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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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den ältesten Zeiten her gesagt worden ist von der: "Kraft
des Gebetes
", theils in dem, was mit den Worten "gött¬
liche Hilfe" -- "Gnadenwahl" -- "Akt der Gnade Got¬
tes" -- vielfältig verehrend gerühmt worden ist. Gehen
wir diesen tiefsinnigen Lehren weiter im Einzelnen nach, so
muß vor allen Dingen hervorgehoben werden, daß hier der
Grad des Wachsthums und der geistigen Entwicklung (der
Gottinnigkeit), welchen die Seele erreicht hat, unfehlbar nur
eben so der Maßstab der innigern oder minder innigen
Wechselwirkung sein kann, als jene Anziehung und jenes
Angezogenwerden des fallenden Steines um so mächtiger
ist je größer und dichter seine Masse. -- Sammlung der
Seele, Läuterung derselben in immer höherem und reinerem
Concentriren auf das ihr allein recht Gemäße, kräftigeres
Wachsthum der Grundidee ihres Seins und Wirkens, das
allein kann ihr die Möglichkeit gewähren eine lebendigere
Wechselbeziehung zum Höchsten zu erreichen. Freilich löst
sich auch hier zuletzt Alles in den Nebel eines Geheimnisses
auf; Niemand lebt, der da sagen könnte, so und so weit
geht das, was die reinste gesammeltste Aufrichtung der Seele
zu Gott vermag und wirklich erreicht, theils um den eigen¬
thümlichen höhern Anklang, im Wesen des Göttlichen selbst,
sich zu erstreben, theils eine besondere Rückwirkung dieses
Göttlichen auf sich zu gewinnen, und so und so weit
geht sie nicht; aber daß etwas der Art sei, daß höchst
eigenthümliche Vorgänge dieser Art im tief innerlichsten
Leben der Seele immer von Zeit zu Zeit in der Geschichte
der Menschheit bemerkbar geworden sind, dies besteht und
wird immer wieder von einzelnen Erleuchteten anerkannt
werden, und wenn noch so vielfältig in der im Tagesleben
versunkenen Menge die Wahrhaftigkeit desselben vergessen
werden könnte.

Was sich nun aber darüber vom rein psychologischen
Standpunkte aus sagen läßt, möchte Folgendes sein. Das
Aufrichten der ganzen gesammelten zum Bewußtsein ent¬

den älteſten Zeiten her geſagt worden iſt von der: „Kraft
des Gebetes
“, theils in dem, was mit den Worten „gött¬
liche Hilfe“ — „Gnadenwahl“ — „Akt der Gnade Got¬
tes“ — vielfältig verehrend gerühmt worden iſt. Gehen
wir dieſen tiefſinnigen Lehren weiter im Einzelnen nach, ſo
muß vor allen Dingen hervorgehoben werden, daß hier der
Grad des Wachsthums und der geiſtigen Entwicklung (der
Gottinnigkeit), welchen die Seele erreicht hat, unfehlbar nur
eben ſo der Maßſtab der innigern oder minder innigen
Wechſelwirkung ſein kann, als jene Anziehung und jenes
Angezogenwerden des fallenden Steines um ſo mächtiger
iſt je größer und dichter ſeine Maſſe. — Sammlung der
Seele, Läuterung derſelben in immer höherem und reinerem
Concentriren auf das ihr allein recht Gemäße, kräftigeres
Wachsthum der Grundidee ihres Seins und Wirkens, das
allein kann ihr die Möglichkeit gewähren eine lebendigere
Wechſelbeziehung zum Höchſten zu erreichen. Freilich löst
ſich auch hier zuletzt Alles in den Nebel eines Geheimniſſes
auf; Niemand lebt, der da ſagen könnte, ſo und ſo weit
geht das, was die reinſte geſammeltſte Aufrichtung der Seele
zu Gott vermag und wirklich erreicht, theils um den eigen¬
thümlichen höhern Anklang, im Weſen des Göttlichen ſelbſt,
ſich zu erſtreben, theils eine beſondere Rückwirkung dieſes
Göttlichen auf ſich zu gewinnen, und ſo und ſo weit
geht ſie nicht; aber daß etwas der Art ſei, daß höchſt
eigenthümliche Vorgänge dieſer Art im tief innerlichſten
Leben der Seele immer von Zeit zu Zeit in der Geſchichte
der Menſchheit bemerkbar geworden ſind, dies beſteht und
wird immer wieder von einzelnen Erleuchteten anerkannt
werden, und wenn noch ſo vielfältig in der im Tagesleben
verſunkenen Menge die Wahrhaftigkeit deſſelben vergeſſen
werden könnte.

Was ſich nun aber darüber vom rein pſychologiſchen
Standpunkte aus ſagen läßt, möchte Folgendes ſein. Das
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[413/0429] den älteſten Zeiten her geſagt worden iſt von der: „Kraft des Gebetes“, theils in dem, was mit den Worten „gött¬ liche Hilfe“ — „Gnadenwahl“ — „Akt der Gnade Got¬ tes“ — vielfältig verehrend gerühmt worden iſt. Gehen wir dieſen tiefſinnigen Lehren weiter im Einzelnen nach, ſo muß vor allen Dingen hervorgehoben werden, daß hier der Grad des Wachsthums und der geiſtigen Entwicklung (der Gottinnigkeit), welchen die Seele erreicht hat, unfehlbar nur eben ſo der Maßſtab der innigern oder minder innigen Wechſelwirkung ſein kann, als jene Anziehung und jenes Angezogenwerden des fallenden Steines um ſo mächtiger iſt je größer und dichter ſeine Maſſe. — Sammlung der Seele, Läuterung derſelben in immer höherem und reinerem Concentriren auf das ihr allein recht Gemäße, kräftigeres Wachsthum der Grundidee ihres Seins und Wirkens, das allein kann ihr die Möglichkeit gewähren eine lebendigere Wechſelbeziehung zum Höchſten zu erreichen. Freilich löst ſich auch hier zuletzt Alles in den Nebel eines Geheimniſſes auf; Niemand lebt, der da ſagen könnte, ſo und ſo weit geht das, was die reinſte geſammeltſte Aufrichtung der Seele zu Gott vermag und wirklich erreicht, theils um den eigen¬ thümlichen höhern Anklang, im Weſen des Göttlichen ſelbſt, ſich zu erſtreben, theils eine beſondere Rückwirkung dieſes Göttlichen auf ſich zu gewinnen, und ſo und ſo weit geht ſie nicht; aber daß etwas der Art ſei, daß höchſt eigenthümliche Vorgänge dieſer Art im tief innerlichſten Leben der Seele immer von Zeit zu Zeit in der Geſchichte der Menſchheit bemerkbar geworden ſind, dies beſteht und wird immer wieder von einzelnen Erleuchteten anerkannt werden, und wenn noch ſo vielfältig in der im Tagesleben verſunkenen Menge die Wahrhaftigkeit deſſelben vergeſſen werden könnte. Was ſich nun aber darüber vom rein pſychologiſchen Standpunkte aus ſagen läßt, möchte Folgendes ſein. Das Aufrichten der ganzen geſammelten zum Bewußtſein ent¬

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/429>, abgerufen am 22.11.2024.