Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

lich weit überragt von dem Werke Bochart's; das Hierozoikon
dieses Mannes ist noch jetzt nicht bloß in zoologisch-historischer, son-
dern auch in litterarischer Beziehung eine unerschöpfliche Fundgrube41).
Samuel Bochart war 1599 in Rouen geboren, studirte in Paris,
wurde Prediger in Caen in der Normandie, machte 1652 eine Reise
nach Schweden, kehrte nach Caen zurück und starb dort 1667. Den
Resultaten seiner Pariser Studien in den classischen und orientalischen
Sprachen verdankt man nicht bloß die gründlichste Untersuchung der
hier einschlägigen Fragen, sondern auch den Abdruck einer großen An-
zahl bis jetzt nicht wieder veröffentlichter Stellen aus syrischen und
arabischen Naturhistorikern, wie Aidemir Dschildeki, Dschahif, el
Sojuti
u. s. f. Das Werk ist nach den damals allgemein angenomme-
nen großen Thiergruppen eingetheilt und handelt im ersten Bande von
den lebendig gebärenden und den eierlegenden Vierfüßern, im zweiten
von den Schlangen, Insecten, Wasserthieren und fabelhaften Thieren,
welche in der Bibel erwähnt werden. Das erste Buch enthält allge-
meine Einleitungen zu den einzelnen Thierclassen, welche unter An-
schluß an den hebräischen Text die verschiedenen Körpertheile, die Le-
bensweise und sonstige Allgemeinheiten der betreffenden Gruppe schil-
dern. Die Säugethiere werden dann in zahme und wilde getrennt, so
daß z. B. der Onager von seinem nächsten Verwandten, dem zahmen
Esel, weit entfernt wird. Es lagen aber Bochart andere Gesichtspunkte
vor, als die, die einzelnen Formen systematisch zu gruppiren. Die sehr
eingehenden und gründlichen Erläuterungen bei diesen gehen nun nicht
bloß auf die Etymologie des Namens und die sich daraus ergebenden
Bedeutungen desselben, sowie auf dessen Anwendbarkeit auf gewisse
Thierarten, nicht bloß auf die ganze Naturgeschichte des betreffenden
Thieres, wie sie sich aus biblischen Stellen wie aus Aeußerungen an-
derer, classischer, orientalischer wie mehr moderner Autoren ergibt, son-
dern sie sind auch für allgemeine Culturgeschichte älterer Zeiten äußerst

41) Hierozoicon s. de Animalibus S. Scripturae. Londini, 1663. Fol.
Idem revisum atque correctum ab innumeris mendis quibus editio Londi-
nensis scatebat. opera Dav. Clodii. Francofurt a/M. 1675. Idem recens. 2.
F. C. Rosenmüller 3 Tomi. Lipsiae, 1793, 94, 99. 4°.

lich weit überragt von dem Werke Bochart's; das Hierozoikon
dieſes Mannes iſt noch jetzt nicht bloß in zoologiſch-hiſtoriſcher, ſon-
dern auch in litterariſcher Beziehung eine unerſchöpfliche Fundgrube41).
Samuel Bochart war 1599 in Rouen geboren, ſtudirte in Paris,
wurde Prediger in Caen in der Normandie, machte 1652 eine Reiſe
nach Schweden, kehrte nach Caen zurück und ſtarb dort 1667. Den
Reſultaten ſeiner Pariſer Studien in den claſſiſchen und orientaliſchen
Sprachen verdankt man nicht bloß die gründlichſte Unterſuchung der
hier einſchlägigen Fragen, ſondern auch den Abdruck einer großen An-
zahl bis jetzt nicht wieder veröffentlichter Stellen aus ſyriſchen und
arabiſchen Naturhiſtorikern, wie Aidemir Dſchildeki, Dſchahif, el
Sojuti
u. ſ. f. Das Werk iſt nach den damals allgemein angenomme-
nen großen Thiergruppen eingetheilt und handelt im erſten Bande von
den lebendig gebärenden und den eierlegenden Vierfüßern, im zweiten
von den Schlangen, Inſecten, Waſſerthieren und fabelhaften Thieren,
welche in der Bibel erwähnt werden. Das erſte Buch enthält allge-
meine Einleitungen zu den einzelnen Thierclaſſen, welche unter An-
ſchluß an den hebräiſchen Text die verſchiedenen Körpertheile, die Le-
bensweiſe und ſonſtige Allgemeinheiten der betreffenden Gruppe ſchil-
dern. Die Säugethiere werden dann in zahme und wilde getrennt, ſo
daß z. B. der Onager von ſeinem nächſten Verwandten, dem zahmen
Eſel, weit entfernt wird. Es lagen aber Bochart andere Geſichtspunkte
vor, als die, die einzelnen Formen ſyſtematiſch zu gruppiren. Die ſehr
eingehenden und gründlichen Erläuterungen bei dieſen gehen nun nicht
bloß auf die Etymologie des Namens und die ſich daraus ergebenden
Bedeutungen deſſelben, ſowie auf deſſen Anwendbarkeit auf gewiſſe
Thierarten, nicht bloß auf die ganze Naturgeſchichte des betreffenden
Thieres, wie ſie ſich aus bibliſchen Stellen wie aus Aeußerungen an-
derer, claſſiſcher, orientaliſcher wie mehr moderner Autoren ergibt, ſon-
dern ſie ſind auch für allgemeine Culturgeſchichte älterer Zeiten äußerſt

41) Hierozoicon s. de Animalibus S. Scripturae. Londini, 1663. Fol.
