zu gelangen. Daß der Kopf des Männchens in den Mund des Weib- chens gebracht wird, sagen auch Plinius (10, 62), Aelian (1, 24), Galen (de theriaca cap. 9); daß das Weibchen den Kopf abbeißt führt noch Horapollo an (2, 59. ed Leemans p. 84), von den Physiologen nur der althochdeutsche; alle übrigen dagegen sagen, daß das Weibchen dem Männchen die Genitalorgane abbeiße. Antigonus Carystius er- zählt (Cap. 25), daß die Jungen im Mutterleibe die Mutter durch Auffressen der innern Theile tödten, was Aristoteles (hist. anim. 5, 150) als nur zuweilen vorkommend erwähnt.
Die Aufführung der Schlange Aspis rührt von der griechisch- alexandrinischen Uebersetzung der Stelle Psalm 58, 5, 6 her, welcher auch die Vulgata folgt. Der altfranzösische und provencalische Physio- logus lassen diese Schlange den Balsambaum bewachen. Anhalt hierzu gab wohl eine Stelle im Pausanias (9, 28, ed. Siebelis, IV. p. 99). In den übrigen Physiologen, welche der Aspis gedenken, wird nur be- richtet, daß sie ihre Ohren gegen die Zaubertöne der Marsen ver- schließe; das eine drückt sie auf den Boden, das andre hält sie mit dem Schwanze zu. Die Erzählung findet sich nur bei christlichen Schrift- stellern.
Ein eigenthümliches Geschick hat das Ichneumon erfahren. Von diesem Säugethier wird im griechischen und syrischen Physiologus angegeben, daß es sich mit Lehm überkleide, um gegen die böse Schlange zu kämpfen. Es ist dies die bei Aristoteles geschilderte Weise, die Aspis anzugreifen (9, 44), wiederholt im Antigonus Carystius, Cap. 38. Dieses Ichneumon wird dann als Feind des Crocodils zu einer Schlange Enhydris oder Hydrus (im syrischen noch getrennt aufge- führt unter dem veränderten Namen Andrion), im isländischen Phy- siologus gar zu einem Vogel, also mit dem "Trochilus" verwechselt. Das Thier dringt dem Crocodile in den Rachen und tödtet es durch Fressen der Eingeweide64). Vermuthlich ist dieser Hydrus nur ein um- gewandeltes Ichneumon, welches eine Zeit lang noch daneben eine selb- ständige Stellung beibehielt.
64)Populatisque vitalibus erosa exit alvo, sagt Solinus (32, 25. p. 160. Mommsen) nach Plinius.
Phyſiologus.
zu gelangen. Daß der Kopf des Männchens in den Mund des Weib- chens gebracht wird, ſagen auch Plinius (10, 62), Aelian (1, 24), Galen (de theriaca cap. 9); daß das Weibchen den Kopf abbeißt führt noch Horapollo an (2, 59. ed Leemans p. 84), von den Phyſiologen nur der althochdeutſche; alle übrigen dagegen ſagen, daß das Weibchen dem Männchen die Genitalorgane abbeiße. Antigonus Caryſtius er- zählt (Cap. 25), daß die Jungen im Mutterleibe die Mutter durch Auffreſſen der innern Theile tödten, was Ariſtoteles (hist. anim. 5, 150) als nur zuweilen vorkommend erwähnt.
Die Aufführung der Schlange Aſpis rührt von der griechiſch- alexandriniſchen Ueberſetzung der Stelle Pſalm 58, 5, 6 her, welcher auch die Vulgata folgt. Der altfranzöſiſche und provençaliſche Phyſio- logus laſſen dieſe Schlange den Balſambaum bewachen. Anhalt hierzu gab wohl eine Stelle im Pauſanias (9, 28, ed. Siebelis, IV. p. 99). In den übrigen Phyſiologen, welche der Aspis gedenken, wird nur be- richtet, daß ſie ihre Ohren gegen die Zaubertöne der Marſen ver- ſchließe; das eine drückt ſie auf den Boden, das andre hält ſie mit dem Schwanze zu. Die Erzählung findet ſich nur bei chriſtlichen Schrift- ſtellern.
