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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Erweiterung der speciellen Thierkenntniß.
und 1526 bis 27) eine Schilderung des Landes, seiner Geschichte, Be-
völkerung und Natur gegeben63). So wichtig nun aber seine Beschrei-
bung für die Geographie Nordost-Europa's und des nördlichen West-
Asiens auch ist, so enthält Herberstein's Buch doch nur wenig Zoolo-
gisches von Belang. Das Wichtigste ist die Schilderung zweier wilder
Ochsenarten, des Wisent und des Auerochsen, welche zwar dem Namen
nach schon in den mittelalterlichen Thierbüchern vorkommen, aber hier
zum ersten Male wieder genauer unterschieden und erkennbar beschrie-
ben werden, nachdem wenigstens der Wisent bereits von Aristoteles
erwähnt worden war. Die andere von Herberstein angeführte Rinderart
hält man wohl mit Recht für den eigentlichen Auer oder Urstier (Bos
primigenius
), eine der Stammarten der heutigen Rinderrassen, auf
welche direct sich bekanntlich noch jetzt einige Heerden zurückführen
lassen.

Aus den vorstehend angeführten Notizen ergibt sich die Bestäti-
gung des früher Gesagten, daß der Zuwachs an wissenschaftlichem Ma-
terial, trotz der großartigen alle bisherigen Anschauungen von der
Ausdehnung der Continente und Meere völlig umstoßenden Entdeckun-
gen, in der Zoologie sich nur sehr langsam und allmählich bemerkbar
machte. Es ist daher auch kaum erlaubt, von diesen Berichten über die
Thierwelt fremder Länder als von den ersten faunistischen Versuchen
zu sprechen. Zuweilen wurde ja auch geradezu ausgesprochen, daß die
neu gesehenen Thierformen nicht wesentlich von den bekannten altwelt-
lichen verschieden seien. Ferner gieng aus der Art der Darstellung,
welche die Reisewerke für die Behandlung der naturgeschichtlichen Mit-
theilungen wählten, hervor, daß der ärztliche Standpunkt wenn nicht
der ausschließlich für berechtigt gehaltene, doch der vorwiegend geltend
gemachte war. Derselbe charakterisirt auch die Schilderungen der
Thierwelt einzelner Gegenden Europa's, wie sie jetzt theils allein, theils
in Verbindung mit den andern Zweigen der Naturgeschichte aufzutre-
ten beginnen. Eine der frühesten in dieser Hinsicht zu erwähnenden

63) Rerum moscovitarum Commentarii. s. l. e. a. (Viennae, 1549);
dann Basel, 1556 u. öfter.
V. Carus, Gesch. d. Zool. 22

Erweiterung der ſpeciellen Thierkenntniß.
und 1526 bis 27) eine Schilderung des Landes, ſeiner Geſchichte, Be-
völkerung und Natur gegeben63). So wichtig nun aber ſeine Beſchrei-
bung für die Geographie Nordoſt-Europa's und des nördlichen Weſt-
Aſiens auch iſt, ſo enthält Herberſtein's Buch doch nur wenig Zoolo-
giſches von Belang. Das Wichtigſte iſt die Schilderung zweier wilder
Ochſenarten, des Wiſent und des Auerochſen, welche zwar dem Namen
nach ſchon in den mittelalterlichen Thierbüchern vorkommen, aber hier
zum erſten Male wieder genauer unterſchieden und erkennbar beſchrie-
ben werden, nachdem wenigſtens der Wiſent bereits von Ariſtoteles
erwähnt worden war. Die andere von Herberſtein angeführte Rinderart
hält man wohl mit Recht für den eigentlichen Auer oder Urſtier (Bos
primigenius
), eine der Stammarten der heutigen Rinderraſſen, auf
welche direct ſich bekanntlich noch jetzt einige Heerden zurückführen
laſſen.

