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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Die Zoologie des Mittelalters.
einen Elefanten ergreifen und durch die Luft führen kann. Seine Flü-
gelweite mißt sechszehn Schritt. Eine dem Großkhan mitgebrachte
Feder maß neunzig Spannen175). -- Von andern Wirbelthieren wer-
den nur noch ungeheuer große Schlangen erwähnt, zehn Schritt
lang und zehn Spannen im Umfang. Sie sollen vorn neben dem Kopf
zwei kurze Beine mit drei Klauen, wie die Tigerkatze haben und selbst
größere Thiere, wie Löwen und Wölfe fressen. -- Unter den wirbel-
losen Thieren waren nur die Muscheln Gegenstand der Aufmerksamkeit
Marco Polo's. An der Südspitze Indiens wurden schon damals Perl-
muscheln gefischt. Alle Porzellanmuscheln (Cowries), welche in andere
Länder ausgeführt und als Münze gebraucht werden, kommen von dem
Lande Lochak (auf Borneo).

Verglichen mit den Reisen des Marco Polo sind diejenigen, welche
ihm in gleicher Richtung folgten, für Erweiterung der zoologischen
Kenntnisse von noch untergeordneter Bedeutung. Oderico de Por-
denone
hat nicht bloß, wie bereits erwähnt, die Reihe der zoologischen
Fabeln noch mit dem vegetabilischen Lamm bereichert, sondern auch seine
übrigen Angaben sind so mit Aberglauben und alten Wundergeschichten
durchwirkt, daß weder er noch sein Plagiator oder Begleiter Sir
John Maundeville
Anspruch erheben können, hier noch mit Aus-
führlichkeit erwähnt zu werden176).


175) Bereits Pouchet, Histoire des sciences naturelles au moyen age.
Paris, 1853. p. 601,
macht darauf aufmerksam, daß bei diesem Berichte Marco
Polo
's wohl an den Aepyornis gedacht werden könne.
176) Odoricus s. bei Ramusio a. a. O. Sir John Maundeville,
The voiage and travaile. reprinted from the edition of 1725, with an Intro-
duction by J. O. Halliwell. London, 1839.
Manches ist nicht uninteressant;
so die Erwähnung der künstlichen Bebrütung, der Brieftauben (clovers) in Sy-
rien; anderes ist aber aus dem Alterthume herübergenommen, wie daß die
Schlangen auf Sicilien (Cilicien?) die rechtmäßigen Kinder schonen, die unehelichen
tödten; die großen albanesischen Hunde, welche Löwen angreifen; dann die bereits
erwähnten fabelhaften Menschen. Statt der schwarzen Hühner mit katzenfellartigem
Haar erscheinen hier weiße Hühner mit Wolle statt der Federn. Manches geht durch
das ganze Mittelalter, wie das nur vom Geruch gewisser Aepfel lebende Zwergvolk,
die goldbewachenden Ameisen, das Fehlen der Fische in dem libyschen Meer, weil
dort das Wasser wegen der großen Sonnenwärme beständig im Kochen sei u. s. w.

Die Zoologie des Mittelalters.
einen Elefanten ergreifen und durch die Luft führen kann. Seine Flü-
gelweite mißt ſechszehn Schritt. Eine dem Großkhan mitgebrachte
Feder maß neunzig Spannen175). — Von andern Wirbelthieren wer-
den nur noch ungeheuer große Schlangen erwähnt, zehn Schritt
lang und zehn Spannen im Umfang. Sie ſollen vorn neben dem Kopf
zwei kurze Beine mit drei Klauen, wie die Tigerkatze haben und ſelbſt
größere Thiere, wie Löwen und Wölfe freſſen. — Unter den wirbel-
loſen Thieren waren nur die Muſcheln Gegenſtand der Aufmerkſamkeit
Marco Polo's. An der Südſpitze Indiens wurden ſchon damals Perl-
muſcheln gefiſcht. Alle Porzellanmuſcheln (Cowries), welche in andere
Länder ausgeführt und als Münze gebraucht werden, kommen von dem
Lande Lochak (auf Borneo).

Verglichen mit den Reiſen des Marco Polo ſind diejenigen, welche
ihm in gleicher Richtung folgten, für Erweiterung der zoologiſchen
Kenntniſſe von noch untergeordneter Bedeutung. Oderico de Por-
denone
hat nicht bloß, wie bereits erwähnt, die Reihe der zoologiſchen
Fabeln noch mit dem vegetabiliſchen Lamm bereichert, ſondern auch ſeine
übrigen Angaben ſind ſo mit Aberglauben und alten Wundergeſchichten
durchwirkt, daß weder er noch ſein Plagiator oder Begleiter Sir
John Maundeville
Anſpruch erheben können, hier noch mit Aus-
führlichkeit erwähnt zu werden176).


