Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Die Zoologie des Mittelalters. verfaßten Sphaera des Johannes a Sacrobosco199), angefügt hat. Erbeginnt mit der menschlichen Anatomie, spricht dann im zweiten Buch von der Seele, handelt im dritten Buche die monströsen Menschen des Orients, im vierten bis neunten die Thiere, im zehnten bis zwölf- ten die Bäume und Kräuter ab, bespricht dann die Quellen, die Edel- steine, die sieben Metalle, die sieben Gegenden und humores der Luft, schildert das Himmelsgewölbe und die sieben Planeten, den Donner und ähnliche Erscheinungen und schließt mit den vier Elementen. Wie man hiernach sieht, enthält also die Schrift eine vollständige Uebersicht der belebten und unbelebten Natur, und zwar ist dies die erste der Art im Mittelalter. Außer der Einleitung interessirt hier besonders das dritte bis neunte Buch200). Ist auch der Verfasser noch von den Vorurtheilen einer Zeit be- 199) Pfeiffer (in der Vorrede zu seiner Ausgabe des Buchs der Natur von Conrad von Megenberg S. XXXI) hält dies wie es scheint für sicher. 200) Bormans führt sieben Handschriften an, in Breslau, Krakau, Wolfen-
büttel, La Haye, Utrecht, Lüttich und Namur. Pitra bringt hierzu noch zwölf (Spicil. Solesm. T. III. p. LXXVI. Anm.): sieben in Paris, eine in Compiegne (Carolopolis), Straßburg, zwei in Turin und eine in London (Arundel). Beide kannten also den Gothaer Codex nicht, welcher jedenfalls zu den besseren gehört. Pfeiffer (a. a. O.) wußte nur von dem Krakauer, hat aber in Stuttgart noch einen entdeckt, welchem das zwanzigste Buch fehlt, seiner Angabe nach aus dem 15. Jahrhundert. Das von A. Wachler (Thomas Rhediger und seine Büchersamm- lung. S. 35) unrichtig angegebene Alter des Breslauer Codex berichtigte schon Hoffmann (Horae belgicae. T. I. p. 37). Er ist um ein Jahrhundert jünger als der Gothaer. Ich habe Abschrift genommen von der Einleitung und dem dritten bis neunten Buche nach dem Gothaer Codex, welcher mir, ebenso wie der Rhedi- gersche, dessen Varianten zum Theil nicht ohne Werth sind, mit dankbar zu rühmen- der Bereitwilligkeit zur Benutzung anvertraut wurde. Außer dem zoologischen In- teresse ist die Schrift auch für die Litterärgeschichte des dreizehnten Jahrhunderts von großem Werth. Die Zoologie des Mittelalters. verfaßten Sphaera des Johannes a Sacroboſco199), angefügt hat. Erbeginnt mit der menſchlichen Anatomie, ſpricht dann im zweiten Buch von der Seele, handelt im dritten Buche die monſtröſen Menſchen des Orients, im vierten bis neunten die Thiere, im zehnten bis zwölf- ten die Bäume und Kräuter ab, beſpricht dann die Quellen, die Edel- ſteine, die ſieben Metalle, die ſieben Gegenden und humores der Luft, ſchildert das Himmelsgewölbe und die ſieben Planeten, den Donner und ähnliche Erſcheinungen und ſchließt mit den vier Elementen. Wie man hiernach ſieht, enthält alſo die Schrift eine vollſtändige Ueberſicht der belebten und unbelebten Natur, und zwar iſt dies die erſte der Art im Mittelalter. Außer der Einleitung intereſſirt hier beſonders das dritte bis neunte Buch200). Iſt auch der Verfaſſer noch von den Vorurtheilen einer Zeit be- 199) Pfeiffer (in der Vorrede zu ſeiner Ausgabe des Buchs der Natur von Conrad von Megenberg S. XXXI) hält dies wie es ſcheint für ſicher. 200) Bormans führt ſieben Handſchriften an, in Breslau, Krakau, Wolfen-
büttel, La Haye, Utrecht, Lüttich und Namur. Pitra bringt hierzu noch zwölf (Spicil. Solesm. T. III. p. LXXVI. Anm.): ſieben in Paris, eine in Compiegne (Carolopolis), Straßburg, zwei in Turin und eine in London (Arundel). Beide kannten alſo den Gothaer Codex nicht, welcher jedenfalls zu den beſſeren gehört. Pfeiffer (a. a. O.) wußte nur von dem Krakauer, hat aber in Stuttgart noch einen entdeckt, welchem das zwanzigſte Buch fehlt, ſeiner Angabe nach aus dem 15. Jahrhundert. Das von A. Wachler (Thomas Rhediger und ſeine Bücherſamm- lung. S. 35) unrichtig angegebene Alter des Breslauer Codex berichtigte ſchon Hoffmann (Horae belgicae. T. I. p. 37). Er iſt um ein Jahrhundert jünger als der Gothaer. Ich habe Abſchrift genommen von der Einleitung und dem dritten bis neunten Buche nach dem Gothaer Codex, welcher mir, ebenſo wie der Rhedi- gerſche, deſſen Varianten zum Theil nicht ohne Werth ſind, mit dankbar zu rühmen- der Bereitwilligkeit zur Benutzung anvertraut wurde. Außer dem zoologiſchen In- tereſſe iſt die Schrift auch für die Litterärgeſchichte des dreizehnten Jahrhunderts von großem Werth. