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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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die Rückkehr des Bewußten zum Unbewußten betrifft, so ist
es ausgesprochen in der innern Nöthigung, welche
durch dieses Gefühl gegeben ist, die Vereinigung der Ge¬
schlechter anzustreben, und trotz Allem, was in der be¬
wußten Seele in Erkenntniß des Liebesverhältnisses an
Glück geboten ist, doch schlechterdings, als zur höchsten
Befriedigung eines eingebornen Verlangens, das Geheim¬
niß der organischen Verbindung zu fordern, deren höchstes
Glück eben wieder als Hingeben, ja Lösen des Bewußtseins
im Unbewußtsein empfunden wird. Dieser Kreislauf wird
aber um so bedeutungsvoller, wenn wir bedenken, daß
eigentlich nur an ihn die Fortbildung der Menschheit ge¬
knüpft seie, und nur von ihm es immer bedingt sein
sollte, daß aus einer eigenthümlichen Bildung des Frauen-
Organismus hervor, immer neue, wieder selbstständige,
individuelle menschliche Organismen sich entwickeln. Wäre
es freilich denkbar, daß alle Fortbildung der Menschheit
nur an diesem Kreislaufe, d. h. durch ein zu wahrhaft
hohem und schönem Bewußtsein gekommenes, im Unbewußt¬
sein des Liebesmysteriums sich vollendendes und immer
wieder im Bewußtsein auftauchendes Gefühl sich entwickelte,
so würde allerdings eine andere Blüthe der Menschheit die
Erde bevölkern als jetzt der Fall ist, jetzt wo bei weitem
der allergrößte Theil der Menschheit in seiner Fortbildung
an Verhältnisse geknüpft ist, welche von der höhern Be¬
deutung des Liebesgefühls nur zu weit entfernt sind! Dem
Menschenbeobachter erklärt sich jedenfalls aus diesen Ver¬
hältnissen Vieles in der bald glücklichen bald unglücklichern
Individualität der Glieder verschiedener Generationen.

Auch das Periodische im Liebesgefühl macht sich in
hohem Grade geltend, und zwar bald weniger bald mehr,
nach den verschiedenen, bald tiefern bald flachern Natu¬
ren. Je mehr die Flachheit vorwaltet, desto mehr hängt
das Erwachen des Liebesgefühls von sogenannten zufälli¬
gen Regungen des Unbewußten ab und ist eben dadurch

die Rückkehr des Bewußten zum Unbewußten betrifft, ſo iſt
es ausgeſprochen in der innern Nöthigung, welche
durch dieſes Gefühl gegeben iſt, die Vereinigung der Ge¬
ſchlechter anzuſtreben, und trotz Allem, was in der be¬
wußten Seele in Erkenntniß des Liebesverhältniſſes an
Glück geboten iſt, doch ſchlechterdings, als zur höchſten
Befriedigung eines eingebornen Verlangens, das Geheim¬
niß der organiſchen Verbindung zu fordern, deren höchſtes
Glück eben wieder als Hingeben, ja Löſen des Bewußtſeins
im Unbewußtſein empfunden wird. Dieſer Kreislauf wird
aber um ſo bedeutungsvoller, wenn wir bedenken, daß
eigentlich nur an ihn die Fortbildung der Menſchheit ge¬
knüpft ſeie, und nur von ihm es immer bedingt ſein
ſollte, daß aus einer eigenthümlichen Bildung des Frauen-
Organismus hervor, immer neue, wieder ſelbſtſtändige,
individuelle menſchliche Organismen ſich entwickeln. Wäre
es freilich denkbar, daß alle Fortbildung der Menſchheit
nur an dieſem Kreislaufe, d. h. durch ein zu wahrhaft
hohem und ſchönem Bewußtſein gekommenes, im Unbewußt¬
ſein des Liebesmyſteriums ſich vollendendes und immer
wieder im Bewußtſein auftauchendes Gefühl ſich entwickelte,
ſo würde allerdings eine andere Blüthe der Menſchheit die
Erde bevölkern als jetzt der Fall iſt, jetzt wo bei weitem
der allergrößte Theil der Menſchheit in ſeiner Fortbildung
an Verhältniſſe geknüpft iſt, welche von der höhern Be¬
deutung des Liebesgefühls nur zu weit entfernt ſind! Dem
Menſchenbeobachter erklärt ſich jedenfalls aus dieſen Ver¬
hältniſſen Vieles in der bald glücklichen bald unglücklichern
Individualität der Glieder verſchiedener Generationen.

Auch das Periodiſche im Liebesgefühl macht ſich in
hohem Grade geltend, und zwar bald weniger bald mehr,
nach den verſchiedenen, bald tiefern bald flachern Natu¬
ren. Je mehr die Flachheit vorwaltet, deſto mehr hängt
das Erwachen des Liebesgefühls von ſogenannten zufälli¬
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[291/0307] die Rückkehr des Bewußten zum Unbewußten betrifft, ſo iſt es ausgeſprochen in der innern Nöthigung, welche durch dieſes Gefühl gegeben iſt, die Vereinigung der Ge¬ ſchlechter anzuſtreben, und trotz Allem, was in der be¬ wußten Seele in Erkenntniß des Liebesverhältniſſes an Glück geboten iſt, doch ſchlechterdings, als zur höchſten Befriedigung eines eingebornen Verlangens, das Geheim¬ niß der organiſchen Verbindung zu fordern, deren höchſtes Glück eben wieder als Hingeben, ja Löſen des Bewußtſeins im Unbewußtſein empfunden wird. Dieſer Kreislauf wird aber um ſo bedeutungsvoller, wenn wir bedenken, daß eigentlich nur an ihn die Fortbildung der Menſchheit ge¬ knüpft ſeie, und nur von ihm es immer bedingt ſein ſollte, daß aus einer eigenthümlichen Bildung des Frauen- Organismus hervor, immer neue, wieder ſelbſtſtändige, individuelle menſchliche Organismen ſich entwickeln. Wäre es freilich denkbar, daß alle Fortbildung der Menſchheit nur an dieſem Kreislaufe, d. h. durch ein zu wahrhaft hohem und ſchönem Bewußtſein gekommenes, im Unbewußt¬ ſein des Liebesmyſteriums ſich vollendendes und immer wieder im Bewußtſein auftauchendes Gefühl ſich entwickelte, ſo würde allerdings eine andere Blüthe der Menſchheit die Erde bevölkern als jetzt der Fall iſt, jetzt wo bei weitem der allergrößte Theil der Menſchheit in ſeiner Fortbildung an Verhältniſſe geknüpft iſt, welche von der höhern Be¬ deutung des Liebesgefühls nur zu weit entfernt ſind! Dem Menſchenbeobachter erklärt ſich jedenfalls aus dieſen Ver¬ hältniſſen Vieles in der bald glücklichen bald unglücklichern Individualität der Glieder verſchiedener Generationen. Auch das Periodiſche im Liebesgefühl macht ſich in hohem Grade geltend, und zwar bald weniger bald mehr, nach den verſchiedenen, bald tiefern bald flachern Natu¬ ren. Je mehr die Flachheit vorwaltet, deſto mehr hängt das Erwachen des Liebesgefühls von ſogenannten zufälli¬ gen Regungen des Unbewußten ab und iſt eben dadurch

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/307>, abgerufen am 22.11.2024.