehr vielfältige ſein, auf ſehr verſchiedne Weiſe kann es von Außen in Anſpruch genommen werden und Andres in Anſpruch nehmen, aber Alles nur nach unbedingter Nothwendigkeit eines höhern allgemeinen Lebens. So wird das Ei afficirt durch äußere

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/132>, abgerufen am 21.11.2024.