Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Die Zoologie des Mittelalters. Ideen jener Zeiten, sondern besonders auf die epochemachenden Werkedes dreizehnten Jahrhunderts ein irgend wahrnehmbarer gewesen wäre. Es werden später die Quellen der letzteren einer Erörterung zu unter- werfen sein. Was das erstere betrifft, so ist an Folgendes zu erinnern. Die zoologische Bildung und die dieselbe allein oder vorzugsweise tra- gende ärztliche Wissenschaft war in den Händen der Araber und gieng von ihnen auf die jüdischen Schulen des südlichen Mitteleuropa's über. Diesen Weg hatte auch Aristoteles gefunden. Sollte Plinius einen gleichen Einfluß gehabt haben, so müßte auch er den Arabern bekannt gewesen und von ihnen im Abendlande weiter verbreitet worden sein. Fabricius führt in seiner Bibliotheca latina eine arabische 114) Im Hadschi Khalfa (Ausgabe von Flügel, Bd. 2. S. 48) wird ange-
führt, daß Aidemir ben Ali Dschildeki dieses Buch commentirt habe (14. Jahrhun- dert). Die Astrologia apotelesmatica des Apollonius übersetzte Honein ben Ishak in's Arabische. vergl. Wenrich, a. a. O. S. 240. 239. Die Zoologie des Mittelalters. Ideen jener Zeiten, ſondern beſonders auf die epochemachenden Werkedes dreizehnten Jahrhunderts ein irgend wahrnehmbarer geweſen wäre. Es werden ſpäter die Quellen der letzteren einer Erörterung zu unter- werfen ſein. Was das erſtere betrifft, ſo iſt an Folgendes zu erinnern. Die zoologiſche Bildung und die dieſelbe allein oder vorzugsweiſe tra- gende ärztliche Wiſſenſchaft war in den Händen der Araber und gieng von ihnen auf die jüdiſchen Schulen des ſüdlichen Mitteleuropa's über. Dieſen Weg hatte auch Ariſtoteles gefunden. Sollte Plinius einen gleichen Einfluß gehabt haben, ſo müßte auch er den Arabern bekannt geweſen und von ihnen im Abendlande weiter verbreitet worden ſein. Fabricius führt in ſeiner Bibliotheca latina eine arabiſche 114) Im Hadſchi Khalfa (Ausgabe von Flügel, Bd. 2. S. 48) wird ange-
führt, daß Aidemir ben Ali Dſchildeki dieſes Buch commentirt habe (14. Jahrhun- dert). Die Astrologia apotelesmatica des Apollonius überſetzte Honein ben Iſhak in's Arabiſche. vergl. Wenrich, a. a. O. S. 240. 239. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0187" n="176"/><fw place="top" type="header">Die Zoologie des Mittelalters.</fw><lb/> Ideen jener Zeiten, ſondern beſonders auf die epochemachenden Werke<lb/> des dreizehnten Jahrhunderts ein irgend wahrnehmbarer geweſen wäre.<lb/> Es werden ſpäter die Quellen der letzteren einer Erörterung zu unter-<lb/> werfen ſein. Was das erſtere betrifft, ſo iſt an Folgendes zu erinnern.<lb/> Die zoologiſche Bildung und die dieſelbe allein oder vorzugsweiſe tra-<lb/> gende ärztliche Wiſſenſchaft war in den Händen der Araber und gieng<lb/> von ihnen auf die jüdiſchen Schulen des ſüdlichen Mitteleuropa's über.<lb/> Dieſen Weg hatte auch <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118650130">Ariſtoteles</persName> gefunden. Sollte <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118595083">Plinius</persName> einen<lb/> gleichen Einfluß gehabt haben, ſo müßte auch er den Arabern bekannt<lb/> geweſen und von ihnen im Abendlande weiter verbreitet worden ſein.</p><lb/> <p><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/100099459">Fabricius</persName></hi> führt in ſeiner <hi rendition="#aq">Bibliotheca latina</hi> eine arabiſche<lb/> Ueberſetzung des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118595083">Plinius</persName> von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119239418">Honiam</persName>, d. h. wohl von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119239418">Joannitius</persName><lb/> (<persName ref="http://d-nb.info/gnd/119239418">Abu Said Honein ben Iſhak</persName>) an; dieſe exiſtirt aber ſicher nicht.