Ein eigenthümliches Geſchick hat das Ichneumon erfahren. Von dieſem Säugethier wird im griechiſchen und ſyriſchen Phyſiologus angegeben, daß es ſich mit Lehm überkleide, um gegen die böſe Schlange zu kämpfen. Es iſt dies die bei Ariſtoteles geſchilderte Weiſe, die Aſpis anzugreifen (9, 44), wiederholt im Antigonus Caryſtius, Cap. 38. Dieſes Ichneumon wird dann als Feind des Crocodils zu einer Schlange Enhydris oder Hydrus (im ſyriſchen noch getrennt aufge- führt unter dem veränderten Namen Andrion), im isländiſchen Phy- ſiologus gar zu einem Vogel, alſo mit dem „Trochilus“ verwechſelt. Das Thier dringt dem Crocodile in den Rachen und tödtet es durch Freſſen der Eingeweide64). Vermuthlich iſt dieſer Hydrus nur ein um- gewandeltes Ichneumon, welches eine Zeit lang noch daneben eine ſelb- ſtändige Stellung beibehielt.
64)Populatisque vitalibus erosa exit alvo, ſagt Solinus (32, 25. p. 160. Mommſen) nach Plinius.
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Phyſiologus.
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Galen (de theriaca cap. 9); daß das Weibchen den Kopf abbeißt führt
noch Horapollo an (2, 59. ed Leemans p. 84), von den Phyſiologen
nur der althochdeutſche; alle übrigen dagegen ſagen, daß das Weibchen
dem Männchen die Genitalorgane abbeiße. Antigonus Caryſtius er-
zählt (Cap. 25), daß die Jungen im Mutterleibe die Mutter durch
Auffreſſen der innern Theile tödten, was Ariſtoteles (hist. anim.
5, 150) als nur zuweilen vorkommend erwähnt.
Die Aufführung der Schlange Aſpis rührt von der griechiſch-
alexandriniſchen Ueberſetzung der Stelle Pſalm 58, 5, 6 her, welcher
auch die Vulgata folgt. Der altfranzöſiſche und provençaliſche Phyſio-
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gab wohl eine Stelle im Pauſanias (9, 28, ed. Siebelis, IV. p. 99).
In den übrigen Phyſiologen, welche der Aspis gedenken, wird nur be-
richtet, daß ſie ihre Ohren gegen die Zaubertöne der Marſen ver-
ſchließe; das eine drückt ſie auf den Boden, das andre hält ſie mit dem
Schwanze zu. Die Erzählung findet ſich nur bei chriſtlichen Schrift-
ſtellern.
Ein eigenthümliches Geſchick hat das Ichneumon erfahren.
Von dieſem Säugethier wird im griechiſchen und ſyriſchen Phyſiologus
angegeben, daß es ſich mit Lehm überkleide, um gegen die böſe Schlange
zu kämpfen. Es iſt dies die bei Ariſtoteles geſchilderte Weiſe, die Aſpis
anzugreifen (9, 44), wiederholt im Antigonus Caryſtius, Cap. 38.
Dieſes Ichneumon wird dann als Feind des Crocodils zu einer
Schlange Enhydris oder Hydrus (im ſyriſchen noch getrennt aufge-
führt unter dem veränderten Namen Andrion), im isländiſchen Phy-
ſiologus gar zu einem Vogel, alſo mit dem „Trochilus“ verwechſelt.
Das Thier dringt dem Crocodile in den Rachen und tödtet es durch
Freſſen der Eingeweide 64). Vermuthlich iſt dieſer Hydrus nur ein um-
gewandeltes Ichneumon, welches eine Zeit lang noch daneben eine ſelb-
ſtändige Stellung beibehielt.
64) Populatisque vitalibus erosa exit alvo, ſagt Solinus (32, 25. p. 160.
Mommſen) nach Plinius.
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/146>, abgerufen am 21.11.2024.
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