Idem revisum atque correctum ab innumeris mendis quibus editio Londi-
nensis scatebat. opera Dav. Clodii. Francofurt a/M. 1675. Idem recens. 2.
F. C. Rosenmüller 3 Tomi. Lipsiae, 1793, 94, 99. 4°.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0326" n="315"/><fw place="top" type="header"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/124373208">Samuel Bochart</persName>.</fw><lb/>
lich weit überragt von dem Werke <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/124373208">Bochart</persName></hi>'s; das <hi rendition="#g">Hierozoikon</hi><lb/>
die&#x017F;es Mannes i&#x017F;t noch jetzt nicht bloß in zoologi&#x017F;ch-hi&#x017F;tori&#x017F;cher, &#x017F;on-<lb/>
dern auch in litterari&#x017F;cher Beziehung eine uner&#x017F;chöpfliche Fundgrube<note place="foot" n="41)"><hi rendition="#aq">Hierozoicon s. de Animalibus S. Scripturae. Londini, 1663. Fol.<lb/>
Idem revisum atque correctum ab innumeris mendis quibus editio Londi-<lb/>
nensis scatebat. opera Dav. Clodii. Francofurt a/M. 1675. Idem recens. 2.<lb/>
F. C. Rosenmüller 3 Tomi. Lipsiae, 1793, 94, 99. 4°.</hi></note>.<lb/><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/124373208">Samuel Bochart</persName></hi> war 1599 in Rouen geboren, &#x017F;tudirte in Paris,<lb/>
wurde Prediger in Caen in der Normandie, machte 1652 eine Rei&#x017F;e<lb/>
nach Schweden, kehrte nach Caen zurück und &#x017F;tarb dort 1667. Den<lb/>
Re&#x017F;ultaten &#x017F;einer Pari&#x017F;er Studien in den cla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen und orientali&#x017F;chen<lb/>
Sprachen verdankt man nicht bloß die gründlich&#x017F;te Unter&#x017F;uchung der<lb/>
hier ein&#x017F;chlägigen Fragen, &#x017F;ondern auch den Abdruck einer großen An-<lb/>
zahl bis jetzt nicht wieder veröffentlichter Stellen aus &#x017F;yri&#x017F;chen und<lb/>
arabi&#x017F;chen Naturhi&#x017F;torikern, wie <persName ref="nognd">Aidemir D&#x017F;childeki</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118680919">D&#x017F;chahif</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118757954">el<lb/>
Sojuti</persName> u. &#x017F;. f. Das Werk i&#x017F;t nach den damals allgemein angenomme-<lb/>
nen großen Thiergruppen eingetheilt und handelt im er&#x017F;ten Bande von<lb/>
den lebendig gebärenden und den eierlegenden Vierfüßern, im zweiten<lb/>
von den Schlangen, In&#x017F;ecten, Wa&#x017F;&#x017F;erthieren und fabelhaften Thieren,<lb/>
welche in der Bibel erwähnt werden. Das er&#x017F;te Buch enthält allge-<lb/>
meine Einleitungen zu den einzelnen Thiercla&#x017F;&#x017F;en, welche unter An-<lb/>
&#x017F;chluß an den hebräi&#x017F;chen Text die ver&#x017F;chiedenen Körpertheile, die Le-<lb/>
benswei&#x017F;e und &#x017F;on&#x017F;tige Allgemeinheiten der betreffenden Gruppe &#x017F;chil-<lb/>
dern. Die Säugethiere werden dann in zahme und wilde getrennt, &#x017F;o<lb/>
daß z. B. der Onager von &#x017F;einem näch&#x017F;ten Verwandten, dem zahmen<lb/>
E&#x017F;el, weit entfernt wird. Es lagen aber <persName ref="http://d-nb.info/gnd/124373208">Bochart</persName> andere Ge&#x017F;ichtspunkte<lb/>
vor, als die, die einzelnen Formen &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;ch zu gruppiren. Die &#x017F;ehr<lb/>
