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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Arbeiten über einzelne Classen und Formen.
kaum sicher zu ermitteln. Später war er noch in England und in
Spanien. Von Karl IX erhielt er eine Wohnung im Boulogner Ge-
hölz, wo er an einer Uebersetzung des Theophrast und Dioskorides zu
arbeiten begann. Er wurde indeß 1564 im genannten Walde bei Paris
ermordet. Seine schriftstellerische Thätigkeit war von kurzer Dauer;
sie währte von 1551 bis 1557. Doch gehören seine Schriften zu den
wichtigsten des vorliegenden Zeitraums. Das Werk über die Vögel ist
in sieben Bücher eingetheilt, von denen das erste eine allgemeine Ein-
leitung enthält, die übrigen die sechs Ordnungen schildern, in welche
Belon die Vögel eintheilt. In dem ersten Buche nehmen weitläufige
Erörterungen über die Fortpflanzungsgeschichte nicht bloß der Vögel,
sondern aller möglichen lebenden Wesen einen verhältnißmäßig großen
Raum ein, obschon über Eibildung und Entwicklung nichts vorgebracht
wird, was auf die allgemeinen Ansichten über diese Vorgänge etwa
von Einfluß hätte sein können. In einem nicht gar langen Kapitel
dieses einleitenden Buches bespricht Belon auch die innern Theile der
Vögel. Er erwähnt später einmal, daß er zweihundert verschiedene
Arten anatomisch untersucht habe und schon dieses ausdauernden Eifers
wegen verdient er Anerkennung. Freilich verkannte er noch Manches.
Er sagt zwar, daß die Anatomie der Vögel der der andern Landthiere
ungefähr entspreche (quasi correspondante); doch spricht er z. B. den
Vögeln außer der Harnblase auch die Nieren ab; statt ihrer sollen sie
seiner Angabe nach nur fleischige den Nieren ähnliche Theile besitzen.
Die eben erwähnte Uebereinstimmung im Bau, welche Belon bei der
Vergleichung der Vögel mit andern Landthieren auffiel, weist er in
einer sehr interessanten Weise auch im Skelet nach. Neben einander
bildet er das Skelet des Menschen und das eines Vogels ab
mit gleich-
artiger Bezeichnung der einander entsprechenden Theile; um die Ver-
gleichung zu erleichtern stellt er den Vogel mit derselben Stellung der
Glieder wie den Menschen dar. Daß er dabei unter Anderem das
Schlüsselbein der Vögel (den Gabelknochen) für einen den Vögeln eigen-
thümlichen Knochen nahm und das Coracoid mit dem Schlüsselbeine
des Menschen verglich, ist ihm nicht als besonders großer Fehler anzu-
rechnen. Spricht doch schon der Versuch, die einzelnen Knochen zweier

Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen.
kaum ſicher zu ermitteln. Später war er noch in England und in
Spanien. Von Karl IX erhielt er eine Wohnung im Boulogner Ge-
hölz, wo er an einer Ueberſetzung des Theophraſt und Dioſkorides zu
arbeiten begann. Er wurde indeß 1564 im genannten Walde bei Paris
ermordet. Seine ſchriftſtelleriſche Thätigkeit war von kurzer Dauer;
ſie währte von 1551 bis 1557. Doch gehören ſeine Schriften zu den
wichtigſten des vorliegenden Zeitraums. Das Werk über die Vögel iſt
in ſieben Bücher eingetheilt, von denen das erſte eine allgemeine Ein-
leitung enthält, die übrigen die ſechs Ordnungen ſchildern, in welche
Belon die Vögel eintheilt. In dem erſten Buche nehmen weitläufige
Erörterungen über die Fortpflanzungsgeſchichte nicht bloß der Vögel,
ſondern aller möglichen lebenden Weſen einen verhältnißmäßig großen
Raum ein, obſchon über Eibildung und Entwicklung nichts vorgebracht
wird, was auf die allgemeinen Anſichten über dieſe Vorgänge etwa
von Einfluß hätte ſein können. In einem nicht gar langen Kapitel
dieſes einleitenden Buches beſpricht Belon auch die innern Theile der
Vögel. Er erwähnt ſpäter einmal, daß er zweihundert verſchiedene
Arten anatomiſch unterſucht habe und ſchon dieſes ausdauernden Eifers
wegen verdient er Anerkennung. Freilich verkannte er noch Manches.
Er ſagt zwar, daß die Anatomie der Vögel der der andern Landthiere
ungefähr entſpreche (quasi correspondante); doch ſpricht er z. B. den
Vögeln außer der Harnblaſe auch die Nieren ab; ſtatt ihrer ſollen ſie
ſeiner Angabe nach nur fleiſchige den Nieren ähnliche Theile beſitzen.
Die eben erwähnte Uebereinſtimmung im Bau, welche Belon bei der
Vergleichung der Vögel mit andern Landthieren auffiel, weiſt er in
einer ſehr intereſſanten Weiſe auch im Skelet nach. Neben einander
bildet er das Skelet des Menſchen und das eines Vogels ab
mit gleich-
artiger Bezeichnung der einander entſprechenden Theile; um die Ver-
gleichung zu erleichtern ſtellt er den Vogel mit derſelben Stellung der
Glieder wie den Menſchen dar. Daß er dabei unter Anderem das
Schlüſſelbein der Vögel (den Gabelknochen) für einen den Vögeln eigen-
thümlichen Knochen nahm und das Coracoid mit dem Schlüſſelbeine
des Menſchen verglich, iſt ihm nicht als beſonders großer Fehler anzu-
rechnen. Spricht doch ſchon der Verſuch, die einzelnen Knochen zweier