175) Bereits Pouchet, Histoire des sciences naturelles au moyen age.
Paris, 1853. p. 601,
macht darauf aufmerkſam, daß bei dieſem Berichte Marco
Polo
's wohl an den Aepyornis gedacht werden könne.
176) Odoricus ſ. bei Ramusio a. a. O. Sir John Maundeville,
The voiage and travaile. reprinted from the edition of 1725, with an Intro-
duction by J. O. Halliwell. London, 1839.
Manches iſt nicht unintereſſant;
ſo die Erwähnung der künſtlichen Bebrütung, der Brieftauben (clovers) in Sy-
rien; anderes iſt aber aus dem Alterthume herübergenommen, wie daß die
Schlangen auf Sicilien (Cilicien?) die rechtmäßigen Kinder ſchonen, die unehelichen
tödten; die großen albaneſiſchen Hunde, welche Löwen angreifen; dann die bereits
erwähnten fabelhaften Menſchen. Statt der ſchwarzen Hühner mit katzenfellartigem
Haar erſcheinen hier weiße Hühner mit Wolle ſtatt der Federn. Manches geht durch
das ganze Mittelalter, wie das nur vom Geruch gewiſſer Aepfel lebende Zwergvolk,
die goldbewachenden Ameiſen, das Fehlen der Fiſche in dem libyſchen Meer, weil
dort das Waſſer wegen der großen Sonnenwärme beſtändig im Kochen ſei u. ſ. w.
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[200/0211] Die Zoologie des Mittelalters. einen Elefanten ergreifen und durch die Luft führen kann. Seine Flü- gelweite mißt ſechszehn Schritt. Eine dem Großkhan mitgebrachte Feder maß neunzig Spannen 175). — Von andern Wirbelthieren wer- den nur noch ungeheuer große Schlangen erwähnt, zehn Schritt lang und zehn Spannen im Umfang. Sie ſollen vorn neben dem Kopf zwei kurze Beine mit drei Klauen, wie die Tigerkatze haben und ſelbſt größere Thiere, wie Löwen und Wölfe freſſen. — Unter den wirbel- loſen Thieren waren nur die Muſcheln Gegenſtand der Aufmerkſamkeit Marco Polo's. An der Südſpitze Indiens wurden ſchon damals Perl- muſcheln gefiſcht. Alle Porzellanmuſcheln (Cowries), welche in andere Länder ausgeführt und als Münze gebraucht werden, kommen von dem Lande Lochak (auf Borneo). Verglichen mit den Reiſen des Marco Polo ſind diejenigen, welche ihm in gleicher Richtung folgten, für Erweiterung der zoologiſchen Kenntniſſe von noch untergeordneter Bedeutung. Oderico de Por- denone hat nicht bloß, wie bereits erwähnt, die Reihe der zoologiſchen Fabeln noch mit dem vegetabiliſchen Lamm bereichert, ſondern auch ſeine übrigen Angaben ſind ſo mit Aberglauben und alten Wundergeſchichten durchwirkt, daß weder er noch ſein Plagiator oder Begleiter Sir John Maundeville Anſpruch erheben können, hier noch mit Aus- führlichkeit erwähnt zu werden 176). 175) Bereits Pouchet, Histoire des sciences naturelles au moyen age. Paris, 1853. p. 601, macht darauf aufmerkſam, daß bei dieſem Berichte Marco Polo's wohl an den Aepyornis gedacht werden könne. 176) Odoricus ſ. bei Ramusio a. a. O. Sir John Maundeville, The voiage and travaile. reprinted from the edition of 1725, with an Intro- duction by J. O. Halliwell. London, 1839. Manches iſt nicht unintereſſant; ſo die Erwähnung der künſtlichen Bebrütung, der Brieftauben (clovers) in Sy- rien; anderes iſt aber aus dem Alterthume herübergenommen, wie daß die Schlangen auf Sicilien (Cilicien?) die rechtmäßigen Kinder ſchonen, die unehelichen tödten; die großen albaneſiſchen Hunde, welche Löwen angreifen; dann die bereits erwähnten fabelhaften Menſchen. Statt der ſchwarzen Hühner mit katzenfellartigem Haar erſcheinen hier weiße Hühner mit Wolle ſtatt der Federn. Manches geht durch das ganze Mittelalter, wie das nur vom Geruch gewiſſer Aepfel lebende Zwergvolk, die goldbewachenden Ameiſen, das Fehlen der Fiſche in dem libyſchen Meer, weil dort das Waſſer wegen der großen Sonnenwärme beſtändig im Kochen ſei u. ſ. w.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/211>, abgerufen am 23.11.2024.