eingehenden und gründlichen Erläuterungen bei die&#x017F;en gehen nun nicht<lb/>
bloß auf die Etymologie des Namens und die &#x017F;ich daraus ergebenden<lb/>
Bedeutungen de&#x017F;&#x017F;elben, &#x017F;owie auf de&#x017F;&#x017F;en Anwendbarkeit auf gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Thierarten, nicht bloß auf die ganze Naturge&#x017F;chichte des betreffenden<lb/>
Thieres, wie &#x017F;ie &#x017F;ich aus bibli&#x017F;chen Stellen wie aus Aeußerungen an-<lb/>
derer, cla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;cher, orientali&#x017F;cher wie mehr moderner Autoren ergibt, &#x017F;on-<lb/>
dern &#x017F;ie &#x017F;ind auch für allgemeine Culturge&#x017F;chichte älterer Zeiten äußer&#x017F;t<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0326] Samuel Bochart. lich weit überragt von dem Werke Bochart's; das Hierozoikon dieſes Mannes iſt noch jetzt nicht bloß in zoologiſch-hiſtoriſcher, ſon- dern auch in litterariſcher Beziehung eine unerſchöpfliche Fundgrube 41). Samuel Bochart war 1599 in Rouen geboren, ſtudirte in Paris, wurde Prediger in Caen in der Normandie, machte 1652 eine Reiſe nach Schweden, kehrte nach Caen zurück und ſtarb dort 1667. Den Reſultaten ſeiner Pariſer Studien in den claſſiſchen und orientaliſchen Sprachen verdankt man nicht bloß die gründlichſte Unterſuchung der hier einſchlägigen Fragen, ſondern auch den Abdruck einer großen An- zahl bis jetzt nicht wieder veröffentlichter Stellen aus ſyriſchen und arabiſchen Naturhiſtorikern, wie Aidemir Dſchildeki, Dſchahif, el Sojuti u. ſ. f. Das Werk iſt nach den damals allgemein angenomme- nen großen Thiergruppen eingetheilt und handelt im erſten Bande von den lebendig gebärenden und den eierlegenden Vierfüßern, im zweiten von den Schlangen, Inſecten, Waſſerthieren und fabelhaften Thieren, welche in der Bibel erwähnt werden. Das erſte Buch enthält allge- meine Einleitungen zu den einzelnen Thierclaſſen, welche unter An- ſchluß an den hebräiſchen Text die verſchiedenen Körpertheile, die Le- bensweiſe und ſonſtige Allgemeinheiten der betreffenden Gruppe ſchil- dern. Die Säugethiere werden dann in zahme und wilde getrennt, ſo daß z. B. der Onager von ſeinem nächſten Verwandten, dem zahmen Eſel, weit entfernt wird. Es lagen aber Bochart andere Geſichtspunkte vor, als die, die einzelnen Formen ſyſtematiſch zu gruppiren. Die ſehr eingehenden und gründlichen Erläuterungen bei dieſen gehen nun nicht bloß auf die Etymologie des Namens und die ſich daraus ergebenden Bedeutungen deſſelben, ſowie auf deſſen Anwendbarkeit auf gewiſſe Thierarten, nicht bloß auf die ganze Naturgeſchichte des betreffenden Thieres, wie ſie ſich aus bibliſchen Stellen wie aus Aeußerungen an- derer, claſſiſcher, orientaliſcher wie mehr moderner Autoren ergibt, ſon- dern ſie ſind auch für allgemeine Culturgeſchichte älterer Zeiten äußerſt 41) Hierozoicon s. de Animalibus S. Scripturae. Londini, 1663. Fol. Idem revisum atque correctum ab innumeris mendis quibus editio Londi- nensis scatebat. opera Dav. Clodii. Francofurt a/M. 1675. Idem recens. 2. F. C. Rosenmüller 3 Tomi. Lipsiae, 1793, 94, 99. 4°.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/326
Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/326>, abgerufen am 22.11.2024.