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[349/0360] Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen. kaum ſicher zu ermitteln. Später war er noch in England und in Spanien. Von Karl IX erhielt er eine Wohnung im Boulogner Ge- hölz, wo er an einer Ueberſetzung des Theophraſt und Dioſkorides zu arbeiten begann. Er wurde indeß 1564 im genannten Walde bei Paris ermordet. Seine ſchriftſtelleriſche Thätigkeit war von kurzer Dauer; ſie währte von 1551 bis 1557. Doch gehören ſeine Schriften zu den wichtigſten des vorliegenden Zeitraums. Das Werk über die Vögel iſt in ſieben Bücher eingetheilt, von denen das erſte eine allgemeine Ein- leitung enthält, die übrigen die ſechs Ordnungen ſchildern, in welche Belon die Vögel eintheilt. In dem erſten Buche nehmen weitläufige Erörterungen über die Fortpflanzungsgeſchichte nicht bloß der Vögel, ſondern aller möglichen lebenden Weſen einen verhältnißmäßig großen Raum ein, obſchon über Eibildung und Entwicklung nichts vorgebracht wird, was auf die allgemeinen Anſichten über dieſe Vorgänge etwa von Einfluß hätte ſein können. In einem nicht gar langen Kapitel dieſes einleitenden Buches beſpricht Belon auch die innern Theile der Vögel. Er erwähnt ſpäter einmal, daß er zweihundert verſchiedene Arten anatomiſch unterſucht habe und ſchon dieſes ausdauernden Eifers wegen verdient er Anerkennung. Freilich verkannte er noch Manches. Er ſagt zwar, daß die Anatomie der Vögel der der andern Landthiere ungefähr entſpreche (quasi correspondante); doch ſpricht er z. B. den Vögeln außer der Harnblaſe auch die Nieren ab; ſtatt ihrer ſollen ſie ſeiner Angabe nach nur fleiſchige den Nieren ähnliche Theile beſitzen. Die eben erwähnte Uebereinſtimmung im Bau, welche Belon bei der Vergleichung der Vögel mit andern Landthieren auffiel, weiſt er in einer ſehr intereſſanten Weiſe auch im Skelet nach. Neben einander bildet er das Skelet des Menſchen und das eines Vogels ab mit gleich- artiger Bezeichnung der einander entſprechenden Theile; um die Ver- gleichung zu erleichtern ſtellt er den Vogel mit derſelben Stellung der Glieder wie den Menſchen dar. Daß er dabei unter Anderem das Schlüſſelbein der Vögel (den Gabelknochen) für einen den Vögeln eigen- thümlichen Knochen nahm und das Coracoid mit dem Schlüſſelbeine des Menſchen verglich, iſt ihm nicht als beſonders großer Fehler anzu- rechnen. Spricht doch ſchon der Verſuch, die einzelnen Knochen zweier

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/360>, abgerufen am 22.11.2024.