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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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lung des Bewußtseins als Muth und Lebensfrische empfun¬
den wird. Umgekehrt wird gesunkenes Blutleben, größerer
Blutverlust, Schwäche der Herzbewegung und Schlaffheit
seiner Textur, wiedergespiegelt im Psychischen unter der
Form von Niedergeschlagenheit, Furcht, Gefühl allgemeiner
Kraftlosigkeit und Unfähigkeit. -- Leicht ist es dabei auch
gewahr zu werden, daß es ganz gleich ist von welcher Seite
her, ob rein vom Organischen oder rein vom Psychischen
her, diese Umstimmungen angeregt werten. Fortgesetzter
durch Verhältnisse erregter Zustand von Furcht und Klein¬
muth ruft die erwähnten kranken Zustände des Blutlebens
hervor und umgekehrt, und Alles zeigt an, wie sehr wir
Ursache haben, immer und immerfort beides nur als Eins
zu betrachten. -- Eben so ist es mit der Sphäre der Stoff¬
aufnahme. Das Leben im Verdauungssysteme, durch welches
eine neue Fülle von Elementarsubstanz in den Organismus
gebracht wird, ist im Psychischen ausgedrückt durch die Be¬
haglichkeit oder die Qual des eigentlichen Gefühls von
einem irgendwie wirklich gewordenen Dasein; Zustände welche
sich im Angenehmen, im Gefühl der Sättigung, und im
Wohlgeschmack, von dem was diesen Zustand herbeiführt,
oder in dem Unangenehmen, durch Gefühl des Darbens, des
Hungers, des Durstes und im widrigen Eindrucke derjeni¬
gen Elemente, welche der Ernährung nicht vollkommen ge¬
mäß sind, offenbaren und so auch in die höchste bewußte
Sphäre sich fortpflanzen. Letzteres indeß immer nur in so
fern ein Nervensystem mitwirkt; denn das was eigentlich
durstet und hungert oder im Sättigungszustand lebt, ist
keineswegs das Nervensystem selbst, d. h. die zum Bewußt¬
sein sich vorbereitende Seele, sondern es sind Modifikationen
des ganz Unbewußten, und hier also des Verdauungssystems,
d. h. Modificationen desjenigen Lebensgebildes und der
Verwirklichung des unbewußten Seelenkreises, welcher den
Organismus mit neuen Stoffen zu versorgen und zu durch¬
dringen bestimmt ist. Auch die Pflanze kann dursten oder

lung des Bewußtſeins als Muth und Lebensfriſche empfun¬
den wird. Umgekehrt wird geſunkenes Blutleben, größerer
Blutverluſt, Schwäche der Herzbewegung und Schlaffheit
ſeiner Textur, wiedergeſpiegelt im Pſychiſchen unter der
Form von Niedergeſchlagenheit, Furcht, Gefühl allgemeiner
Kraftloſigkeit und Unfähigkeit. — Leicht iſt es dabei auch
gewahr zu werden, daß es ganz gleich iſt von welcher Seite
her, ob rein vom Organiſchen oder rein vom Pſychiſchen
her, dieſe Umſtimmungen angeregt werten. Fortgeſetzter
durch Verhältniſſe erregter Zuſtand von Furcht und Klein¬
muth ruft die erwähnten kranken Zuſtände des Blutlebens
hervor und umgekehrt, und Alles zeigt an, wie ſehr wir
Urſache haben, immer und immerfort beides nur als Eins
zu betrachten. — Eben ſo iſt es mit der Sphäre der Stoff¬
aufnahme. Das Leben im Verdauungsſyſteme, durch welches
eine neue Fülle von Elementarſubſtanz in den Organismus
gebracht wird, iſt im Pſychiſchen ausgedrückt durch die Be¬
haglichkeit oder die Qual des eigentlichen Gefühls von
einem irgendwie wirklich gewordenen Daſein; Zuſtände welche
ſich im Angenehmen, im Gefühl der Sättigung, und im
Wohlgeſchmack, von dem was dieſen Zuſtand herbeiführt,
oder in dem Unangenehmen, durch Gefühl des Darbens, des
Hungers, des Durſtes und im widrigen Eindrucke derjeni¬
gen Elemente, welche der Ernährung nicht vollkommen ge¬
mäß ſind, offenbaren und ſo auch in die höchſte bewußte
Sphäre ſich fortpflanzen. Letzteres indeß immer nur in ſo
fern ein Nervenſyſtem mitwirkt; denn das was eigentlich
durſtet und hungert oder im Sättigungszuſtand lebt, iſt
keineswegs das Nervenſyſtem ſelbſt, d. h. die zum Bewußt¬
ſein ſich vorbereitende Seele, ſondern es ſind Modifikationen
des ganz Unbewußten, und hier alſo des Verdauungsſyſtems,
d. h. Modificationen desjenigen Lebensgebildes und der
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[45/0061] lung des Bewußtſeins als Muth und Lebensfriſche empfun¬ den wird. Umgekehrt wird geſunkenes Blutleben, größerer Blutverluſt, Schwäche der Herzbewegung und Schlaffheit ſeiner Textur, wiedergeſpiegelt im Pſychiſchen unter der Form von Niedergeſchlagenheit, Furcht, Gefühl allgemeiner Kraftloſigkeit und Unfähigkeit. — Leicht iſt es dabei auch gewahr zu werden, daß es ganz gleich iſt von welcher Seite her, ob rein vom Organiſchen oder rein vom Pſychiſchen her, dieſe Umſtimmungen angeregt werten. Fortgeſetzter durch Verhältniſſe erregter Zuſtand von Furcht und Klein¬ muth ruft die erwähnten kranken Zuſtände des Blutlebens hervor und umgekehrt, und Alles zeigt an, wie ſehr wir Urſache haben, immer und immerfort beides nur als Eins zu betrachten. — Eben ſo iſt es mit der Sphäre der Stoff¬ aufnahme. Das Leben im Verdauungsſyſteme, durch welches eine neue Fülle von Elementarſubſtanz in den Organismus gebracht wird, iſt im Pſychiſchen ausgedrückt durch die Be¬ haglichkeit oder die Qual des eigentlichen Gefühls von einem irgendwie wirklich gewordenen Daſein; Zuſtände welche ſich im Angenehmen, im Gefühl der Sättigung, und im Wohlgeſchmack, von dem was dieſen Zuſtand herbeiführt, oder in dem Unangenehmen, durch Gefühl des Darbens, des Hungers, des Durſtes und im widrigen Eindrucke derjeni¬ gen Elemente, welche der Ernährung nicht vollkommen ge¬ mäß ſind, offenbaren und ſo auch in die höchſte bewußte Sphäre ſich fortpflanzen. Letzteres indeß immer nur in ſo fern ein Nervenſyſtem mitwirkt; denn das was eigentlich durſtet und hungert oder im Sättigungszuſtand lebt, iſt keineswegs das Nervenſyſtem ſelbſt, d. h. die zum Bewußt¬ ſein ſich vorbereitende Seele, ſondern es ſind Modifikationen des ganz Unbewußten, und hier alſo des Verdauungsſyſtems, d. h. Modificationen desjenigen Lebensgebildes und der Verwirklichung des unbewußten Seelenkreiſes, welcher den Organismus mit neuen Stoffen zu verſorgen und zu durch¬ dringen beſtimmt iſt. Auch die Pflanze kann durſten oder

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/61>, abgerufen am 23.11.2024.