der Wissenschaft, richtiger gesagt die Verbreitung derselben, gieng aber von Alexandria aus. Bald aber verlor dies in Folge seines politischen Werthes seine geistige Bedeutung. Aegypten war der Schlüssel zu den östlichen Provinzen Roms. Die Lage Alexandria's am Ausgang des strategisch schon früh für wichtig erkannten Nilthales machte es zu einem politisch werthvollen Punkte. Es strömten auch dort die verschiedenar- tigsten Elemente zusammen. Den als Träger der Cultur anerkannten Griechen standen schroff die Eingebornen gegenüber, die sich in ihrem innersten Wesen gegen das Fremde um so mehr abschließend verhalten mußten, als ihre an Thiergottheiten so reiche Religion schon seit der Zeit der Perserkriege durch die mit diesen ihnen nahe gerückten Licht- religion beeinträchtigt zu werden drohte. Dazu kamen zahlreiche Juden; endlich die Römer selbst. Unter diesen einander drängenden und trei- benden Interessen und der politisch gebotenen polizeilichen Ueber- wachung konnte eine freie wissenschaftliche Regung nicht gedeihen.
Was aber das Loos dieses einen, durch seine Beziehungen zu By- zanz culturhistorisch so wichtigen Landes war, das trat auch an andern Punkten auf und mußte schließlich auf Rom zurückwirken. Mit der Aufnahme eines Theiles der besiegten Völkerschaften in das römische Heer wurden zunächst die Besatzungen der Grenzprovinzen und bald diese selbst barbarisirt, selbst wo vielleicht vorher durch römische Colo- nien römische Bildung Fuß gefaßt hatte. Es dauerte aber nur eine kurze Zeit und das Heer war zum größten Theile fremder Herkunft, fremder Sitte, Bildung und Sprache; bei seinen häufigen Berührun- gen mit der Hauptstadt entfremdete es auch bald diese selbst ihren alten Ueberlieferungen. Die nächste Folge hiervon war, daß die Kenntniß der griechischen Sprache zurücktrat und die lateinische als äußeres eini- gendes Band allgemeiner verbreitet wurde. Neben dieser gewannen aber auch die Landessprachen an Interesse. Ueberall, wo es nicht auf ein Anknüpfen an alte traditionell gewordene Bildung ankam, fiengen Einzelne an, sich ihrer den Römern fremden Landessprachen zu bedie- nen. Besonders wichtig wegen des später auftretenden Verhältnisses zu den Arabern sind hier die Syrer, von denen der Gnostiker Barde- sanes schon im zweiten, Ephräm im vierten Jahrhundert der christ-
Ausgang des Alterthums.
der Wiſſenſchaft, richtiger geſagt die Verbreitung derſelben, gieng aber von Alexandria aus. Bald aber verlor dies in Folge ſeines politiſchen Werthes ſeine geiſtige Bedeutung. Aegypten war der Schlüſſel zu den öſtlichen Provinzen Roms. Die Lage Alexandria's am Ausgang des ſtrategiſch ſchon früh für wichtig erkannten Nilthales machte es zu einem politiſch werthvollen Punkte. Es ſtrömten auch dort die verſchiedenar- tigſten Elemente zuſammen. Den als Träger der Cultur anerkannten Griechen ſtanden ſchroff die Eingebornen gegenüber, die ſich in ihrem innerſten Weſen gegen das Fremde um ſo mehr abſchließend verhalten mußten, als ihre an Thiergottheiten ſo reiche Religion ſchon ſeit der Zeit der Perſerkriege durch die mit dieſen ihnen nahe gerückten Licht- religion beeinträchtigt zu werden drohte. Dazu kamen zahlreiche Juden; endlich die Römer ſelbſt. Unter dieſen einander drängenden und trei- benden Intereſſen und der politiſch gebotenen polizeilichen Ueber- wachung konnte eine freie wiſſenſchaftliche Regung nicht gedeihen.