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0225" n="214"/><fw place="top" type="header">Die Zoologie des Mittelalters.</fw><lb/> verfaßten <hi rendition="#aq">Sphaera</hi> des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118558021">Johannes</persName> a Sacroboſco<note place="foot" n="199)"><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118740776">Pfeiffer</persName></hi> (in der Vorrede zu ſeiner Ausgabe des Buchs der Natur von<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118565117">Conrad</persName> von Megenberg S. <hi rendition="#aq">XXXI</hi>) hält dies wie es ſcheint für ſicher.</note>, angefügt hat. Er<lb/> beginnt mit der menſchlichen Anatomie, ſpricht dann im zweiten Buch<lb/> von der Seele, handelt im dritten Buche die monſtröſen Menſchen<lb/> des Orients, im vierten bis neunten die Thiere, im zehnten bis zwölf-<lb/> ten die Bäume und Kräuter ab, beſpricht dann die Quellen, die Edel-<lb/> ſteine, die ſieben Metalle, die ſieben Gegenden und <hi rendition="#aq">humores</hi> der Luft,<lb/> ſchildert das Himmelsgewölbe und die ſieben Planeten, den Donner<lb/> und ähnliche Erſcheinungen und ſchließt mit den vier Elementen. Wie<lb/> man hiernach ſieht, enthält alſo die Schrift eine vollſtändige Ueberſicht<lb/> der belebten und unbelebten Natur, und zwar iſt dies die erſte der Art<lb/> im Mittelalter. Außer der Einleitung intereſſirt hier beſonders das<lb/> dritte bis neunte Buch<note place="foot" n="200)"><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/171984986">Bormans</persName></hi> führt ſieben Handſchriften an, in Breslau, Krakau, Wolfen-<lb/> büttel, La Haye, Utrecht, Lüttich und Namur. <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118964577">Pitra</persName></hi> bringt hierzu noch zwölf<lb/> (<hi rendition="#aq">Spicil. Solesm. T. III. p. LXXVI.</hi> Anm.): ſieben in Paris, eine in Compiegne<lb/> (Carolopolis), Straßburg, zwei in Turin und eine in London (Arundel). Beide<lb/> kannten alſo den Gothaer Codex nicht, welcher jedenfalls zu den beſſeren gehört.<lb/><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118740776">Pfeiffer</persName></hi> (a. a. O.) wußte nur von dem Krakauer, hat aber in Stuttgart noch<lb/> einen entdeckt, welchem das zwanzigſte Buch fehlt, ſeiner Angabe nach aus dem 15.<lb/> Jahrhundert. Das von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/104134747">A. <hi rendition="#g">Wachler</hi></persName> (<persName ref="http://d-nb.info/gnd/130066311">Thomas Rhediger</persName> und ſeine Bücherſamm-<lb/> lung. S. 35) unrichtig angegebene Alter des Breslauer Codex berichtigte ſchon<lb/><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118552589">Hoffmann</persName></hi> (<hi rendition="#aq">Horae belgicae. T. I. p. 37</hi>). Er iſt um ein Jahrhundert jünger als<lb/> der Gothaer. Ich habe Abſchrift genommen von der Einleitung und dem dritten<lb/> bis neunten Buche nach dem Gothaer Codex, welcher mir, ebenſo wie der Rhedi-<lb/> gerſche, deſſen Varianten zum Theil nicht ohne Werth ſind, mit dankbar zu rühmen-<lb/> der Bereitwilligkeit zur Benutzung anvertraut wurde. Außer dem zoologiſchen In-<lb/> tereſſe iſt die Schrift auch für die Litterärgeſchichte des dreizehnten Jahrhunderts<lb/> von großem Werth.</note>.</p><lb/> <p>Iſt auch der Verfaſſer noch von den Vorurtheilen einer Zeit be-<lb/> fangen, welche ſich nicht frei an die Löſung der in der Natur ſich dar-<lb/> bietenden Räthſel wagte, iſt auch an den mancherlei Moraliſationen<lb/> und Gleichniſſen zu erkennen, daß der Verfaſſer ein Geiſtlicher war<lb/> und wohl auch beſonders für Geiſtliche ſchrieb (wenigſtens für gelehrte,<lb/> des Latein kundige Leute), ſo tritt doch in der ganzen Behandlung des<lb/> Stoffes entſchieden eine natürliche Betrachtung, eine vergleichsweiſe<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [214/0225]
Die Zoologie des Mittelalters.