<lb/> Dagegen kommen häufig in arabiſchen Schriftſtellern Verweiſungen<lb/> auf einen gewiſſen <persName ref="nognd">Belinas</persName> oder <persName ref="nognd">Belinus</persName> oder <persName ref="nognd">Bolonius</persName>, je nach der<lb/> verſchiedenen Vocaliſation, vor. Von ihm werden verſchiedene Schrif-<lb/> ten angeführt, ſo ein Buch: das Geheimniß der Natur, ein Buch der<lb/> Eigenſchaften, ein Buch der Urſachen, ein Buch von den ſieben Kör-<lb/> pern (d. i. Gold, Silber, Kupfer, Eiſen, Blei, „chineſiſches Eiſen“<lb/> und Zinn)<note place="foot" n="114)">Im Hadſchi Khalfa (Ausgabe von <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/116631465">Flügel</persName></hi>, Bd. 2. S. 48) wird ange-<lb/> führt, daß <persName ref="nognd">Aidemir ben Ali Dſchildeki</persName> dieſes Buch commentirt habe (14. Jahrhun-<lb/> dert). Die <hi rendition="#aq">Astrologia apotelesmatica</hi> des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118503685">Apollonius</persName> überſetzte <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119239418">Honein ben Iſhak</persName><lb/> in's Arabiſche. vergl. <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/101578059">Wenrich</persName></hi>, a. a. O. S. 240. 239.</note> und in <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119374382">Kazwini</persName>'s Schrift noch ein Buch: die beſondern<lb/> Eigenthümlichkeiten der Thiere (<hi rendition="#aq">Chawass el-Haiwân</hi>). Hier an <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118595083">Plinius</persName><lb/> zu denken, lag aus mehreren Gründen nahe. Das Geheimniß (<hi rendition="#aq">Sir</hi>)<lb/> der Natur konnte leicht in eine Geſchichte (<hi rendition="#aq">Siar</hi>) der Natur übergehen.<lb/> Die Umwandlung des Namens konnte keine Schwierigkeit machen.<lb/> Aus dem Alterthum war kein andrer Schriftſteller ähnlichen Namens<lb/> und gleicher Richtung bekannt. Und daß dieſer ſogenannte <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118595083">Plinius</persName> eine<lb/> von dem hiſtoriſchen verſchiedene halb mythiſche Perſon geworden war,<lb/> die zu den ſieben Weiſen gerechnet wurde, der Lehrer <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118501828">Alexander</persName>s des<lb/> Großen geweſen ſein ſollte u. ſ. w., konnte bei Orientalen, welche<lb/> Rom nicht kannten, ſondern unter ihrem „Rum“ Conſtantinopel ver-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [176/0187]
Die Zoologie des Mittelalters.
Ideen jener Zeiten, ſondern beſonders auf die epochemachenden Werke
des dreizehnten Jahrhunderts ein irgend wahrnehmbarer geweſen wäre.
Es werden ſpäter die Quellen der letzteren einer Erörterung zu unter-
werfen ſein. Was das erſtere betrifft, ſo iſt an Folgendes zu erinnern.
Die zoologiſche Bildung und die dieſelbe allein oder vorzugsweiſe tra-
gende ärztliche Wiſſenſchaft war in den Händen der Araber und gieng
von ihnen auf die jüdiſchen Schulen des ſüdlichen Mitteleuropa's über.
Dieſen Weg hatte auch Ariſtoteles gefunden. Sollte Plinius einen
gleichen Einfluß gehabt haben, ſo müßte auch er den Arabern bekannt
geweſen und von ihnen im Abendlande weiter verbreitet worden ſein.
Fabricius führt in ſeiner Bibliotheca latina eine arabiſche
Ueberſetzung des Plinius von Honiam, d. h. wohl von Joannitius
(Abu Said Honein ben Iſhak) an; dieſe exiſtirt aber ſicher nicht.
Dagegen kommen häufig in arabiſchen Schriftſtellern Verweiſungen
auf einen gewiſſen Belinas oder Belinus oder Bolonius, je nach der
verſchiedenen Vocaliſation, vor. Von ihm werden verſchiedene Schrif-
ten angeführt, ſo ein Buch: das Geheimniß der Natur, ein Buch der
Eigenſchaften, ein Buch der Urſachen, ein Buch von den ſieben Kör-
pern (d. i. Gold, Silber, Kupfer, Eiſen, Blei, „chineſiſches Eiſen“
und Zinn) 114) und in Kazwini's Schrift noch ein Buch: die beſondern
Eigenthümlichkeiten der Thiere (Chawass el-Haiwân). Hier an Plinius
zu denken, lag aus mehreren Gründen nahe. Das Geheimniß (Sir)
der Natur konnte leicht in eine Geſchichte (Siar) der Natur übergehen.
Die Umwandlung des Namens konnte keine Schwierigkeit machen.
Aus dem Alterthum war kein andrer Schriftſteller ähnlichen Namens
und gleicher Richtung bekannt. Und daß dieſer ſogenannte Plinius eine
von dem hiſtoriſchen verſchiedene halb mythiſche Perſon geworden war,
die zu den ſieben Weiſen gerechnet wurde, der Lehrer Alexanders des
Großen geweſen ſein ſollte u. ſ. w., konnte bei Orientalen, welche
Rom nicht kannten, ſondern unter ihrem „Rum“ Conſtantinopel ver-
114) Im Hadſchi Khalfa (Ausgabe von Flügel, Bd. 2. S. 48) wird ange-
führt, daß Aidemir ben Ali Dſchildeki dieſes Buch commentirt habe (14. Jahrhun-
dert). Die Astrologia apotelesmatica des Apollonius überſetzte Honein ben Iſhak
in's Arabiſche. vergl. Wenrich, a. a. O. S. 240. 239.
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