Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Das dreizehnte Jahrhundert. wurden, über welche aber etwas Näheres jetzt nicht bekannt war, kamennoch viele Süßwasserfische. Doch wäre ein etwa zusammenzustellendes Verzeichniß schon deshalb unvollständig, weil nur die zufällig in Ur- kunden, Annalen, Preisverzeichnissen, Gedichten u. s. f. vorkommen- den aufgeführt werden könnten. Hierbei wäre außerdem Süddeutsch- land mit ungleich zahlreicheren Quellen vertreten, als andere Länder; und dies ist wieder von Einfluß auf die vorkommenden Bezeichnungen der einzelnen Arten147). Ausnehmend dürftig sind die Notizen, welche auf eine allgemeine 147) Um hier nur ein Beispiel der schwierigen Deutung
zu geben, will ich zunächst Silurus und Esox anführen. Nach Anton (a. a. O. Bd. 1. S. 21) soll Silurus der Haufen sein (in früheren Glossarien escarus), esox der Lachs, letzte- res auch im Glossar bei Lindenbrog, a. a. O. S. 1395. und bei Albertus Magnus. Es wird aber nicht bloß in süddeutschen Glossen ipocus und esox mit Huse übersetzt (Graff's Diutiska, III, 154), sondern Conrad von Megenberg übersetzt esox haizt ain haus, und in einer Tegernseeer Urkunde heißt es gleich- falls membranae de esonibus quae dicuntur Husenwambe (Freyberg, a. a. O. S. 153). Silurus scheint auch bei der H. Hildegard (Physica) eine Störart zu sein. Der Wels erhält hier wie bei Ruodlieb seinen deutschen Namen walsa und welza. Der Hecht ist lucius, auch lupus aquaticus. Sprachlich interessant wegen der deutschen Fischnamen ist überhaupt die citirte Stelle im Ruodlieb. Manche sonst vorkommende Namen sind aber kaum zu deuten. Die bei Rodgers, a. a. O. Vol. 1. S. 616 erwähnten ling, melyng, grelyng, haburdenne, cropling sind allerdings wohl nur Alterszustände oder Varietäten des Gadus Morrhua. Was aber Wemelinge und Munretten sind, welche Anton, a. a. O. Bd. 2. S. 362 erwähnt und welche auch bei Seibertz, Landes- und Rechtsgeschichte des Her- zogth. Westphalen. 1. Bd. 3. Abth. 3. Thl. S. 250 vorkommen, weiß ich nicht. Aehnlicherweise sind auch später vorkommende Trivialnamen, wie sie z. B. bei Hirsch, Handels- und Gewerbsgeschichte Danzigs. 1858. S. 154, Note 418 vor- kommen, zum Theil Altersbezeichnungen für Fische, welche den Küstenbewohnern ohnehin bekannter waren, z. B. Halfwassen, Croplinge, Lothfische, Tydlinge, Ra- kelfische, Ore. Daß die Bewohner der Küstenländer überhaupt mit Fischen ver- trauter waren, beweist unter Andern die in Holland im Jahre 1350 übliche Be- zeichnung politischer Parteien als Huik und Kabeljau. Das dreizehnte Jahrhundert. wurden, über welche aber etwas Näheres jetzt nicht bekannt war, kamennoch viele Süßwaſſerfiſche. Doch wäre ein etwa zuſammenzuſtellendes Verzeichniß ſchon deshalb unvollſtändig, weil nur die zufällig in Ur- kunden, Annalen, Preisverzeichniſſen, Gedichten u. ſ. f. vorkommen- den aufgeführt werden könnten. Hierbei wäre außerdem Süddeutſch- land mit ungleich zahlreicheren Quellen vertreten, als andere Länder; und dies iſt wieder von Einfluß auf die vorkommenden Bezeichnungen der einzelnen Arten147). Ausnehmend dürftig ſind die Notizen, welche auf eine allgemeine 147) Um hier nur ein Beiſpiel der ſchwierigen Deutung
zu geben, will ich zunächſt Silurus und Esox anführen. Nach Anton (a. a. O. Bd. 1. S. 21) ſoll Silurus der Haufen ſein (in früheren Gloſſarien escarus), esox der Lachs, letzte- res auch im Gloſſar bei Lindenbrog, a. a. O. S. 1395. und bei Albertus Magnus. Es wird aber nicht bloß in ſüddeutſchen Gloſſen ipocus und esox mit Huſe überſetzt (Graff's Diutiska, III, 154), ſondern Conrad von Megenberg überſetzt esox haizt ain haus, und in einer Tegernſeeer Urkunde heißt es gleich- falls membranae de esonibus quae dicuntur Husenwambe (Freyberg, a. a. O. S. 153). Silurus ſcheint auch bei der H. Hildegard (Physica) eine Störart zu ſein. Der Wels erhält hier wie bei Ruodlieb ſeinen deutſchen Namen walsa und welza. Der Hecht iſt lucius, auch lupus aquaticus. Sprachlich intereſſant wegen der deutſchen Fiſchnamen iſt überhaupt die citirte Stelle im Ruodlieb. Manche ſonſt vorkommende Namen ſind aber kaum zu deuten. Die bei Rodgers, a. a. O. Vol. 1. S. 616 erwähnten ling, melyng, grelyng, haburdenne, cropling ſind allerdings wohl nur Alterszuſtände oder Varietäten des Gadus Morrhua. Was aber Wemelinge und Munretten ſind, welche Anton, a. a. O. Bd. 2. S. 362 erwähnt und welche auch bei Seibertz, Landes- und Rechtsgeſchichte des Her- zogth. Weſtphalen. 1. Bd. 3. Abth. 3. Thl. S. 250 vorkommen, weiß ich nicht. Aehnlicherweiſe ſind auch ſpäter vorkommende Trivialnamen, wie ſie z. B. bei Hirſch, Handels- und Gewerbsgeſchichte Danzigs. 1858. S. 154, Note 418 vor- kommen, zum Theil Altersbezeichnungen für Fiſche, welche den Küſtenbewohnern ohnehin bekannter waren, z. B. Halfwaſſen, Croplinge, Lothfiſche, Tydlinge, Ra- kelfiſche, Ore. Daß die Bewohner der Küſtenländer überhaupt mit Fiſchen ver- trauter waren, beweiſt unter Andern die in Holland im Jahre 1350 übliche Be- zeichnung politiſcher Parteien als Huik und Kabeljau. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0198" n="187"/><fw place="top" type="header">Das dreizehnte Jahrhundert.</fw><lb/> wurden, über welche aber etwas Näheres jetzt nicht bekannt war, kamen<lb/> noch viele Süßwaſſerfiſche. Doch wäre ein etwa zuſammenzuſtellendes<lb/> Verzeichniß ſchon deshalb unvollſtändig, weil nur die zufällig in Ur-<lb/> kunden, Annalen, Preisverzeichniſſen, Gedichten u. ſ. f. vorkommen-<lb/> den aufgeführt werden könnten. 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Das dreizehnte Jahrhundert.