verfaßten Sphaera des Johannes a Sacroboſco 199), angefügt hat. Er
beginnt mit der menſchlichen Anatomie, ſpricht dann im zweiten Buch
von der Seele, handelt im dritten Buche die monſtröſen Menſchen
des Orients, im vierten bis neunten die Thiere, im zehnten bis zwölf-
ten die Bäume und Kräuter ab, beſpricht dann die Quellen, die Edel-
ſteine, die ſieben Metalle, die ſieben Gegenden und humores der Luft,
ſchildert das Himmelsgewölbe und die ſieben Planeten, den Donner
und ähnliche Erſcheinungen und ſchließt mit den vier Elementen. Wie
man hiernach ſieht, enthält alſo die Schrift eine vollſtändige Ueberſicht
der belebten und unbelebten Natur, und zwar iſt dies die erſte der Art
im Mittelalter. Außer der Einleitung intereſſirt hier beſonders das
dritte bis neunte Buch 200).
Iſt auch der Verfaſſer noch von den Vorurtheilen einer Zeit be-
fangen, welche ſich nicht frei an die Löſung der in der Natur ſich dar-
bietenden Räthſel wagte, iſt auch an den mancherlei Moraliſationen
und Gleichniſſen zu erkennen, daß der Verfaſſer ein Geiſtlicher war
und wohl auch beſonders für Geiſtliche ſchrieb (wenigſtens für gelehrte,
des Latein kundige Leute), ſo tritt doch in der ganzen Behandlung des
Stoffes entſchieden eine natürliche Betrachtung, eine vergleichsweiſe
199) Pfeiffer (in der Vorrede zu ſeiner Ausgabe des Buchs der Natur von
Conrad von Megenberg S. XXXI) hält dies wie es ſcheint für ſicher.
200) Bormans führt ſieben Handſchriften an, in Breslau, Krakau, Wolfen-
büttel, La Haye, Utrecht, Lüttich und Namur. Pitra bringt hierzu noch zwölf
(Spicil. Solesm. T. III. p. LXXVI. Anm.): ſieben in Paris, eine in Compiegne
(Carolopolis), Straßburg, zwei in Turin und eine in London (Arundel). Beide
kannten alſo den Gothaer Codex nicht, welcher jedenfalls zu den beſſeren gehört.
Pfeiffer (a. a. O.) wußte nur von dem Krakauer, hat aber in Stuttgart noch
einen entdeckt, welchem das zwanzigſte Buch fehlt, ſeiner Angabe nach aus dem 15.
Jahrhundert. Das von A. Wachler (Thomas Rhediger und ſeine Bücherſamm-
lung. S. 35) unrichtig angegebene Alter des Breslauer Codex berichtigte ſchon
Hoffmann (Horae belgicae. T. I. p. 37). Er iſt um ein Jahrhundert jünger als
der Gothaer. Ich habe Abſchrift genommen von der Einleitung und dem dritten
bis neunten Buche nach dem Gothaer Codex, welcher mir, ebenſo wie der Rhedi-
gerſche, deſſen Varianten zum Theil nicht ohne Werth ſind, mit dankbar zu rühmen-
der Bereitwilligkeit zur Benutzung anvertraut wurde. Außer dem zoologiſchen In-
tereſſe iſt die Schrift auch für die Litterärgeſchichte des dreizehnten Jahrhunderts
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