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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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den Strömungen der Blutmasse auf vielfältige Weise sich
bethätige, ja er gibt von hier aus sogar Veranlassung zu
gewissen geregelten Bewegungen der ganzen Hirn¬
masse und auch der in ihren Höhlen befindlichen Flüssig¬
keiten. Ein Heben und Senken des gesammten Hirns, be¬
dingt durch die rhythmisch dem Athemholen entsprechende
größere oder geringere Anhäufung des Blutes in den Venen
des Hirns, geht durch das ganze Leben ununterbrochen fort,
und läßt sich schon beim kleinen Kinde als ein langsames
Pulsiren auf der Scheitelfläche an der großen Fontanelle
fühlen. Kurz an alle diesem ist unverkennbar ein gewisses
rhythmisches Verhalten der Blutmasse zur Hirnsubstanz wahr¬
zunehmen, und wenn nun ausgemacht ist, daß das Ent¬
binden und Erhalten der Innervation an der primitiven
Hirnsubstanz vom Blutleben bedingt wird, und wenn eben
so gewiß ist, daß diese Innervation in ihren tausendfältig
verschiedenartigen Spannungen hinwiederum das bedingt
oder selbst ist, was wir Vorstellungs- und Gefühlsleben
nennen, so ist offenbar von hier aus ein Weg gegeben um
zum Verständniß zu gelangen, warum immerfort in gewisser
rhythmischer Weise die Spannung der Innervation im Hirn
wechselt, womit nothwendig auf irgend eine Art der un¬
willkürliche Wechsel von Vorstellungen und Gefühlen ver¬
bunden ist. -- Es wird der Physiologie und Psychologie
nie gelingen, ganz im Einzelnen nachzuweisen, warum hie¬
bei gerade in dieser oder einer andern Folge die Vor¬
stellungen sich zum Bewußtsein drängen und wieder ins
Unbewußte zurückkehren, da wir früher schon gezeigt haben,
wie dunkel das Verhältniß der Hirnsubstanz zum Vorstel¬
lungsleben überall uns bleibt, aber die Wissenschaft kann
sich dabei beruhigen so weit hier vorgedrungen zu sein,
und gezeigt zu haben, daß allerdings in das Leben der
Hirnsubstanz ein rhythmisches Princip eingeht, welches von
einem gewissen Moment im organischen Leben derselben be¬
gründet war. -- Halten wir uns daher jetzt an den Vor¬

den Strömungen der Blutmaſſe auf vielfältige Weiſe ſich
bethätige, ja er gibt von hier aus ſogar Veranlaſſung zu
gewiſſen geregelten Bewegungen der ganzen Hirn¬
maſſe und auch der in ihren Höhlen befindlichen Flüſſig¬
keiten. Ein Heben und Senken des geſammten Hirns, be¬
dingt durch die rhythmiſch dem Athemholen entſprechende
größere oder geringere Anhäufung des Blutes in den Venen
des Hirns, geht durch das ganze Leben ununterbrochen fort,
und läßt ſich ſchon beim kleinen Kinde als ein langſames
Pulſiren auf der Scheitelfläche an der großen Fontanelle
fühlen. Kurz an alle dieſem iſt unverkennbar ein gewiſſes
rhythmiſches Verhalten der Blutmaſſe zur Hirnſubſtanz wahr¬
zunehmen, und wenn nun ausgemacht iſt, daß das Ent¬
binden und Erhalten der Innervation an der primitiven
Hirnſubſtanz vom Blutleben bedingt wird, und wenn eben
ſo gewiß iſt, daß dieſe Innervation in ihren tauſendfältig
verſchiedenartigen Spannungen hinwiederum das bedingt
oder ſelbſt iſt, was wir Vorſtellungs- und Gefühlsleben
nennen, ſo iſt offenbar von hier aus ein Weg gegeben um
zum Verſtändniß zu gelangen, warum immerfort in gewiſſer
rhythmiſcher Weiſe die Spannung der Innervation im Hirn
wechſelt, womit nothwendig auf irgend eine Art der un¬
willkürliche Wechſel von Vorſtellungen und Gefühlen ver¬
bunden iſt. — Es wird der Phyſiologie und Pſychologie
nie gelingen, ganz im Einzelnen nachzuweiſen, warum hie¬
bei gerade in dieſer oder einer andern Folge die Vor¬
ſtellungen ſich zum Bewußtſein drängen und wieder ins
Unbewußte zurückkehren, da wir früher ſchon gezeigt haben,
wie dunkel das Verhältniß der Hirnſubſtanz zum Vorſtel¬
lungsleben überall uns bleibt, aber die Wiſſenſchaft kann
ſich dabei beruhigen ſo weit hier vorgedrungen zu ſein,
und gezeigt zu haben, daß allerdings in das Leben der
Hirnſubſtanz ein rhythmiſches Princip eingeht, welches von
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[205/0221] den Strömungen der Blutmaſſe auf vielfältige Weiſe ſich bethätige, ja er gibt von hier aus ſogar Veranlaſſung zu gewiſſen geregelten Bewegungen der ganzen Hirn¬ maſſe und auch der in ihren Höhlen befindlichen Flüſſig¬ keiten. Ein Heben und Senken des geſammten Hirns, be¬ dingt durch die rhythmiſch dem Athemholen entſprechende größere oder geringere Anhäufung des Blutes in den Venen des Hirns, geht durch das ganze Leben ununterbrochen fort, und läßt ſich ſchon beim kleinen Kinde als ein langſames Pulſiren auf der Scheitelfläche an der großen Fontanelle fühlen. Kurz an alle dieſem iſt unverkennbar ein gewiſſes rhythmiſches Verhalten der Blutmaſſe zur Hirnſubſtanz wahr¬ zunehmen, und wenn nun ausgemacht iſt, daß das Ent¬ binden und Erhalten der Innervation an der primitiven Hirnſubſtanz vom Blutleben bedingt wird, und wenn eben ſo gewiß iſt, daß dieſe Innervation in ihren tauſendfältig verſchiedenartigen Spannungen hinwiederum das bedingt oder ſelbſt iſt, was wir Vorſtellungs- und Gefühlsleben nennen, ſo iſt offenbar von hier aus ein Weg gegeben um zum Verſtändniß zu gelangen, warum immerfort in gewiſſer rhythmiſcher Weiſe die Spannung der Innervation im Hirn wechſelt, womit nothwendig auf irgend eine Art der un¬ willkürliche Wechſel von Vorſtellungen und Gefühlen ver¬ bunden iſt. — Es wird der Phyſiologie und Pſychologie nie gelingen, ganz im Einzelnen nachzuweiſen, warum hie¬ bei gerade in dieſer oder einer andern Folge die Vor¬ ſtellungen ſich zum Bewußtſein drängen und wieder ins Unbewußte zurückkehren, da wir früher ſchon gezeigt haben, wie dunkel das Verhältniß der Hirnſubſtanz zum Vorſtel¬ lungsleben überall uns bleibt, aber die Wiſſenſchaft kann ſich dabei beruhigen ſo weit hier vorgedrungen zu ſein, und gezeigt zu haben, daß allerdings in das Leben der Hirnſubſtanz ein rhythmiſches Princip eingeht, welches von einem gewiſſen Moment im organiſchen Leben derſelben be¬ gründet war. — Halten wir uns daher jetzt an den Vor¬

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/221>, abgerufen am 21.11.2024.