Was aber das Loos dieſes einen, durch ſeine Beziehungen zu By- zanz culturhiſtoriſch ſo wichtigen Landes war, das trat auch an andern Punkten auf und mußte ſchließlich auf Rom zurückwirken. Mit der Aufnahme eines Theiles der beſiegten Völkerſchaften in das römiſche Heer wurden zunächſt die Beſatzungen der Grenzprovinzen und bald dieſe ſelbſt barbariſirt, ſelbſt wo vielleicht vorher durch römiſche Colo- nien römiſche Bildung Fuß gefaßt hatte. Es dauerte aber nur eine kurze Zeit und das Heer war zum größten Theile fremder Herkunft, fremder Sitte, Bildung und Sprache; bei ſeinen häufigen Berührun- gen mit der Hauptſtadt entfremdete es auch bald dieſe ſelbſt ihren alten Ueberlieferungen. Die nächſte Folge hiervon war, daß die Kenntniß der griechiſchen Sprache zurücktrat und die lateiniſche als äußeres eini- gendes Band allgemeiner verbreitet wurde. Neben dieſer gewannen aber auch die Landesſprachen an Intereſſe. Ueberall, wo es nicht auf ein Anknüpfen an alte traditionell gewordene Bildung ankam, fiengen Einzelne an, ſich ihrer den Römern fremden Landesſprachen zu bedie- nen. Beſonders wichtig wegen des ſpäter auftretenden Verhältniſſes zu den Arabern ſind hier die Syrer, von denen der Gnoſtiker Barde- ſanes ſchon im zweiten, Ephräm im vierten Jahrhundert der chriſt-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0102"n="91"/><fwplace="top"type="header">Ausgang des Alterthums.</fw><lb/>
der Wiſſenſchaft, richtiger geſagt die Verbreitung derſelben, gieng aber<lb/>
von Alexandria aus. Bald aber verlor dies in Folge ſeines politiſchen<lb/>
Werthes ſeine geiſtige Bedeutung. Aegypten war der Schlüſſel zu den<lb/>
öſtlichen Provinzen Roms. Die Lage Alexandria's am Ausgang des<lb/>ſtrategiſch ſchon früh für wichtig erkannten Nilthales machte es zu einem<lb/>
politiſch werthvollen Punkte. Es ſtrömten auch dort die verſchiedenar-<lb/>
tigſten Elemente zuſammen. Den als Träger der Cultur anerkannten<lb/>
Griechen ſtanden ſchroff die Eingebornen gegenüber, die ſich in ihrem<lb/>
innerſten Weſen gegen das Fremde um ſo mehr abſchließend verhalten<lb/>
mußten, als ihre an Thiergottheiten ſo reiche Religion ſchon ſeit der<lb/>
Zeit der Perſerkriege durch die mit dieſen ihnen nahe gerückten Licht-<lb/>
religion beeinträchtigt zu werden drohte. Dazu kamen zahlreiche Juden;<lb/>
endlich die Römer ſelbſt. Unter dieſen einander drängenden und trei-<lb/>
benden Intereſſen und der politiſch gebotenen polizeilichen Ueber-<lb/>
wachung konnte eine freie wiſſenſchaftliche Regung nicht gedeihen.</p><lb/><p>Was aber das Loos dieſes einen, durch ſeine Beziehungen zu By-<lb/>
zanz culturhiſtoriſch ſo wichtigen Landes war, das trat auch an andern<lb/>
Punkten auf und mußte ſchließlich auf Rom zurückwirken. Mit der<lb/>
Aufnahme eines Theiles der beſiegten Völkerſchaften in das römiſche<lb/>
Heer wurden zunächſt die Beſatzungen der Grenzprovinzen und bald<lb/>
dieſe ſelbſt barbariſirt, ſelbſt wo vielleicht vorher durch römiſche Colo-<lb/>
nien römiſche Bildung Fuß gefaßt hatte. Es dauerte aber nur eine<lb/>
kurze Zeit und das Heer war zum größten Theile fremder Herkunft,<lb/>
fremder Sitte, Bildung und Sprache; bei ſeinen häufigen Berührun-<lb/>
gen mit der Hauptſtadt entfremdete es auch bald dieſe ſelbſt ihren alten<lb/>
Ueberlieferungen. Die nächſte Folge hiervon war, daß die Kenntniß<lb/>
der griechiſchen Sprache zurücktrat und die lateiniſche als äußeres eini-<lb/>
gendes Band allgemeiner verbreitet wurde. Neben dieſer gewannen<lb/>
aber auch die Landesſprachen an Intereſſe. Ueberall, wo es nicht auf<lb/>
ein Anknüpfen an alte traditionell gewordene Bildung ankam, fiengen<lb/>
Einzelne an, ſich ihrer den Römern fremden Landesſprachen zu bedie-<lb/>
nen. Beſonders wichtig wegen des ſpäter auftretenden Verhältniſſes<lb/>
zu den Arabern ſind hier die Syrer, von denen der Gnoſtiker Barde-<lb/>ſanes ſchon im zweiten, Ephräm im vierten Jahrhundert der chriſt-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[91/0102]
Ausgang des Alterthums.
