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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Das dreizehnte Jahrhundert.
bereits erwähnt wurde, strenger an die eigentliche Naturbetrachtung,
als es wahrscheinlich der dem Augustin vorschwebende Zweck verlangt
hatte. Je gewissenhafter er nun die Sache nahm, desto mehr mußte es
ihm darauf ankommen, keine Meinung unbegründet, keine Thatsache
unbeglaubigt wiederzugeben. Sein Werk enthält daher eine außeror-
dentliche reiche Zahl zum Theil wörtlicher Anführungen, welche um so
wichtiger sind, als sie einen Blick auf den Umfang der damals gekann-
ten oder wenigstens verbreiteteren und leichter zugänglichen Litteratur
gestatten und, da die Abfassungszeit des Werkes bis auf wenige Jahre
fest steht, die Chronologie mehrerer nicht uninteressanter litterarischer
Erscheinungen aufklären.

Der weitaus am häufigsten citirte und besonders in den allgemei-
nen Einleitungen am meisten benutzte Schriftsteller ist Aristoteles;
es ist auch kaum zu bezweifeln, daß die sichtlich mit Vorliebe mitgetheil-
ten allgemeinen Beziehungen gewisser anatomischer Vorkommnisse zu
andern (Verhältnisse der Correlation) in den Augen des Verfassers wie
des Leserkreises, an welchen er bei Abfassung des Werkes dachte, einen
besondern Reiz hatten, da sie sowohl zu philosophischen als theologischen
Betrachtungen Anknüpfungspunkte darboten. Erstere flicht er nur
äußerst sparsam seiner Erzählung ein. Im Allgemeinen ist er auch sei-
nen Quellen gegenüber vorsichtig. So ist es für das richtige naturge-
schichtliche Urtheil des Verfassers sehr bezeichnend, daß er sich aus-
drücklich dagegen verwahrt, nicht etwa falsch berichtet zu haben, wenn
man bemerken sollte, daß gewisse Erscheinungen in seinem Vaterlande
zu andern Zeiten oder in anderer Folge aufträten, als sie in seinen,
den Südländern entstammenden Autoren geschildert würden; denn der
Unterschied in der geographischen Lage sei sehr einflußreich. Den Ari-
stoteles
kennt er nur in der arabisch-lateinischen Uebersetzung des
Michael Scotus, welchen er auch einmal als Uebersetzer anführt. Ob
ein zweites Citat eines Michael auch auf den Michael Scotus zu be-
ziehen ist, bleibt fraglich. Aus dieser arabisch lateinischen Quelle stam-
men dann nicht bloß die verstümmelten Autornamen, die bei Aristoteles
vorkommen (Arothinus für Herodorus, Alkinos für Alkmaeon u. s. f.),
sondern auch die gleichem Geschick verfallenen Thiernamen, welche durch

Das dreizehnte Jahrhundert.
bereits erwähnt wurde, ſtrenger an die eigentliche Naturbetrachtung,
als es wahrſcheinlich der dem Auguſtin vorſchwebende Zweck verlangt
hatte. Je gewiſſenhafter er nun die Sache nahm, deſto mehr mußte es
ihm darauf ankommen, keine Meinung unbegründet, keine Thatſache
unbeglaubigt wiederzugeben. Sein Werk enthält daher eine außeror-
dentliche reiche Zahl zum Theil wörtlicher Anführungen, welche um ſo
wichtiger ſind, als ſie einen Blick auf den Umfang der damals gekann-
ten oder wenigſtens verbreiteteren und leichter zugänglichen Litteratur
geſtatten und, da die Abfaſſungszeit des Werkes bis auf wenige Jahre
feſt ſteht, die Chronologie mehrerer nicht unintereſſanter litterariſcher
Erſcheinungen aufklären.