wurden, über welche aber etwas Näheres jetzt nicht bekannt war, kamen
noch viele Süßwaſſerfiſche. Doch wäre ein etwa zuſammenzuſtellendes
Verzeichniß ſchon deshalb unvollſtändig, weil nur die zufällig in Ur-
kunden, Annalen, Preisverzeichniſſen, Gedichten u. ſ. f. vorkommen-
den aufgeführt werden könnten. Hierbei wäre außerdem Süddeutſch-
land mit ungleich zahlreicheren Quellen vertreten, als andere Länder;
und dies iſt wieder von Einfluß auf die vorkommenden Bezeichnungen
der einzelnen Arten 147).
Ausnehmend dürftig ſind die Notizen, welche auf eine allgemeine
Bekanntſchaft mit den Mollusken hindeuten. Schon im dreizehnten
Jahrhundert erſcheinen Auſtern auf Rechnungen für gelieferte Waaren,
im vierzehnten Jahrhundert außer denſelben auch Muſcheln 148). Die
Naturgeſchichte der Weichthiere, für welche doch der Süden von Deutſch-
147) Um hier nur ein Beiſpiel der ſchwierigen Deutung
zu geben, will ich
zunächſt Silurus und Esox anführen. Nach Anton (a. a.
O. Bd. 1. S. 21) ſoll
Silurus der Haufen ſein (in früheren Gloſſarien escarus), esox der Lachs, letzte-
res auch im Gloſſar bei Lindenbrog, a. a. O. S. 1395. und bei
Albertus
Magnus. Es wird aber nicht bloß in ſüddeutſchen Gloſſen ipocus und esox mit
Huſe überſetzt (Graff's Diutiska, III, 154), ſondern Conrad von Megenberg
überſetzt esox haizt ain haus, und in einer Tegernſeeer Urkunde heißt es gleich-
falls membranae de esonibus quae dicuntur Husenwambe
(Freyberg, a. a.
O. S. 153). Silurus ſcheint auch bei der H. Hildegard (Physica) eine Störart zu
ſein. Der Wels erhält hier wie bei Ruodlieb ſeinen deutſchen Namen
walsa und
welza. Der Hecht iſt lucius, auch lupus aquaticus. Sprachlich intereſſant wegen
der deutſchen Fiſchnamen iſt überhaupt die citirte Stelle im Ruodlieb. Manche
ſonſt vorkommende Namen ſind aber kaum zu deuten. Die bei Rodgers,
a. a. O.
Vol. 1. S. 616 erwähnten ling, melyng, grelyng, haburdenne, cropling ſind
allerdings wohl nur Alterszuſtände oder Varietäten des Gadus
Morrhua. Was
aber Wemelinge und Munretten ſind, welche Anton, a. a. O. Bd. 2. S. 362
erwähnt und welche auch bei Seibertz, Landes- und Rechtsgeſchichte
des Her-
zogth. Weſtphalen. 1. Bd. 3. Abth. 3. Thl. S. 250 vorkommen, weiß ich nicht.
Aehnlicherweiſe ſind auch ſpäter vorkommende Trivialnamen, wie ſie z. B. bei
Hirſch, Handels- und Gewerbsgeſchichte Danzigs. 1858. S. 154, Note 418 vor-
kommen, zum Theil Altersbezeichnungen für Fiſche, welche den
Küſtenbewohnern
ohnehin bekannter waren, z. B. Halfwaſſen, Croplinge, Lothfiſche, Tydlinge, Ra-
kelfiſche, Ore. Daß die Bewohner der Küſtenländer überhaupt mit Fiſchen ver-
trauter waren, beweiſt unter Andern die in Holland im Jahre 1350 übliche Be-
zeichnung politiſcher Parteien als Huik und Kabeljau.
148) Rodgers, a. a. O. Vol. 1. p. 617. Vol. 2. p. 558.
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