der Wiſſenſchaft, richtiger geſagt die Verbreitung derſelben, gieng aber
von Alexandria aus. Bald aber verlor dies in Folge ſeines politiſchen
Werthes ſeine geiſtige Bedeutung. Aegypten war der Schlüſſel zu den
öſtlichen Provinzen Roms. Die Lage Alexandria's am Ausgang des
ſtrategiſch ſchon früh für wichtig erkannten Nilthales machte es zu einem
politiſch werthvollen Punkte. Es ſtrömten auch dort die verſchiedenar-
tigſten Elemente zuſammen. Den als Träger der Cultur anerkannten
Griechen ſtanden ſchroff die Eingebornen gegenüber, die ſich in ihrem
innerſten Weſen gegen das Fremde um ſo mehr abſchließend verhalten
mußten, als ihre an Thiergottheiten ſo reiche Religion ſchon ſeit der
Zeit der Perſerkriege durch die mit dieſen ihnen nahe gerückten Licht-
religion beeinträchtigt zu werden drohte. Dazu kamen zahlreiche Juden;
endlich die Römer ſelbſt. Unter dieſen einander drängenden und trei-
benden Intereſſen und der politiſch gebotenen polizeilichen Ueber-
wachung konnte eine freie wiſſenſchaftliche Regung nicht gedeihen.
Was aber das Loos dieſes einen, durch ſeine Beziehungen zu By-
zanz culturhiſtoriſch ſo wichtigen Landes war, das trat auch an andern
Punkten auf und mußte ſchließlich auf Rom zurückwirken. Mit der
Aufnahme eines Theiles der beſiegten Völkerſchaften in das römiſche
Heer wurden zunächſt die Beſatzungen der Grenzprovinzen und bald
dieſe ſelbſt barbariſirt, ſelbſt wo vielleicht vorher durch römiſche Colo-
nien römiſche Bildung Fuß gefaßt hatte. Es dauerte aber nur eine
kurze Zeit und das Heer war zum größten Theile fremder Herkunft,
fremder Sitte, Bildung und Sprache; bei ſeinen häufigen Berührun-
gen mit der Hauptſtadt entfremdete es auch bald dieſe ſelbſt ihren alten
Ueberlieferungen. Die nächſte Folge hiervon war, daß die Kenntniß
der griechiſchen Sprache zurücktrat und die lateiniſche als äußeres eini-
gendes Band allgemeiner verbreitet wurde. Neben dieſer gewannen
aber auch die Landesſprachen an Intereſſe. Ueberall, wo es nicht auf
ein Anknüpfen an alte traditionell gewordene Bildung ankam, fiengen
Einzelne an, ſich ihrer den Römern fremden Landesſprachen zu bedie-
nen. Beſonders wichtig wegen des ſpäter auftretenden Verhältniſſes
zu den Arabern ſind hier die Syrer, von denen der Gnoſtiker Barde-
ſanes ſchon im zweiten, Ephräm im vierten Jahrhundert der chriſt-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/102>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.