Der weitaus am häufigſten citirte und beſonders in den allgemei-
nen Einleitungen am meiſten benutzte Schriftſteller iſt Ariſtoteles;
es iſt auch kaum zu bezweifeln, daß die ſichtlich mit Vorliebe mitgetheil-
ten allgemeinen Beziehungen gewiſſer anatomiſcher Vorkommniſſe zu
andern (Verhältniſſe der Correlation) in den Augen des Verfaſſers wie
des Leſerkreiſes, an welchen er bei Abfaſſung des Werkes dachte, einen
beſondern Reiz hatten, da ſie ſowohl zu philoſophiſchen als theologiſchen
Betrachtungen Anknüpfungspunkte darboten. Erſtere flicht er nur
äußerſt ſparſam ſeiner Erzählung ein. Im Allgemeinen iſt er auch ſei-
nen Quellen gegenüber vorſichtig. So iſt es für das richtige naturge-
ſchichtliche Urtheil des Verfaſſers ſehr bezeichnend, daß er ſich aus-
drücklich dagegen verwahrt, nicht etwa falſch berichtet zu haben, wenn
man bemerken ſollte, daß gewiſſe Erſcheinungen in ſeinem Vaterlande
zu andern Zeiten oder in anderer Folge aufträten, als ſie in ſeinen,
den Südländern entſtammenden Autoren geſchildert würden; denn der
Unterſchied in der geographiſchen Lage ſei ſehr einflußreich. Den Ari-
ſtoteles
kennt er nur in der arabiſch-lateiniſchen Ueberſetzung des
Michael Scotus, welchen er auch einmal als Ueberſetzer anführt. Ob
ein zweites Citat eines Michael auch auf den Michael Scotus zu be-
ziehen iſt, bleibt fraglich. Aus dieſer arabiſch lateiniſchen Quelle ſtam-
men dann nicht bloß die verſtümmelten Autornamen, die bei Ariſtoteles
vorkommen (Arothinus für Herodorus, Alkinos für Alkmaeon u. ſ. f.),
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[219/0230] Das dreizehnte Jahrhundert. bereits erwähnt wurde, ſtrenger an die eigentliche Naturbetrachtung, als es wahrſcheinlich der dem Auguſtin vorſchwebende Zweck verlangt hatte. Je gewiſſenhafter er nun die Sache nahm, deſto mehr mußte es ihm darauf ankommen, keine Meinung unbegründet, keine Thatſache unbeglaubigt wiederzugeben. Sein Werk enthält daher eine außeror- dentliche reiche Zahl zum Theil wörtlicher Anführungen, welche um ſo wichtiger ſind, als ſie einen Blick auf den Umfang der damals gekann- ten oder wenigſtens verbreiteteren und leichter zugänglichen Litteratur geſtatten und, da die Abfaſſungszeit des Werkes bis auf wenige Jahre feſt ſteht, die Chronologie mehrerer nicht unintereſſanter litterariſcher Erſcheinungen aufklären. Der weitaus am häufigſten citirte und beſonders in den allgemei- nen Einleitungen am meiſten benutzte Schriftſteller iſt Ariſtoteles; es iſt auch kaum zu bezweifeln, daß die ſichtlich mit Vorliebe mitgetheil- ten allgemeinen Beziehungen gewiſſer anatomiſcher Vorkommniſſe zu andern (Verhältniſſe der Correlation) in den Augen des Verfaſſers wie des Leſerkreiſes, an welchen er bei Abfaſſung des Werkes dachte, einen beſondern Reiz hatten, da ſie ſowohl zu philoſophiſchen als theologiſchen Betrachtungen Anknüpfungspunkte darboten. Erſtere flicht er nur äußerſt ſparſam ſeiner Erzählung ein. Im Allgemeinen iſt er auch ſei- nen Quellen gegenüber vorſichtig. So iſt es für das richtige naturge- ſchichtliche Urtheil des Verfaſſers ſehr bezeichnend, daß er ſich aus- drücklich dagegen verwahrt, nicht etwa falſch berichtet zu haben, wenn man bemerken ſollte, daß gewiſſe Erſcheinungen in ſeinem Vaterlande zu andern Zeiten oder in anderer Folge aufträten, als ſie in ſeinen, den Südländern entſtammenden Autoren geſchildert würden; denn der Unterſchied in der geographiſchen Lage ſei ſehr einflußreich. Den Ari- ſtoteles kennt er nur in der arabiſch-lateiniſchen Ueberſetzung des Michael Scotus, welchen er auch einmal als Ueberſetzer anführt. Ob ein zweites Citat eines Michael auch auf den Michael Scotus zu be- ziehen iſt, bleibt fraglich. Aus dieſer arabiſch lateiniſchen Quelle ſtam- men dann nicht bloß die verſtümmelten Autornamen, die bei Ariſtoteles vorkommen (Arothinus für Herodorus, Alkinos für Alkmaeon u. ſ. f.), ſondern auch die gleichem Geſchick verfallenen Thiernamen, welche durch

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/230>, abgerufen am 24.11.2024.