Aus den vorſtehend angeführten Notizen ergibt ſich die Beſtäti-
gung des früher Geſagten, daß der Zuwachs an wiſſenſchaftlichem Ma-
terial, trotz der großartigen alle bisherigen Anſchauungen von der
Ausdehnung der Continente und Meere völlig umſtoßenden Entdeckun-
gen, in der Zoologie ſich nur ſehr langſam und allmählich bemerkbar
machte. Es iſt daher auch kaum erlaubt, von dieſen Berichten über die
Thierwelt fremder Länder als von den erſten fauniſtiſchen Verſuchen
zu ſprechen. Zuweilen wurde ja auch geradezu ausgeſprochen, daß die
neu geſehenen Thierformen nicht weſentlich von den bekannten altwelt-
lichen verſchieden ſeien. Ferner gieng aus der Art der Darſtellung,
welche die Reiſewerke für die Behandlung der naturgeſchichtlichen Mit-
theilungen wählten, hervor, daß der ärztliche Standpunkt wenn nicht
der ausſchließlich für berechtigt gehaltene, doch der vorwiegend geltend
gemachte war. Derſelbe charakteriſirt auch die Schilderungen der
Thierwelt einzelner Gegenden Europa's, wie ſie jetzt theils allein, theils
in Verbindung mit den andern Zweigen der Naturgeſchichte aufzutre-
ten beginnen. Eine der früheſten in dieſer Hinſicht zu erwähnenden

63) Rerum moscovitarum Commentarii. s. l. e. a. (Viennae, 1549);
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[337/0348] Erweiterung der ſpeciellen Thierkenntniß. und 1526 bis 27) eine Schilderung des Landes, ſeiner Geſchichte, Be- völkerung und Natur gegeben 63). So wichtig nun aber ſeine Beſchrei- bung für die Geographie Nordoſt-Europa's und des nördlichen Weſt- Aſiens auch iſt, ſo enthält Herberſtein's Buch doch nur wenig Zoolo- giſches von Belang. Das Wichtigſte iſt die Schilderung zweier wilder Ochſenarten, des Wiſent und des Auerochſen, welche zwar dem Namen nach ſchon in den mittelalterlichen Thierbüchern vorkommen, aber hier zum erſten Male wieder genauer unterſchieden und erkennbar beſchrie- ben werden, nachdem wenigſtens der Wiſent bereits von Ariſtoteles erwähnt worden war. Die andere von Herberſtein angeführte Rinderart hält man wohl mit Recht für den eigentlichen Auer oder Urſtier (Bos primigenius), eine der Stammarten der heutigen Rinderraſſen, auf welche direct ſich bekanntlich noch jetzt einige Heerden zurückführen laſſen. Aus den vorſtehend angeführten Notizen ergibt ſich die Beſtäti- gung des früher Geſagten, daß der Zuwachs an wiſſenſchaftlichem Ma- terial, trotz der großartigen alle bisherigen Anſchauungen von der Ausdehnung der Continente und Meere völlig umſtoßenden Entdeckun- gen, in der Zoologie ſich nur ſehr langſam und allmählich bemerkbar machte. Es iſt daher auch kaum erlaubt, von dieſen Berichten über die Thierwelt fremder Länder als von den erſten fauniſtiſchen Verſuchen zu ſprechen. Zuweilen wurde ja auch geradezu ausgeſprochen, daß die neu geſehenen Thierformen nicht weſentlich von den bekannten altwelt- lichen verſchieden ſeien. Ferner gieng aus der Art der Darſtellung, welche die Reiſewerke für die Behandlung der naturgeſchichtlichen Mit- theilungen wählten, hervor, daß der ärztliche Standpunkt wenn nicht der ausſchließlich für berechtigt gehaltene, doch der vorwiegend geltend gemachte war. Derſelbe charakteriſirt auch die Schilderungen der Thierwelt einzelner Gegenden Europa's, wie ſie jetzt theils allein, theils in Verbindung mit den andern Zweigen der Naturgeſchichte aufzutre- ten beginnen. Eine der früheſten in dieſer Hinſicht zu erwähnenden 63) Rerum moscovitarum Commentarii. s. l. e. a. (Viennae, 1549); dann Baſel, 1556 u. öfter. V. Carus, Geſch. d. Zool. 22

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/348>, abgerufen am 22.11.2024.